Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Molla -Tschelebi


Das Herz wird närrisch, wenn der Locken
* man erwähnt,
Das Aug' voll Blut, wenn des Rubines man erwähnt;

Die Nachtigall klagt wunderbar wenn sie sich sehnt,
Weil Rosenwang' und Lippenknospen man erwähnt;

Das Herz verliert sich, wenn der bleiche Kummer thränt,
Wenn deiner Bude man auf diesem Markt erwähnt;

Vergiß mich im Gebeth nicht, wenn man todt mich nennt,
Und schmäh' mich nicht, weil meine Klage dein erwähnt;

Der Molla ist von Sinnen, wenn er dein erwähnt,
Leblos, wenn deines Lebensquelles er erwähnt.

* Abir efschan, der ambraverstreuenden Locken
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Ich hatt' auf Andere zu meinem Zweck gebaut,
Doch als die Dinge ich im wahren Licht beschaut,
Da sah ich, daß die Welt nur Einer hat gebaut,
Und habe nur auf dich, mein Gott und Herr, vertraut.
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Mohammed, der Sohn eines frommen Predigers; der Mulasim Behaeddinsade's, dann Muderris, als welcher er seiner Sprachkenntniß und gewandten Feder willen, als Secretär des Diwans sowohl zur Übersetzung, als Aufsetzung von Staatsschreiben verwendet ward; er ward Bittschriftmeister des Großwesirs Sinanpascha, und begleitete dieses Amt noch unter seinem Nachfolger Mesihpascha (i.J. 1585). Sein seltenes Gedächtniß, mit einem großen Schatze von gelehrten Kenntnissen und Gedichten bereichert, setzte ihn in Stand, bey jeder Gelegenheit passende Stellen aus dem Stegreife anzuführen und gesellschaftliche Kreise geistreich zu unterhalten.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Dritter Band (von der Regierung Sultan Murad's III.
bis zu Ende der Regierung Sultan Mohammed's IV. 1574 - 1687)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 343-344)