Johann von Besser (1654-1729) - Liebesgedichte

Johann von Besser




Johann von Besser
(1654-1729)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 





Komm längst gewünschte freuden-nacht /
Als zeugin meiner liebe /
Verhülle des gestirnes pracht /
Mach alles schwarz und trübe /
Laß mir an statt der güldnen sterne seyn
Zwey unbefleckte augen schein.

Ich wünsche nicht dein bleiches licht /
Kein nord-stern darff mich führen /
Kein glanz darff meinen augen nicht
Den weiten himmel zieren /
Dieweil die glut / die mich zuvor betrübt /
Mir itzt die beste klarheit giebt.

Ist das geschwinde wunder-kind /
So uns die noth erreget /
Nach aller köpffe meynung blind /
So werd ich nichts beweget /
Daß ich auff dieser unbekandten bahn
Nicht wie bey tage schauen kan.

Und ist mein auge gleich bedeckt /
So schau ich doch im herzen /
Daß mir die Venus auffgesteckt
Viel flammen-reiche kerzen /
Durch welcher glanz itzt mein gemüth erkiest /
Was lieben und geniessen ist.

Genug / die nacht erzeiget sich
Auff ihrem schwarzen throne /
Die Venus selbst ermahnet mich
Mit ihrem kleinen sohne
Zu suchen die / so meine freyheit fällt /
Und meinen sinn gefangen hält.

Drum liebste komm / und sey bereit /
Die stunden haben flügel /
Der Phöbus ist gewiß nicht weit /
Er rühret seine zügel /
Dieweil es sich nicht allzuwohl gebührt /
Daß uns der tag nach bette führt.
(Theil 1 S. 434-435)
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Nun des sommers lust-gewinn
Gänzlich hin;
Nun die grünen kräuter sterben /
Und die blumen haupt und blat und den stock entfärben /
So kan und soll doch deiner liebe schein /
Amöna / stets mir meine sonne seyn.

Dein beblümtes angesicht
Welcket nicht /
Deiner zarten wangen felder
Schliessen grössre lust in sich / als die schönsten wälder /
Der purpur / der aus deinen lippen bricht /
Vergleichet sich der vollen rosen licht.

Von den hügeln deiner brust
Ist bewust /
Daß darinnen liljen stecken /
Die ein feuer-volles herz mit dem schnee bedecken.
Was den narcissen man vor pracht zuschreibt /
Ist deiner haut und armen einverleibt.

Lasse meinen geist darauff
Seinen lauff
Nach der kräuter arzney richten.
Lehre meinen unverstand / daß von deinen früchten
Man auch im frost was frisches sammlen ein /
Und immer kan ein reicher schnitter seyn.

Wenn der west-wind deinen werth
Nicht verzehrt /
Wenn er deine berge rühret /
Davon weder du noch er einzig labsal spüret;
So gönne / daß / der ich es mehr versteh /
Darinnen etwas frey spazieren geh.

Dir ist mehr als wohl bewust
Meine lust /
Die ich zu den blumen habe.
Weil sie nun der rauhe herbst itzund trägt zu grabe /
So bleibest du mein kostbar blumen-feld /
Das unter sturm und eiß stets farbe hält.

Führe mich wohin du wilst /
Engel-bild!
Bald in thäler / bald auff höhen;
Meine demuth soll dir stets zu gebote stehen.
Der anmuth-lenz blüht überall bey dir /
Und ieder ort giebt göldne äpffel mir.

Ich will eine biene seyn /
Die allein
Deinen honig sich erwehlet /
Und mit keinem stachel nicht deine rosen qvälet.
Nicht wehre meinem mund den zucker-safft /
Der dir nichts nimmt / und mir vergnügen schafft.
(Theil 1 S. 476-477)
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Was frag' ich denn darnach!
Wenn du mich nicht wilst lieben?
Das kan mich nicht betrüben /
Ich weiß / was Daphnis sprach:
Wird gleich der Chloris gunst geringer /
Ist doch die ganze welt voll solcher dinger.
Was frag' ich denn darnach!

Ich bin so gut als du;
Du must es auch entbehren /
Was ich dir kan gewähren.
Schleuß nur dein herze zu!
Meins hat dich schon vorlängsten ausgejaget;
Wer weiß / wen noch der schimpff am ärgsten plaget.
Ich bin so gut als du!

Ich spitz' mich schon darauff /
Wie es dich wird gereuen.
Wie werd ich mich erfreuen /
Wenn dir hüpfft keiner auff.
Wenn du must welcke riebgen schaben /
Und flederwisch' am marcke feil wirst haben.
Ich spitz' mich schon darauff.
(Theil 1 S. 477-478)
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Weil meine kohlen völlig glut gefangen /
So müssen sie die flammen lassen seyn /
Wo stein und eisen zunder kan erlangen /
So muß daraus die schönste flamm entstehn;
Das hellste feur brennt nicht so gut /
Als mein getreu / doch frisches blut /
Mit furchtsamen / doch steiffem muth.

Du bist dir ja allein nicht gebohren /
Der purpur / so die rosen-lippen deckt /
Ist doch für andre lippen auserkohren /
Weil keine pracht sich sonst so weit erstreckt;
Dein himmel hegt zwey sonnen zwar /
Doch sie verblenden ganz und gar /
Und scheinen mir nur zur gefahr.

Der schnee / der um den hals und brüste lieget /
Die berge / derer spitzen feurig seyn.
Die haben mich mit ihrer macht besieget /
Bedenck / es folgt die nacht auff sonnenschein /
Der mäy vergeht / wie andre zeit;
Drum / wenn die jugend lust anbeut /
So brauch dich der in fröligkeit.

Ich übergebe nun mein schiff den wellen;
Weil guter wind in meine seegel bläst /
So will ich mich in deinen hafen stellen /
Wo deine gunst mich nur anlenden läst;
Die hoffnung ist mein see-compaß /
Wo die mich läst / so werd' ich laß /
Und dürre wie das laub und graß.

Ja solte gleich mein leib den todt erdulden /
So soll mein geist um deinen mund-rubin
Zur wache stehn / und zahlen seine schulden /
Und nimmermehr von diesem posten ziehn;
Ja selbst mein staub soll meine treu
Bezeugen und vermelden frey /
Wie daß mein tod von liebe sey.
(Theil 1 S. 478-479)
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Aus dem Französischen
An der geliebten bette

Werth und beglückter platz / Melindens rosen-bette /
Du einziger zeuge dieser welt /
Von aller lieblichkeit die sie verborgen hält /
Ach wenn ich doch dich zum verräther hätte!
Ach daß du zu getreu und zu verschwiegen bist!
Vertraue mir denn nur / was sonst erfreulich ist.
Gedenckt sie nicht an den / der sie verehrt im schweigen /
Und wenn sie halb erwacht / mit sich alleine spricht /
Nennt sie mich unversehens und in gedancken nicht /
Und hörst du keinen wunsch aus ihrem herzen steigen?
(Theil 2 S. 24)
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Celadons abschied und seiner schäferin weh-klage

1.
Eleonora die betrübte
Gieng in dem grünen auf und ab /
Als ihr der schäffer / der geliebte /
Den letzten kuß mit thränen gab.
Ach! sprach sie / daß ich ietzt muß leben /
Und meinem schäffer abschied geben.

2.
Sie rung die liljen-weisse hände /
Sie schrie mit lauter weh und ach:
Ach ich! ach ich! ach ich elende!
Ich bin für meine noth zu schwach!
Mein Celadon will von mir scheiden /
Der mit mir pflag allhier zu weiden.

3.
Sie schrie und sanck vor ohnmacht nieder /
Red' und bewegung starb in ihr.
Der athem fand sich endlich wieder;
Doch blieb die wehmuth für und für:
Sie schrie; doch sah man von der auen
Sie ganz erstarrt gen himmel schauen.

4.
Die schäflein selbst die sah man klagen /
Und traurig in dem grase gehn.
Klagt / sprach sie / denn in wenig tagen
Wird man nicht mehr mich weiden sehn.
Und sucht euch einen andern hirten.

5.
Der schäffer liess sie auffzurichten /
Sie schloß sich ihm um hals und mund;
Zeugt ihr / sprach sie / ihr nahen fichten /
Was euch von meinen schmerzen kund.
So offt es nur beginnt zu tagen /
Hört ihr Eleonoren klagen.

6.
Mein Celadon du machst die schmerzen /
Fieng sie zu ihren schäfer an:
Du bist ein theil von meinem herzen /
So ich auff nimmer missen kan.
Du aber wilst ietzt von mir ziehen /
Und die verliebte hürden fliehen.

7.
Die schlancken arme wurden müde /
Und Celadon von selben frey;
Wie klagst du / sprach er / zum abschiede;
Bin ich doch auch abwesend treu.
Ich schwere dir bey meiner heerde /
Daß ich dich ewig lieben werde.

8.
Sie küsten sich / und weinten beyde.
Der schäfer fieng an fort zu gehn.
Sie lief ihm nach die ganze heyde /
Um Celadon noch eins zu sehn /
Woselbst sie mit gebrochner zungen /
Ihm ferner also nachgesungen:

9.
Zeuch hin / GOtt sey dein gut geleite /
Es kommt mir nun nicht mehr die zeit /
Daß ich den frühling um dich spreite.
Zeuch hin / o meine liebligkeit!
Zeuch hin / und dencke deiner lieben /
Die sich um deine trifft betrüben.

10.
Zeuch hin / zeuch! darauff schwieg sie stille /
Die thränen flossen in die schooß /
Die wiesen stunden sonder fülle /
Die grünen wälder wurden bloß;
Sie aber ist mit blassen wangen
Bey dunckler nacht nach hause gangen.
(Theil 2 S. 339-341)
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1.
Nicht stelle dich / du engel dieser welt /
Als wüst du nicht / wer dir zu füssen fällt;
Ein mensch / der dich zu einem abgott macht /
Hat seine brunst genug ans licht gebracht.

2.
Du sprichst: Es sey dir gänzlich unbekant /
Wer dir sein herz als weyrauch angebrant;
Und deine hand hat flamm und feur gefühlt /
Als meinen mund ich damit abgekühlt.

3.
Mein auge lad't dich stets zum opffer ein /
Kan dir / was alle sehn / verborgen seyn?
Die seele giebt dir heerd und rauchfaß dar /
Und meine brust ist tempel und altar.

4.
Ich drehe mich nach dir als ein magnet /
Wie? siehst du nicht / wer dir vor augen steht?
Du meinst / du löscht so den gebrandten grauß /
Und giessest öhl vielmehr auf selben aus.

5.
Dein laulicht-seyn verlöscht nicht meine glut /
Den kalck entbrennt des wassers kalte fluth /
Weil Batheseba sich bey den brunnen findt /
Wird Davids geist viel schärffer angezündt.

6.
Je mehr du fliehst / je mehr verfolg ich dich /
Durch sturm und wind vermehrt das feuer sich /
Stellstu dich noch so fremd und eckel an /
Liebt doch mein herz / so viel es lieben kan.

7.
Laß diesen schluß dir dein geblüte rührn
Und glut aus glut sich wiederum gebiehrn.
Die lieb allein ist wieder liebe werth /
Und tempel stehn dem offen / der sie ehrt.
(Theil 2 S. 352-353)
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Auf Aramenens augen

1.
Blau sind meiner Aramenen augen /
Weil sie mir zum zeugniß sollen taugen /
Daß zur Venus Venus sie erkohren /
Die der wellen blaues saltz gebohren.

2.
Pallas augen sind auch blau gewesen /
Die sich aus weißheit auserlesen /
Denn die blaue farbe ist vollkommen /
Drum der himmel sie auch angenommen.

3.
Blaues feuer brennt wo schätze liegen /
Und dein schönes auge kan nicht trügen /
Daß die schönheit tausend ihrer gaben
In dem bergwerck deiner brust vergraben.

4.
Selbst die blaue adern die dich zieren
Zeigen / daß sie blaue türckiß führen /
Die / wie gold wächst von der sonnen strahlen /
Deiner blauen augen blicke mahlen.

5.
Aber blau ist auch der treue zeichen;
Wird dein herz wol deinen augen gleichen?
Ob beständigkeit dein herz getroffen /
Muß ich bloß von deinen augen hoffen.

6.
Unterdessen will ich nicht auffhören /
Dich als himmlisch stetigst zu verehren.
Weil des himmels bild darein geschrieben /
Will ich dich fast als den himmel lieben.
(Theil 3 S. 12-13)
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Uber die schwarzen augen der Phillis

Phillis augen brennen mich verstohlen
Denn sie scheinen ausgelöschte kohlen;
Weil dem himmel sie beliebt zuschwärzen /
Sieht man nicht die flammen-reiche kerzen.

Wolcken sind sie / aber voller blitze /
Und dis neue monden-licht hat hitze /
In den schwarzen kugeln stecken sonnen /
Wo sich aller seelen-brand entsponnen.

Ich gedacht mit ihrer nacht zu spielen /
Und in wasser-quellen mich zu kühlen;
Aber lauter heisse feuer-ballen /
Liessen die vermeinte brunnen fallen.

Rinnet ja was nasses aus den röhren /
Ists ein wasser kräfftig zu verzehren.
Denn bey den verliebten herzens-schlägen
Wirds zu brennend pech und schwefel-regen.

Dunckler kreiß so viel verbrannter leichen /
Wer dich sieht / der kan dir nicht entweichen.
Nimmer solt ein feurger geist wohl leben /
Wenn uns deine finsternis umgeben?

Brenne mich / doch nicht gar zu verbrennen.
Todte aschen können dich nicht kennen.
Laß den düstern schatten mich bedecken /
Wenn dein strahl zu heiß sich will erstrecken.

Oder wilst du mich zur asche haben /
Must du in den augen mich begraben /
Denn die schwärze schicket sich zum trauren /
Und ein schwarzes grab kan länger dauren.
(Theil 3 S. 13-14)
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Wett-streit
Der
Schönheit und Stärcke
Entschieden aus dem munde der erfahrung

Die stärcke

So fern der helden haupt verdienet sieges-kränze /
Daß ihre starcke faust den feinden obgesiegt;
Weiß dessen ursprung / ich / der lorbeern keine gränze /
Da ihre tapferkeit durch meine macht gekriegt.
Was hilfft es seyn beherzt / wann das vermögen fehlet?
Die tugend gibt den muth / und das vollbringen ich /
Durch mich wird erst ein mensch den göttern zugezehlet /
Und wer gesieget hat / der hat gesiegt durch mich.

Die schönheit

Kan dir diß einen ruhm / vermeßne stärcke / bringen /
Daß helden offt durch dich mit kränzen seyn beziert?
So wird mein lobspruch weit sich über deinen schwingen /
Weil kinder auch durch mich den krieg und sieg geführt.
Hat nicht mein lieb-reiz viel bezwungen sonder stärcke /
Je schwächre sieger seyn / ie grösser ist der ruhm:
Die menschen kennen wol / auch götter meine wercke /
Die stärcksten haben mir gebaut manch heiligthum.

Die stärcke

Nachdem die streiter sind / ist der triumph zu schätzen /
Du führst durch kinder krieg / dein sieg ist kinderspiel.
Man sieht dich keinen mehr / als der sich giebt / verletzen /
Ich zwinge durch mein heer auch den / der gar nicht will.
Wer meine gunst nicht kennt / muß seinen tod erkennen /
Der scharrt sich in das grab / der mir nicht weyrauch streut.
Und muß ein starcker gleich dir auch ein opffer brennen /
Geschicht es mir aus schuld / dir nur aus höfflichkeit.

Die schönheit

Ist diß ein kinderspiel / wo götter unterliegen /
Wo nur ein einzigs kind sie wehrloß hat gemacht?
So hastu nie noch nicht gewust von rechten siegen /
Und deine hand hat nicht ein solches werck vollbracht.
Gesetzt: Sie hätten mir selbst das gewehr gegeben;
Wer ohne noth sich giebt / erkennt sich schwach zu seyn;
Dir aber traut sich auch ein mensch zu widerstreben /
Drum geht er eh den todt / als frieden / mit dir ein.

Die stärcke

Wer menschen überwindt / kan auch mit göttern ringen /
Ein steinern haben sie / und die ein seidnes herz:
Durch demuth kan ich ihrs / durch krafft der menschen zwingen;
So sieg' ich oben gut und glücklich unterwerts.
Durch mich hat Simsons arm allein ein heer geschlagen;
Der Theseus zu dem volck der höllen sich gewagt:
Und Hercules die welt fast gar ins grab getragen;
Wird diß von schönheit so / gleich wie von mir / gesagt?

Die schönheit

Diß sagt man nicht von mir / doch weit belobtre dinge:
Mit göttern führt ich krieg / du scheuetest ihr schwerd;
Der wer mit demuth kämpfft / der kämpffet sonder klinge /
Ich habe sie mit ernst entwapnet und entwehrt.
Die starcken / die du rühmst / sind auch durch mich gefallen /
Den Simson hat die schooß der Delilen geschwächt;
Um Omphaln muß Hercul in weibes-kleider wallen /
Und um die Helena der Theseus seyn ein knecht.

Die stärcke

Die starcken hat kein schwerdt der schönen / sondern liebe
Durch ihre zauberung / und nicht durch krieg gefällt;
Wer widersteht mit ernst dem angenehmen triebe /
Der lust und honigseim in seinen armen hält?
Versuchtest du mit stahl und eisen meine stärcke /
Es würde meine krafft dir deutlich kund gethan;
Und wer noch zweiffelhafft erhebet meine wercke /
Der greiffe mich einmahl mit vollen kräfften an.

Die schönheit

Der durch die liebe fällt / ist gleichfalls überwunden /
Denn starcke müßen auch den trieben widerstehn:
Hat nun mein liebes-seil die stärckesten gebunden /
Wie denckstu mit triumph mir gleich / auch vorzugehn?
Bezwinget dich mein arm durch einen blick der schönen /
Was brauch ich wider dich das eisen und gewehr?
Gnung! daß die welt mich mehr / als dich / sucht zu bethrönen /
Wenn die erfahrung selbst mir gibt den beyfall her.

Ausschlag der erfahrung

Ich / die kein nord noch west zur falschheit kan bewegen /
Die aller sachen grund mit gleichen augen sieht /
Will auch für diesesmahl nicht fälschlich widerlegen /
Was aller herzen spruch und beyfall an sich zieht.
Es streiten unter sich die schönheit und die stärcke /
Ob schönheit / oder sie mehr rühmliches gethan?
Ich scheide diesen streit durch rechnung ihrer wercke /
Wer beßre siege zehlt / behält die sieges-fahn.
Die stärcke rühmet sich von viel gemachten leichen /
Von helden / denen sie den tapffern arm geregt;
Daß offt für ihrer macht der purpur müst' erbleichen /
Weil manches reich und land durch sie in grauß gelegt.
Dergleichen kan zwar auch von sich die schönheit loben /
Daß sie um Helenen ganz Troja hat verstöhrt;
Und daß sie den Anton von reich und thron gehoben /
Wie sich sein eigner dolch zu seiner brust gekehrt:
Daß durch der Dido herz um sie ein schwerd gedrungen /
Narcissus gar der zahl der blumen beygesetzt /
Und Sappho von dem felß der höllen abgesprungen /
Wie diß der zeiten hand der nachwelt eingeätzt.
Allein ihr vorzug weiß von viel belobtern siegen:
Sie siegt und störet doch nicht der bezwungnen heyl;
Denn muß sie manchen geist bestreiten und bekriegen /
So sticht / Achillens gleich / und heilet auch ihr pfeil.
Die schönheit läst von sich mit theuren worten hören:
Sie schone / weil man mehr durch lebende sich ehrt;
Berühmter ist ein ding erhalten als verstören /
Und leichter wird der todt als leben uns gewehrt.
Die stärcke siegt zum todt / und schönheit mehr zum leben /
Die menschen wünschet sie in liebes-feur zu sehn /
Daß andre sich durch sie aus unsrer aschen heben /
Und neue lebenden aus unser brunst entstehn.
Auf diesen bauet sie sich ihre sieges-tempel /
Die stärcke aber hat in leichen sie gegründt;
Die schönheit bringt des siegs fast täglich ein exempel /
Wenn die ein seltenes kaum in dem kriege findt.
Doch ist diß nicht genung von ihren vorzugs-gaben /
Sie übertrifft auch sonst die stärcke noch vielmehr;
Die ganze welt kan sie in ihrer herrschafft haben /
Da stärcke kaum aus ihr besiegt ein kleines heer.
Muß nicht ein ieder mensch von schönheits-zügen sagen?
Der stärckste kennt ihr reich / der doch die triebe zwingt.
Auch götter müssen offt ob ihren siegen klagen /
Wann stärcke sonder sieg mit schwachen menschen ringt.
Die schönheit kan aus uns die wildsten herzen nehmen /
Sie bändigt unsern leib und auch den starren geist;
Die stärcke mag nur bloß den leib im siege zähmen /
Denn ihren banden sich stets unser herz entreißt.
Sie greifft uns an der stärck / und schönheit an der schwächen /
Die eigen-liebe giebt den beyfall ihr erfreut /
Durch anmuth lassen wir auch die vernunfft bestechen /
Wenn jener storrigkeit und zorn die stirne beut.
Man dencket allezeit an kräfften ihr zu gleichen /
Und gläubet ihrer macht nicht eher / als man liegt;
Da sonder widerstand wir gern der schönheit weichen /
Weil sie durch sanfften stahl und süsse streiche siegt.
Und wären wir bemüht uns ihr zu widersetzen /
So hat ihr kleines kind mit pfeilen sich versehn /
Uns nach der Scythen art im fliehen zu verletzen;
Vermeinen wir ihr gleich durch lauffen zu entgehn /
Kan uns sein schneller flug der flügel bald erreichen;
Wil unser herz aus eiß und eisen seyn geprägt /
Mag seiner fackel gluth die härtigkeit erweichen /
Die uns für kaltes eiß das feur ins herze legt.
Kan uns auch dieses nicht zerschmelzen und entbrennen /
Besitzt die schönheit noch ein stärckeres gewehr;
Wen hat der lippen-thau doch nicht entgeistern können /
Und ein gefrohrnes eiß verwandelt in ein meer?
Auff diesem trauet sich kein mensch den Silber-wellen /
Dem seiner freyheit schiff nicht gleich in drümmern geht /
So bald von athem sich der brüste wagen schwellen
Und uns ein anmuths-wind zu diesen felsen weht.
Denn scheitert unser kahn zerstückt an solche klippen
Auff denen schönheit weich die harten herzen schlägt;
Die götter litten selbst offt schiffbruch an den lippen /
Viel leichter wird ein mensch durch diesen sturm geregt.
Will denn ein helles aug uns zum Compasse dienen /
Wird durch veränderung der zeit ein brennglaß draus.
Das uns / wenn uns ihr strahl der sonnen angeschienen /
Auch in der tieffsten fluth verzehrt zu asch und grauß.
Der schönheit kans also an keinem orte fehlen /
Zu lande sieget sie / auch auf der wüsten see;
Sie kan durch einen blick viel tausend lanzen stehlen /
Wenn blut aus marmel quillt / und gluth aus kaltem schnee.
Solch rühmen kan von sich die stärcke nicht erwecken /
Sehr mühsam wird von ihr uns menschen nachgestellt.
Denn stärcke muß mit blitz und bley die herzen schrecken /
Wenn uns die schönheit nur in still' und kurzweil fällt!
So muß ich auch daher den ausschlag hören lassen;
Die stärcke zwinget viel / die schönheit aber sie;
Wenn männer auff der brust Cleopatren erblassen /
Erwehrt sich ihrer macht Susanna sonder müh;
Lucrece kan Tarquin durch einen strahl bemeistern /
Er aber zwinget sie mit keinem dolche nicht /
Es schadet die gewalt nicht ihren keuschen geistern /
Ob er gleich ihren leib zu seinem willen bricht.
Der Caesar wieß sich starck in zwey und funffzig schlachten/
Er ward dort ober-herr / und dennoch hier ein knecht;
Weil ihn zwey augen nur zu einen sclaven machten /
Als er den erden-kreyß bekämpffet und geschwächt.
Ist nun die schönheit so durch alle krafft gebrochen /
Was hinderts / daß sie nicht ihr soll zur rechten stehn?
Mein't stärcke / ob mein mund hier zu partheysch gesprochen?
So mag der stärckste noch zu einer Venus gehn.
(Theil 3 S. 14-19)
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Einige Helden-brieffe

I.
König Ludewich an die Gräffin de Montesp.

Kan auch die schwache hand die feder tüchtig führen?
Und können alle wort in rechter ordnung stehn?
Wenn strahl und blitz das herz / ja selbst die seele rühren /
Wenn gifft und mattigkeit durch blut und adern gehn.
Allein der süsse trost / den noch die hoffnung schencket /
Hat so viel munterkeit dem krancken geist gebracht.
Daß er auf arzney zu seinen wunden dencket /
Auf pflaster vor sein heil / von deiner hand gemacht.
Ein anblick deiner gunst kan meine schmerzen lindern /
Und ein vergönte kuß hebt allen jammer auf.
Ach ärztin komme bald! Ach laß dich nichtes hindern!
Ach eyle / sonst vergeht mein kurzer lebens-lauff.
Was aber fängstu du an / bedencke dein begehren /
Verwegner Ludewig! Halt / halt die feder ein.
Wird dir denn ihre hand stracks arzney gewähren?
Da sie vielleicht wohl ehr dein hencker wünscht zu seyn.
Ach nein / das fürcht ich nicht / die sanfftmuth-schwangern augen
Zertheilen allen dunst / den mir das zweifeln macht.
Ließ sie daß erste mahl aus ihnen honig saugen /
Wird sie wohl ietzund nicht auf galle seyn bedacht.
Und daß dir nicht mein wunsch in dunckeln worten stecke /
Dieweil sonst deinen geist ein irrthumb möchte quäln;
Auch meine kranckheit sich der ärztin recht entdecke /
Muß ich den ursprung nur von meiner lieb erzehln;
Die grossen fürsten / die vor Franckreichs wohlfahrt sorgen /
Auf deren klugen witz sich stützet reich und kron /
Die stunden insgesammt am nechst verwichnen morgen /
Versamlet auff mein wort / vor meinem hohen thron.
Ein ieder war bedacht den besten rath zu geben /
Wie dieses grosse land noch weiter zu vermehrn.
Wie Teutsch- und Niederland vor Franckreich möchte beben/
Und wie die feinde seyn / in freunde zu verkehren.
Des einen anschlag war mit Spanien zu brechen /
Und eines andern rath gieng nach Meßina hin.
Der rieth die grosse macht Italiens zu schwächen /
Und einem anderen lag Africa im sinn.
Viel wolten krieg und blut / viel wolten ruh und frieden /
Hingegen waren viel auf bündnisse bedacht.
Mit kurzem / aus dem rath war keiner noch geschieden /
Dieweil der schluß noch nicht durch mein gebot gemacht.
Da trat ein diener vor / gebührlich anzumelden /
Daß du begehretest ein gnädiges gehör.
Ich sagte willig ja / die andern grossen helden /
Beliebten insgesamt zu hören dein begehr.
Wie mir nun sey gewest / als ich dich erst erblicket /
Das weiß der himmel und kein sterblicher sonst nicht.
Mich hat dein schönes aug mit solchem glanz bestricket /
Daß ich auch auf dem thron mich dir zum knecht verpflicht.
Du kontest nicht so bald die zarten kniee beugen /
Als in gedancken ich zu deinen füssen lag.
Du woltest mir zwar wohl als könig ehr erzeigen /
Da deine Majestät schon meinen hochmuth brach.
Du flehetest um recht und batest dich zu schützen /
Und mein geist lechzete nach deiner gütigkeit.
Es solte deine noth auff meinen arm sich stützen /
Und dieser ganze leib war dir schon eingeweiht.
Ich willigt alles ein / was du nur möchtest bitten /
Weil du mit bitten auch kanst königen befehln.
Hastu nun deine feind und widrigen bestritten /
So laß auch mich doch nicht mehr marter-stunden zehln.
Ach laß dein schönes aug mich nur einmahl anblicken /
Und sey nicht abgeneigt dem der dich brünstig liebt.
Ein freundlich lächeln kan den nebel-dampff ersticken /
Der dies sonst muntre herz mit angst und furcht betrübt.
Mein schatz / mein trost / mein licht / ach sey mir doch gewogen /
Du hast ja selbst geliebt und weist was lieben ist.
Dich hat ja weder wolff / noch leu / noch bär erzogen /
Du bist ja nicht ernehrt durch grimme tyger-brüst.
Und wärstu gleich gebohrn aus felsen oder Eichen /
Es hätt ein Leopard mit blute dich gestillt.
Es müste dir der schnee auf Zemblens bergen weichen /
Du wärest durch und durch mit Caspisch-eiß erfüllt;
So würde doch mein schmerz die grausamkeit durchdringen
Würd er ein einzig mahl von dir nur recht betracht.
Ich opffre dir mein blut / dis wird dich ja bezwingen /
Und wärestu durchaus von Diamant gemacht.
Will dann dein zarter mund mir gleichwohl widersprechen /
Mit fürwand / daß du seyst am andern ort verpflicht.
So wisse / daß die welt ein solch gering verbrechen
An keinem könig strafft. Was thut ein könig nicht?
Zu dem was ist ein schatz / den einer hält verschlossen?
Was nützt ein heil-brunn wohl den nur ein krancker trinckt?
Wenns monden silber thaut / wird manche blum begossen /
Von wie viel augen wird Diana wohl gewinckt?
Die schönheit ist ein glaß mit Balsam angefüllet /
Der seine wirckungen durch fleißig brauchen mehrt.
Durch ihre perlen-milch wird vieler durst gestillet /
Ihr starcker Ambra wird durch keine glut verzehrt.
Laß dich durch kein geschwätz des albern pöbels schrecken /
Cupido kehret nicht bey groben seelen ein.
Ein blöder geist kan nicht der liebe krafft entdecken /
Die eh und liebe muß ein ding bey ihnen seyn.
Und lässet die vernunfft viel besser dies ergründen /
Weil wir mehr reine glut in unsern adern fühln.
Wir nennen es mit recht nur lauter schöne sünden /
Dieweil wir ja auf nichts als lieb und freundschafft ziehln.
Wird mir dein purpur-mund gleich tausend küsse gönnen /
So wird er ja darumb die rosen nicht verliern.
Vergönne daß ich mag die nelcken brechen können /
Die deiner wangen schnee mit ihrer anmuth ziern.
Selbst Venus hat gepflanzt die liljen deiner brüste /
Ach schönste laß mich doch auf ihren betten ruhn.
Die freyheit nennt sie zwar ihr sterb- und blut-gerüste /
Allein ein solcher todt kan ja nicht wehe thun.
Es hat dir die natur umsonst nicht solche gaben /
Und solche trefflichkeit verschwendrisch mitgetheilt.
Was deiner augen blitz und pfeil verwundet haben /
Muß durch Granaten safft der lippen seyn geheilt.
Was deine schönheit hat mit flammen angestecket /
Das muß der warme schnee in deinem busen kühln.
Hastu den seuftzer wind in dieser brust erwecket /
So laß ihn / schönste blum / durch deine blätter spieln.
Nun weiter kan ich nicht die müde feder führen /
Gedencke wer dich liebt / huldreiche Montespan!
Der Purpur wird dich ja nicht schimpffen / sondern zieren /
Und daß kein fürsten-blut das minste flecken kan.
Ich wil indes die zeit mit hoffnung mir versüssen /
Ach mache deine gunst durch wenig zeilen kundt.
Ich lebe zwar in furcht / doch hoff ich noch zu küssen /
Wie jetzund meinen brieff / so künfftig deinen mund.
(Theil 3 S. 30-33)
_____


II.
Die Gräfin de Montespan an Ludewich den König

Ein unverhoffter brieff von mehr als hohen händen /
Hat sinnen und verstand mir ganz bestürzt gemacht.
Ich weiß nicht ob mein glück mich suchet zu verblenden /
Und daß die schmeichlerin mit falschen munde lacht.
Es will mir iede reyh ja iedes wort beschreiben /
Wie dein entflammtes herz mir süssen weyrauch brennt.
Ich soll gelindes öhl in deine wunden reiben /
Und deine kranckheit hat zur ärztin mich ernennt.
Ach aber was ist dies! ein könig wil mich lieben /
Der grosse Ludewich verlanget meine gunst?
Es scheint die schickung will ihr spiel an mir verüben /
Und machen asch und staub aus dieser heissen brunst.
Ach lasse mich / mein fürst / in niedern thälern bleiben /
Auf bergen kommet man den blitze gar zu nah /
Es kan mir Icarus ein bild für augen schreiben /
Wie der den stolzen muht so schrecklich fallen sah.
Ich mag / großmächtigster / nicht mehr zu hoffe gehen /
Bey hoffe-lufft verwelckt der keuschheit blume bald.
Die sonnen können da nicht ohne wolcken stehen /
In einem augenblick ist glut und feuer kalt.
Wer ist wohl auff dem eiß des hoffes nicht geglitten?
Wen fängt das schlimme garn der süssen worte nicht?
Wird nicht durch hofes griff die tugend auch bestritten?
Weil da die falschheit selbst die schönsten worte spricht.
Zu dem ist solcher glanz der schönheit nicht zu finden
An deiner schlechten magd / wie deine feder schreibt.
Mein blödes auge kan kein helden-herze binden /
Und meinen lippen ist kein Purpur einverleibt.
Es trägt ihr bleicher rand nichts als verdorrte Nelcken /
Und auf den wangen sind die Rosen schon verblüht.
Mein halß vergleichet sich Narcissen die verwelcken /
Die brüste tragen schnee / in dem kein feuer glüht /
Durch hohe reden kan mein geist sich nicht entdecken /
In meiner seelen wohnt ein niedriger verstand /
Ich kan die schalckheit nicht in bunte schaalen stecken /
Und meinen sinnen ist die hoffart unbekandt.
Ja was ein mehrers ist / bin ich nicht schon gebunden?
Ich bin mit mund und hand an meinen mann getraut /
Es hat des ehstandes netz die freyheit mir umbwunden.
Der liebe Myrthen seyn mir ein verbotnes kraut.
Wie kan ich ohne schimpff aus diesem circkel gehen?
Den priesters hand umb mich und meinen mann gemacht:
Es muß kein geiles aug in meinen spiegel sehen /
Denn dadurch werden ihm nur flecken zugebracht.
Du schreibest / grosser Fürst! Ich soll des pöbels lachen;
Stopfft man dann auch dadurch der leute mäuler zu?
Du darffst dir keine sorg umb andrer urtheil machen /
Mir aber wird dadurch vergällt die süsse ruh.
Allein wo denck ich hin? ich flehe tauben ohren /
Auf könige befehl muß man gehorsam seyn.
Hat unglück oder glück zum balle mich erkohren /
So gibt mein ganzes herz gedultig sich darein.
Wird schönheit und verstand der liebe zunder fehlen /
Geb ich mich höher nicht als eine sclavin an /
Will deine gütigkeit nicht meine mängel zehlen /
Werd ich geflissen seyn / wie ich dir dienen kan.
Hat meine wenigkeit dein hoher geist erkohren /
Muß ich ja billig nach vermögen danckbar seyn.
Zwar hab ich lieb und treu zu meinen mann geschworen /
Allein des königs recht reist schwur und bindniß ein!
Bin ich den nun befreyt von dem / dem ich versprochen /
So hält mich keine macht von deiner glut zurück.
Durch diese liebe wird kein eyd von mir gebrochen /
Und was dein scepter schützt / berührt kein unglück.
Wolan so seys gewagt / ich gebe mich gefangen /
Mein herze spühret schon den kercker / drinn es liegt.
Doch werd ich dieses lob zum wenigsten erlangen /
Daß mich der gröste held der erden hat besiegt.
Und muß ich gleich dafür in höchstem grad ertragen
Des mannes eiffersucht / den haß der königin /
Soll doch dies alles nie die liebe niederschlagen
Zu welcher ich von dir / o prinz! bewogen bin.
Ja / ja ich wils gestehn / mein licht / mein trost / ich liebe /
Denn wer muß nicht verliebt von deinen augen gehn?
Die adern schwellen mir von diesen süssen triebe /
Des herzens brandt läst sich schon durch die augen sehn.
Die lippen wollen sich mit neuem Purpur decken /
Und ihre Rosen feucht ein frischer Balsam an:
Dieweil sie schon die lust von deinen küssen schmecken /
Dem Zucker und Zibeth kein wasser reichen kan.
Die wangen fangen an sich schöner zu bemahlen /
Als da Cupido sie zu erst beschämt gemacht /
Sie mercken allgemach / wie deiner augen strahlen /
In ihrer Nelcken blüht neur leben hat gebracht.
Ich kan ein heisser feur in meinen brüsten spühren /
Dieweil die liebe selbst die kohlen angelegt.
Ich fühle / daß sie sich mit kürzern seufzern rühren /
Daß aus den gipfeln gluth in röthern flammen schlägt.
Daß sich ihr schnee vermehrt / die Liljen sich verstärcken /
Und grössre liebligkeit auf ihrem milch-meer schwimmt.
Weil sie durch antrieb der erhitzten geister mercken /
Daß sie zu deiner lust mein könig seyn bestimt.
Die armen sehnen sich dich Helden zu ümbfangen /
Mein brünstigs herze baut dir tempel und altar /
Ich küsse deinen mund in sehnlichen verlangen /
Und will die deine seyn biß auf die todten-baar.
Nun hiermit lebe wohl / der himmel wolle schencken /
Was dein verlangen setzt in selbst erwünschte ruh /
Ich will indeß auf nichts als dein vergnügen dencken /
Und schliessen meinen brieff in tieffster demuth zu.
(Theil 3 S. 34-36)
_____



III.
Der Graf von N. N. an seine Gemahlin

Merkstu treuloseste! die du wohl eh gewesen /
Und hätte dich dein stolz mir nicht verhaßt gemacht /
So soltestu anitzt in diesem brieffe lesen /
Wie mein getreuer geist für deine wohlfahrt wacht.
Wenn dein verkehrter sinn mich annoch wolte kennen /
Ja wäre dir nur mein gedächtniß eingeprägt /
So wolt ich für dein heil durch fluht und flammen rennen /
So lange warmes blut sich in den adern regt.
Ich wolte deinen ruhm / und guten nahmen retten;
Solt auch mein leben selbst dadurch zu grunde gehn.
Ich trüge williglich gefängniß / band und ketten /
Würd ich dein herze nur dadurch vergnüget sehn.
Es solte weder frost noch hitze mich abschrecken /
Mir solte schnee und gluth gleich unempfindlich seyn /
Ich schlieff auff dürrem sand / ließ mich den himmel decken /
Blieb einzig deine gunst mein früher sonnenschein /
Ich wolte nicht ein haar des königs ungunst achten /
Wär auch sein schwerer zorn im höchsten grad entbrandt.
Wenn alle sternen gleich sich mir zu henckern machten /
So würde meine treu doch niemahls umgewandt.
Mein auge solte dich wie seinen apffel lieben /
Mein leben solte seyn der odem deiner brust.
Dein unglück solte mich bis in den tod betrüben /
Ich nennte für dein heyl zu sterben / eine lust /
Ich schreibe / wehrter schatz / verhärte deine sinnen /
Laß doch den angel fahrn / der leicht dich fangen kan.
Ich bitte / siehe doch des königes beginnen
Mit augen der vernunfft ohn liebes blendung an.
Versuch den Nectar nicht der nach der wollust schmecket /
Weil seine liebligkeit verdeckten wermuth hegt:
Durch Weyrauch / dessen brandt ein geiles herz ansteckt /
Wird eine keusche seel mit asch und dampff belegt.
Es fleußt kein perlen-safft durch diese zucker-röhren /
Es ist der Wespen ihr vergiffter honigseim.
Laß dich kein schlaues netz der schmeicheley bethören
Weil sie des höllen-reichs verdamter seelen leim.
Solch lieben gleicht der frucht / die Sodoms acker bringet /
Von aussen schön und roht / inwendig staub und gifft.
Ob noch so angenehm der vogelsteller singet /
Wird doch den vögeln ihr verderben nur gestifft.
Und wann der schnelle blitz der geilen brunst verschwunden /
Wird Amors rauch-altar den furien geweiht.
Was vormahls schöner als die sonne ward gefunden /
Das wird hernacher mit verachtung angespeist.
Die augen / die vorher wie helle sternen glänzten /
Die werden nachmahls als ein irrwisch-licht geacht /
Die haare / die wohl ehr mit perlen sich bekränzten
Sind offt durch büttels hand voll blut und staub gemacht.
So wolt ich für dein glück und deine wohlfahrt streben /
So solte seyn gestellt ein brieff von meiner hand /
Wenn du / verfluchte / nicht so willig dich ergeben /
Und meine ehr dadurch gesetzt in schmach und schand.
Nun aber soll mein geist auf lauter rache dencken /
Dein fall und untergang soll meine freude seyn
Kein unglück / das dich trifft / soll meine seele kräncken /
Ich will mich stets bemühn zu mehren deine pein
Mein eyffer legt sich nicht / und seh ich dich verbrennen /
Weil deine böse brunst das feuer hat verdient.
Der himmel lasse dich dein unglück nicht erkennen /
Biß daß sich schwerdt und strick auf deinen halß erkühnt.
Der könig / der dich itzt will an die sternen heben /
Wird deine freundligkeit als schlangen-gifft verschmähn /
Die augen / die itzund an deinen augen kleben /
Die werden mit der zeit nach andrer schönheit sehn,
Da will ich meine lust an deinem jammer haben,
Ja selber deinen todt mit trocknen augen schaun /
Die marter die dich quält soll meine seele laben /
Ich will ein lust-gezelt auf deinen grabe baun.
Ich will die ganze welt um schwehre rach anschrein /
Der himmel räche mich mit seinem donner keil.
Die wolcken müssen blitz auff deinen scheitel speyen /
Und die gestirne nicht mehr wachen für dein heil.
Es räche meinen schimpff lufft / erde / see und flammen /
Und was dein mund berührt / das werde gall und gifft.
All unglück schwere sich auf deinen kopff zusammen /
Biß daß des henckers schwerdt dir deinen nacken trifft.
Zwar schmeichelstu dir selbst und suchst mich zu betriegen /
Mit worten ohne grund / mit schön geschmückter list:
Allein ich mag dadurch nicht ehr und reichthum kriegen /
Daß mein vertrautes weib ein frembder buhle küst.
Sind hörner gleich gemeint / mag ich sie doch nicht tragen /
Wann auch der König sie mir selber pfropffen will.
Eh will ich meinen leib auf schwerdt und feuer wagen /
Als mich beschimpffen sehn und zaghafft schweigen still.
Gesetzt du köntest dich für mir unschuldig machen /
Und bildest mir von dir die höchste tugend ein;
So würde doch gewiß der höllen schweffel-rachen
Ein rächer meines schimpffs und dein bestraffer seyn.
Nun hiemit will ich mich auf ewig von dir scheiden /
Und dencke nie daran daß ich dir beygewohnt /
Ich möchte dann noch einst an dir die augen weiden /
Und sehn / wie nach verdienst dich das verderben lohnt.
Der himmel lasse mich die stunden nur vergessen /
Die du / verdammte hur /mir vormahls hast gekürzt.
So will ich meine lust nach deinen unglück messen /
Dieweil dich doch zuletzt die höchste rache stürzt.
Was du gelesen hast / laß dir zum zeugnis bleiben /
Daß ich dir vorgesagt ins künfftig deine noth,
Ich will nicht mehr / als nur noch diese worte schreiben:
Ich bleibe gar gewiß dein feind bis in den todt.
(Theil 3 S. 37-39)
_____



Ludewich der XIV an la Valiere

Ein könig Galliens / nicht aber heiser triebe /
Schreibt Valiere / dir zu klagen seinen stand.
Der himmel / der mich kennt / weiß auch / daß ich dich liebe/
Und kostete dis wort mir scepter / cron und land.
Die Liljen meines reichs sind denen nicht zu gleichen /
Die dir der bunte lenz auf wang und brüste trägt.
Und pflegt kein weibes-bild dis kleinod zu erreichen /
So wisse daß sein Fürst sich dir zum füssen legt.
Ich weiß nicht was ich bin / und was ich hiermit werde /
Ich blende meinen glanz / dich deutlich anzusehn.
Carl ließ ein Käyserthum mit einem kuß / der erde /
Ich küsse noch ein weib mein Franckreich zu verschmähn.
Du Valiere bist zu meinem trost erkohrn;
Mein recht und Parlament halt ich in deiner schoos /
Ich bin so wohl vor dich als dessen hefft gebohren /
Nur schätze / wie man pflegt / mich darzu nicht zu groß.
Es krönt das regiment nur könig stand und häuser /
Allein die liebe weiß von keiner Policey /
Wer am getreuesten liebt / erweißt sich einen käyser /
Und der sich neigen kan erblickt wie groß er sey.
Ich aber wünsche ietzt ein Fürst zu seyn im lieben /
So leg ich ausser dir auch meinen Purpur hin /
Der Even schönheit ward aus ihres Adams riben
Wie wird mein gegenstand nicht gleichfalls was ich bin;
Da doch die sonne selbst sich nicht kan selber speisen /
Und meistens unter sich die heissen stralen streckt /
Der Agtstein ziht nur spreu / und der Magnet nur Eysen /
Was wunder wenn auch uns der seichte zucker schmeckt.
Wiewohl du werthe bist kein irdenes gethöne /
Die Perlen-muschel hat dich / Venus / uns gebracht.
Die Moren wehlten sich beherrscher nach der schöne /
Ich weiß / daß diß allein dich zur regentin macht.
So werde denn noch heut / regentin meiner seelen /
Was du nach meinen wunsch / vorlängst gewesen bist /
Das ewge feuer brennt zwar nicht in allen hölen /
Doch gläube / daß bey mir was unauslöschlichs ist.
Mein herze / das durch dich in meiner brust entglommen /
Hat auch auf ewig dir geschworen seinen brandt.
Du siehest feur und herd / wie kan es dir entkommen /
Verware dies nur selbst / du hast es in der hand.
Du bist die Vesta mir die flamme zu erhalten /
Ich aber trage feur den liebes-Ampeln zu.
Laß durch verachtung nicht das opffer-öl erkalten /
Und weise / daß dein herz so lieblich sey als du.
Ein schatz / der dein zu seyn viel schlösser hat durchbrochen/
Kan dir / mein auffenthalt / nicht wol zuwider seyn.
Und was dich durch sich selbst zu einen raub bestochen /
Schlist billig deine hand geheimen zimmern ein.
So liebe / was dich liebt / und dich erwehlt für allen /
Du weist / daß demuth auch der himmel lieben muß.
Kan als ein könig ich nicht deiner gunst gefallen.
So gib als knechte mir den allerersten kuß.
Und zwar du bist zu klug mir dieses abzuschlagen /
Dein aug ist zu magnetisch für ein Demanten herz.
Der dich erheben wil muß über schmach nicht klagen /
Ich weiß nicht / warum du verschmähest meinen scherz.
Mein bette / das erfüllt / kan dich in nichts erschrecken /
Ob die gemahlin gleich hier findet schlaff und traum.
Du liegst an meiner stat / und ich wil dich bedecken /
So hat dein zarter leib an meiner stelle raum.
Liegt keine Sara gleich der Hagar hier zur seiten /
Nachdem sie täglich selbst noch Hagar werden kan /
So will doch meistens dir ich meine pulster breiten /
Nur schau ein neben licht mit keinem eckel an.
Du weist es ohne dis / daß mich ihr zug nicht treibe /
Wie gegen ihren Nord nicht meine nadel steht /
Was hilfft die morgenröth auf ihrer lippen-scheibe /
Wenn in den augen nicht die doppel-sonn aufgeht /
Die brüste die ihr zwar noch regt ein trieb der sterne /
Sind / da ich dich gesehn / doch aller perlen leer.
Die liebligkeit spielt hier in schalen sonder kerne;
Und ihre liebes-see ist wie ein todtes meer.
Manch mensch ist schön genung / doch mangelts ihm am reitze /
Wie mancher Diamant nicht rechte stralen spielt.
Der Marmel brauchet Stahl / und schönheit anmuths-beitze /
Die der empfindlichkeit den pulß allein befühlt.
So triffts / daß vieles eyß bey Aetnens flammen bleibet /
Wo Salamander doch zu aschen worden sind.
Und daß ein ander feur uns Heclens schneeklufft treibet /
Wo ein erhitztes aug sonst seine nahrung find.
Besonders nistelt sich der eckel in dem bette /
Das zwar vermählete doch todte schönheit hegt;
Das eheliche band wird denn zur sclaven-kette /
Wenns die ergötzligkeit nicht an den armen trägt.
Ich schreibe was ich weiß / und was ich selbst erfahren /
Ich spüre nur verdruß von der gemahlin brunst.
Wie thöricht ist es doch / sich nach gemählden paaren /
Und auff ein trügend bild zu werffen seine gunst.
Doch kan ich ihrer mich nicht ganz und gar entreissen /
Der fessel / so mich drückt / hängt an der ewigkeit.
Ich muß bey meiner cron zu dienen mich befleissen /
Weils meines reiches nutz und wohlfahrt so gebeut.
Ein könig ist wohl herr / nicht über das gesetze /
Zumahl die die natur in fleischern tafeln schreibt.
Und bleib ich gleich ein fürst / nachdem ich sie verletze
So weist du / daß mir doch ein andrer richter bleibt.
Du aber solst hierdurch / mein engel / nichts vermissen /
Was sie gezwungen kriegt / das geb ich willig dir.
Die lust / die du mir machst / wil ich auf ihr verbüssen /
Komt gleich ein ieder kuß aus einem mund herfür.
Du siehest meinen leib in zweyen armen schweben /
Die lincke greifft nach dir / wenn sie zur rechten steht /
Denn pflegt uns diese gleich das vorzugs-recht zu geben /
So weiß doch iedermann / daß die von herzen geht.
Sonst soll kein dornen-strauch in deine rosen sitzen /
Trotz dem / der übermuth an dieser stauden übt /
Ein König der sie pflückt / der wird sie auch beschützen /
Gnug / daß dich Galliens gesalbter König liebt.
(Theil 3 S. 40-42)
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La Valiere an den könig Ludewich

Was mein großmächtigster wil / in dem / was er geschriben /
Ist etwas so ich nicht erst heut beginnen kan /
Sein ganzer brieff begehrt / ich soll den König lieben /
Und dessen kühne magd hats schon verlängst gethan.
Nunmehr verstreicht ein jahr / das ich mich unterwunden /
Die sonne Galliens vermessen anzusehn /
Ach aber daß mein herz hirmit zugleich empfunden /
Wie sich kein schlechtes wachs zur sonne soll erhöhn.
Mein auge dadurch ich von seinen bin entglommen /
Weil es ein sonnen-licht und meins ein brennglaß war /
Ist offt mit thränenfluth der glut zu hülffe kommen /
Sonst wär ich asche schon vermodert ganz und gar.
Dann ich den lichten brandt dazu verhölen müssen /
Nachdem geweyhtes oel der Besten ihn erweckt /
Wer aber solchen gast im leibe wil verschliessen /
Ist einer / der da feur mit hölzern kappen deckt.
Ich hielt mit brunst und kunst das heiligthum zusammen /
Und dessen funcken hatt ich vom altar entwandt /
Mein herze brandte / kurz / von Königlichen flammen /
Wer hätte denn der welt dergleichen raub bekandt?
Wenn aber sich mein herr beginnet zu vertrauen /
Und Valieren selbst der Vesten feur vergönt;
Läst sie sein grosses aug auch ihren tempel schauen /
Wo alles was er siht / ihm hat gebrannt und brennt /
Die brust ist lamp und herd / die flammt von liebes-oele /
Und deren pristerin des Königs küne magd /
Der abgott / dessen bild / das opffer meine seele /
Nun Valiere hat zur gnüg / mein fürst / gesagt.
Allein was wil der Prinz von purpur sich entkleiden /
Sein reich und land verschmähn / um mich sich gleich zu sehn?
Die Lilgen müssen nicht aus ihren feldern scheiden /
Und unsre liebe kan durchs scepter nur bestehn.
Die crone / die er trägt ist sicherer zu küssen /
Als legt ich meinen mund gemeinen lippen bey /
Mich träte bald der hoff viel tausendmal mit füssen /
Würd dieses nicht bekandt / daß ich des Königs sey.
Und hat mein leib als perl in muscheln nicht gelegen /
Macht er als Diamant mich doch zum edelstein /
Denn weil ein Phönix sich verbrennt / um meinetwegen /
Muß ich nach dessen brandt ja auch ein Phönix seyn.
Wird thon nicht letzt zu erzt / wenn mans in gold eintauchet /
Wenn mich mein Zeus vergüldt / wie werd ich denn nicht gold?
Es gilt ein jedes ding nachdem es einer brauchet /
So bleib ich ja nicht schlecht / wenn mir der könig hold.
Doch schwer ich / daß ich ihn nicht als den könig liebe /
Mein auge siht auf ihn und seine crone nicht /
Die anmuth / die ihn regt / ist hier des Adams ribe /
Die mein verliebter geist aus seiner seiten bricht.
Die welt rühmt fürsten wol nach ihren land und leuten /
Nach dem ihr gränzstein der reiche sich erstreckt /
Und unsre ehrfurcht schaut ihr anmuth nur von weiten /
Wenn auch der fürstenhut der grossen mängel deckt.
Ich aber lasse mich von keinen Purpur blenden /
Ich nehme die person / nicht ihren thron / in acht /
Sein kleinod und sein reich setz ich aus seinen händen /
So find ich allererst was mich verliebt gemacht.
Mein König / wär es nicht die billigkeit erzürnen /
Dem reiche zu entziehn / was dessen würdig ist /
So spräch ich: wär er doch gezeugt von einer dirnen /
Denn mit bestande wird ein gleicher mund geküst.
Urtheile nun / mein prinz / wie weit ich mich verstigen /
Und was die liebe nicht für frembde wunder stifft?
Ein Zeisig macht sich auf dem Adler nachzufligen /
Und es gelingt ihm auch daß er die sonne trifft.
Ach möchte diese huld auf ewig mir verbleiben /
Der himmel der sich regt / bewegt uns auch mit sich /
Wie leichte kan ein wind ein schiff zurücke treiben /
Das erstlich durch die fluht mit vollem segel strich /
Die schönheit die er rühmt an meinen blassen wangen /
Ist nichts als sein betrib / und wär sie gleich auch was /
Ist dieser flüchtge Klee doch alsobald vergangen /
Denn in dem liebes-May wächst und vergeht dis graß.
Die rose selbst verbleicht / wie röthliche Corallen /
Und mit der zeit verlirt auch Bisam den geruch
Wil der gemahlin aug ihm schon nicht mehr gefallen /
Was wird mein spiegel seyn / bekommt er einen bruch?
Er hat princeßinnen mich gnädigst vorgezogen /
Vielleicht bestreichet ihn die reue dieser wahl.
Das wasser scheint Scarlat im fernen regenbogen /
Und was mein prinz erkiest / ist nur ein leerer thal.
Worauf des eckels gifft muß unausbleiblich toben /
Wenn auch genoßne kost stinckt satte mäuler an.
Der Adler / dessen flug die Auster-schal erhoben /
Zeigt / daß er wiederum sie fallen lassen kan.
Wiewohl man sicher darf dem grossen Ludwich trauen /
Der grundstein Galliens bewegt sich nimmer nicht /
Was er einmahl verspricht / darauf ist fest zu bauen /
Und dieses ists / was mich zu seinem willen bricht.
Dem alles zugehört / darff ohne dem nichts kauffen /
Was bittet unser Fürst / der nur befehlen darff.
Und mein gekürzter fuß kan ihm auch nicht entlauffen /
Er reichet viel zu weit / und lief ich noch so scharf.
Drum lieb ich meinen prinz mit ungezwungnen herzen /
Hier schwilt die matte brust / hier lechzt der durstge mund /
Der wechsel seiner eh erweckt mir keine schmerzen /
Gnug / daß verbotne frucht geteilt mir wird vergunt.
Der Königin / der er alleine solte leben /
Erlaub ich willig halb / was ihr ganz zugehört;
Zumal mein mächtigster das / was er ihr muß geben /
An Valieren stets verdoppelt und vermehrt.
Der edle Zimmet-baum trägt desto bessern Zimmet /
Je öffter man von ihm die kräfftge rinde schneidt /
Hat nun mein Zeus mir offt zu regnen sich bestimmet /
So weiß ich / daß ihm lust auch offt die schaale beut.
Also erschreckt ich nicht vor sturm und ungewittern /
Der mich beschützen kan / fährt hier in hafen ein /
Und warum solt ich auch für ungemach erschüttern /
Wer einen helden liebt / muß selbst auch heldin seyn.
(Theil 3 S. 43-46)
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Sonnet
Andere klage der Venus über den todt Adonis

Ach weh! Ach ewig weh! mein leben das ist todt!
Die seele / meine seel / Adonis ist erblasset /
Ach! daß mich nicht zugleich des schicksals rath gefasset!
O herber sternen-schluß! O unerhörte noth!
Weg was ich sonst geliebt / weg was ich sonst gebot.
Es ist durchaus geschehn! Ich bin mir selbst verhasset
Ich ruf euch götter an / wie daß ihr mich verlasset?
Euch sag ich ruff ich an / und mir zu hohn und spott.
Verflucht sey dieses thier das meinen schatz zerritzet /
Geseegnet dieser platz / der durch sein blut besprützet /
Das grabmahl bau ich hier / das soll ihm heilig seyn /
Aus diesem rothen safft soll blühn die Anemone /
Des lenzens höchste zier und aller blumen krone /
So lange leuchten wird der göldnen sonnen schein.
(Theil 3 S. 65)
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O Grausamkeit! wie daß mein treues herz
Von liebes-brunst muß seyn so hart gequälet?
O ungemach! o unverdienter schmerz!
Der meine brunst von aller krafft entseelet.
Nur Venus du / du machst mir diese pein / du stahl und stein!
Ach laß doch ab / laß ab von dieser plag /
Und halte nur zurück die scharffen pfeile /
Sieh wie mein herz sich ängstet nacht und tag /
Wie es gefässelt liegt am liebes-seile.
Ach ändre bald / o göttin / deinen sinn / sonst sterb ich hin.
Du siehest ja die angst / so stets um mich /
Ich singe nichts denn lauter sterbe-lieder /
Was in der welt / was nur ereignet sich
Des himmels schluß steht selbsten mir zuwider.
Was fang ich an in solchem creutzes-weh? ach ich vergeh!
Man dencke doch! des tages sonnen-schein
Wird leider mir zur finsterniß gemachet /
Weil meines lichts ich muß beraubet seyn /
Das höchst vergnügt mich offters angelachet.
Ein ieder sinn / der nur dahin gedenckt / mein herze kränckt.
Ach aber ach! wenn nun der tag verbracht /
Mit seuffzen und mit ängstlichen verlangen /
So seh ich schon wie die betrübte nacht
Mit tausend sorgen kommt heran gegangen /
Die mehret mir den jammer ohne zahl / mit angst und qual.
Auch hilfft es nicht / leg ich mich gleich zur ruh /
So quälet doch der falschen träume menge /
Den schwachen geist / ja auch den leib darzu /
Da wird dem herzen alle welt zu enge /
Für ungedult / wenn das / was ihm geträumt / sich gar nicht reimt.
O falsche lust! O unbeständigkeit!
Diß ist alsdenn des geistes jammer-klage:
Wo soll ich hin? die falsch gemachte freud
Verdoppelt mir die unerhörte plage;
Drum fleuch mich doch nur einen augenblick / du rauhes glück.
Ein kranckes herz entgeht noch wohl dem todt /
Wenns nur getrost dem arzte wil bekennen /
Was ihm gebricht; ach aber meine noth /
Die darff ich nicht für frembden ohren nennen;
So kan mir dann auch nicht geholffen seyn. O stille pein!
Der starcke tranck / den du mir hast gereicht /
O Venus / ist durch marck und bein gedrungen /
Sieh / wie mein haupt sich schon zur erden neigt /
Der liebes-gifft hat alle krafft bezwungen;
Ich bin schon hin / nur daß der geist noch schreyt: O grausamkeit!
(Theil 3 S. 110-111)
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aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)


siehe auch Teil 1




 

 


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