Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Faßihi
gest. i. J. 1065 (1654)


Des Herzens Liebesbrand
Wird aus dem blauen Rauch erkannt,
Der Liebe Herzensbrand
Ist aus Verliebter Thun bekannt;

Wenn in dem Trennungsmeer
Des Grames Schiff rennt auf den Strand,
Ist voraus der Orkan
Aus finsterem Gewölk' bekannt.

Es ist der harte Stein
Dem reinen Wasser nicht verwandt,
Faßihi, Herzensbruch
Ist aus der Flasche Bruch bekannt.
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Die kranke Seel' entbehrt der Ruh',
Des Schlaf's das Aug' zumahl,
In meinem Leibe ist nur Pein,
In meinem Herzen Qual.

Mein Augenlicht! neig' dich herab,
Und lind're meinen Schmerz;
Das Auge gibt dir rothen Wein,
Und Braten gibt das Herz.

Die Schönheit meines Freundes ist
In seinem Flaum' zu Hand,
Dieselbe ist ein schönes Buch,
Mit Glossen an dem Rand.

Was Wunder, wenn nur Gold und Silber
Mein thränend' Aug' vergießt,
Da zwischen mir und meinem Herren
Viel abzurechnen ist?

Kein Wunder, wenn dem harten Loos
Faßihi Kopf nicht beugt,
Da sich des Herzenshalters Huld
Ihm gnädig zugeneigt.
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Glaub' nicht, es sey nur Herzensfleisch,
Was roth im Auge liegt,
Ein Pilger ist's, ein Rosenblatt,
Das dir entgegen fliegt.

Verstoße nicht von deinem Blick
Mein Klagen und Gewein,
Denn jede meiner Thränen ist
Nur Liebesedelstein.

Freywillig trollte Adam sich
Nicht aus dem Paradies,
Dem Liebenden ist Edens Flur
Des Herzens Gramverließ.

Was dir erscheint als Herz, ist nur
Ein Tiegel auf dem Herd,
Was dir erscheint als Brust, ist Schild,
Der Schmähungspfeil abwehrt.

Was Wunder, wenn die Freunde all'
Bezaubert dieß Gedicht,
Ist es vielleicht ein Wundermaal
Des Kiels Faßihi's nicht?
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Vom Kinnesapfel sind die Herzen all' berauscht,
Als Sprosser Liebender dem süßen Munde* lauscht;

Nichts gibt es, was in dieser Welt für stets besteht,
Und auf Suleicha's Sofa folgt des Kerkers Bett.**

Narcissen harrend all' auf deine Ankunft steh'n,
Zeit ist's, o Huldcypress', auf Fluren nun zu geh'n;

Den Vers Faßihi's hängt man als Geschmeid' an's Ohr,
Denn selber taucht als Perl' aus Wohllautsmeer empor.

* Der Knospe des Mundes
** Beitol-husn, d.i. das Haus der Traurigkeit,
der Kerker, in welchen der ägyptische Joseph
eingesperrt ward, oder auch das Haus Jakob's.
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Laute der Nachtigall, Hauche des Ostwind's sind Feuer,
Und von den Gluthen des Schmerzensflors wehet das Feuer;

Hüte dich! senke den Kahn nicht in Fluthen der Liebe,
Blutig nur gehen die Wogen, beschäumet mit Feuer.

Ist es ein Wunder, wenn Seufzer der Liebenden brennen?
Tage der Trennung und Nächte der Trennung sind Feuer.

Ist es ein Wunder, daß Schmetterling kos't mit dem Feuer?
Denn nur als Wange der Schönen erscheint ihm das Feuer.

Sage, was hat es auf sich, daß ich dichte im Feuer?
Ist denn die Liebe, Faßihi, nicht stetiges Feuer?
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Als der Glanzmond seines Busens Tuch entfaltet,
Glaubt' ich, Morgen habe seine Brust gespaltet;

Braucht's, um Liebende zu tödten, and're Waffen
Als die Huld für Nebenbuhler, welche gaffen?

Wer der Sonne folgen will, lass' sich's gefallen,
Wie der Schatten auf die Erde stets zu fallen.

Als mein Herz die Rebentochter sah, da sott es,
Wimper ward zur Rebe trotz des Weinverbothes.

Wohlgethan Faßihi, Meister in den Reimen!
Jeder Dichter kann nicht solche Verse leimen.
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Deine Schönheit hab' ich zwar als Kandel,
In der Welt als Unheil dich geschaut;
Gegen Freund und Feind von gleichem Wandel,
Dich mit allen gleich vertraut geschaut;*

Wahrlich in der Welt sah ich noch Keinen,
Der mit wahrer Liebe ganz vertraut;
Viele, welche wahr zu lieben meinen,
Hab' ich als Anmaßende geschaut.

Wenn du Pfeile schießest von dem Bogen,
Wider den, der sich zu lieben traut,
Wird der Liebende nur angezogen,
Und als Bernstein, Schwerstein angeschaut.**

Vom Ghasel Fusuli's unterscheidet
Dieses sich nur durch des Nahmens*** Laut;
Schön, Faßihi, hast du eingekleidet,
Und als Meister hab' ich dich geschaut.

* Aine wesch, d.i. gleich dem Spiegel.
** Sengi dschefa, d.i. der Stein des Betrübnisses.
*** Machlaß, d.i. der Dichternahme.
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Wahren Liebenden zählt man uns zu,
Den verwirrten, irren, ohne Ruh'.
Ob Jusuf's, der in dem Rosenhemde,
Sind wir Jakob, traurig in der Fremde.
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An den Locken meine Augen hangen,
Meine Augen sehen nach den Wangen;
In dem Auge sind, mit Blut gemischet,
Hyacinth und Rose eingefrischet.
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Uschakisade Mohammed Efendi, der Sohn Uschaki Abdul-asis Efendi's, einer der Gesetzesgelehrten Mohammed's IV.; i. J. 1047 (1637) als Äußerer an der Medrese Kasimpascha's; i. J. 1048 (1638) an der des neuen Thores des Nischandschi, dann an der zweyten Sekeria Efendi's; i. J. 1055 (1644) an der Mohammedpascha's; drey Jahre hernach Einer der Achter; im folgenden Jahre an der Medrese des Kalenderchane; 1061 (1650) an der sultanischen des Scheichs Wefa; 1063 (1652) Richter von Jerusalem; starb in Zurückgezogenheit. Er dichtete sowohl türkisch als persisch; sein türkischer Diwan besteht aus einem halben Dutzend Kaßideten, 377 Ghaselen, 30 vierzeiligen Bruchstücken, 120 einzelnen Versen und zehn Chronogrammen; der persische aus 30 Ghaselen und 30 Bruchstücken.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Dritter Band (von der Regierung Sultan Murad's III.
bis zu Ende der Regierung Sultan Mohammed's IV. 1574 - 1687)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 412-415)