Thalib II.
gest. i. J. 1118 (1706)
Ich hab' auf Freundes Wangen
Des Weines Farbe gesehen,
Ich hab' auf Freundes Lippen
Des Nektars Blüthe gesehen;
Verwirret krank und leidend
Und mit gebundenem Fuße,
Hab' ich des Herzens Vogel
In schwarzen Locken gesehen;
Ich habe aufgegeben
Die Lust nach Ämtern und Würden,
Seit ich den Mond der Schönheit
Im Lobesringe gesehen;
Ich weine blut'ge Thränen
Wie Jakob's Auge geweinet,
Seit ich mit Nebenbuhlern
Am Markt den Joseph gesehen;
Zum Wirthes-Knäbleins Sclaven
Hat gern sich Thalib erniedrigt,
Weil er ihn in der Schenke
Betrunken gestern gesehen.
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Mit des Rausches Thränen laßt uns
Überschwemmen nun die Welt,
Laßt im Strome weg uns schwemmen
Gleißnerbau, der fest noch hält;
Thalib, nimm des Kieles Flasche,
Nimm sie dreymahl in die Hand,
Überschwemme mit dem Weine
Deiner Lieder Stadt und Land;
Daß kein Aug' die Braut entweihe
Des Gehorsams, wohl bedacht,
Ziehet dunklen Ambraschleyer
Ihren Wangen vor, die Nacht,
Thränen als Gebethskorallen
Fädeln wir bey Tag und Nacht,
Laßt uns zählen lust'ge Tage,
Sehen, was die Rechnung macht.
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Mit Manneskraft traten wir zum Kampf der Liebe auf,
Und opferten dem Liebchen Kopf und Seele auf;
Wir haben uns in's Feld, Rustemen gleich, gestellt,
Den Hoffnungspfeil in des Genusses Ziel gestellt;
Loos, schneide nicht das Leben ab mit Todesmacht,
Wir haben es vom Land des Nichts mit uns gebracht;
Wir haben uns in's Land des Liebeshains getaucht,
Das heiß von Höllenfeuer qualmt und raucht;
Thalib, die Faust des hohen Muthes hat nicht faul
Zurückgewandt von Sinnenlust den geilen Gaul.
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Mohammed Efendi, der Sohn
eines Imams aus Brusa; erhielt 1097 (1685) in seiner Vaterstadt die
Medrese Arabije, zwey Jahre hierauf zu einem Aspiranten (Mußile) der
Achter befördert; 1110 (1698) Muderris der Medrese Chosrewpascha's; 1114
(1702) Richter von Kutahije, drey Jahre hernach von Erserum. Er
hinterließ unter obigen Dichternahmen einen vollständigen Diwan.
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