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Sophie Alberti
(1826-1892)
Stille Liebe
Wär' ich ein Mann! – ich müßte sie erringen,
Sie, die mein Herz erwählt, sie würde mein,
Ich würde alles Hemmende bezwingen,
Ich würd' ein Held für meine Liebe sein.
Mit starkem Arm teilt' ich des Lebens Wogen,
Erwürbe Anseh'n, Ruhm und Reichtum mir,
Und hätt' ich dann das gold'ne Netz gezogen,
Legt' ich die Schätze all' zu Füßen ihr.
Ich wollte stets mit Liebe sie umgeben,
Ich schaffte ihr den schönsten eig'nen Herd,
Ich böte ihr solch volles, reiches Leben,
Wie's wen'gen Sterblichen noch ward beschert.
Wär' ich ein Mann, da gäb's kein Unterliegen,
Mit einer solchen Liebe muß man siegen.
Ich bin ein Weib! – und mit gebundnen Händen
Kann für mein Lieben ich nicht kämpfen, wagen,
Darf keinen Strahl aus meinem Herzen senden,
Ihm, was so lang dort lebt und glüht, zu sagen.
Und seh' ich ihn, so darf das Hochentzücken
Doch nimmermehr aus meinen Augen leuchten,
Oft will das Herz vor heißem Weh ersticken,
Doch keine Thräne darf die Wimper feuchten.
Wohl gilt ihm nichts mein Lieben und mein Leben,
Doch könnte das ihm Erdenglück erwerben:
Ich wollte tropfenweis mein Herzblut geben,
Mir wär' es Seligkeit, für ihn zu sterben.
Ich bin ein Weib! – was ist mir denn geblieben?
Nichts als ihn lieben, still, doch ewig lieben.
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Gedicht aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 446)
Biographie:
Verena, Sophie, Ps. für Sophie Alberti, geboren den 5. August 1826 zu
Potsdam, gestorben den 15. August 1892.
aus: Lexikon
deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke
weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem
Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898
siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sophie_Alberti
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