Marie von Thurnberg (1810-1886) - Liebesgedichte

 



Marie von Thurnberg
(1810-1886)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




Der Wanderer an Rosa

Mit eines Engels heilig süßem Wehen
Umschwebst Du mich, ein irdisches Gebild;
Du bannst den Blick in sehnsuchtsvollem Sehen
Und hast den Durst des Weiterzieh'ns gestillt.

Der mächt'ge Geist, der in dem Weltall waltet,
Er spricht zu mir aus Deinem dunklen Blick,
Und was die Erde Schönes je entfaltet,
Es strahlt aus Deinem Antlitz mir zurück.

Dort blühet frisch auf Lippen, Stirn und Wangen
Des Erdenfrühlings ganzes Paradies,
Und wie sich Erd' und Himmel hold umfangen,
Zeigt uns Natur, als sie Dich werden ließ.

Wie Deines Körpers wunderholde Blüthe
In Lieb' und Lust des Jünglings Herz entzückt,
Hat Deines Herzens Frömmigkeit und Güte
Auch seiner Seele höhern Drang beglückt,
Und hält Dein Erdenreiz den Sinn umfangen,
Folgt Dir der Geist in heiligem Verlangen.
(S. 5-6)
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Zu spät

Warum so trüb der blauen Augen Glanz,
Warum ist Ella bleich bei Spiel und Tanz?
Was hält des Herzens frohen Schlag zurück? -
Mag Alles sich mit Lust und Frohsinn schmücken,
Mag Alles Freude athmen, Glück, Entzücken -
Sie trauert um ihr kurzes Liebesglück!

Er, der aus Hunderten ihr Herz errungen,
Deß' Seele stets als Echo ihr erklungen,
Der ein Gedanke mit ihr - ein Gemüth,
Ihn trennt das Vorurthel von ihrem Sterne,
Der Liebe Glück entweicht in weite Ferne
Und so die zarte Jungfrau still verblüht.

Und diese Rosen auf den frischen Wangen
Und dieser Lippen holdes Purpur-Prangen,
Entzückend schön, verbleichet stiller Harm,
Und ein Gemüth so klagvoll und so tief,
Das einst Natur zum Glück der Menschen rief,
Wird kalt und welk, ach! einst so frisch und warm!

Doch sieh' - es bricht des Vorurtheiles Eis -
Besiegt von dieser Liebe rein und heiß!
Die schwer Geprüften eint des Priesters Wort. -
- Zu spät! - zu spät! - zu eisig war der Schmerz.
Die Trauer brach das liebevolle Herz! -
Die zarte Blüthe stirbt am rauhen Nord!
(S. 27-28)
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Das größte Gut auf Erden

Ein Jüngling, der vom Glücke großgezogen
Und dem die Musen und Apoll gewogen,
Trug schon des Mannes Kraft in heißer Brust;
Mit froher Hast trat er des Lebens Wege,
Der Lauf der Tage schien ihm bald zu träge,
Es trieb ihn nach des Lebens goldner Frucht;
Beglückt genoß er von des Lebens Mahle
Und schlürfte dürstend aus der vollen Schale,
Die schäumend ihm sein Erdenloos gereicht;
So stürzte sich in voller Kraft der Jugend
Der Strom des Lebens auf den Pfad der Tugend,
Und nahte überschäumend sich dem Rand,
Da fiel ein Strahl des Lichts zu rechter Stunde,
Es kam der Feuerseele Himmelskunde,
Und Liebe sänftigte des Lebens Sturm
Und zog die Kraft in süßem Wehgefühle -
Eh' sie zerschellt im wüsten Lebensspiele -
In eines zweiten Herzens Friedensbuch.


Was er bisher geahnt, doch nicht verstanden,
Umschlang ihn nun mit süßen Seelenbanden
Und zog ihn mächtiger als alles Glück;
In Hertha's Blick lag Lohn für jedes Streben,
An ihrer Brust entkeimte neues Leben,
Ihr Dasein weihte ihm der Erde Raum.
Mit aller Kraft der heißen Jünglingsgluth
Umschlang er nun das neugefund'ne Gut,
Und knüpfte an die Jungfrau jeden Wunsch.
So kündet sich in Geist und Körperfülle
Auf Erden hier der Gottheit heil'ger Wille
Und Kraft und Anmuth führt zu schönem Ziel!
Zwei Wesen, eng vereint in allen Zwecken,
Wo Kraft die Anmuth, - Anmuth Kraft erwecken -
Da sproßt die Palme der Vollkommenheit; -
Doch was die Erde Liebliches mag schmücken,
Es kann allein durch Harmonie entzücken,
Und was zum Himmel führt, entsproßt aus ihr.
Und so erblüht das Schöne auf der Erde -
Und wird zum Segen Gottes Ruf: "Es werde!"
In solchem Bunde reifet: Hier und dort.


In solchem Bund zwei Kräfte sich entfalten
Und edlere Gefühle sinnig walten,
Die Anmuth schmückt die Kraft und sie vollbringt,
Im Schooß der Ruh', von Liebe großgezogen,
Erstarkt der Geist, - beginnt ein neues Wogen,
Das schön erblüht zum hehren Baum der Kunst.
Des freien Jünglings glüh'ne Brust verzehret
Die stille Gluth, an der die Kunst sich nähret,
Und nur im heil'gen Frieden glüht sie rein.
Er schöpft nun aus dem Born der heitern Seele,
Und wie die Lerche aus der vollen Kehle,
Strömt sie sein Glück in seine Schöpfung aus;
So wird der Mann der Schöpfer alles Schönen,
Des Schaffens Lust verdrängt das früh're Sehnen
Und sein Genie gewinnt ein würdig Ziel.
Jedoch das Maß, das nur der Weise kennet,
Verfehlt so oft die Brust, die feurig brennet
Und stürzt in schöner Gluth dem Irrweg zu;
Er denkt und fühlt nur für sein neues Streben,
In ihm liegt nun das Ziel für Glück und Leben,
Die heitre Kunst wird seine zweite Braut,
Und das Gefühl, das ihn vom Sturz gerettet,
Geläutert ihn, ans Edle ihn gekettet,
Verdrängt er nun, von neuer Lust berauscht,
Ihm war die Lieb' ein Reiz für flücht'ge Stunden,
Dem sich der Jüngling froh und gern verbunden,
Doch füllt sie nun des Mannes Brust nicht aus.
So hat ihn wohl der schöne Traum betrogen,
Der Dauer einst für Ewigkeit gelogen,
Jedoch die Welt ist reich - sie gibt Ersatz.


Die Zeit entflieht und ihre Früchte reifen,
Und seine Werke an Vollendung streifen,
Die Welt erkennt und würdigt sein Verdienst;
Doch nicht umsonst hat seine Kraft geboren,
Die Mitwelt hat zum Liebling ihn erkoren
Und hoch gefeiert tritt er nun einher;
Das stolze Haupt geschmückt mit Ruhmeskränzen,
Die heitern Blicke Siegesfreude glänzen,
Sein Antlitz zeiget ein befriedigt Herz.


Doch Alles huldigt hier des Wechsels Fahnen,
Ein neuer Gott betritt dieselben Bahnen
Und alle Kränze fliegen diesem zu;
Zwar strömt ihm nicht der Wahrheit heil'ge Quelle,
Ein Irrlicht nur tritt an die hehre Stelle
Und Faselei erstürmt der Menge Gunst;
Doch hat die Fama schon ins Horn geblasen,
Die Enthusiasten klatschen, stürmen, rasen,
Und der verdrängte Liebling hört den Sturm.
So ist die Frucht der Manneskraft verloren?
Der Tag hat einen neuen Gott geboren,
Selbst die verkappte Lüge krönt die Welt!
Nun muß er auch der Menge Lob verachten,
Er, dessen Wort nur Irrthümer umnachten,
Genießt ja auch die allgemeine Gunst!
"Es sei!" rief er, "daß sie den Undank kränzten,
Die Thränen, die in manchem Auge glänzten,
Die Stunden süßen Strebens lohnten mich."
Noch kann er kaum des Glückes Wechsel fassen,
Da tönet Kriegsgeschrei durch alle Gassen
Und zu dem Schwerte greift des Reiches Macht.
In neuem Streben soll sein Geist gesunden,
Er fühlt jetzt nur des Vaterlandes Wunden
Und stürzt hinaus zum Siege oder Tod;
Die Brust von edlem Feuergeist durchzogen,
Hat Bahn gebrochen durch des Kampfes Wogen,
Manch' Ehrenzeichen wiegt sich stolz darauf;
Mit Ehrfurcht grüßen ihn des Heeres Stützen
Und jene Hohen, die zu Rathe sitzen,
Berathen, wie sein Thun zu lohnen sei. -
Ein großer Sieg bekränzt des Krieges Ende,
Es bieten sich begeistert tausend Hände
Den wundensiechen Helden heimzubringen,
Die Aerzte kochen ihm die Balsamsäfte,
Ein Heer Besucher beugen seine Kräfte
Und Alles fragt: "Was macht der kranke Held?"
Sein Tod - der hätte ihm den Kranz gewunden,
Der nie verwelkt; - doch konnt' er nicht gesunden
Und für den Tod war noch sein Herz nicht reif.
Dies lange Siechthum räumte seine Schwelle,
An ihm versiegte der Begeist'rung Quelle
Und bald ließ man den großen Mann allein.
Da nahte sich in seiner Schwäche Stunden
Die Frage: Was im Leben er gefunden
Und was das größte Gut auf Erden sei.
Da lieg' ich nun, die Kräfte sind vergeudet
An Zwecke, die der Undank mir verleidet,
Und selbst Erinn'rung - sonst mein Trost - entflieht.
So bleibt mir nichts aus meines Wirkens Stunden
Als Einsamkeit und Schmerzen meiner Wunden
Und das Gefühl: - daß nun mein Lauf vollbracht! -


- Da tönt ein Seufzer von des Bettes Ende -
Er sah ein Haupt, gesenkt in bleiche Hände,
Er sah das Weib, das einst ihn hoch beglückt;
Sie nur allein von allem Gut der Erde
War ihm geblieben an dem eig'nen Herde;
Sie pflegte ihn in stiller Einsamkeit,
Und netzte mit der Liebe heil'gen Thränen
Die bleichen Wangen, wenn des Schmerzes Stöhnen
Den theuren Lippen schwer und bang entfloh,
Sie wachte ob dem unruhvollen Schlummer
Und wehrte standhaft ihrem Seelenkummer,
Um stark zu bleiben für die theure Pflicht.
"Wir," rief er staunend, "Du an meiner Seite
Du floh'st nicht auch des Siechthums schwache Beute?
Des Ruhmes Kränze sind ja längst verdorrt!
Ich bin der Schatten deß, der ich gewesen,
Der Geist dahin, die Lebensbande lösen
Sich langsam auf! - was suchst Du noch bei mir?
Hab' ich in Dir des Ruhmes Held besessen?
Ich liebte Dich! - nicht Deines Glückes Schein,
Dein Herz mit seinen schönen, warmen Trieben,
Mit seiner Güte, seiner Kraft zu lieben,
Zog meine Seele mächtig zu Dir hin,
Und gab mir Hoffnung auf ein reiches Leben;
Dir wollt' ich alle Seelenkräfte geben,
Um Dir zu bieten reines Erdenglück!
Du hast Dir eine andre Bahn erkoren -"
"Und hab' darum mein reinstes Glück verloren!"
Rief er - und zog sie weinend an sein Herz,
Und wieder einten sich in sel'gen Schmerzen
Zwei eng verbund'ne - lang getrennte Herzen
Und fühlten so: der Erde höchstes Glück.
Und von der Liebe warmer Hand verbunden,
Genasen bald des Kriegers tiefe Wunden,
Sein Herz genaß an treuem Mitgefühl.


O, nie vergessen über äußerem Streben
Sollst Du ein treues, Dir verbund'nes Leben,
Denn wahres Glück strömt nur der Liebe Born;
Und ist der Jugend heiße Gluth entschwunden, -
Was Du in Liebe Dir verwandt gefunden,
Vergiß es nie! und leg's an Deine Brust;
Denn dies allein aus Deinen Erdentagen
Kannst Du ins bess're Land hinüber tragen:
"Den Erdenstaub zieht Liebe auf, zu Gott!"


Das Errungene
Demuthsvoll mußt Du ein köstliches Gut Dir vom Himmel erflehen,
Flehen nicht darfst Du allein, - wirken auch mußt Du dafür;
Denn das Erhabenste will ja errungen nur Dir sich ergeben,
Höher noch steiget sein Werth, wenn Du es mühsam erkämpft.
(S. 28-34)
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Liebe

Ein hohes Glück versüßt die Schmerzen,
Die uns des Lebens Wechsel bringt;
Ruht Eines uns doch tief im Herzen,
Womit das Schicksal kraftlos ringt!
Mag einst der Sonne Licht vergehen,
Das Weltall in einander stäuben,
Die Seele muß einst auferstehen
Und ihre Lieb' muß ewig bleiben.
(S. 62)
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Dich

In meines Lebens blüthenreichem Lenze,
Wo Fried' und Freude mir die Brust durchdrang,
Wo jede Hore immer neue Kränze
Und meines Daseins heitern Spiegel schlang,
Trieb mich gar oft ein unbekanntes Sehnen,
Ein stiller Schmerz in dunkle Nacht hinaus,
Es löste sich dies Weh in heißen Thränen -
Sie löschten doch die Wehmuth nimmer aus. -
Was sucht' ich wohl? - Nicht konnt' ich es ergründen,
Zum Sternenheer verirrte sich mein Blick.
Dort meinte ich der Sehnsucht Ziel zu finden,
Und kehrte trauernd nur in's Sein zurück,
So war das bunte Leben wirr verflossen,
Ermüdet kehrt' in meine Brust ich ein;
Da hat sich endlich Licht in mich ergossen -
Mir wurde klar mein Sehnen und mein Sein,
Dich fand ich ja! - nicht mehr zum fernen Sterne,
Zu Deiner Seele eilt mein sehnend Herz
Bei Dir weilt es seitdem - und - ach! so gerne!
Der Laren still Asyl birgt keinen Schmerz.
Die Sehnsucht war's, die die verwandten Geister,
Unwiderstehlich an einander zieht,
Die Anziehkraft, womit der große Meister
Im Weltall' alles Aehnliche durchglüht;
Und diese Kraft ist's, die Getrenntes einet,
Daß es im Bund zum großen Ziele strebt,
Zu dem sich stets - wenn auch die Seele weinet,
Die freie Seele unaufhaltsam hebt.
Dort ist der Punkt, von wo wir ausgegangen,
Ein Strahl von Gottes ewig klarem Sein,
Dahin wir einst auch wieder rückgelangen,
Wenn wir uns der Vollkommenheit erfreu'n.
(S. 98-99)
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Worte der Sehnsucht

O Poesie mit deinem stillen Walten,
Umfange mich - und tröste mein Gemüth!
Es will die Seel' in Gram und Weh sich spalten,
Zeig einen Pfad mir, wo der Balsam blüht.
In tiefem Leid, in bangen Sehnsuchtsschmerzen
Zieht mir der Tag in trübem Schatten hin,
Und alles, einst so theuer meinem Herzen,
Wird mir zur Qual, da so allein ich bin.


Der Sonne Gold am Bergesrand verglimmend,
Der Saaten Flor - des Waldes dunkle Nacht,
Der sanfte Pfad, am Bergesrand sich krümmend,
Des Morgens Glüh'n in strahlenreicher Pracht,
Ach, alles was mich einst so hoch entzückt,
Mit Thränen nur es jetzt mein Aug' erblickt.


O schöne Welt, wie reich sind Deine Gaben!
Den Keim der Seligkeit enthält Dein Schooß;
Doch soll auch Geist und Herz sich wahrhaft laben,
So theile noch ein Herz dies Erdenloos!


Von Dir getrennt wird alles Schöne trübe,
Der Freude Engel zieht zum fernen Land,
Er weilt nur dort, wo unser Herz in Liebe -
Und uns're Hand sich taucht in Freundeshand!
O Gott! - Du gabst mir eines Freundes Seele
Im höchsten Sinn, in reinster Harmonie,
Damit mir hier das höchste Glück nicht fehle,
Vereine uns und trenn' uns nie, o nie!


In meinem Weh' - in meinem tiefen Leide
Ist noch mein Trost - daß mich sein Geist berührt,
Daß mich sein Wort zu seiner Seele führt.
Was wär' mein Sein - müßt' ich auch davon scheiden! -


Seit vielen Jahren haben alle Triebe
Nach einem Punkt - nach einem Ziel gestrebt.
Ich frage mich: - wie hätt' ich ohne Liebe,
Wie ohne diesen Zielpunkt denn gelebt? -
Nun rückt er ferner, - lange Bahnen ziehen,
Sich zwischen mich und meines Lebens Ziel,
Das heit're Leben wird voll Gram und Mühen,
Die Freude bleicht, die Welt wird bang und kühl.
Mit tiefer Sehnsucht und erbleichten Wangen,
Zieh ich dahin mit langem Heimatsdrang -
Wie wird das Herz so schwer - der Weg so lang!


O Sonnenlicht, wo weilst Du denn so lange?
Nur Dämmerung und immer noch kein Licht!
Soll Deinen Strahlenkranz ich nimmer schauen?
Willst Du, daß dieses Herz im Schatten bricht? -


Wird sie noch aufgeh'n meine Lebenssonne,
Nochmals bestrahlend meinen Erdenkreis?
Blüht mir ein Anthel noch an Erdenwonne,
Und pfleg' ich nicht umsonst der Hoffnung Reis?
Wer hebt den Schleier? - Zeigt der Zukunft Spiegel
Und zeiget mir mein künftig Erdenloos?
(S. 99-101)
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An einem Grabe

Säuselt milde! Herbsteslüfte!
Laßt die letzten Spuren steh'n,
Eines Frühlings der gewesen -
Eines Sommers - reich - und schön!
Laßt die roth und gelben Blätter,
Als Erinn'rung mir noch da,
An die Tage die entflohen,
Da ich noch die Freude sah,
Meines Lebens Herbst - er traget
Keine andern Blüthen mehr,
Als Erinn'rung und Sehnen
In dem Herzen kummerschwer; -
Rückwärts zeigt der Ersten Blüthe -
Vorwärts zieht der Letzten Drang,
Doch durch Gottes milde Güte,
Tönt der Ein'gung Sphärenklang.
Dort wird fester noch sich einen,
Was oft Erdenschmerz gestört;
Was sich liebt, wird nimmer weinen,
Wo die Trennung aufgehört.
(S. 102)
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Dort

Auf dem Erdenpfade leuchtet,
Uns das Licht der Sympathie;
Doch die bange Seele fraget:
Find' ich Dich einst? - wo? und wie?


Wo? - Wo alle Nebel schwinden,
Nur der reine Aether schwimmt.
Wie? - Im ew'gen Geisterhauche,
Wo der Geist zum Geiste stimmt.


Was sich geistig hier gefunden,
Bleibt im Geist sich stets verbunden,
Darum, Seele, zage nicht,
Findest dort, - was hier gebricht!
(S. 104)
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Des Försters Tochter
(Episches Gedicht)

Durch die frischen Morgenlüfte
Hallte laut der Glocke Ton;
Nach dem Städtchen, durch die Trifte
Zogen früh am Morgen schon
Aus des Thales Waldesschatten,
Dörfler, mit Musik und Sang,
Ueber blumenreiche Matten,
Bei der Hörner heiterm Klang.

In des langen Zuges Mitte,
Prangt ein Veilchen jung und hold,
Tief gesenkt nach Mädchensitte,
Halb verhüllt von Lockengold
War ihr Antlitz; - leise Thränen
Drangen durch der Wimpern Nacht;
Sollten sie die Feier krönen,
Von der Jungfrau dargebracht?

Ihr zur Seit' mit plumpem Stolze,
Auf dem spitzen Hut den Strauß,
Schon gebückt am Krückenholze,
Schritt ein reicher Mann voraus
Einen Schritt, - als sich'res Zeichen
Seiner Herrschaft über sie;
Wollte d'rum kein Haar breit weichen,
Und hielt Schritt mit harter Müh!

In der Kirche ernstem Raume
Nahten sie dem Hochaltar,
Und gleich einem schweren Traume
Trat ihr Vater aus der Schaar,
Legend ihre kleine Rechte,
In des alten Mannes Hand,
Mahnend, daß sie wohl bedächte,
Wie er reich an Geld und Land.

Eingehüllt in Seidenkleider,
Aus der Sel'gen Ersten Schrank,
Kam die zweite Mutter - leider,
Ohne Herz, - fast geisteskrank,
Ohne Zartsinn, ohne Tugend,
Nur von Haß und Neid erfüllt,
Weil der Tochter frische Jugend
Ihren Reiz in Schatten hüllt.

Hannchen! - sprach sie - fort die Thränen!
Solche Thorheit faß' ich nicht;
Einen Reichen - einen Schönen,
Gibt man Dir - und - welch' Gesicht!
Wär' mein eigen Kind zur Stelle,
Segnete ich ihr Geschick;
Aber Du! - dies seh' ich helle, -
Du - verdienst nicht solch' ein Glück.

Folgend ihren bösen Launen,
Schob sie hin das Opferlamm;
Mit gesenkten Augenbrauen,
Leisen Schritts der Priester kam,
Sprach die Rede, nahm die Ringe,
Sah auf den bethränten Blick,
Und als ob er tiefer dringe,
Sprach er von der Ehe Glück.

Fragte dann mit ernstem Sinne:
Mädchen, liebst Du diesen Mann?
Willst auch selbst im Harm mit Minne -
Mit Vertrauen ihm immer nah'n?
Da, mit herzlichem Betrüben,
Rief das junge Mädchen: "Nein!
Nimmer kann ich diesen lieben,
Kann nicht seine Gattin sein!"

"Nur der Eltern Wunsch und Dräuen
Zwang mich her an diesen Ort,
Muß ich diesem Mann mich weihen,
Reißt man mich zur Grube fort!"
Tiefes Schweigen, - dann Gebrülle,
Aus den Kehlen, jung und alt;
Unterbrach die früh're Stille -
Murren durch die Gänge hallt.

Immer lauter wird die Menge,
Sammelt sich in einen Knäul, -
Immer ärger das Gedränge, -
Hannchen sucht im Fliehen Heil,
Sie erreicht des Waldes Schatten,
Stürzt in ihrer Kammer Raum,
Eh' sie noch zerstreut sich hatten,
Und ihr schien's ein wirrer Traum.


Lang hat Mütterchen zu sprechen,
Von dem reichen Vetter Hans,
Von der Schmach, ein Wort zu brechen,
Zu entweih'n den Myrthenkranz.
Gaben wollt' er für sie häufen,
Die der Tochter Glück gewollt,
Hatt' zu Vaters Knaster-Pfeifen
Reichen Zuwachs erst gezollt.

Also sprach des Hauses Ehre,
Der des Zornes Ader schwoll,
Und in's Schloß mit aller Schwere
Flog die Thüre - kündend Groll;
Und es schnarchte hart daneben
Trotz dem Sturm im eig'nen Haus,
Von dem Nebelgeist umgeben,
Väterchen sein Räuschchen aus.

Stille war's im Forst geworden, -
Hannchen lehnt am Fenster dort,
Schwarz die Nacht - zu Raub und Morden
Schien geeignet dieser Ort,
Eine mächt'ge Tanne strecket
Schwarz ihr riesig Haupt empor,
Und des Sturmes Toben wecket,
Aus dem Schlaf ein Eulenchor.

Schaurig schlägt es mit den Flügeln -
Hannchen flieht vom Fenster weit, -
Denn es liegt an schroffen Hügeln,
Dieses Haus in Einsamkeit;
Und der Jägerbursch - der Arme -
Er entfloh, da er sie sah,
Eine Braut in bitterm Harme, -
Konnt' nicht leben ihr so nah!

Regenströme rauschten nieder,
Schaurig tobt des Sturmes Macht,
Bricht die Eiche, - beugt den Flieder,
Aechzet in des Waldes Nacht.
Blitze zucken durch das Dunkel,
Schwere Donner rollen lang;
Bei des Waldes Lichtgefunkel,
Wird dem armen Kinde bang.

Da - an's Fenster hört' es klopfen,
Hannchen flüstert's - bist Du da? -
Und ihr Blut erstarrt - der Tropfen,
Stockt im Laufe als sie sah
In der Nacht ein Haupt sich regen,
Einen Menschen vor sich steh'n,
Sich herein zum Fenster legen,
Und sein Haar im Winde weh'n.

"Friedrich! - Du Verlorner! sage,
Lebst Du noch? - Wo kommst Du her?"
"Komm ja heut' zum Trauungstage;
Doch - nun höre meine Mähr:
Wieder sollst Du zum Altare,
Und Dein Glück steht auf dem Spiel.
Daß ich Dich davor nicht wahre,
Bin ich einer Kugel Ziel.

"Sprichst im Traume, lieber Junge! -
Sage doch: Es ist nicht wahr!"
"Es verdorre meine Zunge,
Spricht sie Dir nicht Wahrheit klar!"
Zärtlich schlingt sie durch das Gitter
Ihre Arme um ihn her,
Lehnt sich sanft, mit Thränen bitter,
An sein Haupt so sorgenschwer.

"Sterben Du! - um meinetwillen!
Friedrich, mein! es darf nicht sein!
Will den Wunsch der Eltern stillen
Und den alten Vetter frei'n.
Mag ich auch dem Leid verfallen,
Jedes Glück gestorben sein -
Ich die Traurigste von Allen, -
Du mußt leben! Friedrich mein!"

"Kann ich's ohne meine Hanne? -
Höre Kind, ich wüßte Rath
Hier im Dunkel dieser Tanne -
Kind Du zitterst?" - "Ach! wer naht?"
"Niemand Kind! - das Spiel des Windes,
Willst Du, rett' ich Dich und mich.
Er der Gatte solchen Kindes! -
Nimmermehr! - Ich rette Dich!"

"Sage denn was willst Du wagen?"
Spricht die Jungfrau sorgenvoll.
"Dich entführen! - mit mir tragen!"
Ihre Freundes Antwort scholl.
"Habe einen Freund gefunden,
Der versorgt uns - gibt uns Brod,
Bist Du erst mit mir verbunden,
Sind wir frei von aller Noth."

"Fliehen" rief sie, " bist von Sinnen!
Hältst Du mich denn für so schlecht?"
"Will ja als mein Weib Dich minnen!
Wäre Dir denn das nicht recht?"
"Nicht begreif' ich Deine Worte!"
"Höre denn: Als ich mit Harm,
Waldein streift' am fernen Orte,
Faßte mich ein Herr am Arm.

Fragte mich um meine Sorgen,
Und ich schaut' ihm in's Gesicht,
Schaute in den heitern Morgen,
Und mein Herz - schwieg länger nicht.
Da rief er mit feuchten Augen:
"Meinen Forst besorge hier -
Mußt ja doch zum Jäger taugen,
Und willkommen bist Du mir."

Wollte Dich noch einmal sehen,
Darum kam ich heut' zum Fest,
Wollt' von Gott mir Kraft erflehen,
Der die Seinen nie verläßt.
Da - vernahm ich ihre Pläne,
Auch mein Plan war bald gemacht,
Daß ihn nun Dein Jawort kröne,
Kam ich durch die Schauernacht.

Liebst Du mich und willst mein Leben,
Gehst Du mit zu meinem Herrn,
Unserm Bund den Segen geben
Wird der nächste Priester gern.
Niemand ahnt, wo wir geblieben,
Wenn man uns auch Schlingen legt;
Darf man unser Glück nicht trüben,
Wenn der Kirche Schirm es deckt.

Schüchtern hört sie seine Worte,
Zagend schaut sie in die Nacht -
"Willst Du Kind? - An diesem Orte,
Find' ich Dich, wenn Niemand wacht;
Morgen klopf' ich an die Scheibe -
Nun leb' wohl - der Tag ist nah."
"Aber Friedrich! - Hör' doch! - bleibe!"
"Ich muß fort. - Du kommst?" - "Nun Ja!"

Und die Nacht verbreitet wieder
Ihre Schatten durch den Wald,
Er beugt sich zum Fenster nieder
Und das Zeichen ihr erschallt.
Schon gepackt war ihre Habe,
Lebewohl dem Haus gesagt,
Doch sie hätte - ging's zum Grabe,
Sicher nicht wie jetzt gezagt.

"Komm mein Hannchen!" tönt's herüber,
"Zaudre keinen Augenblick!"
"Mir ist gar so bang - mein Lieber!"
"Thut Dir's leid! - so bleib' zurück!"
Lassen wir die Büchse knallen,
Gilt ja nur mein junges Blut! -
Da ließ sie den Zweifel fallen, -
"Ja! - ich will! - Ich habe Muth!"

Doch noch einmal kehrt sie wieder,
Tretend an des Fensters Rand,
Lispelnd: "Friedrich!" beugt sich nieder,
"Sei doch gut! - reich mir die Hand;
Sonst kann ich Dir nicht vertrauen."
"Liebes Hannchen, hab' doch Muth!
Könntest mir ins Auge schauen,"
Rief er d'rauf mit heißer Glut.

"Muß ja fast zur Flucht Dich zwingen!
Gib als Pfand mir - einen Kuß."
"Einen Kuß?" "Nun - muß ich dringen,
Um den Kuß?" - "Nun - wenn ich muß!"
Und getaucht in Liebesflammen,
Brannten nun zum erstenmal
Ihre Lippen heiß zusammen,
Jedes froh durch seine Wahl.

Und der Regen war versieget,
Und der Donner war verhallt
Und das Laub sich schweigend wieget -
Und es ruht der Sturm - der Wald.
Fernhin dunkle Wolken flogen,
Wie gejagt in wildem Tanz.
Weiße Nebelgeister zogen,
Um den Mond zum Wolkenkranz.

Dieser bei der Liebe Kosen,
Zeigte hell sein blendend Rund,
Bleichte Hannchens Wangenrosen
Und den kleinen Purpurmund.
"Nun!" - rief Friedrich rasch in Eile:
"Komm nun, theures, süßes Kind!"
Sie: - "Nur eine kleine Weile,
Schwören mußt Du noch geschwind."

"Schwören? - ich? - Ich soll Dir schwören?
Zweifelst Du an meiner Treu?"
"Nein, mein Friedrich - aber - höre,
Meine Bitte ist wohl neu -"

Liebend schaut er zu ihr nieder,
"Nun, - was ist es? sage an."
"Küssen darfst Du mich nur wieder,
Wenn Du erst vor Gott - mein Mann!"

"Kind! - so weit darfst Du's nicht treiben!
Meinem Bräutchen keinen Kuß?"
"Schwöre mir's! - sonst muß ich bleiben!"
"Nun - - ich schwöre - weil ich muß."
Sprach mit unzufried'ner Miene,
Die ein Lächeln halb verhüllt,
Nun der Jüngling, dessen Sinne,
Dieser Kuß nicht abgekühlt.


"Herr! Ihr habt mich aufgenommen,
Helft mir nun aus aller Noth,"
Sprach, bei diesem angekommen,
Friedrich, - "auch mein Weib braucht Brod.
Laßt mich meines mit ihr theilen -"
"Wie Dein Weib?" fragt dieser dann.
"Seht Ihr sie nicht draußen weilen?"
Staunend sah der Herr ihn an.

"Hast mir ganz davon geschwiegen,
Daß Du Dich bereits vermählt";
Doch der Jüngling kann nicht trügen,
Bald hat er sein Loos erzählt.
"Uns fehlt noch des Priesters Segen,"
Schloß er sein bewegtes Wort.
"Nun - so eilt dem Glück entgegen"
Sprach Der - "schnell zum Priester fort!"

Und mit frohem Flügelschritte,
Eilt dahin das junge Paar,
Pflückend, eingedenk der Sitte,
Noch am Busch den Kranz ins Haar;
Pläne machend für den Morgen,
Dankerfüllt für nahes Glück,
Schau'n sie heiter - ohne Sorgen,
Auf ihr künftiges Geschick.


Freundlich durch die kleinen Scheiben,
Schimmerte der Sonne Licht
Auf der Hausfrau munt'res Treiben,
Auf des Gatten froh Gesicht.
Einstens sprach zur Abendstunde,
Noch ein Gast im Hause ein;
"Laßt in Eurem schönen Bunde,
Mich der frohe Dritte sein!"

Oefters war er nun zu schauen,
In dem Stübchen nett und klein,
Emsig fing er an zu bauen,
Was die Beiden konnte freu'n.
Noch ein Zimmer für den Gatten,
Einen Ruhsitz für die Frau,
Und Gardinen, seid'ne Matten, -
Eine kleine Bücherschau.

Alles, was den Blick ergötzte,
Fand sich bald im engen Raum,
Wenn sich d'ran ihr Auge letzte,
Schien es ihr ein holder Traum.
Lieblich in der Jugendfrische,
Saß die holde Gattin dort;
An dem Tischchen in der Nische,
Und sie nähte emsig fort.

Heiter ruhten auf dem Bilde
Oft des Freiherrn Blicke lang;
Wenn ihr Augenpaar voll Milde,
Mächtig ihm zur Seele drang,
Regte sich in seinem Herzen
Ein ihm neues Wohlgefallen,
Und in fein gewandten Scherzen,
Ließ er dann ihr Lob erschallen.

Höher färbten sich die Wangen,
Lächelnd hört' sie seinen Scherz,
Fühlt' ein süß und seltsam Bangen,
Höher schlägt ihr kindlich Herz.
Ihre Hand, die ihn entzücket,
Scheint ihr plötzlich zart und fein,
Da ihr Lächeln ihn beglücket,
Muß es doch wohl lieblich sein.

Immer länger wird sein Weilen,
Oefter seine Wiederkehr,
Warum sollt' er heimwärts eilen?
Seine Burg war freudenleer.
Er, der Jüngling, flüchtig, heiter,
Geistreich, kräftig und gewandt,
Sehnte sich nun nimmer weiter, -
Schien an ihren Blick gebannt.

Friedrich schlicht mit trockner Rede,
Theilte nicht das Wechselspiel
Ihrer Scherze, ernst und spröde,
Schreckt ihn fort ein neu Gefühl.
Seinen Pflichten nachzukommen,
Trieb er sich im Forst umher;
Doch die Brust war ihm beklommen,
Und das Herz schlug voll und schwer.

Doch sein Harm, er blieb verschlossen,
Mild sein Wort und treu sein Blick,
Der von stillem Gram umflossen,
Nicht mehr aussprach heit'res Glück.
Einen Wurm im warmen Herzen,
Trug er still sein nagend Leid,
Konnte doch der Gattin Scherzen
Nimmer tadeln selbst der Neid.

Mußte er nicht Thor sich nennen,
Wenn des Frohsinns heit'res Spiel,
Das nur gute Menschen kennen,
Ihm an seinem Weib mißfiel? -
Mit ihm - der sein Loos gegründet,
Der sein häuslich Glück gebaut. -
Glück? - ach! - nimmer Echo findet
In der wunden Brust Dein Laut! -

Doch die Händchen, wie wir wissen,
Oft belobt in heiterm Scherz,
Fing der Freiherr an zu küssen,
Und zu drücken an sein Herz.
Röther wurde Hannchens Wange,
Unruh' malte sich im Blick,
In der Brust lag's süß - doch bange,
Und der Freiherr schwamm im Glück.

Einmal stürzt' er vor ihr nieder,
Zieht sie heftig an sich hin,
Küßt die Händchen immer wieder,
Stammelt Worte ohne Sinn.
Achtet nicht ihr ängstlich Zagen,
D'rum - erschrocken sie entflieht
Und es dringen seine Klagen
Durch die Thüre, wo er kniet.

Da erfüllt sie tief Bedauern,
Klarer wird's in ihrem Sinn,
Ihres Gatten stilles Trauern
Führt sie zur Erkenntniß hin.
Abends tritt sie zu dem Gatten,
Aus dem liebevollen Blick -
Aus der sanften Wehmuth Schatten,
Dämmert ihm sein einstig Glück.

"Hast Du noch der Mutter Zeilen,
Die sie nach des Vaters Tod,
Ihre Heirat mitzutheilen
Schrieb, - und uns die Hütte bot,
Die verfallen uns geblieben,
Seit der Vetter sie gefreit? -
Selbst des Vaters Stelle drüben
Zu erlangen, wär' noch Zeit.

Zieht es Dich nicht auch hinüber
In der Heimat theuren Raum? -
Wäre es Dir dort nicht lieber,
Wo wir kennen jeden Baum?"
"Freilich! - doch die arme Hütte,
Birgt nicht was Du hier gewohnt! -"
"Zieh'n wir hin!" klang ihre Bitte,
"Stilles Glück uns sicher lohnt!

Liebe schmückt die leeren Wände,
Sorge knüpft der Herzen Band,
Fester einen sich die Hände,
Wo der leere Schimmer schwand."
"Hör' ich recht? - Mein theures Leben!
Du - Du wolltest mit mir fort? -
Kann ich dort Ersatz Dir geben?"
"Ist ja doch mein Friedrich dort!"

Als die Nacht sich friedlich senkte
Auf der Erde stille Flur,
Unser Paar die Schritte lenkte
Auf der Heimat trauter Spur;
In der nied'ren Hütte lagen
Wonnevoll sie Herz an Herz,
Und das Glück dereinst zu tragen,
Tilgte aus geträumten Schmerz.

Still sah sie der Freiherr ziehen -
Ohne Groll! - doch tief bewegt;
Fühlt er doch, daß solches Glühen,
Seines Wohlthuns Werth befleckt.
Und beschämt von Frauentugend,
Tief von ihrem Werth berührt,
Wurde ungeprüfte Jugend
Schnell der Reife zugeführt.

Diese Läut'rung durch Entsagen,
Adelte des Mannes Sinn,
Und des Leichtsinns kühnes Wagen
Ward zum ewigen Gewinn.
Sich'rer siegt das Recht des Gatten
Ueber jedes Irrthums Macht,
Wenn bei der Versuchung Schatten
Stets sein Auge liebvoll wacht.
(S. 105-120)
_____


Aus: Seelen-Klänge
Gedichte als Toiletten-Gabe für junge Damen von
Marie von Thurnberg
Wien 1864
In Selbstverlage der Verfasserin
In Commission von Rudolf Lechner

 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_von_Augustin


 

 


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