Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)


Niafi, d.i. der Bittenhafte
 

Das Herz wünscht in der Welt zu seyn nicht Freunde ohne,
O Gott! laß keinen Augenblick mich Schönen ohne,
Seitdem das Feuerauge brennt als Anemone,
Verlanget sich die Brust zu seyn nie Gluthen ohne,
Wie sollte klagen nicht im Hain Äidone,
Da in der Welt nicht eine Rose Dornen ohne;
Ich weiß nicht, ob die Narrheit eine Zauberfrohne,
Da ich nicht ruhe ohne Schelme, Augen ohne
Ich weine, sprach ich, Schah! da sprach Äidone,
Es gibt nicht Nachtigall, Niafi! Klagen ohne.

 

Niafi der Bittenhafte, aus Karaman, ein Lobdichter Sultan Bajesid's I., dessen Diwan aber in dem damals durch Timur herbeygeführten Verderben zu Grunde ging. Der größte Beweis der Vortrefflichkeit seiner Gedichte ist, daß dieselben dem ersten Lyriker der Osmanen, Ahmedpascha, zum Muster dienten. Niafi ist der erste osmanische Lyriker, welcher Kaßideten zum Lobe des Rubins, der Jagd, des Wassers usw. verfertigte.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Erster Band
von der Regierung Sultan Osman's I. bis zu der Sultan Suleiman's
1300 - 1521
Pesth, 1836
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 71)