Sigmund von Birken (1626-1681) - Liebesgedichte

Sigmund von Birken



Sigmund von Birken
(1626-1681)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 





Ist Amarilis schon nicht hier /
hat mich das Glück von ihr entwandt:
so ist sie doch allzeit bey mir /
und meinem Herzen wolbekandt;
dannoch sie mir im Traum vorgeht /
und in gedanken vor mir steht /
sich zu mir näht.

Gedenk ich was zu fangen an /
komt sie mir allzeit in den sinn.
Seit sie mich ihr hat eingethan /
seither bin ich nicht wo ich bin.
Bey ihr allein bin ich daheim.
Sie / schreibt allhier mein Schäfer-Reim /
in alle Bäum.

Ihr Bäume / redt! ich schweige still,
Du stille Ruh / mein aufenthalt!
dir ich mein Leid vertrauen will.
Ich sag' es dir / mein Tannenwald!
du sag es dem / der geht vorbey /
daß Floridan in Liebes-Treu betrübet sey.

Und du / du silber-klarer Bach!
lall meine Klagen / die du hörst /
lall nach mein tausendfaches Ach /
der du oft meinen Schmerz bezehrst /
und meinen augen Zähren gibst:
der du / weil du mein Lieben liebst /
dein glas auftrübst.

Ihr Schäflein! sagt / wo lauft ihr hin?
bleibt hier! es ist ein leerer Traum.
Euch und die schöne Schäferin
Jezt scheidet gar ein weiter raum.
Nun / Amarilis! mir ist weh
von fernen / bis ich in der näh
dich wieder seh.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 136)

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Man sagte mir dich tod dort in dem nächsten Hayne /
du schlanke Margaris! als jüngst mein Hirtenstab
zur Pegnitz wiederkehrt. Ich sang dir schon zu grab
mit trehnen / und begoß dein Aschen und Gebeine.
Zwar war die sage falsch. Doch weil dich nennt die seine
ein andrer Hirt: wer gläubt / daß sie gelogen hab?
Ach ja! mir ist dein Herz in Lieb gestorben ab /
der ich der deine war gewesen du die meine /
o du mein andre Flamm! Es kränket mich zwar was.
Doch / weil ich an der Elb auch deiner Zier vergaß /
mich Amarilis schenkt; hast du auch wechseln müssen /
so ist es wettgetauscht. Du magst nun ihn / vor mich
in deine weisse Arm / ach / süsse Fessel! schliessen.
Mir gnüge / daß einmal ich hab geliebet dich.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 138-139)

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Was ist die Schönheit dann / daß sie so mächtig ist?
was sind für stumme Mächt' in ihr / die uns entseelen?
so führet sie den Pfeil / der uns so kan durchquälen?
und woher nimt sie dann den Bogen / wann sie schiest?
Ist sie auch eine Flamm / die unsre Herzen trifft:
wie kan sie dann mit Eis zuzeiten sich vermälen?
Ist sie dann Göttlich gar: wie kan der Tod sie stehlen?
und Menschlich: wie daß man bey ihr sich selbst vergist?
Ist sie ein stummer zwang: wo sind dann ihre Bande?
ein Liecht: wie daß die uns weist in das schwarze Grab?
ein Port des ungemachs: wo schifft man dann zu Lande?
ein Lust: wie daß sie dan nicht hilft den Schmerzen ab?
Was endlich ist sie doch? sie muß ja etwas seyn?
Nichts ist sie nicht: woher käm sonsten meine Pein!

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 220-221)

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Der Brüste zarte zier / der weiße Gliederschnee /
vergehet wie der Klee.
Man siht die Schönen auch zu Kluft und Grabe tragen /
noch in den Lenzen-tagen.
Die junge Jugend wird oft vor dem Alter alt /
alt / kalt / und ungestalt.
Die Wangen werden blaß; die güldne Haare grauen.
Der Farb ist nicht zu trauen.
Der freche Zahn der Zeit zehrt alle Zier hinweg /
macht alle Schönheit läg.
Kaum fähet sich recht an / da ist sie schon verstaltet,
Der Blicke Blitz erkaltet.
Der rohte Mund verbleicht. Die Glieder magern ab.
Der Tod gräbt bald ein Grab.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 222)

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Wer gehet hier wer ists? Diß Gehen / diß Gebärde /
diß Lachen / dieser Blick / die Wangen / dieser Mund /
ist deren / die allein mich wund macht und gesund.
Bist du es / meine Zier? steh still / du Zier der Erden!
Ist deinen Schäfer / dich / da er sich mit berschwerde
abwesend nach dir sehnt / zu küssen nicht vergunt?
sie ist / sie ist es nicht! mir bebt des Herzens grund.
Sie nicht / ihr Schatten ists.
Ich kan nicht schlüssig werden.
Doch es wird Venus sich in sie verstaltet haben:
weil sie sich schöner weiß / in meiner Schönen Gaben;
weil sie mich trösten will durch diese Gegenwart.
Solt eine Hirtin dan sich ihr also vergleichen:
wird sie doch / ob sie schon gleich schön ist
und gleich zart /
der Tugendzier in ihr auch nicht das wasser reichen.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 250-251)

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Stille Felder! euer Schweigen
soll von meinen Schmerzen zeugen /
die mir machen Liebes-bang.
Echo! dir laß ich sie wissen /
hier an weit-entlegnen Flüssen:
du solt meinen Leidgesang
mein tief-aufgeholtes Ach /
ächzen nach.
O ihr Wälder! hört mir zu /
Bächlein du!
wo ich gehe / wo ich stehe /
muß ich schreyen / Trehnen streuen:
weil mein Leben / meine Zier /
Amarilis ist von mir /
und ich von ihr.

Ihr / die ihr in süssen Schatten
gattet euch mit euren Gatten /
ihr beglückte Vögelein!
ihr könt in den Liebes-schulen
wolvergnüget lernen bulen;
ich nur / muß hier einsam seyn.
Zefyr / du verbulter Wind!
lieb-entzündt /
herzest Flora in dem Gras
ohne maß:
ich / muß klagen / halb verzagen /
ich muß beben / weil mein Leben /
Amarilis meine Zier /
ist von hinnen / und von mir /
und ich von ihr.

O ihr lieb-begrünte Myrten!
habt ihr jemals einen Hirten
an dem Pegnitzfluß gekrönt /
dem ein banges Angst-verlangen
so sehr angebleicht die Wangen /
der so schmerzlich sich gesehnt?
Hat auch je ein Schäfersmann
so gethan?
weil daß er von seiner Lust
fortgemust:
wie mich Armen mit erbarmen
ihr gesehen stündlich flehen;
weil mein Leben / meine Zier /
Amarilis ist von mir /
und ich von ihr.

Wie die dürre Auen ächzen /
wie die heiße Saaten lechzen
nach dem feuchten Regenguß;
wie vor Durst ein Hirsche schnaufet /
und / sich zu erkühlen / laufet
in des Bächleins klaren Schuß:
also dürstet mein Gemüt /
brennt und glüht /
so / daß ich vor Liebes-Hitz
threnen schwitz.
Kommt / ihr Stunden! meinen Wunden
zu verbinden. Mein Entzünden
mich hinzehrt / biß meine Zier
Amarilis ist bey mir /
und ich bey ihr.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 251-253)

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Was hilfts meinem Herzen /
wann es seine Schmerzen /
sein verlangen lang verschweigt?
Mein betrübtes Wesen
gibt das Aug zu lesen /
und mit stummer Red anzeigt.
Werde redend / meine Pein!
sag es in ihr Oehrelein:
und sie soll dein Echo seyn.

Sie / der ichs bekenne /
machet / daß ich brenne /
und in Flammen schier vergeh.
Du / wann ichs darf wagen /
frey heraus zu sagen /
du du bist es / Galathee!
Galathee! ach nur nach dir /
o du allerschönste Zier!
sehnt mein Sinn sich für und für.

Mit den süssen Blicken
kontst du mir entrücken
meine Seele / ganz in dich.
Sonne! dein gesichte
gibt mir Schein und Liechte:
sonsten ist es Nacht um mich.
Ach! laß deine Aeugelein /
Galathee mein Sonnenschein!
allzeit um mich helle seyn.

Deine Rosen-wangen
halten mich gefangen /
und des weissen Halses Schnee /
und die runden Hügel /
die ich vor dem Rigel
des beneidten hemds nicht seh.
Ach! daß mir doch / diese stund /
diese hand / den süssen Mund /
nicht zu küssen ist vergunt.

Ach! daß ihr / ihr Kleider /
meines Glücks beneider!
diesen schönen Leib bedeckt!
ich weiß / daß hierunter
aller Schönheit wunder
und ein andre Venus steckt.
Selig ist der / dem die Thür
zu der so verborgnen Zier
offen stehn wird für und für.

Galathee! ach gönne
mir / daß ich mich nenne
deinen Diener jederzeit.
Du wolst / o mein Leben!
Lieb um Liebe geben.
Laß uns lieben alle beyd.
Ach! verschaffe / daß ich seh /
die ich / wo ich geh und steh /
suche / meine Galathee.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 254-256)

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Uber sein Ihr-beliebtes Buch
Sonnet

Du thust gewalt / mein Buch! daß du Eranten dich
beliebet machst vor mir / darfst ihrer Lieb genießen.
Nicht du: Sie thut gewalt / daß sie auf dich läst schießen
der äuglein wehrte Gunst / dich mehr beglückt als mich.
Ihr thut gewalt / nit sie / ihr Sternen! weil daß sich
ein so verkehrtes Glück in meine Lieb muß gießen.
Doch nein! ich werd die Schuld auf mich selbst nehmen müßen.
Ich thu gewalt / nicht Buch / nicht Sie / nicht Ihr:
ja ich / ich irre / da ich darf mir eine Lieb zumessen /
bey meinem unverdienst / von ihrer würdigkeit.
Verzeih' / o Schöne! mir / daß ich mich so vergessen.
Gönn mir / zu seyn das Buch / ach gönne mir die Freud /
laß mich der äuglein Gnad / in deiner Hand / genießen /
der schönen Hand / die ich dann tausendmal will küßen.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 290-291)

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Uber Eranten Thür-Ring

Beglückter Ring! es hat der Himmel dich
viel mehr begabt mit Ehr und Glück / als mich.
Dir ist vergünt / die schöne Hand zu küßen /
die mich verwundt / jedoch nicht heilen will.
Nim diesen Kuß von mir jezt in der still.
Zwar darf es sie / sie darf von mir / wol wissen.
Präg' ihr den Kuß auf ihre zarte Hand /
und sag / daß er sey meiner Liebe Pfand /
und bitte sie um hülf zu meiner Nohte
Bitt' um das Glück / nur einmal sie zusehn /
eh daß ich gar zu grab werd müssen gehn.
Ring! sag es ihr / sey mein getreuer Bote!


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 291)

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Edles Bild! ich bin gefangen:
meine Freyheit ist bey dir
williglich in Haft gegangen /
ligt bestrickt in deiner Zier,
Doch so ist mir lieb mein Schmerze:
weil ihn deine Schönheit macht /
und der hellen äuglein Kerze /
die mein Herz in brand gebracht.

Rohtes Mündlein / mein Orakel!
sprich ein gnädigs wort zu mir.
Sonne / meiner Sinnen Fakel!
schau / dein Sklave seufzet hier /
sehnet sich nach einem Blicke /
der ihm hold und günstig sey:
du / mein Himmel! mich beglücke /
mir ein süßes Aug verleih.

Allerschönste! nimm zu herzen /
was mein Herze leidt um dich.
es sind nicht gemeine Schmerzen /
die stäts kränker machen mich.
Zwar ich leid es alles gerne /
wär es tausendmal so viel:
wann nur / o ihr Augensterne!
euer Schein mich trösten wil.

Nim mein Herze hin / o Leben!
es lebt nirgend / als bey dir.
wolst dafür mir deines geben.
Gib nur her! es soll bey mir
theurer noch als Gold geschätzet /
lieber als die Perlen / seyn;
und / wann dich das nicht verletzet /
soll es ewig bleiben mein.

Theurer Schatz! dich zu besitzen /
ist die Erde selbst nicht wehrt.
Weil ich aber von den Blitzen
deiner Schönheit bin versehrt /
mehr als keine Seel auf Erden:
ach! so laß doch deinen Knecht
deiner Würde würdig werden.
Mond! erleuchte meine Nächt'.

Edles Bild! sag deinen Sinnen /
daß kein Herze dich so kan /
als das meine / liebgewinnen
und so treulich beten an.
Drum wolst Lieb' um Liebe geben /
und die Flammen machen wett.
Ehren will ich dich / mein Leben!
bis der Tod mich legt zu bett.

Fahre hin / bring ihr zu Ohren /
meinen Schmerz / du mein Gesang!
sag ihr / daß ich sey gebohren /
ihr zu dienen lebenslang.
Und wann sie mich will begnaden /
komm / und sag mirs wieder bald.
Wird sie mir den Zorn aufladen:
Tod! so thu an mir gewalt!

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 292-293)

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Ich mag Euch nicht

Ich mag euch nicht! ey lasst doch ab /
zu lieben den / der euch nicht liebet.
Kein äderlein im Leib ich hab /
das euch zu eigen sich ergibet.
Drum eure Brunst
ist gar umsunst /
findt bey mir keine Gegengunst.

Man zählt mir viel der Körbe vor /
die euch von andern sind gegeben:
und ich solt / als allein der Tohr /
von dem verschmähten Bißchen leben?
Bildt euch nicht ein /
daß ich allein
zulezt werd Lückenbüßer seyn.

Acht ihr mich dann für so begeckt /
daß ich den Brey gar aus solt fressen /
von dem so manches Maul geleckt?
so gar werd ich mich nicht vergessen.
Nein / nein! mein sinn
steht nicht dahin /
nach euch ich gar nicht hungrig bin.

Geht euch von herzen schon die Lieb:
so geht sie mir doch nicht zu herzen.
Bleibt weg! mein Herz ist wie ein Sieb /
ihr werdet fallen durch mit schmerzen.
Mein Sinn ist Sand /
voll unbestand:
wär eurer schon ein fästes Land.

Euch zwar zu schelten / sag ich nein:
ich nenn euch wehrte Salibene.
Doch daß ich soll der eure seyn /
nach solchem ich mich gar nicht sehne.
Seit ihr so heiß:
holt bey mir Eis!
Ein Mittel ich vor euch sonst weiß.

Nehmt an / zum Dank für eure Gunst /
die Ehre / so ich euch erwiese /
wie michs / nicht meine Liebesbrunst /
der Höflichkeit Gesetze hieße.
doch wisst darbey
daß ich ganz frey
und euch zu nichts verbunden sey.

Ich haß euch nicht / weil ihr mich liebt.
Doch kan ich euch nicht lieben wieder.
Ein andre Sonn mir Wonne gibt /
vor der ihr euch müsst bücken nieder.
zu eurem Knecht
bin ich zu schlecht:
und ihr seit auch vor mich nicht recht.

Tragt ihr an dem Entschluß verdruß:
so kan ich je nicht für den Schaden.
Ich acht es nicht / ihr mögt / zur Buß /
forthin mir euren Haß aufladen.
Dir / blinder Dieb!
ich diese Lieb /
behalt sie nur! gern wieder gieb.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 294-296)

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Hier dieses hohe Buch / das legt mit tieffer Hand
ein Schäfer / und sich selbst / euch / hohe Dam! zu füßen
Reicht her die hand voll Gnad / in Demut sie zu küßen.
Von Euch und gegen Euch ist es in Lieb entbrant /
Komt wieder / wie es schied / ein Euch verwandtes Pfand.
Ins Meer die Ström / daraus sie flossen / wieder fließen:
Eur Meer der Trefflichkeit kont diesen Strom ausgießen;
habt ihn / er komt zu Euch nun wieder hergerant.
Mach dich bey ihr beliebt / du liebe Liebes-gab!
Nichts solches komt von mir / das ihrer würdig wäre.
Seht / Amor hat mir diß gegeben / daß ich Euch
könt übergeben was / das eurer Würde gleich.
Mein ist das reiche Glück / und Dorus hat die Ehre /
daß ich zu hoher hand kan Hohes legen ab.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 311-312)

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Still / mein Sinn! was denkest du?
und wie kanst doch lassen zu
du / mein Herze! dieses Wanken?
Bist du doch langst nicht mehr dein:
wie darfst du so kühne seyn /
zu betretten andre schranken?
Raubt Abwesenheit dan dir
die gedächtnis ihrer Zier?
Ihr habt niemals recht geliebt /
weil ihr Wankelmut verübt /
ihr abtrünnige Gedanken!

Müsst ihr dan bekennen nicht /
daß mit ihrer Aeuglein Liecht /
keine Sonne zu vergleichen?
Solcher Lippen Purpurschein /
solche Rosen-wängelein /
keine Venus kan erreichen.
Bleibt gefangen / wo ihr seit!
Gläubt / ihr treffet weit und breit /
kein so schöns Gefängnis an.
Was macht euch doch für ein Wahn
aus so lieber Wohnung weichen?

Süß Gedächtnis ihrer Zier /
leichter Sinn! mein / sage mir /
welcher Mund führt solch ein Lachen?
welche Lippen sprechen so?
welcher Aeuglein Liebesloh /
kan das Herz so brünstig machen?
Wo fliegt so ein kraußes Haar
um ein solches Wangen-paar?
wo ist solche Arme-Schnee /
solcher Brüstlein runde höh?
wo sind so vollkomne Sachen?

Sihe / wie du hast geirrt!
Es soll Floridan der Hirt /
wo er angefangen / lieben.
Amarilis! deine Gunst
such' ich nur / und keine sonst:
diß sey in die Bäum geschrieben!
Galathee bleibt wol von mir.
ich entsag' / Erante! dir.
auch Florinden sag' ich ab.
Saliben' ist längst schabab:
keine soll mich mehr betrüben.

Bild der wahren Trefflichkeit /
Amarilis / meine Freud!
es sey dir / zu lieben händen /
mein Herz wieder überreicht.
Nim es an / und es beleucht:
wolst es mir nicht wiedersenden.
Allen Hirtinnen zuhauf
sag' ich meine dienste auf;
meiner Hirtin sie allein
von nun an geschworen seyn.
Nichts soll diesen Vorsatz enden.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 324-326)

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Feuer im Schneeballen

Schau / wie mit uns Cupido treibt sein Spiel /
wie unser Herz ist seiner Pfeile Ziel!
der arge Schalk / ein Tausendkünstler ist;
zu treffen uns / braucht er so manche List.
Der lose Dieb / der Gott der Lieb /
im Feld jüngsthin auch solche Possen trieb.

Der schlimme Gast sich zu den Hirten fand /
als unter Schnee lag unser Winterland.
Er zog / als wie ein Schäferknab / daher /
und stellte sich / als käm er ungefähr.
Den Stören-fried kant keiner nit:
Ein Schäfer sich vor falschen Buben hüt.

Der schöne Schelm war jedem angenehm /
nur in die wett gefiel er der und dem.
Es konte sie sein Mündlein lachen wund.
Der Aeuglein Blitz sie auch entzünden kont.
Der böse Bub / sein Spiel anhub /
damit er Löcher in die Herzen grub.

Die Hirten Schaar er eben kriegen fand:
geballter Schnee / must waffnen ihre Hand.
Ein Krieg vor ihn! er half zu den Gethu /
lief auf und ab / und truge Ballen zu;
partirte fein sein Feur darein:
er wolte General des Krieges seyn.

Ein Pfeilchen er / der Lecker / schlau und arg /
in jeden Ball verstecket und verbarg.
Drum jeder Wurf bald eine Wunde macht'.
imfall er traf, wol eine tolle Schlacht!
kein theil  gewann / auch keins entrann:
verwundet wurden sie all' auf den Plan.

Und / was noch mehr: ein jedes suchte Raht
bey seinem Feind / der selbst um hülfe bat.
Ein jedes war / und Arzt und Patient.
der Schmerz durch seine ursach ward geendt.
Wer hatt verwundt / macht auch gesund:
sonst weder Kraut noch Pflaster helfen kunt.

Diß Spiel gefiel dem schlauhen Venus-Sohn:
er lachte laut / und machte sich davon.
Da wurd es kund / wer dieser Bub gewest /
der Schmerzen so in Herzen hinterlässt.
Der Hirten-Schaar es seltsam war /
daß kalter Schnee so heißes Weh gebahr.

Vor andern einer sich getroffen fand.
Was? fieng er an; steckt mich der Frost in brand?
was Kühlung wol wird mehr zu hoffen seyn /
wann kaltes Eis macht selber Liebes-Pein?
Brennt selbst der Schnee! kein' hülf ich seh /
daß ich in Liebes-Flammen nicht vergeh.

Du bist / (sprach er zu seiner Schäferin)
du bist das Eis / wodurch ich brennend bin.
Dein schöner Leib / gleicht neu-gefallnem Schnee /
der macht mir heiß und bang angst und weh.
Du hast verwundt: mach auch gesund /
hilf mir! sonst muß ich sterben diese Stund.

Ihr Leibes-Schnee hat mich gezündet an:
ihr brennendes Herz allein mich löschen kan.
Wann auch wolt Eis und eisen seyn ihr Herz /
mit Gegenlieb nicht lindern meinen Schmerz:
so wird allein in dieser Pein
eiskalter Tod! dein Pfeil mein helfer seyn.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 366-368)

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Ich denke noch / und werd es nie vergessen /
wie Silvia an meinem Strand gesessen /
das Edle Kind: wie ihrer Aeuglein Huld /
gleich als die Sonn / hat meine Flur verguldt.
Ich hörte sie oft singen / die Sirene:
mich labet noch das süße Stimm-gethöne.
Wie manches Buch trug ihre schöne Hand /
darin sich pflag zu weiden ihr Verstand.
Hier / meine Flut / lernt ihren Namen lallen:
das Brück-gewölb ihn machte widerschallen.
Nun gute Nacht! Sie ruckt von mir Berg-an /
wird mir entzückt vom Edlen Hortulan.
Ich hab die Wünsch / ihr Schäfer! angehöret.
Es lasse sie der Himmel seyn gewähret.
Thut / was ihr thut / ihr Hirten! euer Thon
beehre mir stäts diese Wälder-Kron.
Kein Leid von euch mir bäßer wird behagen /
als das mit Lob von Silvien wird sagen.
Schneidt Pfeiffen ab / an meinem grünen Rand /
und preiset stäts / den Preis von meinem Strand.
Mein nützes Naß ich euch dafür verpfände /
und eurer Trift stäts grünen Wachstum sende.

Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 456)

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Sondres Wunder dieser Zeit /
Schoskind selbst der Ewigkeit!
gönne mir in dieser Stunde /
daß ich mich ergetz an dir.
Darf auch schallen deine Zier
aus der Fluten Wudel-munde?
Starrt schon / mein sonst-schöner Rand /
von des Eises Eisen-band:
Mutter Pegnitz grün hier setzet /
die dein Sonne-blick erhitzet.

Zwar das Bild von deinem Geist
ist lang vor dir her gereist /
Fama zeigt es allen Landen:
doch langt dein Gerücht nicht zu /
das viel kleiner ist / als du /
weil wir dich weit größer fanden.
Ernde aller Trefflichkeit!
reifte doch die Sommerzeit
schon im Früling deiner Jugend /
reich an Schönheit / Kunst und Tugend!

Spiegel der Vollkommenheit /
schönster Schönheit augenweid /
Teutscher Erde Himmel-Sonne!
Rosen / und zwar sonder Dorn /
unter tausend auserkohrn /
purpurn deiner Wangen Wonne.
Deines Munds Zinober-wall
wettstreit bietend dem Corall /
machet sich zur Tempelpforte /
mit der süssen Huld der Worte.

Blinkt dein Blicke-doppel Liecht
Sonne-gleich / jedoch es nicht
deinen Antlitz-schnee zerschmelzet.
Mehr ziert diesen Ausen-schein
dein holdseeligs Freundlich-seyn /
das der Gaben Pracht nicht stölzet.
Wer verlangt der Tugend Bild?
du hast seinen Wunsch gestillt:
diese Göttin hat / auf Erden /
in dir wollen sichtbar werden.

Bist du nicht Uranie?
Die du in gestirnter Höh /
schon auf Erd im Himmel schwebest.
Deinem JEsu / den du liebst /
du Hand / Mund und Herze gibst /
und im Fleisch als Engel lebest.
Deoglori ist das Bild /
das dir Himmelspfeile kielt:
deines Herzenbogens Kerze
zielt und trifft in GOttes Herze.

GOtt / der deines Willens Will /
deines Herzens Wunsch erfüll /
deiner Tugend Gut-End gebe!
Es sey diß das liebe Jahr /
da dir alles werde wahr /
was in deinem Herzen schwebe.
Faß ein Herz / du Edles Herz!
überduldet ist der Schmerz.
Dornen mögen andre stechen:
aber du solst Rosen brechen.

Theure Mirjam-gleiche Seel
in dem Teutschen Israel /
o du Himmels-Dichterinne!
GOttes Ehr mehr werd vermehrt /
durch dein Engel-thun auf Erd:
GOttes Lob / lab deine Sinne.
Weißheit soll mit Wunder Zier
hier auf Erd / und dorten dir
eine schönste von den Kronen /
deinen Himmel-thon belohnen.

Bin ich nicht dein Ypser-Fluß:
doch laß diesen Pegnitz-Gruß /
Edle Nymfe! dir gefallen.
Der noch lebt / mein Floridan /
wird / so lang er odmen kan /
deinen Wunder-Preis auslallen.
Zwar er seinem Grab ist hold:
weil ihm eine Göttin wolt /
ihn unwürdig zu vergötten /
eins von Lorbeerblättern betten.


Aus: PEGNESIS
oder der Pegnitz Blumengenoß-Schäfere
Feld Gedichte in Neun Tagzeiten:
meist verfasset und hervorgegeben /
durch Floridan
Nürnberg / Gedruckt und verlegt
von Wolf Eberhard Felseckern
MDCLXXIII (1673)
(S. 469-471)

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Ihre schöne Arme
Sonnet

Ihr Arme / die ihr nicht an Schönheit arme seyt!
ihr Liebesfässel ihr / dergleichen Venus dorte
warf um Adonis Hals! ihr macht / die stummen Worte
der Augen / redend oft; gebt angenehmes Leid.
Beseeltes Marmor du / Gränz jener Trefflichkeit
des schönen Hügel-paars dort an der Herzenspforte!
du neugefallner Schnee / der bleibet fort und forte!
ach! solt ich sehen dich und küssen allzeit /
wie ich dann thu' itzund. Diß sey dann mein Verlangen:
daß ich von euch allzeit / ihr Fässel / werd umfangen?
Die gröste Freyheit ist / also gefangen seyn.
Will meine Wangen dann der blasse Tod entfärben:
so schlaff' ich ja bey euch auch sanft und seelig ein /
ihr himmelische Arm! ich kan nit süsser sterben.

Aus: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft
von Nymfen und Hirten:
bey dem Windisch-Oettingrätz-Oischen
Hoch Gräflichen Beylager
aufgeführet durch den Erwachsenen
Nürnberg Bey Michael und Johann Fridrich Endtern 1665 (S. 17)

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Die Fliege auf ihren Wangen

Darfst du / du kühnes Thier / zu küssen / so erkecken /
die Wangen / die so voll der Venus-röselein?
wilst du wor Honig hier / wie Bienen / holen ein?
Ich gläub' / es müss in dir Adonis Seele stecken:
der Amarilis wolt mit einem Kuß belecken /
die er vor Venus hielt. Ach wär dein Glücke mein!
ach solt ach solt ich doch solch eine Fliege seyn!
ich wolte nicht / wie du / ihr setzen einen Flecken.
Halt / Fliege! lass einmal mich fliegen hin mit dir /
und trage meinen Mund in deinem hin zu ihr
dafür solst du allzeit an meinem Tische essen.
Flieg hin / mit diesem Glück! du darfst nun seyn ein Gast
des Ambrosiner-Brods und Nectars / weil du hast
an diesem Tisch / der nur vor Götter ist / gesessen.

Aus: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft
von Nymfen und Hirten:
bey dem Windisch-Oettingrätz-Oischen
Hoch Gräflichen Beylager
aufgeführet durch den Erwachsenen
Nürnberg Bey Michael und Johann Fridrich Endtern 1665 (S. 19)

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Himmel! ihr mit Kronen lohne!
Margaris war meine Krone /
die der Tod mir jezt geraubt.
Kronen sind aus Gold formiret /
die der Perlen Adel zieret:
Edler schmückte Sie / mein Haubt.

Margaris war meine Wonne /
meines Hauses Glanz und Sonne:
Ohn Sie / ist es Nacht um mich.
Tod! du hast den Zaun zerrissen /
meines Daches Seul zerschmissen:
das / ihr nach / nun senket sich.

Alle jetzund öde Zimmer
klagen / fragen mich nur immer:
Wo mag unsre Stütze seyn?
unser Grund und unsre Decke?
Die uns trug / als eine Schnecke /
Geht sie nicht mehr aus und ein?

Faulen / liegen faul / die Hände /
(fragen mit mir alle Wände /)
die man niemals feyren sah?
Diese Ruth der Sarg soll haben?
Selbst der Fleiß ist nun begraben.
Ach betrübtes Nimmer-da!

Aus: Floridans Lieb- und Lob-Andenken
seiner Seelig-entseelten Margaris
im Pegnitz-Gefilde
bey frölicher Frülingszeit
traurig angestimmet
[1670] (S. 11-12)

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Wie wird mir nun geschehen /
da ich dich lassen muß
und dich nicht mehr sol sehen?
Ach bittrer Scheid-verdruß!
Du reissest dich von mir /
O Hirtin meiner Zier!
Ich möcht in angst vergehen.
Der Tod mich trennt von dir.

Werd ich auch überleben /
ach! diesen Schmerzen-streich?
Mein Geist bey dir wird schweben:
so muß ich / eine Leich /
ein todter Körper seyn.
Die schwarze Kummer-pein
wird meine Seel umgeben /
als wie ein Grabes-schrein.

Mir bin ich abgestorben:
in dir ich lebend bin.
Ach! was hab ich erworben?
Mit dir du namest hin
mein dir-ergebnes Herz.
Ich bleibe hinterwärts /
ganz leblos und verdorben /
begraben in den Schmerz.

Verstumme du / mein Singen /
mein sonsten-froher Thon!
Weil / die mich kont bezüngen /
sich machte so davon /
mich nimmer höret an.
Nur werd ich / wie ich kan /
von meinen Leid erklingen /
es klagen jederman.

Ihr Gräßlein! helft mir klagen /
ihr Wäslein allzumal!
die ihr Sie oft getragen /
hier in dem Pegnitzthal.
Ihr seht mich jezt / allein
und traurig / tretten ein.
Mich dünkt / ich hör' euch fragen:
wo mag die Seine seyn?

Wie wird mir doch geschehen /
wann ich sie nimmer werd /
wo ich sie sahe / sehen
spaziren um die Heerd?
wann Sie nicht mehr im Graß
wird sitzen / wo Sie saß?
Vor Leid werd ich vergehen /
von Weinen werden naß.

Der ihre Ruh kont krönen /
der grüne Schattenwald /
wird oft mit mir sich sehnen.
Was hallet in dem Halt /
der Echo Felsen-Sprach /
wird manch-und manches Ach
von meinem Mund entlehnen
und kläglich ächzen nach.

Der Bach / von meinen Zähren
vermehrt und trüb gemacht /
wird auch mein Weinen mehren:
und was ich vorgebracht /
den bittren Scheid-verdruß
wird er / in schnellem Schuß
nachlisplend / lassen hören
und tragen in den Fluß.

Ich werd euch sehen laufen /
wie ich euch jetzund seh /
ihr Wollen-traufe Haufen /
als wäre in der näh
der Wolf / der Heerden-feind.
Wie gut die Kräuter seind:
ihr werdet keins abraufen /
weil euer Schäfer weint.

Ihr / die ihr sonst gesprungen /
wann meine Margaris
zur Tafel euch gesungen /
das Grasmal machte süß:
es wird euch keine Weid
wol schmecken mehr / vor Leid.
Wo Lieder sonst erklungen /
wird heulen Traurigkeit.

Wie oft / und ohn Beschwerden /
hat Sie gewaschen weiß
die Wolle meiner Heerden /
für sie gesorgt mit Fleiß!

Mein wird nun wieder / mein
wird diese Sorge seyn.
Mit euch wird's anderst werden /
ihr trauten Schäfelein!

Zu euch werd ich / ihr Linden!
oft kommen / wie ich kam.
Bey euch werd ich / ihr Rinden!
besuchen ihren Nam.
Ach aber! aber was
was kan mich trösten das?
es wird nur mehr entzünden
mein Seufzen ohne maß.

Ich werde mich entsinnen /
wie ich vordessen hab
mit Freuden schenken künnen
den Bäumen diese Gab:
und wie mir / sie zu sehn /
mit ihr allhier zu gehn /
das Glück hat wollen günnen.
Wie wird mir dann geschehn?

Ach! mir wird weh geschehen.
Fahr hin / verwichne Freud!
komm an / mich blaß zu sehen!
du komst / du schwarzes Leid!
Willkommen / Angst und Pein!
Ich mag nit frölich seyn.
Mein Liecht must untergehen:
drum / Nacht! brich du herein!

Weg! was mich kan erfreuen!
heran! was Trauren heist!
Der Margaris in Treuen
folg / wie du thust / mein Geist!
Leb du daselbst bey Ihr /
und laß mich todt allhier.
Will Sie mir dich noch leihen /
so lebt nur Sie in mir.

Fahr wol und leb in Freuden /
leb / liebste Schäferin!
mir / liesest du das Leiden.
Wann es nach meinen Sinn
der Himmel gehen ließ:
ich wolte / glaub gewiß /
diß Leben lieber meiden /
als dich / O Margaris!

Aus: Floridans Lieb- und Lob-Andenken
seiner Seelig-entseelten Margaris
im Pegnitz-Gefilde
bey frölicher Frülingszeit
traurig angestimmet
[1670] (S. 13-17)

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Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_von_Birken


Literatur-Hinweis:
Sigmund von Birken Floridans Amaranten-Garte
Herausgegeben von Klaus Garber und Hartmut Laufhütte
in Zusammenarbeit mit Ralf Schuster
Max Niemeyer Verlag Tübingen 2009
(Band I / 1 der Ausgabe: Werke und Korrespondenz)
 

 

 


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