Kemalpaschasade Ahmed, der Mufti
gest. i. J. 941 (1534)
Glaub' nicht, blutig sey mein Glas
Von den blut'gen Thränen, meinen,
Liebesfunken siehest du
Sprühend aus dem Stein erscheinen.
Wie die Lotos taucht in Wasser
Ich Gesicht von vielem Weinen,
Liebeswoge drängt heran
Mächtig hoch zum Kopf', dem meinen;
Über die sich Brücken wölben,
Nil und Oxus sind die Augen,
Brücken eines einz'gen Bogens
In den Augenbrauen, meinen,
Tausend blut'ge Thränen strömen
Täglich aus den Augen, meinen,
Sieh was Lieb' ergehen läßt
Über diesen Kopf, den meinen,
Um zum Hafen zu gelangen,
Siehst im Neumond Nachen einen,
Fahrend durch das rothe Meer
Von den blut'gen Thränen, meinen.
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Anruf zu Gott (Munadschat)
Aus Staub hast du uns Gott zu Edelstein gemacht,
Wird wieder Edelstein dem Staube gleich gemacht?
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O laß den Mund mir öffnen nicht,
Daß Seufzergluth heraus nicht fahre,
Und bringe mich zum Sprechen nicht,
Daß dich der Herr vor Brand bewahre.
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Aus Jusuf und Suleicha
Die Lippen sind der Lebensquell voll Licht,
Den Moses, Chisers Fuß betreten nicht.
Als deiner Schönheit Sonne aufgegangen,
Verhüllte neuer Mond aus Scham die Wangen.
Es würde schicken sich Genusses Kleid den Seelen,
Wenn sie vorhero nicht die Trennung müßten wählen.
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Wie ist es mir gegönnt den zarten Leib zu schauen,
Da mir der eig'nen Wimpern Dornen es verwehren.
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Mit Rosensaum denkst du, o Morgenwind, zu spielen,
Welch eine Kühnheit, in dem Saum des Freund's zu wühlen.
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Für eine Wunde deiner Wimperndolche
Ward insgemein mein Mund gehalten,
Aus meinem Inn'ren sprang hervor die Flamme,
Sie ward für meine Zung' gehalten.
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Sonn' und Mond sind Schmetterling nur vom Lichte der Wangen,
Ostwind ist der Narr, liegend in Ketten des Haar's.
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Was ist der Busen als Hochgebirg im Lande der Liebe,
Als ein Tulpenbeet dunkeln die Maale darauf.
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Aus Gram der Lockenspitzen weinen
Die Bäume blut'ges Harz,
Zur Trauer deines Flaums erscheinen
Die Schriften alle schwarz.
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Die Schöne sprach: Was sprichst du wie die Kerze brennend,
Nur wenig abgebrannt, was sprichst du denn so brennend?
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Des Morgens öffneten Narziß' und Rosen sich,
Mit Aug' und Ohr erwartete der Garten dich.
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Was kann dem Liebekranken, was kann Gesundheit nützen,
Reich' ihm der Lippen Nektar, was kann Scherbet ihm nützen,
Ich sehne mich nur nach den Lippen und nach des Freundes Wuchse,
Was kann der Baum des Gartens vom Paradies mir nützen,
Ich opferte die Seele für einen einz'gen Kuß,
Kein Sonnenstäubchen Gnade ward mir, was soll es nützen.
Ich theile Schmerz und Leid der Seele und des Herzens,
Da dieses nur Bestimmung, was soll mir anders nützen.
Ich duldete wie Berge, und komm' nicht zum Genusse,
Kann ohne Arm des Glückes die Kraft wohl etwas nützen?
Wiewohl am Himmel aufging die Sonne jener Schönheit,
Was kann sie ohne Schwungkraft in meinem Sterne nützen?
Zum Feste des Genusses will ich mich opfern gerne,
Doch wenn mich Sehnsucht tödtet, was kann es dir wohl nützen?
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Kemalpaschasade schrieb
als Nachahmung des Bostans und Gülistan Saadi's das
Nigaristan, d.i. den Bildersaal persisch, seine türkische Geschichte
unter Suleiman, unter welchem er sechs Jahre lang bis zu seinem Tode die
höchste Würde des Gesetzes als Mufti bekleidete. Sein poetisches
Meisterwerk ist die Geschichte Jusuf's und Suleicha's.
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