Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Chuldi


Was Wunder, wenn ich Kuß nicht hoffe
Von dem Spinell
* so flüssig,
Meine Edelstein ist Scheidewassers
Schon längstens überdrüssig;

Das Sternenlicht kann nicht verschleyern
Die Schönheit deiner Wangen,
Vor deren reinen Sonnenfeuern
Die Sonnen all' vergangen;

Wenn er einladet uns zum Feste,
So trinkt er Wein mit Blut,
Es dünket dem Geruch der Gäste
Der Duft des Bratens gut.

Wohin gerichtet sey sein Streben,
Zeigt loser Gürtel an,
Das schwarze Loos muß sich erheben,
Legt er den den Schlafrock an;

Willst du durch Rosenbeete gehen
Als Schönheitsmorgenroth,
So werden Rosen, die dich sehen,
Aus Ärger scharlachroth,

Die Gleisner sind den schönen Geistern
Des Umgangs größte Pein,
Die List des Satans zu bemeistern
Wird ihnen leichter seyn.

[* Spinell - ein dunkelroter Edelstein]
 

 

Mustafa, der Sohn eines reichen Kaufmannes aus Brusa, Mulasim des Mufti Seid Feilullah, dann Scheich Prediger an der Moschee Sultan Urchan's zu Brusa.

 

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Vierter Band (von der Regierung Suleiman's II. bis auf unsere Zeit 1687 - 1838)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 228-229)