Ludwig Bowitsch (1818-1881) - Liebesgedichte

 


Ludwig Bowitsch
(1818-1881)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

An Amanda

O Du, die mir durch's Leben
In tausend Träumen zieht,
Der ich mein Herz ergeben
In Wechselklang und Lied!
O Du, die nach den Sternen
Gertragen meinen Sinn,
Die aus den heil'gen Fernen
Mir leuchtet hoch und kühn!

Ach Lieben, Lied und Leben
Dir dank ich's allzumahl!
Es ist mein Seyn und Streben
Des Deinen Wiederhall!
Viel luft'ge Geister singen
Um mich in Sturmesweh'n!
Und Deiner Seele Klingen
Das kann ich tief versteh'n!

D'rob braus't in kühnen Weisen
Auch Sängers Lied und Wort:
Es zieht in heil'gen Kreisen
Nach Deiner Heimath fort.
Denn seit Dein huldig Minnen
Die Seele angeflammt:
Weiß ich, daß Seyn und Sinnen
Aus höhern Reichen stammt!

D'rum mag der Stoff zersinken,
Das Herz bleibt ewig jung!
Muß ew'ge Strahlen trinken
In Lieb und Lebensschwung.
Dieß Denken, Glüh'n und Fühlen
In wilder Flammenlust:
Es hebt nach heil'gen Zielen
Die sehnsuchtsvolle Brust!

Und schwebt die Parze nieder
Und schließt das Auge sich!
Und liest man meine Leder!
Und denkt man einst an mich!
Ach all' dieß Flieh'n und Schweben
Auf Friedens Siegspanier:
Nach meinem Tod mein Leben,
Geliebte, dank ich Dir!

Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 9-10)

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An Amor

He, du gold'ner kleiner Wicht,
Mit dem sanften Augenlicht,
Senke deine Schwingen!
Will dir frey aus voller Brust,
Recht nach Dichterart und Lust,
Auch ein Liedchen singen!

Schwör's bei meiner Leyer dir,
Bist ein lieber Bothe mir,
Heg' dich warm im Herzen!
Manch gar bittern, tiefen Spott,
Manchen Stich, du Lügengott,
Will ich gern verschmerzen!

Geh' wohl keck und frey die Bahn
Schau gar muthig himmelan,
Hasse feige Knechte:
Hasse Tand und Faseley,
Doch für Lieb' und Minnetreu,
Freudig meine Rechte!

Stöhnen mag der arme Wicht,
Dieß erbärmliche Gezücht
Kennt kein Liebesleben!
Freyer will der stolze Sinn,
Ueber Zeit und Erde kühn,
Liebend sich erheben!

Liebe ist kein leerer Scherz,
Alles sucht das wilde Herz,
Alles muß es wagen:
Wahre Lieb' in edler Brust,
Kann mit wehmuthheil'ger Lust,
Wahrhaft auch entsagen!

Nun mein lieber Liebesgott,
Siehst wohl, denke ohne Spott
Recht für deine Ehre!
Aber willst du höhnen mich,
Trau'n, so nimm es innerlich
Auf als ernste Lehre!


Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 52-53)

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Romanze

Es zog ein Jüngling wohlgemuth,
Die Berge auf und nieder,
Im Herzen weich, im Herzen gut,
Wie Zauberklang der Lieder!
So eilt er hin, so eilt er fort,
Ihn fesselt keiner Liebe Ort!

Gar manch ein Mädchen still und rein,
Schau't nach dem kecken Jungen,
Er aber läßt sie alle seyn,
So frey und unbezwungen!
Ob liebend breche manches Herz,
Das macht ihm fürder keinen Schmerz!

Und Jahre ziehen, Jahre geh'n!
Die Pulse rollen milder,
Ihm ist's, als säh' er aufersteh'n
Vergang'ner Tage Bilder!
Der Liebe Qual, der Liebe Lust,
Die wachen auf in seiner Brust!

Da will er denn am Pilgerstab
Zur Heimath sich begeben:
Im Land, so ihm das Leben gab,
Die Liebe zu erstreben!
Doch wie er eilt, und wie er strebt,
Er hat zum längsten ja gelebt!

Der Sonne Gold im Abendschein
Umzittert Hain und Flieder,
Da sinkt an einem Leichenstein
Er tief ermattet nieder.
Der Liebe Qual, der Liebe Lust,
Die wachen auf in seiner Brust!

D'rob schaut er dumpf die Zeilen an,
Geziert mit grünem Moose:
"Entblättert von der Liebe Wahn
Liegt d'runter eine Rose!"
Darauf der Name! ach zu viel!
Das ist der Geister böses Spiel!

Und weiter steht's, so wie der Brauch:
Im Herzen waltet Grauen,
Da sieht er seinen Namen auch
Im Steine eingehauen!
"Ihm," stand es auf dem grauen Mahl,
"Erlag die Maid in Liebesqual!"

Da faßt ein wildes Sehnen ihn,
Nach ferner Tage Streben!
Noch einmahl wünscht er froh und kühn
Die Jugend zu durchleben!
"Ich Armer, ach! was ich gethan,
Es war mein Taumel leerer Wahn!"

Die Sonne sinkt, die Sonne scheucht
Das tiefe Dunkel nieder,
Es macht der Thau die Gräber feucht,
Fein Pilger kehrt nicht wieder!
Der schlief am kalten Leichenstein,
Umweht vom Traum der Liebe ein!

Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 54-56)

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Liebchen

Ich hatt' einmahl ein Liebchen,
So freundlich und sanft zugleich;
Wie blickt ich so froh zu den Sternen,
Wie glücklich war ich und reich!

Mir war's, als grüßten die Eichen
Mich oft beim nächtlichen Gang!
Als schauten die Blümchen zur Erden
Bey Liebchens holdem Gesang!

Und Stunden und Tage zerrannen
So flüchtig, wir fühlten sie kaum:
Wir knüpften nur immer und wieder
An Träume den fröhlichen Traum!

Lieb Liebchen ist nun geschieden,
Ruht unter den Blumen tief:
Und all' meines Lebens Freude
Und Wonne mit ihr entschlief!

Hatt' Alles, Alles errungen,
War Leben und Liebe mein:
Hab' Alles, Alles verloren,
Kann nie mehr glücklich seyn!

Muß weinen viel bittere Thränen,
Holdliebchen um Dich und mich:
Der Aermste unter den Armen
Ist nicht so arm wie ich.

Nun geh' ich zu ihrem Grabe
Wohl oft - o täglich hin!
Wie flüstern die Eichen so schaurig,
Wie trauert das Wiesengrün!

Kehrst ewig nimmer mein Liebchen,
Bin einsam nun in der Welt:
Wirst nie mich wieder umarmen,
Nicht fragen, was mich quält!

Warst gar ein liebliches Bräutchen,
Mir Blumen so roth und weiß!
Nur einen Kuß von den Lippen,
So glühend und so heiß!

Ach nimmer! Du schlummerst so stille,
So friedlich für und für!
Komm' eher zu Dir wohl hinunter,
Als Du herauf zu mir!

Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 57-59)

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Meine Braut

Ich hab' ein herzinniges Liebchen,
Das ist mir gar so gut!
Das lächelt so hold und freundlich
Wie Abendsonnengluth!

Gar oft in stillen Nächten,
Bey flimmernden Mondenschein,
Da schließt Feinliebchens Zauber
Um mich gar lichte Reih'n!

Wie bin ich so froh, so selig,
So wunderreich in ihr:
Wohin ich wandle und gehe,
Lieb Liebchen ist bey mir!

Gleich prangenden Purpurrosen
Die weichen Lippen sind!
Im Auge funkelt die Seele
Ein lichtes Götterkind!

Die Lieder, o wie die Lieder
In Wollust eingetaucht!
Als hätt' eine himmlische Hebe
Ihr luftiges Leben verhaucht!

O wie die vergötterte Huldinn
So einzig mir getreu:
Wohl and're die schauen nach andern,
Die mein' ist fehlersfrey.

D'rob bin ich so froh, so selig,
So reich in meiner Wahl:
Nur Schade, ewig Schade,
Es ist ein Ideal!


Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 63-64)

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Abschied
An Sie

So leb' denn wohl, muß fern von Dir wohl gehen,
So einsam und verlassen meine Bahnen:
Was soll ich hier mit meinen glüh'nden Ahnen,
Sie werden meine Leiden nicht verstehen!

In Deines Herzens heil'ge Himmelsfernen,
Da hätt' ich leicht und kühn versinken mögen!
Der inn're Sturm schien feierlich sich zu legen,
Es war ein Blick nach schönen lichten Sternen!

Leb' wohl! Leb' wohl, die Träume sind entschwunden,
Verloren all' die süßen Wonnestunden,
Wie, wenn im Lenz die frische Blüthe dorrt!

Dein milder Geist, der soll mich aufrecht halten,
In meinen Liedern, wie in meinem Walten,
Da schimmerst Du und jene Freuden fort!


Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 67)

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Mägdleins Leid

Ein Mädchen saß am Ufer,
Flocht Blumen sich zum Kranz,
Und tauchte heftig schluchzend
Sie in den Wellentanz!

"O Wasser, böses Wasser,
Gibst nie ihn mehr zurück,
Ey hab' Dir's ja vertrauet
Des Lebens ganzes Glück!

Wirst nie ihn wieder tragen,
In Liebchens Arme her:
Was nützen meine Thränen,
Du ungetreues Meer!

Ach tief in deinen Betten,
Da ruht er still und warm
Gar ernste Lilien schlingen
Um ihn den bleichen Arm!

Nimm hin! nimm hin die Kränze
So wild und ungestüm!
Die Blumen, ach die Blumen,
O trage sie zu ihm! -"

Geziert mit Ros' und Veilchen,
Erschimmert Fels und Fluth:
Lieb Liebchen kehrt nicht wieder,
Der ruht gar fromm und gut!

So ging sie jeden Morgen
Zum trauten Ufer hin!
So webte jeden Abend
Sie Kränze viel für ihn!

Doch als der Winter nahte,
Wo keine Blume war!
Da stürzte sie sich selber
Nun in die Woge gar!

Und fehlten auch die Blumen
Für ihn zum holden Kranz!
Die allerschönste Blume
Verschlang der Wellentanz!

Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 69-70)

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Mein Herz

Leuchtend blitzt das Sonnenfeuer
Auf den weißen Alpenkronen,
Aber ach der helle Schimmer,
Schimmert nur um's ew'ge Eis!

So mein Herz das wundervolle
In der Liebe Aetherstrahlen!
Sie umleuchten zwar das Leben,
Doch erwärmen sie es nicht!


Aus: Poetische Versuche
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Gedruckt bey Anton Benko 1839 (S. 74)

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Rosenmahnung

Stand ein Röslein auf der grünen Haide,
Aufgeglüht in heller Frühlingsfreude,
Gar so lieblich war der blasse Schein,
Mocht' von Wehmuth wohl befangen sein.

Selbst der Mond mit schwärmerischen Küssen,
Schien den Kelch der Holden aufzuschließen,
Wußte nicht, wie da mit Eins so kühl,
Eine Thräne aus den Augen fiel!

War es Mahnung an die Jugendzeiten,
Wie so flüchtig sie vorübergleiten?
Oder lag im zartgehauchten Roth,
Meiner Liebe früher Blütentod!

Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 15-16)

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Amanda

Lebe wohl, sie sind geschloßen,
Deines Lebens ferne Kreise;
Trauerglocken, dumpf und düster,
Mahnen an die letzte Reise!

Klagend rauschen die Posaunen,
Schmettern ihre Todtenlieder;
Fahren auf im Sturm des Leides
Kehren tief zum Herzen wieder.

Schönes Mädchen, deine Kränze
Sind entblättert, sind verloren!
Hingeschleudert deine Rosen
Nach des Todes finst'ren Thoren.

Deine Träume, hold und lieblich,
Sonnenspiegelnd! lichtumfloßen!
Feenbilder beß'rer Lande,
In die Erdennacht verstoßen!

Schönes Mädchen! Paradiese
Blühten auf den zarten Wangen,
Schimmernd hell wie Morgensonnen,
Auf des Maien Blüthen hangen!

Todesschauer! Wehmuthsthränen,
Ach, wohl sind's die letzten Lieder!
Nacht um Nacht! hu wie rauschen:
Nimmer wieder!

Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 17-19)

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Herbst

Wenn im Herbst die Blumen sterben,
Wird mir schauerlich!
Stille Bothen, treue Bothen,
Ach, sie rufen Dich!
Auf den Wiesen, auf den Haiden,
Eine düst're Welt!
Blumenkronen, Erlenblätter,
Hast nur Du beseelt.

Still verlassen, einsam wandelnd,
Schau' ich Kreuz und Gruft,
Schaurig mit den schwarzen Bändern
Spielt die Abendluft;
Echo rauscht im Felsenthale,
Bang und kummerschwer!
Meine Sehnsucht, meine Liebe
Bringt sie nimmermehr!

Muß wohl ziehen, muß wohl eilen,
Ewig weiter fort,
All' die Blüthen, all' die Freuden,
Ach, sie sind verdorrt!
Leiser Thau ist meine Thräne,
Sonnenstrahl dein Blick,
O verspend' ihn, daß sie wieder
Blüh'n in Lust und Glück!

Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 24-26)

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Erinnerung

An Dich, da denk' ich immer
Zurück in Lieb' und Lust!
Ja Du, Du wandelst nimmer
Hinaus aus meiner Brust!

Früh, wenn die bleichen Sterne
In's Morgenroth verglüh'n!
Da denk' ich, wie so gerne
Mit Dir ich wollte zieh'n!

Und Abends, wenn die Flieder
Aufrauschen hoch im Wind!
Da denk ich, wie die Lieder
So treue Bothen sind!

Ach, muß wohl zieh'n und wallen,
Von Wehmuthsdrang beseelt!
Ach, bin so tief zerfallen,
Gar mit der weiten Welt!

Von Dir kann ich nicht wanken,
So einzig und allein!
An Dich mit dem Gedanken
Da schlaf ich ewig ein!


Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 27-28)

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Im Walde

Ich stand auf kühlem Felsgestein,
Jüngst an des Waldes Bronnen;
Es leuchteten so klar und rein
Des Tages helle Sonnen!

Da dacht' ich meiner Freuden nach,
Wie bald sie sind vergangen!
Und manche Thränen hat der Bach
In seinen Schoß empfangen!

Ach dürft' ich seinem Wellenspiel
Vertrauen meine Schmerzen!
Auf daß er rausche frisch und kühl
Empor an ihrem Herzen!

Auf daß er trage hin zu ihr,
Die Thränen meiner Liebe!
Und was so innig glüht in mir,
Auf zarte Blumen schriebe!

Doch flüchtig über's grüne Moos,
So Zeit und Wasser rinnen!
Indeß mein trübes Jugendlos
Zu Grab die Parzen spinnen!

Vorbei am duft'gen Wiesenhang
Des Frühlings Blüten jagen!
Als wollten sie dem Wellenklang
Sein frühes Sterben klagen!

Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 29-31)

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Ewige Treue!

Sanft umweht von Maienblüthen,
Steht ein Haus auf grüner Haid,
Drinnen zog im frischen Leben
Eine schöne, süße Maid!
Darf nicht weilen wohl bei Dir,
Treibt mich fort zum Weitergehen!
Von den Höhen zu den Höhen,
Geister rauschen über mir!
Liebchen, mach Dir keine Schmerzen,
Tief im Herzen
Trag ich Dich bei mir!

Sanft umweht von Maienblüthen,
Steht ein Kreuz auf grüner Haid:
Drunter schläft im Todesschlummer
Eine schöne, süße Maid!
Darf nicht weilen wohl bei Dir,
Treibt mich fort zum Weitergehen!
Von den Höhen zu den Höhen,
Geister rauschen über mir,
Liebchen, schlafe ohne Schmerzen,
Tief im Herzen
Trag ich Dich bei mir!


Aus: Nordlichter
von Ludwig Bisthow-Bowitsch
Wien Verlag von Singer & Goering 1841 (S. 34-35)
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Stanzen

I.
Wahre Liebe endet nie
Für ein fühlend Herz:
Stirbt sie auch als Seligkeit,
Lebt sie doch als Schmerz!


II.
Nach der Liebe Seligkeit
Bleibt der Liebe Schmerz
Das, was einzig theuer noch
Für ein fühlend Herz!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 28)

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Liebe

Lieb' du bist die höchste Wonne
Auf der dunklen Erde hier!
Lieb' du bist des Lebens Sonne,
Und die Sterne
Nah und Ferne,
Sie versinken glanzlos neben dir.

Lieb' du bist die ärgste Wunde,
Die auf Erden brennen mag;
Heilst nur in der Todesstunde,
Wann das matte
Leidenssatte
Herz aushebt zu seinem letzten Schlag.

Lieb' du bist ein Himmelsahnen
Bist ein Träumen licht und hehr:
Wer dir folgt auf deinen Bahnen,
Ob in Freuden
Ob in Leiden
Ist kein Pilger dieser Erde mehr!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 38-39)

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Wann der Mond in's Fenster scheint

Wann der Mond in's Fenster scheint,
Denk' ich Liebste dein,
Wie wir oft gewandelt sind
Durch den stillen Hain.

Wann der Mond in's Fenster scheint
Däucht es mich zu seh'n
Deiner Augen feuchten Blick,
Deiner Locken Weh'n!

Wann der Mond in's Fenster scheint,
Mahnet mich dein Wort:
Was hienieden Abschied nimmt,
Sieht sich wieder dort.

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 40)

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Liebe

O Liebe, du gießest zerstörenden Schmerz
In dieses wilde, pochende Herz!
In meinen Adern rieselt kein Blut,
In meinen Adern zischet nur Glut!

O Liebe, du bist kein Zefir lind,
Du bist ein heißer Siroccowind.
Du würzest nicht als Veilchen die Luft,
Du hauchst betäubenden Rosenduft!

O Liebe, wie schmeichelnd dein Ton auch klingt,
Du bist keine Taube, die Frieden bringt -
Du bist ein böser Engel der Nacht,
Der glimmende Kohlen zum Brande facht!

Und doch - nicht zürn' ich Verderbliche dir -
Du webest des Lebens prächtigste Zier -
Du weckst mit dem Zauber der Leidenschaft
Des Geistes schlummernde Riesenkraft!

In der Dauer nicht ruht das Erdenglück,
Es gilt allein nur der Augenblick -
Und der Baum, den zündend der Blitz durchbebt,
Hat rasch, aber - leuchtend ausgelebt!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 44-45)

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Nur noch einen Kuß

Nur noch einen Kuß,
Nur noch einen Kuß,
Mädchen drück' auf meine Lippen mir:
Und zum Scheidegruß
Und zum Scheidegruß
Laß die Hand auf ewig reichen dir!

Warst mir lieb und traut
Warst mir lieb und traut
Wie kein andres Wesen auf der Welt:
Hab zu dir geschaut,
Hab zu dir geschaut,
Wie zum wolkenlosen Himmelszelt!

Dein versöhnend Wort,
Dein versöhnend Wort,
Löste mancher argen Ketten Haft:
Warst des Friedens Hort
Warst des Friedens Hort
Für ein Herz voll Glut und Leidenschaft!
Wenn auch noch so fern
Wenn auch noch so fern,
Deine Pfade von den meinen gehn:
Wie ein lichter Stern
Wie ein lichter Stern
Wird dein Bild vor meiner Seele steh'n!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 79-80)

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Ich trinke nicht

Ich trinke nicht! - ich trag' im heißen Herzen
Genug des Sehnens und genug der Schmerzen
Und schaurig schlagen jähe Zornesflammen
Hochlodernd über meinem Haupt zusammen.

Ich trinke nicht! - Das mag den Andern frommen,
Die erst beim Wein ins rege Leben kommen!
Nur allzumächtig rast mein wildes Streben
Nur allzuinnig hange ich am Leben!

Ich trinke nicht! - ich habe längst getrunken
Und glühe noch im wüsten Traum versunken
Ich war ein wilder, ein verwegner Zecher
Mein Wein die Lieb' - ein Frauenherz der Becher!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 81)

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So seh' ich wieder Dich

So seh' ich wieder Dich nach langer Zeit
Wohl ist Dein Antlitz bleich, Dein Auge trübe -
Doch weht um Dich noch alle Seligkeit,
Noch aller Zauberreiz der Jugendliebe!

Reich mir zum Kuße deine weiche Hand
Die einst den Kelch mir bot der Scheidestunde -
Verglüht ist meiner Leidenschaften Brand
Und ausgeblutet hat des Herzens Wunde.

Du darfst nicht fürchten, daß ich wild und warm
Umfahn dich werde zu entzücktem Kosen;
Nicht Glut für Glut such' ich in deinem Arm,
Nur träumen will ich von verwelkten Rosen.

Zerschellt ist die Begierde wie der Haß,
Ein stiller Mann ruh' ich am Wanderstabe -
Und wird von Thränen auch mein Auge naß,
Sind's Thränen, wie sie gelten - einem Grabe!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 90-91)

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Heimat

Nicht, wo meine Wiege stand
Liegt mein theures Heimatland,
Und von ihm auch scheid' ich nicht,
Wenn zur Stund' mein Auge bricht.

Nicht, wo das Geschick mir hold,
Zugewogen Gut und Gold,
Sehn' ich mich mit feuchtem Blick
Aus der Gegenwart zurück.

Doch, wo unterm Lindenbaum
Ich geträumt der Liebe Traum,
An das felsumschlung'ne Thal
Denk' ich viele tausend Mal.

Ach, der Liebe Zauberhand
Schafft allein das Heimatland,
Und wo Liebessegen fehlt,
Grüßet eine fremde Welt.

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 98-99)

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Glühende Wonne!

Glühende Wonne, wildes Entzücken,
Dich an das pochende Herz zu drücken!
Süßes, geheimnißvolles Grau'n,
Dir in das brechende Auge zu schau'n!

Mag der zermalmende Donner rollen,
Mag die schäumende Woge grollen,
Nimmer erfasset mich Schreck noch Harm,
Ruh' ich in deinem weichen Arm.

Mag es noch tausend Welten geben,
Tausend Leben nach diesem Leben -
Du bist mein Leben, du bist meine Welt,
Du bist der Hauch, der mein Wesen beseelt!

Auf deinen Lippen, den rosigen, hellen,
Duftet der Zauber von Lethes Wellen!
Küß' ich dich, Mädchen, so sinket in Nacht
All', was bis nun ich gestrebt und gedacht!

Nicht gilt's nach Freuden des Himmels zu ringen,
Wann der Liebe Rosen mein Haupt umschlingen -
Und für eine Stunde bin ich bereit
Hinzuschleudern die Ewigkeit!

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 104-105)

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Dürft ich ewig dein gedenken

Dürft ich ewig dein gedenken,
Ewig mich in dich versenken,
Würde dann mein Leben rein,
Ohne alle Sünden sein.

Wo ich schwanke, wo ich bebe,
Mit mir selbst im Zweifel schwebe,
Hast du, wie von Gott beseelt,
Schon entschieden, schon gewählt.

Forschend nach dem Wahren, Rechten
Grübl ich oft in tiefen Nächten:
Was sich nie enthüllet mir,
Sagt der fromme Glaube dir.

In der Ferne such' ich immer
All' mein Glück und find' es nimmer.
Dich begrüßt es unbewußt
In der niebewegten Brust.

Laß entfernt von finst'ren Büchern
Geh'n mich deinen Pfad, den sichern,
Lehre mich, wie du, so rein,
Unbesorgt und selig sein.

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 112-113)

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Ich schau' dich im Geist

Ich schau' dich im Geist du herrliche Maid,
So dunkel die Locken, so weiß das Kleid -
So blau die Augen und ätherklar,
So liebehauchend das Lippenpaar!

Ich höre im Geist deiner Worte Klang
Und den schauerlich lieblichen süßen Gesang -
Ich ruhe im Geiste an deiner Brust
Voll träumerisch glühender heiliger Lust.

Wir standen uns einst im Leben so nah,
Und Auge schmachtend in's Auge sah,
Du drücktest mir oft so selig die Hand
Und begeistert küßt' ich dein Busenband.

Erhebender Morgen! erhebender Mai,
Was zieht ihr doch gar so eilig vorbei!
Ich sah dich zuletzt die Mirte im Haar
Einem Fremden folgend zum Traualtar!

Oft war ich derweilen erzürnt und entzückt,
Doch nichts hat mich wieder tiefinnerst beglückt -
Mein Leben blieb Träumen - und - glaube es mir:
In den seligsten Träumen verweil' ich bei dir!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 120-121)

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Frage nicht

Frage nicht nach meinen Leiden,
Frage nicht nach meinem Schmerz!
Träumen ist mein Los und Lieben,
Aber nimmer mag ich trüben
Dir dein engelreines Herz!

Immortellen will ich flechten
Dir in's dunkle Lockenhaar!
Will mit heil'gen Sangesweisen
Dich verherrlichen und preisen,
Wo du wandelst immerdar!

Über deinem Haupte leuchten
Soll's wie helles Sternenlicht!
Doch, woraus gezeugt die Strahlen,
Ob aus Wonnen, ob aus Qualen,
Darum Mädchen frage nicht!

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 122)

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O Mädchen!

O Mädchen, Mädchen, wie lieb' ich dich,
So heiß und glühend und inniglich -
Laß auf mir ruhen dein Augenpaar,
Laß um mich flattern dein dunkles Haar.

O Mädchen, Mädchen, wend' dich nicht ab,
Sonst stürz' ich jählings nieder in's Grab -
Denn all' mein Walten und all' mein Sein,
Das ist bedingt durch dich allein!

Du bist die Seele, die aus mir spricht -
Ich bin die Blume, du bist das Licht -
Du bist die Sonne - ich der Planet,
Und mit der Sonne der Stern vergeht!

Ich bin ein Pilgrim so müd' und krank -
Du bist ein Engel so leicht und schlank -
Schließ ich dereinst den irdischen Lauf,
Trägst du mich lächelnd zum Himmel auf!

O Mädchen, Mädchen, wie lieb' ich dich,
So heiß und glühend und inniglich -
Laß auf mir ruhen dein Augenpaar,
Laß um mich flattern dein dunkles Haar!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 123-124)

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Abends

Es flattern die rosigen Wolken
Vorüber im Abendwind:
Ich träume von seligen Tagen,
Die lange versunken sind.

Es tauchen die silbernen Sterne
Empor auf nächtlicher Bahn,
Und zünden die Flamme der Liebe
In glücklichen Herzen an.

O Liebe - - schon dunkelt es tiefer -
Und schneidend fröstelt der Wind -
Ich träume von seligen Tagen,
Die lange versunken sind.


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 130)

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Ich denke dein

Ich denke dein, wie man der Todten denkt -
In meinem Herzen hab' ich dich begraben!
Schon viel des Theu'ren ruht darin versenkt,
So magst auch du ein Ruheplätzchen haben!

Ob du vergiftet mir des Lebens Mai
Und seine Blüten all' im Keim gebrochen -
Du bist gestorben - und der Todten sei
Nur der Versöhnung Segen nachgesprochen!

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 133)

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Resignation

Ob auch zürnend das Verhängniß
Mich mit meinem Glück entzweit -
Ob ich nie dich wieder schaue
Freundin meiner Jugendzeit! -
Ob auf ewig mir verklungen
Deiner Stimme Melodie:
Ob dein Auge mir erloschen -
Dich vergessen werd' ich nie.

Glücklich, wer in deinen Armen
Sich des Lebens freuen kann:
Segnen will ich ihn und preisen
Hassen nicht den fremden Mann!
Ob auch tausend Meilensteine
Liegen zwischen mir und dir:
Bist mir lieb und hold gewesen,
Wirst es bleiben ewig mir.

Meines Daseins höchste Wonnen
Bringt dein süßes Bild zurück:
Meines Herzens erstes Sehnen
Meiner Liebe erstes Glück!
War's auch nur ein stilles Wähnen,
War doch schön der eitle Wahn -
Und der Werth von Königskronen
Reichet nicht an ihn hinan.

Wird einst meines Lebens Sonne
Neigen sich zum Untergehn:
Werd' ich noch im Geiste deine
Klaren blauen Augen sehn.
Deine Stimme werd' ich hören,
Deren Klänge mich beseelt,
Und umweht vom Jugendtraume
Abschied nehmen von der Welt.

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 139-140)

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Scheidegruß

Lehn' dein Haupt an das meine, komm' reich mir die Hand,
Eh' du fort von mir ziehest in's ferne Land,
Hab' es niemals gestanden, wie gern ich bei dir,
Und nun scheidest du ewig, auf ewig von mir!

Als ich zürnend gerungen mit feindlicher Macht,
Da warst du's, die mir himmlischen Trost gebracht,
Und das Auge so trocken, hat wieder geweint,
Und das Herz hat gebebt, das vor Qualen versteint!

Nicht galt's sündiges Werben - mein Glück war allein,
Dir nahe du Engel der Unschuld zu sein! -
Ich schaute dir schweigend in's Auge so klar,
Ich lauschte der Rede so mild und wahr!

Doch jetzt, wo die Stunde der Trennung so schwül,
Zuckt heißer und mächt'ger empor das Gefühl -
O zürne nicht Mädchen so hold und rein
O schüttle nicht finster die Locken dein!

Lehn' dein Haupt an das meine und reich mir die Hand,
Eh' du fort von mir ziehest in's ferne Land -
Laß noch einmal mich schauen dein Angesicht,
Eh' herein die Nacht meines Lebens bricht!

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 177-178)

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O, daß ich dich so spät gefunden

O, daß ich dich so spät gefunden
Auf meines Lebens Pilgergang,
O, daß mich nicht in fernen Stunden
Der Jugendzeit dein Arm umschlang!

Wie eine holde Zaubersage
Erscheinest du vor meinem Blick
Und weckst der Wehmut bange Klage,
Um ein zertrümmertes Geschick!

Nun, wo des Tages Sonnen sinken,
Die Luft des Abends kühl und scharf -
Schau' ich ein Paradies mir winken,
Das nicht mein Fuß betreten darf!

Die Ruhe sonst mein Schild im Leben
Vor dir gebrochen stürzt sie hin -
Und Sehnsucht nach versagten Freuden
Fühl' ich durch meine Seele zieh'n!

O, daß ich dich so spät gefunden,
O, daß ich dich so spät gewann -
Wo zu vermeiden tief're Wunden
Ich dich nur rasch verlassen kann!

Gehab' dich wohl - dein Glück alleine
Sei Trost im tiefsten Harme mir -
Und jede Thräne, die ich weine,
Verklär' den Pfad als Rose dir!

Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 190-191)

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Der letzte Messias

Es finden sich viele, die sagen,
Daß bis zu dieser Frist
Der eigentliche Messias
Noch nicht gekommen ist.

Und wahrlich diese Zweifler
Sie haben so Unrecht nicht:
Denn spärlich nur durch das Dunkel
Flackert der Wahrheit Licht.

Er, der als Herold Gottes
Am Kreuz seine Sendung vollbracht,
Hat noch mit brechenden Augen,
An den Sieg der Liebe gedacht.

Die Liebe, sie ist der Messias,
Der immer und immer noch fehlt,
Die letzte Offenbarung
Des Urgedankens der Welt.

Die Liebe, noch wandelt sie ferne,
Doch bricht ihr Morgen herein:
Dann wird auch diese Erde
Ein Eden Gottes sein!


Aus: Liederbuch von Ludwig Bowitsch
Wien 1866
Druck & Verlag von A. Pichler's Witwe & Sohn (S. 196-197)

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Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Bowitsch



 

 


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