Haleti Efendi
gest. i. J. 1040 (1630)
Jedesmahl, wenn er sich vornimmt das Herz zu verderben,
Fängt er damit an, daß er die Arme entblößt,
Wann er den engen Mund aufthut zum süßen Gespräche,
Fallen sogleich im Werth Perlen, Juwelen und Gold.
Um den Staub des Weg's, des deinen, würdig zu wägen,
Schnellet die Sonne den Mond Wage des Himmels hinauf;
Schenke, gib mir den Nachen des Weines, den goldenen Becher,
Jetzt, wo die Thräne des Grams wandelt das Aug' in die See,
Halte nicht mein Schatz die Thränen des Aug's für zu wenig,
Denn sie treiben ja schäumend die Mühle der Welt,
In das Feuer des Grams hat man den Haleti geworfen,
Der mit seinem Ah! selbes noch höher entflammt.
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Die Pfeife nahm in Mund der Liebste sonnenhell,
Als Pippe, angesetzt am Paradiesesquell.
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Kann sich der Spiegel wohl dir gegenüber halten,
Kann er den Widerschein der Wangen denn aushalten?
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Ist's Wunder, wenn im Fluß Geduld kein Wasser bleibet,
Da selber immerfort die Sieberäder treibet?
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Die Schenken geh'n herum mit Gläsern in den Kreisen,
Rauchfässer tragen so des Morgenlandes Weisen.
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Den Schleyer hebet auf der Wind von Rosenwangen,
Die Nachtigall, sie weint darüber aus Verlangen.
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Nicht Sterne sind's, die Nachts am blauen Himmel glühen,
Nur Funken, die vom Schwert der eig'nen Seufzer sprühen.
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Herzensvogel, wenn er nicht gibt Ruh',
Ziehe nur das Netz so fester zu.*
* Nachahmung des persischen Verses von Ssaib:
Dil tschire tschendin fi takdiri ilahi miteped,
Mischewed kallab muhkemter tschu mahi miteped.
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Warum will's Herz dem gottbestimmten Loose widersträuben,
Die Angel greift sich fester ein je mehr sich Fische sträuben.
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Verliebter zeichnet hin den Plan mit Blutesspuren,
Wie angeschoß'nes Wild, das streifet durch die Fluren.
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Nach Honig, lauterem, mir wässerte der Mund,
Des Staunens Finger blieb alleinig mir im Mund.
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Ich bin der Vogel, der da baut auf Grames Dache,
Der mir das Nest in den verwirrten Locken mache.
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Es lacht des Kusses Frucht zwar nicht wie sehr gesucht,
Auf Rosen Pfirsichs Frucht die wird umsonst gesucht.
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Die Tulpe, die sich beugt, daß sie dein Fuß zerstiebe,
Ist blut'ges Leichentuch am Martyrgrab der Liebe.
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Wenn er den Silberarm ausstreckt, des Hemds enthüllt,
Ist's Kampferfluß, der aus dem Paradiese quillt.
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Dem Freund zu Ehren steh'n die Rosen alle auf,
Mit runden Fächern abzukühlen ihn im Lauf.
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Es können Jahre sich einander gleichen nicht,
In einem trägt der Baum, im and'ren wieder nicht.
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Ein Mann heißt nur, wer hohen Muths zum Kafe strebt,
Wie Phönix sich verbrennt und ohne Nahmen lebt.
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Ich bin nicht Wegestaub des Pfad's von muth'gem Feuer,
Ich bin verwirrtes Stroh von seines Glückes Scheur.
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Das Auge und das Ohr sind mit den Trennungsschmerzen
Seit langem schon vertraut,
Nach deiner Schönheit seht sich wer sie nur geschauet,
Und wer sie nicht geschaut.*
* Eine Randglosse in meinem Exemplare Kassade's
von Muschib weiset den zweyten Vers als einen
dem Dichter Hudaji entlehnten nach:
O Augenlicht der Liebenden, du wirst von mir,
der Kaaba gleich, geschaut,
Es sehnet sich nach deiner Schönheit wer sie schaut,
und wer sie nie geschaut.
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Es hält der Liebende an deinem Thor
Den Hals dem Schwerte hin,
Du aber gehst mit krummem Hals vorbey,
Und ohne nur zu sehen ihn.
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Im Frühling scheint Erinnerung
An das Newrus Dschemschid's zu leben,
Deßhalben weinen unwillkürlich
Aus Sehnsucht nach dem Fest die Reben.
[Newrus - Frühling, Frühlingsanfang]
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Mein Eingeweid durchbohrt von ewig her der Schmerz,
Und aus der Wunde springt der Tropfen Blut das Herz.
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Es leget die Vernunft die engen Ketten an,
Am Fuß des Thron's des Schahs der Lieb', ist Held das Herz.
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Nach Alexander's Glas verlangt mich weiter nicht,
Ich seh' die ganze Welt in deinem Angesicht.
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Mond und Sonne sind zwey Siegel für die Braut
Der Gedanken, die sich d'rin als Venus schaut.
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Geduld und Seelengold gab ich für Wuchs des Freundes,
Bin Bettler des Gerichts aus bloßer Lieb' des Freundes.
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Weißt du warum kein Kuß den Mundrubin durchbohrt?
Weil er ihn fassen will im Ring als Schönheitshort.
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Um seine Lippen ist des Flaumes zarter Tusch,
Inmitten Rosenknosp' ein zarter Veilchenbusch.
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Legt das Zeitengeld
An in rothen Wein,
Und auf Morgen soll
Gram vertaget seyn.
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Glaub' nicht, daß der Liebe Rechnung
Nicht zu Resultaten führt,
Denn es wird bey ihrem Abschluß
Tod zuletzt heraus summirt.
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Was im Rosenbeet ihr schauet,
Nicht die Ros' mit hundert Blättern ist,
Sondern Blut der Nachtigallen,
Welches Dornen hundertfach vergießt.
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Durch deine Liebe bin ich stets verwirrt und weine,
Zwey Tage läßt dein Gram mich nicht an Einem Raine,
Ich irre in der Welt als einem Gräberhaine,
Und Würdenträger sind für mich nur Grabessteine.
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Es harrt Beschauender am Weg der Gram,
Es harrt Wahrhaftiger am Ziel der Gram,
Was meinst du anders denn, o Herz, so lahm?
Der Liebe Rechnungsschluß ist Nichts als Gram.
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In Armuth sitz' ich auf dem Thron der Liebe,
Als Bettler steh' ich auf dem Weg' der Liebe,
In Staub gefüllet sind der Palmen Triebe,
Ich pilgere zu dem Convent der Liebe.
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Wir sind Abdale, die von Liebesflammen glänzen,
Den Schatz der Bettler muß Genügsamkeit ergänzen,
Nachlässigkeit ist weit von uns'rer Herzen Grenzen,
Baumwolle leg' auf's Maal, desselbe zu begrenzen.*
* Ber penbei gusch eilidi penbei dagh,
wörtlich: auf die Baumwolle des Ohrs legte
die Baumwolle des Brandmaales.
[Abdal - Heiliger]
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Zieh' die Hand nicht aus der Brust der Einsamkeit,
Dankgebeth sey deine Handlung alle Zeit;
Besser in der Schmerzensgluth ein Salamander,
Als am Hoffnungslichte nur ein Schmetterling.
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Wehe, daß die Freudenzeit verflossen!
Daß wir nichts von reiner Lust genossen!
Ist's ein Wunder, wenn aus Schmerzensgründen
Raucher jetzt bey Tage Licht anzünden?
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Der Sohn Asmi Efendi's.
Haleti ward in der heiligen nacht Berat i.J. 977 (1569) geboren, trat
die Laufbahn der gesetzlichen Würden und Studien als Mulasim des großen
Chodscha Seaadeddin an, und war schon mit zwanzig Jahren Muderris an der
Medrese Hadschi Chatun's. Binnen eines Menschenalters durchlief er
sieben Muderrisstellen und ein Dutzend von Richterstellen. Seine
prosaischen Werke sind Randglossen zum Minar Ibn Maliks, zum Churrer,
zum Moghniol-lebib, zum Hedajet, zum Miftah und eine Briefsammlung;
seine poetischen ein vollständiger Diwan, ein doppelgereimtes Gedicht
das Buch des Schenken (Sakiname); auch vollendete er die
von seinem Vater angefangene Übersetzung Mihr u Muschteri (Sol
und Jupiter) des persischen Dichters Mohammed Aßar.
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