Rasim
gest. i. J. 1119 (1707)
O Rosenwangichter, wer schaut den Rosenflor?
Wer lös't die Knospen auf von deinem Schönheitsflor?
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Es fehlt dem Leib an Kraft, er nimmt kein Körnchen ein,
Doch treibt ihn Tag und Nacht des Weltenmühlrad's Stein;
Ob eines einz'gen Korns auf seiner Hoffnungsscheuer
Hat Herzensvogel sich gemacht sein Nest im Feuer.
Es hat der mag're Leib nicht Ruhe vor Gefahr,
Er ist gekrümmt und kraus wie des Geliebten Haar;
Am Herzensspiegel, den ein Stäubchen sonst getrübt,
Mit Steinwurf tausendfach das Loos Muthwillen übt;
Als Schatten ward getreten ich dem Fuß zum Staube,
Der Liebe Sonne schäm' ich mich nur vor dem Staube.
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Das Herz ist Perle in dem Meer der Klarheit,
Verborg'ner Schatz im Magazin der Wahrheit;
Es scheint zwar glatte Tafel nur zu seyn,
Doch steh'n viel Sprüche d'rauf und Phantasey'n;
Bald ist es voll von Lust und froh und rein,
Bald ist's ein Becher voll von Liebeswein.
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Ich kann vergessen nicht die Rosenau,
Die blüht, o Schönheitspalm', in deinem Gau!
Wie könnt' ich sie vergessen, es ist dort,
Wo ich zum Staub aus Sehnsucht ward, der Ort!
O du vom Angesicht, Peri gleich, klar,
Ich bin gebunden an dein krauses Haar!
Wie könnt' ich es vergessen, es ist dort,
Wo ich wie Kamm gespalten ward, der Ort.
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O hüthe dich, mit jeder Leila schön zu thun,
Denn dieses Thal führt zu dem Loose von Medschnun.
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Mohammed Efendi von
Constantinopel, Muderris, dann Lehrer der Söhne Selimgirai's, endete
seine Tage zu Tschataldsche in der Nähe Constantinopel's. Verfasser
eines vollständigen Diwans.
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