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Reussin (Susanna
Elisabeth)
(17. Jh.)
Aria
Soll die Liebe ja vergnügen /
Sey die Tugend auch ihr Ziel,
Diese wird im Unglück siegen /
Wenn die Treu scheint zu erliegen /
Und man nicht mehr hoffen will.
Soll die Liebe ja vergnügen /
Sey die Tugend auch ihr Ziel.
Dencken / und im Schweigen lieben /
Hat uns offtmals auffgericht
Denn verfolget uns das Glücke /
Und desselben herbe Tücke
Sagt es nur der Augen-Licht.
Dencken / und im Schweigen lieben /
Hat uns offtmals auffgericht.
In der Liebe wohl zu leben
Fordert man Verschwiegenheit.
Sich nur in Gedancken quälen /
Giebt geheimen Trost der Seelen /
Und verbannt den schwartzen Neyd.
In der Liebe wohl zu leben /
Fordert man Verschwiegenheit.
Schweiget drum / verzagten Augen /
Meldet nicht des Hertzens Pein.
Was erfreuet und auch quälet /
Werde stets von euch verhölet /
So könnt ihr einst glücklich seyn.
Schweiget drum verzagten Augen /
Meldet nicht des Hertzens-Pein.
Gedicht aus:Teutschlands Galante Poetinnen
Mit ihren sinnreichen und netten Proben
Nebst einem Anhang Ausländischer Dames So sich gleichfalls durch Schöne
Poesien bey der curieusen Welt bekannt gemacht, und einer Vorrede Daß
das Weibliche Geschlecht so geschickt zum Studieren / als das Männliche
ausgefertiget von Georg Christian Lehms Franckfurt am Mayn
Zu finden bey Samuel Tobias Hocker
Gedruckt bey Anton Heinscheidt Anno 1715 (S. 166-167)
siehe auch:
http://de.wikisource.org/wiki/Teutschlands_Galante_Poetinnen
Biographie:
Es erkennet dieses Frauenzimmer Tit. Herrn Johann Jacob Reuß /
Hoch-Fürstlichen Hessen-Darmstädtischen Hof-Cammer-Rath / vor ihren
Herrn Vater, und hat sich von Jugend auff eine sonderbare Inclination zu
den Büchern bey ihr gefunden, davon sonst bey Personen ihres Standes
hiesiger Orten wenig Façon gemacht wird. Mit zunehmenden Jahren ist die
Begierde zu allerhand schönen Wissenschafften gleichfalls bey ihr
gewachsen, und hat das vortreffliche Naturel bey darzu gekommener
köstlichen Aufferziehung / wie die kostbaren Aloen tausend angenehme
Blüthen von sich gegeben; deßwegen sie nicht allein gelernet / wohl zu
raisonniren / sondern sich auch wohl aufzuführen.
In der Französischen Sprache scheinet sie eine galante Französin zu seyn,
und wenn man auch dieses heut zu Tage wegen des in Teutschland
eingerissenen Missbrauchs vor nichts besonders ansehen wolte, wird doch
dieses in Confideration zu ziehen seyn: dass sie auch Poesien und die
nettesten Billets in dieser lieblichen Sprache zu verfertigen weiß. Die
Teutsche Poesie aber und angenehme Music sind ihre getreueste
Gespielinnen, und wer von beyden urtheilen will, muß sie gelesen und
gehöret haben. Dabey liebet sie die Lecture der Bücher / ihre
Inclination aber treibet sie zu keinem mehr, als zu Moralischen und
Theologischen; welches vor ein Frauenzimmer rühmlicher / als wenn sie
einzig und allein in den offt sehr gefährlichen Romanen oder andern
unnützen Schrifften ihren Zeitvertreib suchet.
Aus: Teutschlands Galante Poetinnen Mit ihren sinnreichen und netten
Proben Nebst einem Anhang Ausländischer Dames
So sich gleichfalls durch Schöne Poesien bey der curieusen Welt bekannt
gemacht, und einer Vorrede Daß das Weibliche Geschlecht so geschickt zum
Studieren / als das Männliche
ausgefertiget von Georg Christian Lehms Franckfurt am Mayn
Zu finden bey Samuel Tobias Hocker
Gedruckt bey Anton Heinscheidt Anno 1715
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