Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Wakif


Cypressenzweig' im Rosenbeete
Sind Pfeile nur, wenn fern von dir,
Des vollen Mondes Turbanschmuck
Ist Daumring nur, wenn fern von dir;

Als klaggewohnte Nachtigall
Durchseufze ich des Hain's Revier,
Der Rose Lächeln macht mich traurig,
Ist Kummer nur, wenn fern von dir;

Mich schmerzt der Ton der Nachtigall,
Die Sänger und des Worts Klavier,
Im Rosenbeete greift der Dorn
Des Grams nach mir, wenn fern von dir,

Was ist es Schenke, wenn das Herz
Aufgeben kann nicht die Begier?
Des Bechers Kreis ist Kettenring,
Ist Fessel nur, wenn fern von dir;

O Rosenstrauch, deß süßer Duft,
Deß Anmuthsreiz der Welten Zier,
Der Rosenduft beleidigt mich,
Ist Folter nur, wenn fern von dir;

Was ist es, wenn die Schaar der Fremden
Den Blick verwehrend macht Spalier?
Es dünkt der Bach des Rosenhain's
Ein Degen nur, wenn fern von dir;

Sieht Wakif Knospen in dem Hain,
Verstummt sein Mund und sein Papier,
Denn jede däucht ihm Lippensiegel
Und ein Petschir, wenn fern von dir.
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Jahja, der Sohn Fais Es-seid Abderrahim Efendi's; war 1110 (1698) Mulasim Mirsa Mustafa Efendi's; danach Muderrisstelle an der Medrese Defterdar Ibrahim Efendi's, danach weitere.

 

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Vierter Band (von der Regierung Suleiman's II. bis auf unsere Zeit 1687 - 1838)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 333)