Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Ruscheni Mahmud
gest. i. J. 1209 (1794)


Moschusblase Sina's hab' ich
Deinen Mundrubin genannt,
Und chinesische Mongolen
Deinen Augenhirsch genannt;

Deinen schlanken hohen Wuchs,
Deine zuckersüßen Lippen,
Hab' ich gold'ne Rebenranken,
Süßen Traubenseim genannt.

Dein Gesicht und deine Wangen,
Deine Zähne, deine Hand,
Hab' ich Luna und Pleiaden,
Hab' ich Jupiter genannt;

Deine rosenfarben Wangen,
Deine Schläfe, voll Verstand,
Hab' ich Rosen und Jasminen,
Flieder, Rosen auch genannt.

Deines Mundes Perlenknoten,
Deiner Zähne Silberband,
Hab' ich Perlen reinsten Wassers,
Mandelfarbige genannt;

Deiner hellen Schönheit Sonne
Hat Ruscheni als der helle,
Heller als des Himmels Sonne,
Heller als das Licht genannt.
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Vor der Sonne deiner Wangen
Strahlet nicht der Sonne Licht,
Und der Genius Mithras glänzet
Vor dem Strahl der Liebe nicht;

Die Cypresse zu vergleichen
Deinem Wuchse, mag ich nicht,
Denn wie deine hohe Ceder,
Geht Cypreß anmuthig nicht;

Deinen Mund vergleich ich gern
Einer Knospe, die aufbricht,
Aber solch ein süß Gemische,
Zucker, Honig hat sie nicht.

Perisantlitz, welch' ein Wunder!
Bist du menschliches Gesicht?
Doch es ist Huri von Eden
Froh und glücklich wie du nicht.

O mein Mond, des Himmels Sonne,
Und der Nächte großes Licht!
Ist es Sonne deiner Wangen,
Hell und licht und strahlend nicht?

Sind versammelt deine Maale
Und zerstreut auf dem Gesicht,
Finden sich gefüllte Ambra,
Doch wie sie zerstreuet nicht;

Huldigen kann nicht Ruscheni,
Wenn nicht deiner Liebe Licht,
Froh und glänzend, stark erscheinst du,
Wie des Himmels großes Licht.
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Sohn Abderrahman Efendi's, des Scheichs der Derwische Dschelweti, erblickte er 1132 (1719) das Licht der Welt zu Modania am Hafen Brusa's, kam in seinem siebzehnten Jahre mit seinem Vater nach Constantinopel und ward an dem zunächst der Aja Sofia gelegenen Kloster Ismailpascha's als Derwisch eingekleidet. 1176 (1762) ward er als Scheich Prediger an der Moschee des Ajasma zu Skutari. 1188 (1774) erhielt er die Stelle des Scheichs Vorstehers des Klosters Hudaji's, welche er durch ein und zwanzig Jahre bekleidete.
Ruscheni's Küllijat, oder sämmtliche poetisch mystische Werke, gehören zu den ausgezeichnetesten ethischen und mystischen Leistungen osmanischer Poesie.

 

 

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Vierter Band (von der Regierung Suleiman's II. bis auf unsere Zeit 1687 - 1838)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 376-377)