Sati, d.i. der Wesentliche
gest. i. J. 953 (1546)
In den Gärten weint das Wasser
Mit des eig'nen Zustands Zunge,
Meine Gärten sind dein Antlitz,
Wo ich meinen Zustand weine,
Sieh mein Herz ist in den Fluthen
Zugeflossen der Cypresse.
Flüsse sahen meine Thränen,
Flossen außer sich davon.
Meine zehentausend Leiden
Kannst du nie genug verstehen,
Können denn Gesunde je
Was die Kranken leiden, kennen?
Komm' und schaue, wie dein Auge
Meine Seele hat getroffen,
Wie in meinem Busen brennen
Tausend Maal auf tausend Maalen,
Sati, auf des Morgenwindes
Hauch beweget sich das Meer,
Aufgeschaut, wer sich nicht rettet,
Wird ersäuft im Thränenmeer.
____________
Deine Liebe hat mir eingebrannt
Maal auf Maal,
Königsfalke bin ich, den verfolgt
Rabenschaar,
Mihri's* helle, lichte Schönheitssonne
Macht verliebt,
Daß, wer sie so lang wie ich betrachtet,
Weinen muß.
Daß nicht aus des Trennungsschwertes Wunden
Fließe Blut,
Sind als Maale selbe ausgebrennet
Allzumahl,
Wer am Leidensquell in Trennungsfieber
Elend liegt,
Bindet an den Ast des Hochgenusses
Hoffnungsknäul.
Sati, wenn ein Stäubchen von dem Schmerze,
Den du fühlest,
Auf die Berge fallen würde, Berge
Trügen's nicht.
* Mihri, der Nahme der Dichterinn
[siehe Band I. Nr. 64]
____________
Es schneidet deines Grames Schwert
Mir die Gesundheit ab,
Es dringet deiner Trennung Pfeil
Mir in das schwache Herz,
Halt' nicht für Maal, was du als Maal
In meinem Busen schaust,
Es ist der ausgebrannte Rumpf
Des Stammes der Geduld.
Ich geh' vorbey an deiner Schwelle
Betrunken manchesmahl,
Denn deine beyden Augen sind's,
Die tauchen mich in's Blut,
Der Gram, der eingegraben ist
In meiner Seele Tafel,
Und von des Herzens Nachtigall
Beständig widerhallet.
Da du verbrannt des Herzens Kerze
Für jenes Gluthgesicht,
So muß der Rauch von deinem Ach
Zum Himmel steigen Sati.
____________
Bey dem Anblick deiner Schönheit
Aus den Händen geht die Wahl,
Reiche mir das Lockenschwert,
Das sonst schnell aus Händen geht,
Sey nicht stolz darauf, daß du
Viele Seelenvögel jagest,
Denn der Schönheitsfalke Herr
Doch zuletzt aus Händen geht,
Tritt Verliebten nicht mit Füßen,
Ich beschwöre dich beym Haupte,
Denn das Hennaroth der Anmuth
Doch zuletzt von Händen geht.
Zeige dich für Sati gnädig,
Beut Gelegenheit sich Händen,
Denn, o Schöner, wohl weißt du,
Daß der Ring* geht aus den Händen.
* Der Ring Salomonis
____________
Sey nicht stolz auf deine Schönheit,
Kränke die Verliebten nicht,
Eines Tages wird man fragen:
Wo ist deiner Schönheit Licht?
____________
Mein Freund, du bist in vollem Schweiß,
Bey welchem Herzen, das durchglüht,
Der Liebe helle Funken sprüht,
Gingst du vorbey, daß dir so heiß?
____________
Von seinen Strahlen hell ist meine Nacht,
Von seinem Rauche finster ist mein Tag,
So wird zu Tag die Nacht gemacht,
Durch Seufzer und zu Nacht der Tag.
____________
Siehst du die Sterne? Funken sind's, die sprühten
Vom Mond, als meine Seufzer ihn durchglühten.
____________
Im Kusse fragte ich den Zahn:
Was sind die Lippen? sag' mir's an.
Er sagte: Rosen sind es frisch,
Von Pfirsichen ein süß' Gemisch.
____________
Sein Nahme ist Aus, das
insgemein Aiwas ausgesprochen wird, Sohn eines Stiefelmachers zu Karasi;
in der gleichnamigen Landschaft Karasi trieb er eine Zeitlang seines
Vaters Handwerk, bis er nach Constantinopel kam; ein eben so fruchtbarer
als ausgezeichneter Dichter. Er hinterließ sechzehn- bis siebzehnhundert
Ghaselen, vierhundert Kaßidete und drey Mesnewi. Das Licht und der
Schmetterling; das Buch Ferruch's; Ahmed und Mahmud;
der Liebende und der Geliebte; Schirin und Mewlud;
Rosen und Frühling; nebstdem schrieb er enige gereimte Abhandlungen
über das Falstechen und eine Sammlung von Schwänken.
|