Karoline (1782-1847) und Karl (1770-1817) von Woltmann  - Liebesgedichte

 



Karoline von Woltmann
(1782-1847)
und
Karl von Woltmann
(1770-1817)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



Der Entfernten

Ach, an tausend süßen Dingen
Hängt der Liebe Phantasie:
Nur verirren ihre Schwingen
Von der einen Holden nie.

Diese vollen Blüten tragen
Mich an deine liebe Brust:
Dieses Kleid aus bessern Tagen
Athmet deiner Glieder Lust.

In den Blumen, die wir küßten,
Küß' ich deinen süßen Mund,
Und der Stern, den wir begrüßten,
Macht mein krankes Herz gesund.

Du bist fern: ich will nicht klagen;
Sind wir beide doch die Welt.
Nimmer wird der Mann verzagen,
Der die Lieb' im Herzen hält.
(S. 84)
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Liebe

Du bist es nicht, und bist es doch; im Herzen
Kann sich dein vielgeliebtes Bild nicht ändern:
Es blieb mir treu in aller Ferne Ländern,
Und lebt in mir, mit allen süßen Schmerzen.

Ich halte dich, so wie ich dich geliebt;
Du selbst vermagst die Liebe nicht zu hindern:
Tief in die Seele hast du mich betrübt;
Allein du kannst mein Glück im Weh nicht mindern.

Du mußt es seyn, du darfst mir nicht entschwinden,
Dich hält mein Herz: Du bist mir alles Gute,
Vom Schlechten unberührt in mir geblieben.

Ich will mein bessres Seyn an deines binden:
Du, lebe wohl! Ich scheid' im festen Muthe:
Von allem Mackel reinigt treues Lieben.
(S. 85)
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Neues Glück alter Liebe

Nah war der Tod vorbei an mir geschlichen:
Da kamest du, ein Bild aus schönrem Leben:
Und hast mit Glanz und Glut mich neu umgeben;
Was willst du? jenes Leben ist entwichen.

O bleib'! es ist so ganz noch nicht erblichen;
Es hat dem neuen, ihm entsproßten Streben,
Der Gegenwart, den trüben Reiz gegeben,
Womit die öden Jahre mich beschlichen.

So leuchten nach der Sonne hellem Tage,
Von ihrem Licht verklärt, die stillen Nächte
Noch lieblich dämmernden Erinnrungsschein.

In meinem Herzen schweigt die alte Klage:
Wenn auch der Pflicht ich Liebe opfernd brächte:
Sie würde mir Gehalt des Lebens seyn.
(S. 86)
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Liebe im Sturm

Flüstre du, Süße, vom Fenster mir Liebe,
Wirf mit den Blumen die Küsse mir zu:
Säume nicht! Sterne verhüllen sich trübe,
Stürme bedrohen die nächtliche Ruh.

Ha, du erscheinest im weissen Gewande:
Soll ich erkennen die Lippen, den Blick?
Blitze zerreißen die wolkigten Bande,
Donner umtosen der Liebenden Glück.

Fürchte nicht, Süße, die zuckenden Flammen:
Ach, sie beleuchten dein liebes Gesicht:
Aber uns stürzet der Himmel zusammen,
Stirbt uns der Liebe vergötterndes Licht.
(S. 87)
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Stimme der Natur

Ich wollte dich und deine Tage hassen,
Gebannt von dir durch leichten Sinn und Pflicht:
Nur wollte dann mir aller Leben Licht
Mit deinem Bild in der Natur erblassen.

Die Myrthe frug: Du wolltest von ihr lassen,
Die süß wie ich von Lieb' und Treue spricht?
Die Lilie sprach: o flieh die Unschuld nicht!
Der Rosenzweig: ich will euch beid' umfassen.

Da weint' ich laut: von ihr zeugt die Natur;
Was weiß der Menschen Sinn von ihrem Herzen:
Aus ihrer Schuld erglänzt der Unschuld Spur.

Da floß um mich der ersten Liebe Glück:
Wie Furien entrauschten alte Schmerzen,
Und wonnefeucht begrüßte mich dein Blick.
(S. 91)
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Der Stern

Du warst mein Glück in längst vergangnen Tagen:
Nach dir, Geliebter, hat mein Herz gestrebt.
Du hast um mich rings die Natur belebt,
Und mich durch sie mit Wonne, Muth und Klagen.

Da stand ein Stern; und Botschaft dir zu sagen,
Erwählt' ich ihn. Er war hinaufgeschwebt,
Fand dich allein, wo wir vereint gelebt,
Und unsre Trennung konnt' er nicht ertragen.

Da schenkt' er süße Lieder meiner Seele,
Und hieß sie durch den Frühling zu dir eilen,
Mit neuem Gruß erwecken alte Liebe.

Wir sind vereint: nun fühlt er was ihm fehle,
Und neigt den Stral, so liebes Glück zu theilen,
Dem Monde zu, vermählt von gleichem Triebe.
(S. 92)
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Winterabend

Mit uns ging junge Lieb' in Blütensträuchen:
Der Abendstern hat freudig zugesehn;
Doch plötzlich fühlt' er rauhe Lüfte wehn;
Wir sahn sein Licht im Wolkenbild' erbleichen.

Und traurig war die Lieb' ihm zu vergleichen:
Sie wollte rasch auf ungewissen Höhn
Mit wechselreichen Bildern sich ergehn:
Doch ewig wollten Treu' und Stern nicht weichen.

Der Winter prangt im unbewegten Hain;
Es glänzt der Stern im ewig reinen Schein,
Das schöne Bild unwandelbarer Treue.

Du reichst den wahren Mund zum treuen Kuß;
Dem Sterne sagt der tiefgefühlte Gruß:
Nicht junger Lust, du siehst der Treue Weihe.
(S. 93)
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Schmachten

Wenn fern der Liebste weilet,
Ist mir so öd' und bang;
O eilet Stunden, eilet!
Schleicht nicht so träge entlang.

Das Licht bricht freundlich nieder,
Doch ich bin matt und krank;
Ich starre, dann glühe ich wieder:
O schleicht nicht so trübe entlang!

Ach! nach dem lieben Blicke
Seufzt schmachtend mein Gesang:
Bringt mir mein Leben zurücke,
Schleicht nicht so träge entlang.
(S. 94)
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Ihm

Du bist mein!
Ich habe dich gewonnen,
Und es grüßen tausend Freudesonnen
Meines Lebens Morgen!
Du bist mein!

Du bist mein!
Und mein Geschäft dein Leben,
Und von dir, dem deinen nur umgeben,
Welche Klage drückt mich?
Du bist mein!

Ach, mein Seyn
Kann nicht die Liebe fassen:
Augenblicke muß ich dich verlassen,
Und du bist nicht immer,
Einzig mein!
(S. 95)
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Gegenüber

Mir vertraute Liebessterne,
Kommt mir näher,
Bleibt nicht ferne:
Locken euch die Blicke nicht?
Bringt das liebe Angesicht.
(S. 96)
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An seiner Brust

Seid ihr da, ihr holden Sterne!
Weilt mir nun nicht länger ferne,
Bringt mir alle Himmelsruh;
Und ich deck' euch mit den Lippen
Wie mit Abendwolken zu.
(S. 96)
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Nachtgruß

Du bist die süße Flamme,
Die in mir lebt, bist du,
Und jede Kraft der Liebe!
Ach, träume so hin deine Ruh!

Und jede Kraft der Liebe
Allein beherrschest du;
Hast ganz mein Herz genommen:
Ach, träume so hin deine Ruh!

Hast längst mein Herz genommen,
Mein ganzes Herz hast du,
Gern gäb es dir sein Leben;
Ach, träume so hin deine Ruh!

Gern gäb es all sein Leben
Für deine süße Ruh;
Träume, mein himmlisches Leben,
Ach, träume so hin deine Ruh!
(S. 97)
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Gunst

Eine ist holde Gespielin, mit Einer nur theile ich neidlos,
Gerne, du Bester! mit ihr, selbst das geliebteste Glück:
Sehe froh, in den Arm ihr geschmieget, den schlummernden Gatten:
Schmücke mit duftendem Kranz beide Geliebten zugleich.

Und er lächelt erwacht mir entgegen; es theilt sein Lächeln
Sonnig den Schleier, womit still sie den Lieben umhüllt.
Süß ist im Arme der Ruh' dein Bild, o Geliebter, der Gattin,
Und ihr gönnt sie allein, daß sie dich wieget und hält.
(S. 98)
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Die Tuberose des Geliebten

Du hast dein volles Daseyn reich genossen,
In allem Lichte seines Seyns geglüht,
Die weißen Blütensterne all' erschlossen,
Sie haben Duft in vollem Strom ergossen,
Des Lieblings Traum umwoben und umblüht.
Das höchste Glück hast sterbend du genossen:
Die letzten Knospen, nicht dem Licht erloschen;
Sie sind an seiner theuren Brust verblüht.
(S. 99)
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Aus: Gedichte von Karl und Karoline Woltmann
Berlin 1806 In der Realschulbuchhandlung
 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Karoline_von_Woltmann



https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Ludwig_von_Woltmann

 


 

 


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