Peter von Bohlen (1796-1840) - Liebesgedichte




Peter von Bohlen
(1796-1840)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Liebe

Der Frühling hat sich angethan mit dem Gewand' der Liebe,
Er schaut die gold'ne Sonne an: o schenk' mir deine Liebe!
Und sie, die Himmelskönigin, entschleiert ihre Wangen:
Da taumelt alles Leben hin und findet seine Liebe.
Die Biene sinkt in süßer Lust der Blume an den Busen,
Der Käfer ruhet an der Brust des Halmes voller Liebe.
Der Zephyr tändelt minniglich mit Liebchens Ambralocken,
Das Weidenkätzchen spiegelt sich im Bache seiner Liebe.
Die Rose öffnet ihren Mund der Nachtigall entgegen,
Und Alles auf dem Erdenrund beseliget die Liebe.
(S. 47)
_____



Sehnsucht

Seh' ich die Sonne im Osten sich heben,
Möcht' ich hinab in das friedliche Thal
Zu der Geliebten voll Sehnsucht entschweben,
Jugendlich kühn wie der sonnige Strahl,
Seh' ich die Sonne im Osten sich heben.
Aber sie kehret am Morgen zurück,
Ohne mir Kunde aus Westen zu geben:
Sehnsucht umdüftet von neuem den Blick,
Seh' ich die Sonne im Osten sich heben.
(S. 49)
_____



Gruß aus der Ferne

Einsam traur' ich um dich, Geliebte, traure vergebens,
Ach in den Lüften verhallt Seufzer und Klage um dich!
Nur der Gedanken durcheilet die unermeßliche Ferne,
Ueber die Berge und Höh'n dringet die Liebe zu dir.
Eile beflügelte Wolke mit freundlichem Gruße nach Westen
Hin zu der friedlichen Flur, wo die Bekümmerte weilt!
Aber das Trauergewand vertausche mit leuchtendem Saume
Botin! der düstere Blick kündet nur inneren Gram.
Eine Erinnerungs-Thräne, den fernen Freunden geweinet,
Spende, gedenken sie mein, wenn du vorüber geeilt.
Bist du am Ziele und findest die Trauernde meiner gedenkend,
O dann flöße du mild Trost ihr ins sehnende Herz!
Trockne die Zähre des Grams und zieh' von der Sonne den Schleier:
"Ewig bleibt er getreu!" lisple der Holden dann zu.
(S. 49-50)
_____



An Sie

Dort an dem schönen Rheine
Da steht ein stilles Haus,
Die Liebste wohnet darinnen
Und schauet zum Fenster hinaus.

Es ist von Sehnsuchtsthränen
Ihr blaues Auge so feucht,
Sie schauet in weite Ferne
Da wird ihr's Herze ja leicht.

Es tragen neidische Wellen
Die Thrän' ins weite Meer,
Und zürnende Lüfte verwehen
Die stillen Seufzer umher.

Doch siehet der Treue von ferne
Ihr blaues Auge so naß,
Und eine stille Zähre
Entgleitet ins grüne Gras.

Er höret der Theuren Seufzen,
Das macht ihm's Herze so schwer;
Er mögte gerne hinüber,
Doch scheiden ihn Länder und Meer.

Er sendet zum schönen Rheine
Der Liebe Genius:
Wir sehen, Geliebte, uns wieder,
Nimm hin der Treue Kuß!
(S. 51-52)
_____



Die drei Küsse

Kennst du der treuen Liebe Kuß?
Ein Blitz, der jeden Nerv' erschüttert,
Der tief im Herzen wieder zittert,
Der jede reine Glut entzündet,
Wenn sich das Herz zum Herzen findet:
Das ist der treuen Liebe Kuß.

Doch kennst du noch den Abschiedskuß?
Ach, wenn zur herben Trennungsstunde
Der Scheidende vom blassen Munde
Sich mit dem letzten Kusse windet,
Und alle Seligkeit verschwindet:
Das ist der bittre Abschiedskuß!

Noch weiß ich einen schönen Kuß;
Wenn Liebende mit Hochentzücken
Sich an den treuen Busen drücken,
Wenn ihre Augen überfließen,
Die Herzen wärmer sich ergießen:
Es ist des Wiedersehens Kuß.
(S. 52-53)
_____



An R.

Blumen verwelken und Kränze verblühn,
Aber wenn lange ihr Zauber entschwunden,
Bleibet die Liebe, die treu sie gewunden,
Ewig die Treue so jugendlich grün.
Trennung mag immer die Herzen verwunden,
Trauriges Dunkel die Blicke umziehn:
Vor der Erinnerung kommender Stunden
Müssen die Nebel der Zukunft entfliehn.

Aus der Vergangenheit dunkelen Wogen
Röthet ein Morgen sich lieblich und mild,
Tauchet der Sonne belebendes Bild,
Ist nur die Wolke des Kummers verzogen.
Auf, von dem Flügel der Liebe getragen,
Lächle, Geliebte, den besseren Tagen!
(S. 53-54)
_____



Der Spaziergang

Zur Seite der Treuen
Des Lenzes sich freuen
Im Schoße der schönen Natur:
Nur dies ist Entzücken;
Wie anmuthig schmücken
Dem trunkenen Blicke sich Hain' und Flur!

Hier rieselt die Quelle
So freundlich und helle,
Da krümmt sich des Baches Crystal;
Wir wandern und schauen
Auf blumigen Auen
Beim Flöten der liebenden Nachtigall.

Hier athmet man freier;
Aetherisches Feuer
Durchströmet des Jünglinges Brust;
Dem liebenden Herzen
Flieh'n Sorgen und Schmerzen
Am Arme der Holden; o Götterlust!
(S. 55-56)
_____



Die Göttinn des Maies

Aus der Ruhe, Nachtigallen
Warum säumet ihr so lang?
Lasset frohe Hymnen schallen,
Stimmet an den Morgensang!
Auf, in dem funkelnden Morgenthau'
Badet die Brust auf der blumigen Au!

"Ach der Lenz ist nicht erschienen,
Keine Rose blüht im Thal!
Kaum beginnt die Flur zu grünen
Und der Wald ist öd' und kahl;
Drum sind wir traurig und singen noch nicht,
Weil uns die liebende Rose gebricht."

Fühlt ihr nicht des Lenzes Fächeln?
Seht ihr nicht den Hain belebt
Wenn Rosett' mit holdem Lächeln
Ueber eure Fluren schwebt?
Rosen entsprießen, die Wiese wird neu,
Denn wo sie wandelt, da blühet der Mai.
(S. 56-57)
_____



Gedenke mein

Wenn der liebliche Mai Wonnegerüche haucht,
Phöbus gold'ner Strahl zittert im Blüthenhain',
Jene grünenden Matten
Farbenschimmer im Frühroth schmückt:

Wenn vom nickenden Strauch Klage der Nachtigall
Flötet, über die Flur Lispel des Silberbachs
Murmelt, kühlender Zephyr
Mit den Locken der Rose scherzt:

Und Erinnerung dann, lächelndem Traume gleich,
Auf des spielenden West Fittige dich umrauscht,
Und mit lieblichem Schauer
An den fernen Geliebten mahnt:

Wonne! schwebete dann freundlicher Gruß zu mir!
Sanft wie Harfengetön würd' im fernen Land
Säuseln lindes Erbeben
Durch die Saiten der Seele mir.
(S. 57-58)
_____



Laura

Wenn am murmelnden Bach leiser das Heimchen zirpt,
Schon im traulichen Nest zärtliche Muttertreu
Ihren wärmenden Flügel sanft
Ueber die zarten Kleinen deckt;

Wenn im funkelnden Gras' goldenes Morgenroth
Tausendfarbigen Reiz über die Fluren geußt,
Und im spiegelnden Thaue sich
Noch verstohlen die Lerche schminkt:

Immer begrüß ich dich heiligen Dankes voll
Himmelstochter Natur; aber seliger, wenn
Laura's zitternde Thräne dann
Meine Gefühle des Dankes theilt.
(S. 58-59)
_____



Der Einzigen

Wüßt' ich ein Mädchen, die Kronen und Gold,
Die Güter und Schätze wohl hätte:
Wahrlich, ich wäre ihr weniger hold,
Und würden mir Güter und Kronen und Gold,
Als meiner geliebten Rosette.

Fänd' ich ein Mädchen so wonnig und mild,
So schön wie ein Engel - ich meine
Es gliche mit nichten das rosige Bild,
Und wäre sie dreimal so wonnig und mild,
Der holden Geliebten am Rheine.

Und könnt' ich wählen, wo immer ihr wollt,
Im Himmel, auf Erden: ich wette
Ich wählte nur Eine, die wäre mir hold,
Und könnt' ich sie wählen, wo immer ihr wollt,
Nur meine geliebte Rosette.
(S. 59-60)
_____



Ich finde dich

Im Schatten kühler Linden hingegossen
Und eingewiegt in Morpheus Rosenarmen,
Umgaukelt mich der Traum von dir, Geliebte:
Ich finde dich.

In öder Wildniß, wo die Schöpfung trauert,
Bist du mir nah', im Rosengarten lächelt
Aus jeder Knospe mir dein süßes Bildniß:
Ich finde dich!

Wenn einsam ich in meiner stillen Klause
Der grauen Vorwelt heil'ge Barden grüße,
Umschlingt in jeder Zeile sich dein Name:
Ich finde dich!

Wenn meiner Laute klagende Accorde
Sich mit des Herzens Melodie verschmelzen;
Wenn stille Mitternacht die Flur umschleiert:
Ich finde dich!

Und stieg' ich zum Gefilde sel'ger Engel,
Und taucht' ich in des Meeres dunkle Fluthen:
Als Engel strahltest du, als reine Perle:
Ich fände dich.
(S. 60-61)
_____



Klage

Tönt es wieder, treue Saiten,
Was den Busen mir beengt,
Was mich fort nach jener Ferne
In die theure Heimath drängt.

Ach vergebens ist mein Trauern,
Niemand fühlet meinen Schmerz,
Und ein unnennbares Sehnen
Bricht das arme, kranke Herz.

Ferne von der Heißgeliebten
Trauert mit mir die Natur,
Und es schweigt zu meinen Klagen
Bange Wald und Hain und Flur.

Hier, im öden, fremden Lande
Irr' ich trostlos und allein,
Mögte an des Rheines Strande
Bei der Heißgeliebten seyn.

Mögt' mit euch ihr Lüfte eilen,
Mit den lieben Sternen ziehn,
Mögte auf des Adlers Fittig
Zu des Rheines Ufern fliehn.

Tönt es wieder, treue Saiten,
Tönet sanfter meinen Schmerz,
Meine Seufzer, meine Klagen
In der Auserwählten Herz.
(S. 62-63)
_____



Traum

Morpheus wehe mir sanft mit schmerzenlinderndem Fittig'
Kühlung ins brennende Herz, scheuche den nagenden Harm!
Führe wie Harfengetön des Traumes liebliche Bilder,
Die die Geliebte geküßt, führe sie leise mir zu!
Hob sich der schwellende Busen und lispelte heimlich die Holde:
Jüngling die Deine! o Trost, zittre den Seufzer zu mir.
(S. 63)
_____



Täuschung

In Schlummer war mein thränend Aug' versunken,
O Laura, als dein holdes Bild erschien,
Dein freundlich Lächeln brachte Trost zurück
In mein beklomm'nes Herz, doch ich erwachte;
Verschwunden war dein Bild, ich mögte ewig träumen
Und ewig schlummern, um dir nah zu seyn!
(S. 64)
_____



Liebe und Freundschaft

Wie an der schwankenden Rose der Tropfe des zitternden Thaues,
Also am irdischen Lenz hänget der Sterblichen Herz.
Siehe die Strahlen der Sonne, sie heben das Tröpfchen nach oben,
Und mit unendlicher Lieb' schmachtet der sehnende Geist.

Aber es regt sich die Luft und ach, die demantene Perle
Gleitet hinab in den Staub, schwindet auf immer dahin.
Dennoch spiegelten sich in ihm die Liebe und Freundschaft,
Wenn es zum Himmel sich hob, wenn es im Fallen zerging.
(S. 64-65)
_____



Genügsamkeit

Mag der liebliche Wein im Glase perlen,
Und der gold'ne Humpen freundlich winken:
Mir genüget im dunkeln Pappelhayn' die rieselnde Quelle.

Mir das friedliche Dach mit Epheuranken,
Wo ein liebendes Paar unschuld'ger Tauben
Sich verstecket und scherzt, wenn Philomele Liebe mir singet.

Hingegossen auf grünen Teppich schmiegt sich
An die klopfende Brust mein holdes Weibchen.
Könnt' ich, Glücklicher, wohl mit Fürsten tauschen
oder mit Göttern?
(S. 65-66)
_____



Die Sterne der Liebe

Die Sterne geleiten des Liebenden Kahn
Und führen dem blühenden Ufer ihn zu;
Und schäumet die Woge auf stürmischer Bahn,
Die Sterne geleiten des Liebenden Kahn.
Doch blinken vor Allen die tröstenden Sterne
Der lohnenden Hoffnung dem Schiffer von ferne.
Die Sterne geleiten des Liebenden Kahn
Und führen dem blühenden Ufer ihn zu.
(S. 69)
_____



An C.

Wenn im duftenden Hain' die Silberquelle
Sanft wie Harfengetön' aus fernen Zonen
Klagt, im zitternden Strahl der Abendsonne
Lieblich erröthet;

Kannst, Cornelia du die Klage deuten?
Ach, es mahnet der Quell mit leisem Beben:
Einen freundlichen Gruß dem fernen Freunde
Weihe die Freundin!

Wirf mit sinnender Hand ein blaues Blümchen
In die tanzende Wog'; sie wird, o Wonne!
Dann von dir in weitentlegende Lande
Kunde mir bringen.
(S. 72-73)
_____


Aus: Vermischte Gedichte und Übersetzungen
von P. von Bohlen
Königsberg Im Verlage der Gebrüder Bornträger 1826
 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_von_Bohlen



 


zurück zum Dichter-Verzeichnis

zurück zur Startseite