Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Vinzenz von Rosenzweig 1838)



Zart ist jene Glaubenssonne,
Wie kein Joseph je noch war,
Zart, wie keiner der Monarchen,
Die der Zeiten Schoos gebar.

Ueber Könige und Fürsten
Ragt sie hundertfach empor:
Zart ist sie im Kreise Jener,
Die Gott schauen hell und klar.

Durch die göttlichsten der Gaben
Schmückt sie der Vollendung Zier;
Zart ist sie auf jedem Sitze
Und auf jenem Throne gar.

Sie verschönt das Glück des Friedens,
Sie verherrlicht jeden Kampf:
Zart ist sie beim Friedensfeste
Und beim Kampfe immerdar.

Seiner Schätze gold'nen Schlüssel
Legt der Schöpfer vor sie hin;
Zart ist sie, weil sie, beseligt,
Seine Liebe ward gewahr.

Unter hunderttausend Monden
Glänzt sie wie der Sonne Licht;
Zart stellt unter'm Fürstenlobe
Sich ihr eig'nes Lob uns dar.

Wer zum Fussstaub ihr geworden,
Hebt das Haupt mit Stolz empor:
Zart ist, wen ihr Wein berauschte,
In der trunk'nen Männer Schaar.

Blick' auf jene Meereswoge,
Die die Frömmsten selber scheu'n:
Zart schläft sie auf jener Woge,
In der Mitte der Gefahr.
___________
 

 

zurück zum Verzeichnis