Betty Paoli (1814-1894) - Liebesgedichte

Betty Paoli

 


Betty Paoli
(1814-1894)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

Gabe

Alles hinzugeben
Ist der Liebe Brauch;
Nimm denn hin mein Leben,
Und mein Sterben auch!

Aller meiner Lieder
Sanften Schmeichellaut,
Die ein Eden wieder
Sich aus Schutt erbaut;

Alle Lichtgedanken,
Die an Glück und Leid
Kühn sich aufwärts ranken
In die Ewigkeit.

All mein stilles Sehnen,
Innig dir vertraut,
Das in sel'gen Thränen
Auf dich niederthaut!

Nimm, daß nichts dir fehle,
Wenn die Stunde ruft,
Meine ganze Seele
Hin als Opferduft!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 106-107)
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Rest

Als uns'rer Seelen Aeolsharfensaiten
Vom Gotteshauch der Liebe laut erklangen,
Als uns're Geister glühend sich durchdrangen,
Nicht wahr, mein Freund! Das waren schöne Zeiten?

Das ist vorbei, und jene Seligkeiten,
Zu süß in ird'schem Gefild' zu prangen,
Sie sind in Nacht und Tod dahingegangen
Als ich dein schwankend Herz sah von mir gleiten.

Doch, ob auch liebeleer nun deine Brust;
Ein starkes Band wird ewig uns vermählen,
Im Innersten ist's trostvoll mir bewußt:

Denn ewig werden uns're düstern Seelen,
Gefall'nen Engeln ähnlich, von der Lust
Verlornen Edens trauernd sich erzählen.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 148-149)
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An deiner Brust

An deiner Brust ist meine Stelle,
In deinen Armen mein Asyl!
Mich warf des Sturm's empörte Welle
An dieses bang ersehnte Ziel.

Die Gaben, die das Leben zieren,
Jedwedes Gut, das köstlich heißt,
Was ich besaß, mußt' ich verlieren,
Daß du fortan mir Alles sei'st.

Jetzt, da ich Alles hingegeben,
Wird mir's durch dich zurückgeschenkt,
Wenn unter wonnevollem Beben
Dein Mund auf meine Stirn' sich senkt.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 92)
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Unbewußtes

Aus deiner Stimme weichem Laut
Tönt mir ein Gruß entgegen,
So geisterhaft verwandt, so traut,
Wie ein geheimer Segen.
Einsaugt den Ton mein dürstend Herz
Und fragt sich, froh beklommen,
Ob es ihn nicht schon anderwärts,
Nicht früher schon vernommen?

Wann lauscht' ich, ach! wann lauscht' ich doch
Zuerst so süßem Troste?
War's, als ein harmlos Kind, ich noch
Im Traum mit Engeln kos'te?
War's als mir einst der Musa Hand
Erschloß das Reich der Mythen?
War's als wir Beid' im Lichtgewand
Am Throne Gottes knieten?

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 277)
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Entgegnung

I.
Bange nicht vor künft'gen Tagen,
Vor der Liebe Unbestand!
Herzen, die wie unsre schlagen
Eint ein unzerreißbar Band!

Geister, die wie unsre streben
Zu der Wahrheit Sonnenbahn,
Sind dem wechselvollen Leben
Nun und nimmer unterthan.

Hat uns denn ein Bund vereinet,
Wie ihn jeder Tag gebiert,
Wo geküßt, gelacht, geweinet,
Endlich auch geschieden wird?

Unsre Liebe ist Erkennen,
Streben nach dem gleichen Ziel!
Was kann solche Liebe trennen,
Unerreicht vom Schicksalsspiel?

Tausend Lichtgedanken ranken
Sich um uns und halten fest,
Ohne Weichen, ohne Wanken,
Dich an meine Brust gepreßt.

Einen engen Pfad bestrahlen
Gleiche Sterne dir, wie mir, -
Könnt' ich auf dem rauhen, schmalen,
Jemals trennen mich von dir?

Möglich, daß in künft'gen Zeiten
Andrem Glück dein Wunsch noch winkt,
Und den Born der Seligkeiten
Einst von fremden Lippen trinkt.

Möglich, daß in neuer Regung
Einst auch meine Seele schwillt
Und in stürmischer Bewegung
Hin sich neigt zu fremdem Bild:

Doch den Geistesbund zu brechen,
Der sich leuchtend um uns flicht,
Und dich von mir loszusprechen, -
Das, mein Lieb, vermagst du nicht!

Doch dein Lieben zu vergessen
Einst bei andrer Augen Schein,
Glaube mir, ich werde dessen
Nun und nimmer fähig sein.

Drum, ob sich auch unsre Seelen
Einst auch beugen neuem Joch,
Wird uns Freundschaft stets vermählen,
Und der Bund bleibt ewig doch!


II.
Sahst du, wenn in Glanzesfülle
Schmetterling zum Himmel flog,
Daß er seine Raupenhülle
Später abermals bezog?

Mag die Zukunft niederreißen,
Was mein Hoffen auferbaut:
Nie kann ich dir Freundin heißen,
Dem ich Schwester jetzt und Braut!

Nie würd' ich's zu tragen wissen,
In dem theuern Angesicht
Je den Schimmer zu vermissen,
Der jetzt liebend daraus bricht.

Und aus offner, tiefer Wunde
Strömte heiß mein Herzblut fort,
Hört ich je von deinem Munde
Matter Freundschaft kühles Wort. -

Wer zu tiefstem Weh erkoren,
Wird von höchster Kraft beseelt;
Ist die Krone einst verloren,
Sei der Schleier rasch erwählt!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 116-119)
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Stilles Bündniß

Blüthen trieb mein Lebensbaum
Und mein Herz hat dich gesegnet,
Als du mir zuerst begegnet,
Lieblich wie ein Dichtertraum.

War mir's doch, als ob mein Gram
In ein Freudenmeer verschwimme,
Als ich deiner süßen Stimme
Seelenvollen Laut vernahm!

Doch kein stürmisch Wünschen schlug
Mir im Busen wilde Schlachten;
Still dir lauschen, dich betrachten
War mir Seligkeit genug.

Kein begehrend Lebensleid
Wecktest du in meinem Innern,
Nur ein wehmuthsanft Erinnern
An die eig'ne Jugendzeit.

Wenn ich deine Näh' empfand,
Traten auf entwöhnten Wegen
Engel wieder mir entgegen,
Die sich längst von mir gewandt.

Leuchtender schien mir mein Ziel,
Frevelhaft jedwede Klage,
Da auf meine öden Tage
Solcher Sonnenschimmer fiel. -

Jetzt hat finst're Erdenmacht
Feindlich dich von mir gerissen,
Deinen Anblick muß ich missen,
Der mir Licht und Trost gebracht.

Schmerzlich mag die Trennung sein,
Doch ich fühl's im tiefsten Wesen:
Der im Geist nur mein gewesen,
Bleibt für alle Zukunft mein.

Weil kein irdisch dunk'ler Schaum
Unser Bündniß durfte trüben,
Werd' ich dich allewig lieben,
Menschgewordner Dichtertraum.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 81-83)
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Erkenntniß

Daß ich dich liebe tief und heiß,
Das hab' ich oft empfunden,
Wenn deiner Nähe Zauberkreis
Glückathmend mich umwunden;
Wenn mich dein Arm so fest umschlang,
Dein Wort in seiner Süße
Zu meinem tiefsten Herzen drang
Wie tausend Jenseitsgrüße.

Doch daß du selbst mein innerst Sein
Und Herz von meinem Herzen,
Daß du nur in der Seele mein
Wach rufest Lust und Schmerzen,
Daß du ein heil'ger Engel bist,
Für mich als Mensch geboren,
Das weiß ich erst seit kurzer Frist:
Erst seit ich dich verloren.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 129)
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Lebewohl

Deine Liebe zu erstreben,
Dir zu weih'n mein innerst Leben,
Dein zu sein im Erdenraum
Und im seligen Verderben
Einst an deinem Kuß zu sterben -
O es war ein süßer Traum.

Bald entfloh der ros'ge Schimmer;
Feindlich trennt uns und auf immer
Strengen Schicksals herber Schluß!
Doch es folgt dir allerwegen
Meines Dichterherzens Segen,
Meines Liedes Seelengruß.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 78)
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Versenkung

Den dunkeln Knoten, den das Leben schürzt,
Zerhieb ich kühn mit einem raschen Streiche:
In's Meer der Liebe hab' ich mich gestürzt,
Daß ich des Jenseits lichten Strand erreiche.

Jedwede Schuld, die finster mich umwand,
Ich warf sie in der Liebe heil'ge Flammen;
Steig' denn empor, du reiner Opferbrand!
Und schlage läuternd über mir zusammen!

Jedwedem Schmerz, der mein Gemüth zernagt,
Und jeder Lust, die mir geblüht auf Erden,
Ja! meinem eig'nen Ich hab' ich entsagt,
Um, liebdurchglüht, ein Liebeshauch zu werden.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 90)
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Weihe

Der du fragest, welches Glück
Deine Liebe lohnen werde,
Weich' Unwürdiger! zurück
Von dem heil'gen Opferherde!
Denn so lang' nach Freuden noch
Strebt dein Sinnen und Verlangen,
Bist du aus der Selbstsucht Joch
Nicht zur Freiheit eingegangen.

Erst, wenn alle Lust und Qual
Deinem Blick in Nichts zerronnen,
Wird der Liebe Weihestrahl
Läuternd dein Gemüth durchsonnen,
Und beginnen wird in dir
Wunderbar erhöhtes Leben,
Jenseitsfrieden in dem Hier,
Wenn du deiner dich begeben.

Wenn du, statt zu fordern, giebst,
Wenn du, selig selbstvergessen,
An der Gluth, womit du liebst,
Deine Wonne weißt zu messen,
Wenn das Herz in deiner Brust
Segensstrahlen rings entsendet,
Seines Reichthums sich bewußt,
Durch die Gaben, die es spendet. -

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 85-86)
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Liebesfrieden

Der rastlos irrend schweift
Und nimmer doch zu stillen,
Den dunkeln Eigenwillen,
Ich hab' ihn abgestreift!

Wie sanft mein Herz nun ruht
Fortan vor Gram und Sorgen
Gesichert und geborgen
In deiner treuen Huth!

Gleich gilt mir Berg und Thal,
Wenn deine Hand mich führet,
Und was dein Geist erkühret,
Das ist auch meine Wahl.

Was könnt' in meinem Sinn
Ich noch für mich verlangen,
Da unter ich gegangen
In deiner Seele bin?

Nun kann ich lächelnd seh'n
Auf Glück und auf Verderben,
Nach solchem süßen Sterben
Und süß'rem Aufersteh'n!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 282-283)
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Feier

Des Südenhimmels gold'ne Sterne glühten
In heit'rer Pracht,
Durch's off'ne Fenster wehte duft'ge Blüthen
Die warme Nacht.

Des Brunelleschi stolzer Prachtbau ragte,
Ein Marmorwall,
In Boboli's tiefschatt'gem Haine klagte
Die Nachtigall.

Die Schönheit selber schien sich zu entschleiern,
Und nah und fern
Des Isisbild's Enthüllung mitzufeiern,
So Blum' wie Stern.

Der Feier solcher Nacht sich zu vermählen
War würdig nur
Entflammter Geister, liebdurchströmter Seelen
Lautloser Schwur.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 106-107)
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Beruhigung

Dir zürnen, daß du mich verlassen? -
Beim Himmel, nein! wie sollt' ich das?
War's deine Schuld, mich nicht zu fassen?
Verdient ein blinder Irrthum Haß?

Besäße dein Gemüth die Schwingen,
Zu schweben auf des meinen Spur,
Dann ließest du mich dir entringen
Mit deinem eignen Leben nur!

Wen also hätt' ich anzuklagen?
Dich, daß dein Herz so schwach und klein?
Davon kannst du die Schuld nicht tragen!
Wie du's empfangen, blieb es dein.

Fahr hin! als der Vergebung Blüthe
Rankt sich der Wunsch noch himmelan,
Daß Gott fortan dein Glück behüte,
Weil's meine Liebe nicht mehr kann.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 142)
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Mahnende Stimmen

Dort, wo im Herbst der Himmel reiner
Herniederblaut, als hier im Lenz,
Denkst du mit stillem Lächeln meiner,
In deinem blühenden Florenz.

Die duftig blauen Bergessäume,
Des Arnothales Lichtrevier,
Die Pflanzen, Blumen und die Bäume,
Sie sprechen mahnend dir von mir.

Die schattenspendenden Platanen
Vom Epheu lind und leis' umschwankt,
Sie werden flüsternd d'ran dich mahnen,
Wie fest mein Herz sich um dich rankt.

Der Blumen glänzendes Gewimmel,
Erinnern wird dich's an die Macht,
Mit der du einen Farbenhimmel
In ein umdüstert Sein gebracht.

Und wenn in finstern Augenblicken,
Der Zwiespalt deine Brust beschleicht,
Wird dich der sanfte Duft erquicken
Des Oelzweigs, den du mir gereicht.

So weiß ich, daß ich in der Ferne
Dir ewig nah, so nahe bin,
Als wallte ich beim Licht der Sterne
An deiner Seite selig hin.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 170-171)
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Letzte Zuflucht

Einst in bess'rer Zeit vermochte ich
Deines Daseins Wüste zu verschönen,
Einst vermochte meine Liebe dich
Mit dem dunkeln Gegner zu versöhnen.

O wie machte da in Himmelslust
Mir das Herz, in Stolz und Wonne, schwellen
Der Gedanke, einer Menschenbrust
Leben, Tod und Jenseits zu erhellen.

Ob mein eig'nes Schicksal trüb und schwer
Und gebeugt mein Haupt, das kummermatte -
Arm und elend dünkt ich mir nicht mehr,
Da ich Freuden dir zu spenden hatte.

Muthig rang ich mit dem finstern Geiste,
Kampfgenoß war mir dein eig'nes Lieben,
Doch seit deine Seele liebverwais't
Ist dem Dämon schnell der Sieg verblieben. -

Was ich sonst an mildem Trost dir gab
Trifft nicht mehr den Weg zu deinem Herzen,
Meine Worte gleiten machtlos ab,
Von dem starren Panzer deiner Schmerzen.

Untergraben, nach dem Einsturz, seh'
Ich dein Sein, und kann es nicht mehr stützen,
Wilder lodert auf mein eig'nes Weh, -
O so möge Gott uns Beide schützen!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 17-18)
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Hinweg

Es bebt ein Strahl zur Erde nieder,
Vergoldet magisch Berg und Flur,
Und kehrt dann heim zur Sonne wieder,
Und läßt auf Erden keine Spur.

Aus Blumenkelchen strömen Düfte;
Doch schon nach kurzem Augenblick
Entschweben sie, ein Spiel der Lüfte,
Und lassen keine Spur zurück.

Wenn Gluten den Demant durchhitzen,
Verflüchtigt schnell sich seine Spur,
Und nimmer bleibt von seinen Blitzen
Zurück die todte Kohle nur.

O seid der stillen Weisheit Erben!
Wenn Lieb' aus eurem Busen schwand,
So mag sie ganz und spurlos sterben,
Wie Strahl und Duft und Diamant!

Wohl nahm sie schon zu höherm Reiche,
Euch unbewußt, den kühnen Schwung;
Zwingt nicht in's Sein zurück die Leiche -
Hinweg mit dir, Erinnerung!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 101-102)
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Ergänzung


Es gab der Gott, zu dem wir beten,
Dem Lenz der Blüthen bunt Gewirr,
Den Sonnen gab er die Planeten
Und meine Seele gab er dir.

Er gab dem nachtbedeckten Meere
Des Mondenstrahles lichte Zier,
Dem dunkeln Grund die gold'ne Aehre,
Und deine Liebe gab er mir!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 281)
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Zwei Führer

Es ist in diesem Weltgetriebe
Nichts süß und heilig als die Liebe.
Der Schmerz nur wesenhaft und wahr.
Drum hab' ich, frei mit mir zu schalten,
Den beiden, göttlichen Gewalten
Mich hingegeben ganz und gar!

Vermag ich es des Lebens Höhen
Und seine Tiefen zu verstehen,
So dank ich's ihnen nur allein.
Sie führten, wie Virgil den Dante,
Mein Herz, das still und tief entbrannte;
Zur Hölle und zum Himmel ein! -

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 264)
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In solcher Nacht

Es winkt der Mond aus blauen Fernen
Hernieder seinen Geistergruß,
Die Erde schickt den Himmelssternen
In duft'gen Seufzern Kuß auf Kuß.

In solcher Nacht war's, wo die Hülle
Mir von dem jungen Auge fiel,
Wo ich der Liebeswonnen Fülle
Zuerst geträumt als Lebensziel,
Wo ein gestaltlos heißes Ahnen,
Tief mit geheimnißreichen Mahnen,
Die Seele mir zuerst durchfacht
In solcher Nacht.

In solcher Nacht war's, wo ich, trunken,
Zuerst an deiner Brust geglüht,
Wo deine Schwüre Gottesfunken
In's tiefste Wesen mir gesprüht,
Wo, um im Herzen mir zu liegen,
Vom ew'gen Thron herabgestiegen
Der Seligkeiten reichste Macht
In solcher Nacht.

In solcher Nacht ist's nun, daß, trübe
Mein Geist der Schätze all gedenkt,
Des Glück's, des Hoffens und der Liebe,
Die längst ins Meer der Zeit versenkt.
Was ich geahnt, was ich empfunden,
Was ich besaß, es ist verschwunden
Bis auf den Schmerz, der einsam wacht
In solcher Nacht.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 150-151)
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Ein Gedächtnißtag

Gewichen war der helle Tag
Der Frühlingsnacht, der warmen;
Mit Schauern der Entzückung lag
Ich still in deinen Armen.
Herab auf deine theure Hand
Floß meine Freudenthräne,
Begeistert stürzte in den Brand
Die Seele, die Phaläne!
Ausging von deinem Angesicht
Ein wundersam Geleuchte,
Das von des Himmels Friedenslicht
Ein Abglanz mich bedäuchte!
O wie so süß die Stunde war!
Heut' ist's ein Jahr.

Vorbei! vorbei! der Blitzstrahl fiel,
Er hat mein Glück getroffen!
Das Schicksal treibt ein frevles Spiel
Mit unserm besten Hoffen;
Von dir geschieden und getrennt,
Verblutend losgerissen,
Von dir, nach dem die Seele brennt,
In ewigem Vermissen,
Scheint mir das Leben arm und leer,
Verächtlich jede Spende,
Nichts wünsche, nichts verlang ich mehr
Als nur ein rasches Ende!
O ständest du an meiner Bahr'
Heut' über's Jahr!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 229-230)
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Entschluß

Gott! ich verstehe deiner Liebe Werben,
Damit ich einzig auf den Himmel sinne
Muß sich die Welt, das Leben mir entfärben,
Auf daß der Schmerz mich für dein Reich gewinne.
Ob, grimm bedroht vom irdischen Verderben,
Vom Auge mir die heiße Thräne rinne:
Mit fester Hand zerreißest du die Bande,
Die mich verknüpfen mit dem Erdenlande.

So hast du früh den heitern Traum beendet,
In den der Hoffnung sanfte Hand uns wieget,
Der Menschen Herz hast du von mir gewendet,
Daß mich ihr Haß, verkennend, nun bekrieget,
Mit aller Huld, die segnend ich gespendet,
Hab' ich nur kalten Undank mir ersieget,
Wofür ich meine Seele wollt' verpfänden,
Wie Staub zerfiel es bald in meinen Händen!

Du meine letzte Liebe! glühn'de Rose,
Die mit dem Thau ich meiner Thränen nährte,
Die schmeichelnd wie mit holden Lenzgekose
In süßer Täuschung mir die Welt verklärte,
Du ernste Liebe! tiefe, hoffnungslose,
Und doch vertrauend himmelwärts gekehrte,
Auch du ward'st von dem eis'gen Hauch getroffen -
Und keinen neuen Frühling darf ich hoffen!

Mein Gott! was führ'st du mich auf solchen Wegen,
Die blutig wund den müden Fuß mir ritzen?
Spricht einzig in Gewittern nur dein Segen?
Gibt deine Wahl und Huld sich kund in Blitzen?
Und muß erliegen allen Schicksalsschlägen
Das Herz, das du allein nur willst besitzen? -
Ja! immer lauter spricht in mir die Ahnung:
Der Schmerz der Erde ist des Himmels Mahnung.

Wohlan! so will ich nun den Kampf verkürzen
Und, wie einst Decius, mein Sein verschenkend,
Freiwillig in's Gewühl der Schlacht mich stürzen,
Des hohen Geistervaterland's gedenkend!
Das finst're Räthsel, das die Tage schürzen,
Ich lös' es, mich in Ewiges versenkend.
Als Priesterin will ich mit festem Muthe
Das Opfer bringen in dem eig'nen Blute!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 11-112)
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Beruhigung

Harter, der du ohn' Erbarmen
Mich verletzest kalt und rauh,
Wirst bald glühen in den Armen
Einer reizbegabtern Frau!

Ruhig mag ich dieß erwägen,
Denn die Ahnung thut mir kund,
Was sich dann wird leise regen
Tief in deines Innern Grund.

Wenn, durchzuckt von deinen Küssen,
Stumm dein Lieb im Arm dir ruht,
Wirst du heimlich doch vermissen
Meiner Seele Kraft und Glut.

Wenn mit heitern Frühlingsscherzen
Sorglos froh sie zu dir spricht,
Wird dir's flüstern tief im Herzen:
»Diese kennt die Liebe nicht!

Kennt sie nicht, so wie sie kannte
Jenes unglücksel'ge Weib,
Dessen Lieben flammt' und brannte
Stillverzehrend Seel' und Leib!

Ist's auch süß, sich hier zu sonnen
In der Schönheit Maienlust:
Um die tiefsten Qualen, Wonnen
Hat doch Jene nur gewußt!«

Strahlend wird in's Aug' dir brechen
Meines Herzens Glorienzier;
Und so wird mich treulich rächen
Einst dein eigen Selbst an dir.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 99-100)
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Ich denke dein

Ich denke dein im Waldesgrunde,
Ich denke dein beim Festgelag,
Bei jeder Wonne, jeder Wunde,
Bei jedem Hauch und Herzensschlag.
Aus heitern Hoffnungsparadiesen,
Aus der Verzweiflung Nachtverließen
Wend' ich den treuen Blick dir zu -
Und du?

Ich lieb' dich, als durch mich Erlös'te
Vom Fluche, dem ich lang geweiht,
Als meiner Freuden reinste, größte,
Als mein verklärtest', schönstes Leid!
Ich liebe dich, in sel'ger Beugniß,
Als menschgewordnes Gotteszeugniß,
Das mir verheißen Glück und Ruh' -
Und du?

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 105)
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Vermuthung

Ich hab für jede Kränkung,
Die du mir angethan,
Für dich ein Gebet entsendet
Zum Herrn der Welt hinan.

Ich hab' das Wort des Fluches,
Womit du mich gehöhnt,
Mit Segen dir vergolten,
Im Innersten versöhnt.

Ich hab für deine Härte
Ein Lächeln stets gehabt,
Und immer nur ganz heimlich
An Thränen mich gelabt.

Und hätt'st du nicht so schmerzlich,
So tödtlich mich betrübt:
Ich glaube fast, ich hätte
Dich nicht so heiß geliebt.

So dienen wohl die Stürme
Mit ihrem wilden Graus,
Die Perle zu erzeugen,
Im dunkeln Muschelhaus.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 130-131)
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Zu spät

Ich liebte dich, doch meine Liebe,
Sie hat dir Kummer nur gebracht,
Und dunkler Wetterwolken Trübe
Auf Deines Himmels Sonnenpracht.

Unfähig, das Gefühl zu theilen,
Das mich empor zum Himmel trug,
Verfolgtest du mit Witzespfeilen
Mich auf dem sel'gen Heimathszug.

Und solche scharfe Pfeile dringen
Selbst bis zum fernen Himmelsplan,
Daß blutend mit gebrochnen Schwingen,
Man draus zu Boden stürzen kann.

So stürzte ich; - doch als du, Jäger!
Sahst meiner Wunden Flammenpein,
Da wolltest Heiler du und Pfleger
Der von dir so Verletzten sein.

Laß ab! Gehör ich zu den Schwachen,
Die, schmeichelnd, man mit einem Wort
Auf immer kann vergessen machen,
Daß man ihr Herz gequält, durchbohrt?

Ein Blut, deß Kön'ge sich nicht schämen -
In meinen Adern schäumt's und rollt's;
Des Mitleids Gabe anzunehmen
Bin ich zu edel und zu stolz.

Muß ich doch meine Würde wahren!
Es ziemt sich für ein Königsherz,
Das seine Größ' will offenbaren,
Nur höchste Lust, nur tiefster Schmerz.

Und für den Geist, den liederreichen,
Ziemt sich nur blaue Himmelsluft;
Kann er die nicht mehr frei durchstreichen,
So sink' er lieber in die Gruft,

Als, daß mit klagender Geberde,
Entwürdiget, ein läst'ger Gast,
Er auf der feindlich rauhen Erde
Fortschleppe seines Lebens Last.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 145-146)
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Die beste Spende

Im kühnen Drang', den Himmel zu erzwingen,
Schwingt sich mein Herz zu dir, dem einzig Einen!
Heiß dürstet es nach ewigem Vereinen
Und weiß doch: nimmer wird es dich erringen.

O, selbst wenn deine Arme mich umschlingen,
Und uns're Augen Freudenthränen weinen,
Seh' plötzlich ich die Flammenschrift erscheinen:
»Den Tod nur wird dir diese Liebe bringen!« -

Den Tod? den Tod? o selige Verheißung!
So wird der tiefe Liebesbund nur enden
Mit dieses Daseins fröhlicher Zerreißung? -

Den Tod, den Tod von meiner Liebe Händen!
Was hat das Leben Schön'res zu erwerben,
Als solch ein herrlich und verklärend Sterben! -

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 104-105)
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In deiner Stimme

In deiner Stimme bebt ein Klang,
Der mich so tief erschüttert,
Daß mir im Auge, selig bang,
Die Thräne glänzt und zittert.

Ich frage nicht: Wird mir dein Wort
Schmerz oder Glück bereiten?
Der süße Ton hallt in mir fort
Für alle Ewigkeiten!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 100)
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Enttäuschung

Ja, ich habe dir verziehen,
Deiner Schuld gedenkt ich nicht;
Aber dich auf ewig fliehen
Heißt mich eine höh're Pflicht.

Und das Wort selbst der Vergebung,
Drauf sich nun dein Hoffen baut,
War in schmerzlicher Erhebung
Meiner Liebe Sterbelaut.

Mit emporgewandtem Haupte
Sank ich einstens vor dir hin,
Weil ich wahnbefangen glaubte
Daß du edler, als ich bin.

Von der Höh' herabgeschmettert,
Ledig der geträumten Zier,
Deines Adels baar, entgöttert,
Stehst du nun - wie klein! - vor mir.

Was mir blieb von meinem Lieben
Stolzes Mitleid ist's allein.
Laß den Scheidebrief geschrieben
Drum für alle Zeiten sein.

Besser ist's dem Glück entsagen
Muthig, ein für alle Mal,
Als, befleckt, im Herzen tragen
Ein entwürdigt Ideal!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 24-25)
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Frage

Kein Schmerz ist, den ich nicht verschuldet,
Kein Trost, den du mir nicht gewährt;
Kein Jammer, den ich nicht erduldet,
Kein Leid, das du mir nicht verklärt!

Du Hoher! Milder! heilig Reiner!
Den meine Dankeszähre preis't,
Bist du der Staubgebornen Einer?
Bist du der ew'gen Liebe Geist? -

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 278)
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Gedächtniß

Mit rauhem Wort hast du mein Herz versehrt,
Der gläub'gen Seele schlugst du Zweifelwunden,
Bis ich dem trüben Bündniß mich entwunden,
Das sich von Gram und Bitterkeit genährt.

Jetzt hat die Trennung Sanftmuth mich gelehrt,
Der früh're Groll ist nun von mir geschwunden,
Ich denke nur der ewig lichten Stunden,
Die uns zum Himmel diese Welt verklärt.

Vergessen hab' ich, daß du dem Gemüthe,
Deß liebvoll Streben war, sich dir zu einen,
Zerstört der Freude und der Hoffnung Blüthe:

Ich weiß nur mehr, wie ich voreinst an deinen
Entflammten Lippen wonneselig glühte -
Und wieder muß ich schmerzlich um dich weinen!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 134)
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Rückblick

Nein! begreifen kann und fassen
Ich den eig'nen Wahnsinn nicht!
Warum hab' ich dich verlassen,
Meiner Seele Luft und Licht?

Strahlten deine Augensterne
Mich nicht an, voll milder Pracht?
Warum zog ich in die Ferne,
In die kalte, finst're Nacht?

Als das Schicksal uns're beiden
Herzen sich begegnen ließ,
War's, als ob mit ernsten Eiden
Es den Himmel uns verhieß.

Warum habe ich, verblendet
Wählend Schmerz und Finsterniß,
Frevelnd mich von dir gewendet
Dem ersehnten Paradies,

Um, wo gift'ge Pfeile schwirren,
Um auf wild empörtem Meer,
Qualvoll, ruhelos zu irren
Ein verfluchter Ahasver!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 180-181)
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Wo?

Nicht einzeln formte Gott die Seelen,
Als er sie sandt' in's Erdenland;
Es gingen, hier sich zu vermählen,
Zwei gleiche stets aus seiner Hand.

Doch das Geschick in seinem Neide,
In seines Hasses Ironie,
Wirft oft den Ocean als Scheide
Und dunkle Schranke zwischen sie.

Dieß Schicksal denk' ich, ist das meine,
Drum breit' ich oft, von Schmerz durchgraut,
Die Arme sehnend aus und weine
Und rufe ungestüm und laut:

Du Wesen, das in gleichen Tagen
Ein gleicher Gotteshauch belebt,
Deß Pulse wie die meinen schlagen,
Deß Herz so wie das meine bebt!

Das gleiche Wünsche und Gebete
Wie ich entsendet himmelan,
O sage mir, wo ist die Stätte,
Wo ich dich endlich finden kann?

Lebst du an ferner Nordenküste,
Wo eisbedeckt die Ströme zieh'n!
Fliegst du in der arab'schen Wüste
Auf windesschnellem Roß dahin?

Neigst du am schönen Gangesstrande
Vor Lotosblumen still dein Haupt?
Steht an der Andes dunklem Rande
Dein Haus von frischem Grün umlaubt?

Weilst du vielleicht in meiner Nähe
Und schaust mit mir dasselbe Licht,
Und fühlst dasselbe bittre Wehe,
Das mein verzagend Herz umflicht?

Und suchst mich an jedweder Stelle,
So wie auch ich dich suchen muß,
Und schickest mir durch jede Welle
Durch jedes Lüftchen einen Gruß?

Und klagst wie ich: »was muß ich missen
Dich, meines Geist's erwählte Braut?
Soll sich mein Aug' im Tode schließen,
Eh' es im Leben dich geschaut?« -

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 84-85)
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Wer nie sein Brot mit Thränen aß

Nichts weiß ich von dem Vaterhaus,
Nichts von der Kindheit Paradiesen;
Früh trat ich in die Welt hinaus,
An meine eig'ne Kraft gewiesen.
Hinschwanden meines Frühlings Tage
In Sorg' und Arbeit, Müh' und Plage,
Das drohende Gespenst der Noth
Fühlt ich mich grauenhaft umschlingen,
Mit allen Kräften muß ich ringen,
Wie oft mein Innerstes bezwingen,
Mich fügen fremdem Machgebot!
Gepriesen seist du, Weltengeist!
Der mich gelehrt, was Leben heißt!

Die schönen Götterbilder, die
Mein tiefes Dunkel sanft durchlichtet,
In Schutt und Trümmer sanken sie,
Vom Leben schonungslos gerichtet.
Gestürzt die schimmernden Idole!
Die lohe Flamme todte Kohle!
Im Herzens tiefer stets der Sporn
Des Zweifels, kaum mehr zu ertragen,
Der Drang, durch all' die dunklen Fragen
Mich kühn und siegreich durchzuschlagen
Zu der Erkenntniß Weiheborn!
Gepriesen seist du, Weltengeist,
Der mich gelehrt, was Kämpfen heißt!

Die Liebe, dran ich bis zum Sarg
Begeistert hoffte festzuhalten,
Des Meuchlers scharfe Waffe barg
Sie still in ihres Mantels Falten.
Getroffen von der Todeswunde
Rang bebend sich von meinem Munde
Der Schrei: "Auch du, mein Brutus! du?"
Doch unbeirrt von Schmerzensgluthen
Sandt' ich in heiligem Ermuthen
Ihm, der mich frevelnd hieß verbluten,
Noch einen Gruß des Segens zu.
Gepriesen seist du, Weltengeist,
Der mich gelehrt, was Lieben heißt!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 10-12)
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Vor Ingre's Bild: Francesca da Rimini

O Dante! Dante! hoher Meister
Wie du so tief das Herz verstandst,
Als die um Lieb' versuchten Geister,
Du in der Hölle noch verbandst!

Zum Schmerzenspfuhl, zu ew'gen Flammen
Kann Gottes furchtbar Strafgericht,
Zu tiefstem Elend sie verdammen,
Allein sie trennen kann er nicht.

Und in der Qualen Nachtgewimmel,
Dahin der Richter sie verstieß,
Ward nicht die Hölle selbst zum Himmel,
Wo Seele nicht von Seele ließ!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 259)
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Wahrheit in der Dichtung

Oftmals glaubt' ich, daß nicht mir zum Frommen
Mir geworden sei des Liedes Gabe;
Aber jetzo hab' ich wahrgenommen,
Daß sie meines Lebens beste Labe.
Könnt' ich singen nicht, müßt ich zurück
Pressen nun mein schmerzvoll Liebesglück,
Dürfte nicht mit glühendem Bekennen
Dein mich nennen:

Also trennt die Welt vereinte Seelen,
Daß nur im geheimnißvollen Sange
Ich dir lust- und leidvoll darf erzählen
Von des Busens ewig regem Drange.
Daß ich meiner Liebe Flammengruß
Erst in Reim und Verse bringen muß,
Um ihn vor der Menschen bösen Willen
Zu verhüllen!

Daß ich dich, der herrlich steht im Leben
Wie ein Halbgott aus versunknen Zeiten,
Mit den Nebelflören muß umgeben,
Die sich rings um Ideale breiten,
Daß ich wie von leerem Traume nur
Sprechen darf von unserm heil'gen Schwur,
Von der festgeschlossnen Geistesehe
Glück und Wehe!

Und so stelle ich die Welt zufrieden,
Die nur in der Dichtung Lieb' gestattet,
Die sich von Begeistrung ausgeschieden,
Weil sie für den Flug viel zu ermattet;
Die im Liede schön und herrlich nennt,
Was sie in der Wirklichkeit verkennt,
Nur in ihm des Herzens sehnend Streifen
Mag begreifen.

Nimmer werd' der Schleier ihr zerrissen;
Ihrem Irrthum will ich nichts erwidern,
Du allein, mein Freund, nur du sollst wissen,
Daß du Quell von allen meinen Liedern;
Daß jedweder Laut von meinem Mund
Einer ew'gen Wahrheit treue Kund',
Bis mein Sang, dir liebend zugewendet,
Jenseits endet!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 86-87)
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Ein Name

O wann zerreißt der Nebelschleier,
Der Licht und Sonne mir entzieht?
Wann strahlet Auferstehungsfeier
Dem still in mir versargten Lied?
Wann kehrt von dunklen Irrefahrten
Zurück die Seele, bräutlich froh?
Wann wird die Wüste mir zum Garten?
Wann seh' ich dich, Ottavio?

In dieser einen Frage schwinden
Die andern alle, alle hin!
So schwänden mir im Wiederfinden
Des Lebens Gram und sein Gewinn,
Denn meiner Tage Sonnenhelle
Mein lebenspendend Ostern, wo
Sich neu ergießt des Liedes Quelle
Du bist es, mein Ottavio!

Vergolten hast du mit Verderben
Die Liebe, die du nie erkannt,
Doch, wie des Pilgers, ist im Sterben,
Mein Antlitz dir noch zugewandt!
Und wie die welke Blüth' am Strauche
Vom Lenze spricht, der längst entfloh,
So tönt aus meinem letzten Hauche
Dein Name noch: Ottavio!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 129-130)
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Befreiung

Rasch pocht das Herz in meiner kranken Brust,
Als wär' es der gefang'nen Seele Hammer,
Die sich aus ihrem dumpfen Kerkerjammer
Den Weg will bahnen zu der Freiheit Lust.

Versuchet nicht mit tröstendem Betrug
In dem Gefängniß sie zurückzuhalten!
Laßt sie das farb'ge Schwingenpaar entfalten -
Sie hat gelitten und geliebt genug.

Du meiner letzten Liebe reines Licht,
Sollst ihr die bange Kampfesmüh' verkürzen!
In deine Flammen laß sie froh sich stürzen,
Bis sie in sel'gem Tod zusammenbricht.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 88)
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Ein Traum

Schon glaubt' ich meines Herzens Schläge
Beschwichtigt und zur Ruh gebracht,
Schon glaubt' ich, überwunden läge
Im Staub vor mir des Lebens Macht,
Verachtend blickt ich auf die Klage,
Kalt lächelnd auf versunk'nes Glück,
Und das Gedächtniß früh'rer Tage
Wich scheu vor meinem Stolz zurück.

So wähnt' ich mich geheilt, genesen,
Hinwallend auf erlauchter Spur,
Geläutert und geräumt mein Wesen
Von Schlacken irdischer Natur.
Wie stieg das Blut in meine Wangen,
Wie strahlte im Triumph mein Blick!
Bewältigt hatt' ich Wunsch und Bangen,
Mein Wille nur, war mein Geschick.

So war's noch gestern. Wie nun heute?
Welch dunkler Bann hat mich berührt,
Und die ihm abgerung'ne Beute
Dem Schmerze wieder zugeführt?
O Purpur, deckend Bettlerblöße!
O Kronenreif von Glitzerschaum!
O wahngeträumte Herrschergröße -
Besiegt, zerstört hat euch ein Traum!

Ein Traum, deß finst'rer Zaubersegen
Mit Fesseln meuchlings mich umreift.
Er brach herein, wie Räuber pflegen,
Als ich die Rüstung abgestreift.
Er brach herein bei nächt'ger Stille,
Vampyrhaft saugte er mein Blut,
Als schlimme Wächter, Geist und Wille
Erschöpft vom Tageswerk geruht.

Und die in mir so lange schliefen,
Die alte Lieb', das alte Leid,
Sie stiegen aus des Grabes Tiefen
Von ihm erweckt, durch ihn befreit.
Sie sangen ihre Schmerzenlieder,
Sie winkten mit der Geisterhand,
Und aus der Asche schlugen wieder
Die Flammen auf in wildem Brand.

Da, plötzlich aus dem wirren Grund,
Rang sich ein Bild gewitterklar,
Du tratst vor mich, wie in der Stunde,
Die meines Friedens letzte war.
Wir sind uns fremd im Leben, Sterben,
Wir haben fürder nichts gemein,
Was drängst du, ganz mich zu verderben.
Dich nun in meine Träume ein?

Was nahst du mir mit fleh'ndem Munde,
Was blickt dein Aug' so schmerzenwild,
Daß aus der schon vernarbten Wunde
Auf's neu' der alte Blutstrom quillt?
Was mußt du mir die Kunde bringen
Mit deinem trüben Seelengruß,
Daß all mein Kämpfen, all mein Ringen
Die eitle Müh' des Sisyphus?

Daß alle meine Geistesflüge
Ein Flattern an der Kette bloß,
Daß meine Kraft armsel'ge Lüge
In Nichts zerfließend, wesenlos,
Daß meinem innersten Gemüthe
Fortan nichts wahr und wirklich heißt,
Als nur die Lieb', in der es glühte,
Und nur der Schmerz, der es zerreißt.

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 203-206)
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An ***

Sieh mich nicht so fragend an!
Brechen muß ich sonst mein Schweigen,
Muß mein innerst Herz dir zeigen
Und dies wäre schlimm gethan!

Denn dich zog die Freude groß,
Und ich bin ein Kind der Schmerzen;
Deinen klaren Himmel schwärzen
Will ich nicht mit meinem Loos.

Rauh und dunkel ist die Bahn,
Die mir bleibt zurück zu legen,
Ach, und soll ich es vermögen,
Sieh mich nicht so fragend an!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 69)
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Zuflucht

Sie suchen rauh, mit feindlichen Gewalten,
Den frommen Geist der Liebe zu bezwingen;
Doch was sie wünschen, werden sie's vollbringen?
Nur brechen kann mein Herz, doch nicht erkalten!

Des Trennungsabgrunds schauerliche Spalten
Weiß der Gedanke rasch zu überspringen;
Es eilt mein Lied zu dir auf mächt'gen Schwingen,
Die sich im Sturm noch kräftiger entfalten.

O laß sie Müh' und Arbeit d'ran verschwenden,
Uns zu entreissen was der Herr uns gab!
Er kann ihr finst'res Werk zum Heile wenden.

Und bricht dereinst der letzte Hoffnungsstab
Auf rauhem Dornenpfad in unsern Händen:
So bleibt uns noch die Liebe und - das Grab!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 130)
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Erscheinung

So hab' ich wieder dich gesehen
So ernst, so wahrhaft und so mild,
Daß aus dem Grabe zu erstehen
Mir schien vergangner Zeiten Bild.

O theurer Schatten todter Liebe!
O geisterhafte Traumgestalt,
Die durch der jetz'gen Stunden Trübe
Versöhnungsmild, vermittelnd strahlt!

Weil nächt'ges Dunkel, nächt'ges Schweigen
Der Schmerz in meine Brust gebracht,
Seh' ich dich still zu mir dich neigen;
Denn Geister wandeln nur bei Nacht.

So mag die Nacht denn ewig währen,
Die sehnsuchtsvoll mein Wunsch erkürt,
Weil sie dem Blick voll Glut und Zähren
Doch Deinen Geist vorüberführt.

So mag die Nacht denn ewig dauern.
Da doch hinfür kein Erdentag
Aus Deinen tiefen Todesschauern
Zum Leben dich erwecken mag!

Wie sollt' ich vor dem Tag nicht beben?
Er weckte nicht mein todtes Glück
Und scheuchte selbst sein Traumesleben
In's kalte, dunkle Grab zurück.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 10-11)
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Beruf

So hast du wieder dich, mein Herz, betrogen,
Andichtend kälterm Herzen dein Empfinden,
Und siehst nun trauernd und verzagend schwinden
Die schöne Hoffnung, die du groß gezogen.

Wie Noah's Taube warst du ausgeflogen,
Dich mit der Erde wieder zu verbinden;
Doch ach! da war kein Oelzweig aufzufinden,
Und finster braus'ten noch die kalten Wogen.

O gib es endlich auf, mit Gramgeberden
Nach dem zu streben, was nicht zu erlangen,
Weil es das Glück der Sel'gen wär' auf Erden!

Dein Loos, so lang die Welt dich hält gefangen,
Ist mehr zu lieben, als geliebt zu werden,
Und auszuspenden mehr, als zu empfangen!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 135)
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Melancholie

So ist denn Alles hingeschwunden
Als wie ein schnell verklungner Laut!
Die Zeit hat über schön're Stunden
Ihr Pyramidengrab erbaut.

Die heitern Strahlen sind erblichen,
Die meiner Jugend Pfad erhellt,
Die Schmerzen, die einst Wonnen glichen,
Sie zeigen sich nun unverstellt.

Und wie ein Schiff auf fremden Meeren
Der Wuth der Wogen preisgestellt,
So schiffet unter blut'gen Zähren
Mein Herz durch's Wogenmeer der Welt.

Und wie auf hohem Felsenthurme
Die Möwe ihre Rettung sucht,
So lenket im Gedankensturme
Mein Geist zu dir hin seine Flucht;

Und klagt mit Tönen schmerzgebrochen
Wie ewig theuer du mir bist,
Und spricht es aus, was ich verbrochen
Und nennt dir auch, wie ich gebüßt.

Daß ich noch lebe, sagt mein Leiden,
Daß ich dich liebe, sagt mein Schmerz,
Daß schwer ich büße, sagt mein Scheiden,
Daß ich dein würdig, sagt mein Herz.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 93-94)
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Wiederkehr

Umspielt von heitern Liebeswonnen
Vergaß ich deiner Treue schier,
Doch jetzt, nachdem mein Glück zerronnen,
Komm' ich mit meinem Leid zu dir!

Wenn Kummer je mein Herz durchschnitten,
Da zählte deine sanfte Huld
Die Qualen nur, die ich gelitten,
Und nicht die Fehler, nicht die Schuld.

Je trostverlass'ner ich geblieben,
Je finst'rer meiner Nächte Graus,
So reichern Balsam goß dein Lieben
Auf meine tiefen Wunden aus.

Und so wirst du auch jetzt es halten!
Die Arme breite aus geschwind!
Laß mich in deines Mantels Falten
Entschlummern wie ein müdes Kind!

An deiner Brust will ich mich grämen,
Wo ich schon oft in Thränen lag,
Und auf der Welt nichts mehr vernehmen,
Als deines treuen Herzens Schlag.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 108-109)
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Bewältigung

Und weil ich einst in dunkelsel'ger Stunde
Dir weihte meines Lebens Lust und Gram,
Weil gottbegeistert ich von deinem Munde
Der Liebe süß bestrickend Wort vernahm,

Weil meine Brust an deiner hat gelegen,
Weil einst dein Haupt geruht in meinem Schooß,
Und weil als frommer, heil'ger Liebessegen
Auf deine Stirne meine Thräne floß;

Weil du verstanden meiner Pulse Beben,
Weil einst mein Kuß geglüht auf deiner Hand,
Weil ich ein Theil einst war von deinem Leben
Und weil du mich einst deine Braut genannt: -

So wird fortan in allen künft'gen Tagen
Hoch über allem Schmerz und aller Lust,
Dein Bild als ew'ge Pyramide ragen,
In der Sahara meiner tiefsten Brust.

Wohl oft verhilft der Zeit zu grausen Siegen
So manches Herz durch schnöden Selbstverrath;
Doch meines wird ihr nimmer unterliegen -
Es hat mehr Flammen, als sie Asche hat!

Wohl oft erstirbt an bittrer Nichterhörung
Die Liebesglut in einer Thräne Naß;
Doch meine lebt gesichert vor Zerstörung,
Denn noch viel stärker ist sie, als dein Haß!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 68-69)
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Bitte

Verlaß mich nicht! ich kann's nicht tragen,
O halte treulich bei mir aus!
Bald hat mein Herz ja ausgeschlagen,
Bald kehr' ich heim in's Vaterhaus.

Bald wird der lastenden Umhüllung
Entkleiden sich mein müder Geist,
Bald wird zur leuchtenden Erfüllung,
Was jetzt nur Traum und Ahnung heißt.

Bald wird die letzte Spur entweichen
Von meinem Sein auf Erden hier,
Bald wird mein Bild in dir erbleichen -
O scheide früher nicht von mir!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 91)
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O frage nicht!

Warum, im Innersten zerrissen,
Mein gramerbleichtes Angesicht
Ich von dir wende, willst du wissen?
O frage nicht!

Ob deiner Stimme Zaubergrüße,
Die Schönheit, die dein Haupt umflicht,
Für mich verloren ihre Süße?
O frage nicht!

Ob unsre Trennung, schmerzdurchlodert,
Für die mein Mund nun bebend spricht,
Von mir, ob vom Geschick gefordert?
O frage nicht!

Ob, was ich leide, ohn' Verzagen
Und ohne daß vor Qual es bricht,
Ein Menschenherz vermag zu tragen?
O frage nicht!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 74)
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Unbewußtes

Was fragst du mich, wie es wohl sei gekommen,
Daß also hell der Liebesstrahl entglommen,
Der meines Daseins schönes Sonnenlicht?
Ich weiß es nicht!

Was fragst du mich, wie ich es werd' ertragen,
Wenn einst nach diesen himmellichten Tagen
Herein die finstre Nacht der Trennung bricht?
Ich weiß es nicht!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 72)
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Blick in die Tiefe

"Was stehst du so düster und von mir gewandt?
Was seh ich verhüllend die zitternde Hand
An's strömende Auge dich pressen?
O laß uns, Geliebte! den peinlichen Streit,
Der unsre Gemüther für Stunden entzweit,
In süßer Versöhnung vergessen!"

"Und hab' ich verletzt dich mit thörichtem Wort,
So mögen die eilenden Winde es fort
Wie Nebel des Morgens verjagen!
Oft kränket die Liebe so tief wie der Haß -
Was irrend an dir sie verbrochen, o laß'
Nicht Wurzeln im Herzen es schlagen!"

Wohl mag's der Liebe auch begegnen
Daß Kränze sie von Dornen flicht,
Doch selbst ihr Zürnen ist ein Segnen:
Sie tödtet, doch erniedrigt nicht.
Ihr Dolch macht breite Wunden klaffen,
Wenn er sich in die Seele taucht,
Doch stolz verschmäht sie solche Waffen
Wie du sie gegen mich gebraucht.

In ihres Zornes wildem Grauen
Ist sie ein Blitz, der zündend trifft,
Doch saugt sie nicht aus dem Vertrauen,
Das ihr geworden, heimlich Gift!
Sie drängt sich nicht in eine Seele,
Ein falscher, lauernder Spion,
Ins Antlitz ihr beweinte Fehle
Zu schleudern einst mit frechem Hohn. -

Ein See mit sanftbewegten Wogen
Schien mir dein trügerisch Gemüth,
Licht überwölbt vom Himmelsbogen,
Von duft'gen Ranken überblüht;
Allein die ersten Stürme riefen
Empor an den wahrhaft'gen Tag
Was, lang bedeckt, in seinen Tiefen
An ungeahnten Gräueln lag.

Zwar hat des Sturmes Nachtgefieder
Zur Ruhe sich nunmehr gelegt,
Mich aber täuscht der See nicht wieder -
Ich weiß, was seine Tiefe hegt!
Entfremdet bist du meinem Herzen,
Zerrissen jedes Liebesband!
Wie möchte mit der Natter scherzen,
Wer ihres Stiches Qual empfand!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 21-23)
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Requiescat!

Was willst du mich mit frommem Trug bethören?
Was hältst du mich mit sanftem Arm umfangen?
Die Zeit der Liebe ist ja doch vergangen -
Was willst du ihr Gespenst heraufbeschwören?

Wir können uns nicht fürder angehören!
Mag glühend auch mein Herz nach dir verlangen,
Der Kuß, den Mitleid haucht auf meine Wangen,
NIcht trösten kann er mich, nein! nur empören.

Laß uns so kindisch, thöricht nicht verfahren
Wie jenes Volk, das kalten starren Leichen
Des Lebens Anschein suchte zu bewahren.

Wenn Liebe starb, was soll der Liebe Zeichen?
Ihr Herrlichstes, wir haben es erfahren,
Jetzt laß mich dir die Hand zum Abschied reichen.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 137)
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Liebesoffenbarung

Weißt du die geheime Kund'
Nicht errathend zu erkennen,
O dann soll mein stolzer Mund
Nimmer meine Lieb' dir nennen.

Sagt der leise Schmerzenszug,
Meinen Lippen eingepräget,
Dir nicht deutlich klar genug,
Was mein Innerstes beweget;

Tönt aus meiner Stimme Ton,
Weich, voll schmerzensfreud'gen Bebens,
Dir nicht mein Geständniß schon,
Dann wär' auch das Wort vergebens.

Und mein Herz, ein scheues Kind,
Flieht das Wort, das kalte, leere!
Seine Dragomane sind
Nur der Blick, der Ton, die Zähre.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 76-77)
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Frühlingsahnung

Wenn des Winters starrer Traum
Berg und Flur mit Schnee bedecket,
Jeder dürre Zweig am Baum
Jammernd sich gen Himmel strecket:

Kannst du da begreifen, sag'
Wie nach wen'gen Mondesneigen
Der jetzt frosterstarrter Hag
Einen Blüthenflor wird zeigen?

Doch du weißt, der lichte Trost
Naht auf unsichtbaren Wegen
Und im rauhen Winterfrost
Lächelst du dem Lenz entgegen.

Und so kann, so kann auch ich
Nicht begreifen und nicht fassen,
Wie in meiner Seele sich
Noch ein Glück wird ziehen lassen.

Doch ich weiß: zur Wonne geht,
Wer da wallt auf Dornenbahnen,
Und durch meinen Winter weht
Ein tief selig Frühlingsahnen!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 1-2)
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Forderung

Wenn die Gluth, die lebensvoll
Dich durchflammt, einst ausgelodert,
Wenn Vergänglichkeit den Zoll
Einst von deinem Herzen fodert;

Wenn aus meinem Seelenwort
Keine Wonnen mehr dir tagen,
Wenn zu neuem Liebesport
Deine Wünsche eilig jagen;

Wenn Entfremdung trüb und kalt,
Sich in dein Empfinden mischet,
Eine schönere Gestalt
Dir mein düst'res Bild verwischet:

Such' dann nicht mit falschem Schein
Mir zu bergen deine Wendniß.
Lasse mich die Erste sein
Zu vernehmen dies Geständniß.

Bleib noch meines Hasses werth!
Laß die einst geliebten Züge
Mich nicht schau'n entweiht, entehrt
Durch das Brandmaal feiger Lüge.

Wenn mein letzter Stern versank
Will ich tragen die Umnachtung,
Doch flöß in  den bittern Trank
Nicht das Gift noch der Verachtung.

Sollt' ich auch dem wilden Schmerz
Ueberwältiget erliegen,
Wolle du mein stolzes Herz
Lieber brechen, als betrügen.

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 79-80)
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Töne

Wenn Glockenklang mit heil'gem Mahnen
Hinzitternd durch die Morgenluft,
Hinweg von dunkel wirren Bahnen
Zur Andacht und zum Himmel ruft;

Wenn licht der Mond mit weißem Schleier
Des nahen Berges Gipfel krönt,
Und durch die stille Abendfeier
Das Lied der Nachtigallen tönt;

Wenn ich Beethoven's ries'ger Dichtung
Mit weihevollem Gruß gelauscht,
Und Ahnung seliger Vernichtung
Durch meine trunk'ne Seele rauscht: -

Da facht zu heißerm Sehnsuchtbrande
Die Gluth in mir der Wiederhall -
Ich wollt', ich säß' an ödem Strande
Und hörte deines Trittes Schall!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 86-87)
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In einer Abendstunde

Wenn ich, indeß in Dämmerungen
Verschwimmt des Abendhimmels Glut,
Von deinem Arme liebumschlungen
Hinschiffe auf der dunkeln Fluth;

Wenn von der hohen Geistersonne,
Die mystisch dein Gemüth erhellt,
Ein Strahl als überird'sche Wonne
In meine düstre Seele fällt;

Wenn mitten in den Frühlingsscherzen,
Womit das Jetzt uns hold umwebt,
Ein Schatten von vergangnen Schmerzen
Um deine schöne Stirne schwebt;

Wenn ich in deinem tiefsten Wesen,
Von mir allein erforscht, erkannt,
Desselben Schicksals Spur kann lesen,
Das meinen Busen wund gebrannt;

Wenn du, vergessend deiner Loose,
Mit meinen dich betrübst und freust,
Und deines Hoffens schönste Rose
In meines Lebens Abgrund streust:

Da sinkt die letzte, dunkle Schranke;
Mein inn'rer Zwiespalt ist versöhnt,
Und aufwärts ringt sich mein Gedanke,
Wie Sang durch Morgenluft getönt!

Da wird von tausend Seligkeiten
Mein staunend Herz erfaßt, entführt,
Und klingt wie einer Lyra Saiten,
Wenn sie geweihte Hand berührt!

Da fühl' ich, was der Meereswelle
Des Mondenstrahls geheimer Kuß,
Und was den Bienen ihre Zelle,
Den Bergen ist der Sonne Gruß;

Und was dem Wandrer durch die Wüste
Ein Quell, auf den er dürstend trifft,
Was müdem Segler ist die Küste,
Nachdem das Weltmeer er durchschifft;

Was einem Weib im Wittwenschleier
Das Kind, das ihres Lebens Zier,
Was einem Sclaven sein Befreier,
Und mehr noch ist dein Lieben mir!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 95-96)
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Gleichniß
An Fanny F.

Wenn sich ein leichtbeschwingter Gast,
Von Maienluft geletzt,
Auf einen blüthbehangnen Ast
In kurzer Ruh gesetzt,
Und er dann wieder flieget fort:
Erbebet leis' der Baum,
Und streut der Blüthen duft'gen Hort
Hin auf den grünen Raum.

Der Baum bin ich, der Vogel du,
Du anmuthreiche Fee!
Ich feire süße Schmerzenruh'
In deiner holden Näh';
Doch seh ich dich von dannen geh'n,
Wird meine Sehnsucht wach,
Und meines Liedes Blüthen weh'n
Dir in die Ferne nach!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 37)
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Ich harre stumm gefaßt

Wie meiner Seele Harm
Vermittelnd zu besiegen?
O laß' in deinem Arm
Vergessensfroh mich liegen.

O laß', wenn neu erwacht
Ein schmerzliches Gedenken,
In deines Auges Nacht
Die Seele mich versenken.

Und will in seiner Pein
Mein Herz erschöpft verbluten,
Dann hauch' ihm Leben ein,
Mit deines Kusses Gluthen.

Doch keinen, keinen Schwur!
Meinst du, daß ich ihm traute?
Er mahnte mich doch nur
An hingeschwund'ne Laute.

An Laute, die vom Strand
Mich lockten auf die Wellen,
Bis ich am Klippenrand
Mein Fahrzeug sah zerschellen.

Die wild empörte Fluth
Kannst du zur Ruh' nicht sprechen;
Ich weiß zu gut, zu gut,
Wie leicht ein Schwur zu brechen.

Was glühend du verneinst,
Schon keimt's in dunkeln Saaten;
Ich weiß, du wirst mich einst
Verlassen und verrathen.

Das weiß ich, ach! und kann
Ihn nimmermehr doch heben
Den mächt'gen Zauberbann,
Der mich dir hingegeben. -

Ein Wüstenwand'rer trifft
Im Sand auf eine Quelle;
Und böthe sie ihm Gift,
Er tränk' die gift'ge Welle.

Denn leichter ist zumahl
Ein rasch hinlodernd Sterben,
Als in des Durstes Qual
Vorkommend zu verderben.

So bin in dunkler Stund'
Ich an dein Herz gesunken,
Und hab' von deinem Mund'
Den Untergang getrunken.

In unermess'ner Noth
Bist du mir so begegnet,
Und giebst du mir den Tod,
Sei dennoch mir gesegnet!

Das Glück der Welt erblaßt
Von dem, das mir erglommen -
Jetzt harr' ich, stumm gefaßt
Der Schmerzen, die da kommen! -

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 93-95)
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An ***

Wie süß du meiner Seele bist,
Ich weiß es nicht zu sagen!
Was still in meinem Innern sprießt,
Will nicht an's Licht sich wagen.
Vom Lenze, der in meiner Brust
Geweckt ein neues Leben,
Vermag ich, wollend und bewußt,
Den Schleier nicht zu heben.

Es sei! Wozu versucht ich auch
Ihn absichtsvoll zu lüften?
Du merkst den warmen Frühlingshauch
An seinen linden Düften.
In meinen feuchten Augen siehst
Du Licht des Morgens tagen -
Wie süß du meiner Seele bist
Brauch' ich dir nicht zu sagen!

aus: Betty Paoli Neue Gedichte. 2. vermehrte Auflage
Pest Verlag von Gustav Heckenast 1856 (S. 98-99)
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Wandlung

Willst du erschau'n, wie viel ein Herz kann tragen,
O blick' in mein's!
So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,
War wohl noch kein's.
Doch mitten in den wüthendsten Orkanen
Erhob ich mich,
Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen -
Wie stark war ich!

Wie ward mir doch nun so mit einem Male
Die Kraft geraubt?
Es trotzte muthig dem Gewitterstrahle
Mein stolzes Haupt,
Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:
»Ich liebe dich!«
Da sank ich still und weinend dir zu Füßen -
Wie schwach bin ich!

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 18)
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Geisterspuk

Woher das räthselhafte Grauen,
Das nächtig meine Seele trübt?
Muß ich die Seele dessen schauen,
Den ich so tief, so heiß geliebt!

Es ist nicht Schmerz, daß nun zerrissen
Das festgeschlungne Seelenband,
Und daß ich muß im Dunkel missen
Die liebgewohnte Führerhand!

Noch ist's das ungestüme Sehnen
Der mitleidslos verlassnen Braut,
Die unter Strömen heißer Thränen
Zurück auf schön're Tage schaut.

Die holden Täuschungen beschränken
Mir nicht mehr den erloschnen Blick;
Mit kaltem Lächeln kann ich denken
An früh're Zeiten und ihr Glück.

Und dieses ist's, was trüb und traurig
Durch meine tiefste Seele geht,
Und wie ein Hauch des Todes schaurig
Um meine bleiche Stirne weht:

Daß dieser Blick, der einst entzündet
In mir dämonisch wilde Lust,
Nun nichts als todte Asche findet
In meiner ausgebrannten Brust;

Daß die melodisch süße Rede,
Der einst ich lauschte wonnerschreckt,
In meiner Seele Wüstenöde
Kein freudig Echo mehr erweckt;

Daß ich dieß Bild, deß Schönheitsprangen
Mich einst durchflammt mit trunknem Wahn,
Nun ohne Wunsch, ohne Verlangen,
Mit eis'gem Ernst betrachten kann.

Daß wie ein leiser Klang der Leier
Schwand, was unsterblich ich geglaubt,
Das wirft den dunkeln Nonnenschleier
Auf mein dem Schmerz verfallnes Haupt!

O welche Macht der Erde schriebe
In's Herz mir noch den sel'gen Schwur,
Seit ich die Sterblichkeit der Liebe
Vernichtet an mir selbst erfuhr!

Ich fühl' es: zwischen mich und Jeden,
Den heiß die Sehnsucht zu mir reißt,
Drängt sich mit höhnisch bittern Reden
Der abgeschiednen Liebe Geist.

aus: Gedichte von Betty Paoli
Pesth Verlag von Gustav Heckenast 1841 (S. 109-111)
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Triolette

I.
Wovor hätt' ich zu zittern und zu zagen,
Wenn du mir bleibst?
Des Lebens Schlachten will ich muthig schlagen,
Das herbst Loos, es wird sich lassen tragen,
Wenn du mir bleibst.
Nach keinem Glücke hab' ich mehr zu jagen,
Mit freud'gem Sinn will ich der Welt entsagen,
Und nach dem Himmel brauch' ich nicht zu fragen,
Wenn du mir bleibst!


II.
Was ewig schien, das wäre nun beendet?
Es kann nicht sein!
Kalt hättest du dein Herz von mir gewendet;
Mit Trug den Tempel deines Mund's geschändet?
Es kann nicht sein!
Unselige! die blutend und verblendet,
Nachdem sie ihren Liebeshort verschwendet,
Sich selbst betrügend noch den Ruf entsendet:
Es kann nicht sein!

aus: Nach dem Gewitter
Gedichte von Betty Paoli
Zweite um die Hälfte vermehrte Auflage
Pesth 1850 (S. 84-85)
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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Betty_Paoli


 


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