Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Saki, d.i. der Mundschenk
 

Feine sagten, deine Mitte sey ein Haar,
And're läugneten des Mundes Daseyn gar.

Als die Rosenknospen sah'n die Nachtigall,
Sagten sie, gekommen ist die Braut in's Thal,

Unser Dorf ist voll von Seufzern und von Klagen,
Alle wahrlich! wehe! wahrlich! wehe! sagen.

Als sie sah'n den Strom von meinen Thränen wogen,
Sagten sie, woher kommt blut'ger Strom gezogen?

Nimmermehr gibt Saki aus der Hand den Becher,
Tag und Nacht ist er bey vollen Kannen Zecher.
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Lachend ließ die Rose
Mit der Wang' in Streit sich ein,
Mit der Vögel Liedern
Ließ mein Lied in Streit sich ein,

Wie die Schmetterlinge
Brenn' ich an der Trennung Pein,
Lasse bis zum Morgen
Mit der Kerz' in Streit mich ein.

Wär' an seinen Lippen
Mir gewähret Heilungswein,
Ließ mit Avicenna
Siegreich ich in Streit mich ein.

Wissenschaft der Liebe
Prägen nur Verliebte ein;
Der Student gewinnet,
Welcher läßt in Streit sich ein.

Poesie ist Weltmeer,
Ich bin nur ein Tropfen rein,
Läßt denn je ein Tropfen
Mit dem Meer' in Streit sich ein?

Um auf Herzenstafel
Dich zu portraitieren fein,
Läßt Einbildungsmaler
Sich mit Mani's Pinsel ein;

Um zu dir zu kommen
Hör' ich Nebenbuhler schrey'n,
Mit dem Satan läßt sich
So Riswan in Streit oft ein.

Vor die Kenner bringe
Saki, deine Reime rein,
Kopfweh holt sich, wer mit
Dummen läßt in Streit sich ein.
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Aus Philippopolis, als Richter unter dem Nahmen Baldürsade bekannt, dichtete in der Manier Nedschati's.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 429)