Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Haireti, d.i. der Staunensvolle
gest. i. J. 941 (1534)
 

Wenn in dem Herzensbeutel
Nicht Gold der Liebe ist,
Was nützen Kora's Schätze
Verschlungen von der Erde.
____________


Ich dacht', es sey in dieser Welt der Pein
Kein Plätzchen auszuruhen,
Da fand ich seiner Schwelle Marmorstein,
Den Kopf d'rauf auszuruhen.
____________


Zu Freundes Ohren komme die Ghasele,
Daß er zum Ohrgehäng' die Perlen wähle.
____________


Willst du zur Seele gelangen, o Herz, verzicht' auf den Körper,
Auf das Leichentuch, willst du ein Martyrer seyn.
____________


Kein Wunder ist's, wenn jede Schöne mich entzückt,
Mein Herz ist hundertfach von bitt'rem Schmerz zerstückt.
____________


Ich sprach: Ich bin der Narr von dieser Haareskette,
Sie sprach: So bind' es um den Hals, daß es dich rette.
____________


Der Allmacht Schreiber schrieb auf Wangen zarten Flaum,
Als schöne Randesschrift auf Atlaskleides Saum.
____________


Ich sprach: Ich will als Staub auf deiner Schwelle liegen,
Sie sprach: Du willst als Staub dich auf die Brust mir legen.
____________


Deine Lippen hat geküsset,
Niemand als das Glas,
Deinen Busen hat umarmet
Nur des Bades Naß.
____________
 

Aus Jenidsche Wardar, der Bruder Sinan-Tschelebi's, als Dichter geschätzt und besonders durch eine dem Großwesir Ibrahimpascha überreichte Kaßide bekannt.

 

 

zurück

Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 212-213)