Hedwig Bender (1853-1928) - Liebesgedichte

 

 

Hedwig Bender
(1853-1928)


Frühlingsmorgen

Lächelnd, träumend, morgenduftumfangen
Ruht die Erde wie ein schlafend Kind -
Erstes Frührot färbt die zarten Wangen,
Weiche Lüfte kosen schmeichelnd lind.
Spielen flüsternd mit der Schläfrin Locken,
Drein der Lenz die ersten Kränze flicht,
Schauern ihr ein Meer von Blütenflocken
Heimlich über Schultern und Gesicht.
Leise regt sie schon die schönen Glieder,
Zögernd schließt die Nacht der Träume Thor,
Von den Bergen sinkt der Nebel nieder,
Flammend steigt im Ost die Sonn empor.
Lauter rauschen Lüfte, Bäume, Quellen -
Jubelhymnen tönt des Sturzbachs Lauf,
Und die Erde schlägt die strahlend hellen
Blütenaugen froh erschrocken auf.
(S. 19)
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Frühlingsnacht

In des nächt'gen Schleiers Falten
Birgt der Lenz die jungen Glieder,
Dunkelheit und Schweigen halten
Jede Lebensregung nieder.
Durch den Tannenwald, den düstern,
Geht es nur wie leises Träumen
Und die Mondenstrahlen flüstern
Heimlich in den stillen Räumen.

Was der Tag in tausendstimm'gen
Mächtigen Akkorden sprach
Hallt die Nacht in angeriss'nen
Geisterhaften Tönen nach.
Und das Herz in stillem Sinnen
Scheint dem eignen Schlag zu lauschen
Und Erinnerung macht tief innen
Tausend Äolsharfen rauschen.
(S. 19-20)
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Gedichte aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888

Biographie:

Bender, Frl. Hedwig, Eisenach, Kapellenstr. 8, geboren 22. Februar 1854 in Luxemburg, als Tochter eines preussischen Offiziers, verlebte nach dessen Versetzung den grössten Teil ihrer Kindheit in Glatz. In späteren Jahren absolvierte sie in Hannover das Lehrerinnenexamen, machte als einzige Tochter ihrer Eltern keinen praktischen Gebrauch von demselben. Gleichwohl trieb die ihr eigentümliche Arbeits- und Schaffensfreude sie zu weiterer Thätigkeit und sie fand, nach einer kurzen Beschäftigung mit der Blumen- und Landschaftsmalerei, schliesslich ihre volle und wahre Befriedigung in der Philosophie. Angeregt durch Herder und Goethe verlegte sie sich auf das Studium von Spinoza, Kant, Schopenhauer u.a. Mit 30 Jahren trat sie mit ihrer ersten wissenschaftlichen Arbeit hervor, einer kleinen philosophischen Abhandlung über "Die Substanz als Ding an sich", welche in der "Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik" in Halle erschien. Ausser nachstehend aufgeführten Schriften sind noch verschiedene Aufsätze in "Westermanns Monatsheften", "Nord und Süd", "Die Frau" und anderen Zeitschriften erschienen, unter denen besonders der über Giordano Brunos philosophische Bedeutung sehr viel Beifall gefunden hat. Erwähnenswert ist noch, dass Hedwig Bender nahe verwandt mit Luise von François und eine Nichte der Dichterin Clotilde von Schwartzkoppen ist, deren Biographie sich ebenfalls in diesem Werke findet. Die ersten Werke erschienen unter dem Pseudonym H. Bender. Durch Arbeiten wie durch Sammlungen von Unterschriften für die Ärztinnenpetition hat sie sich auch Verdienste um die Frauenbewegung erworben. Ihre Lebensbeschreibung mit Bild erschien bereits Nov. 1887 in der Leipziger Illustrierten Zeitung.

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898

siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Hedwig_Bender

 

 


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