Aloys Joseph Büssel (1789-1842) - Liebesgedichte

 




Aloys Joseph Büssel
(1789-1842)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Sonettenkranz (1823)

1. Sie

Oft belauscht' ich Deines Busens Wallen;
Lüstern hat das Auge mir geglüht,
Und um Deiner Reize Glück bemüht,
Wollt' anbetend ich Dir niederfallen! -

Mich nur, mich erträumt ich nur vor Allen,
Dem der Liebe zarte Rose blüht.
Was mir aus dem Aug' entgegen sprüht,
Sind ja Deiner Liebe Wonnestrahlen!

Deine Lippen bebten mir entgegen,
Mir nur glomm ihr süsses Purpurroth;
Mich vereint mit Dir der Liebe Gott!

Fühle nur zu meines Herzens Schlägen!
Sehnsuchtsvoll seh' ich in Deinen Blicken
Der Umarmung seliges Entzücken!


Aus: Sonette von bayerischen Dichtern
Gesammelt von Friedrich August Greger
1. Bändchen Regensburg 1831 (S. 70)

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2. Beruhigung

Deines Leibes Mitte zu umfangen
Pocht in mir ein stürmisches Verlangen;
Thränen netzen Deine Lilienhand. -
Sie gestehen - was ich längst bekannt.

Mädchen, warum röthen sich die Wangen?
Was hebt mächtig Deines Busens Band?
Bergen soll ich, was ich tief empfand,
Als Dich meine Arme dort umschlangen? -

Zittre nicht! die Sinne zu vergnügen
Glüht mir nicht das sturmbewegte Herz,
Mädchen, glaub' mirs, diese Blicke lügen!

Ach, es ist nur reiner Sehnsucht Schmerz,
Nur mein Sein will ich mit Dir verweben,
Und zu Engeln Beide uns erheben!

Aus: Sonette von bayerischen Dichtern
Gesammelt von Friedrich August Greger
1. Bändchen Regensburg 1831 (S. 71)

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3. Jetzt, wie immer

Flatterhaft bin ich wohl oft gewesen,
Sollt' ich läugnen? Das ist Dichtersitte,
Alle Blümchen eilen sie zu lösen
Auf des Hippogryphen schnellem Ritte.

Nie von Wahn und Liebe zu genesen
Glüht ein Flämmchen in des Busens Mitte!
Tadelt nicht der Dichter frohes Wesen,
Nimmer ihres Wandels leichte Schritte!

Flattersinn bleib' immer mir gewogen,
Bis ich durch die ganze Welt gezogen,
Bis ich alle Blumen abgeküßt! -

Erst, wenn müde sich die Flügel senken,
Will ich nimmer an das Flattern denken -
Erst, wenn mich der Todesengel grüßt! -

Aus: Sonette von bayerischen Dichtern
Gesammelt von Friedrich August Greger
1. Bändchen Regensburg 1831 (S. 72)

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4. Besitz

Keine Laura hab' ich je besungen!
Die und Jene weiß von meinem Lied'.
Laura hab' ich keine mir errungen -
Doch ein Weib aus südlichem Gebiet'!

Deutschen Sinnes, einfach, ungezwungen,
Hohen Geistes nicht - doch voll Gemüth
Schenkt Sie mir der Liebe Huldigungen,
Und die Treue, die mich nimmer flieht!

So mit Ihr in Eines ganz verwoben:
Holde Wirklichkeit und Dichterleben
Ganz verschmolzen durch der Liebe Band,

Fühl' ich mich zu einem Gott erhoben;
Regt sich immer mir die Lust, zu streben
Nach der Dichtung schönem Zauberland.

Aus: Sonette von bayerischen Dichtern
Gesammelt von Friedrich August Greger
1. Bändchen Regensburg 1831 (S. 73)

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Der Bund, oder Amor und der Dichter

1.
Wer glaubt, daß ich ein Schäfer bin gewesen?
O zweifelt nicht! Wer je die Laute schlug,
Der machte nach dem Schäferland den Zug,
Sich dort die schönsten Blümchen zu erlesen!

Und will von düstrem Gram' ich oft genesen,
So überlaß' ich mich dem Selbstbetrug',
Und wage nach Arkadien den Flug,
Zu den geliebten, ewig holden Wesen! -

Ich schleiche forschend mich zur stillen Hütte,
Und poch' am Fensterchen mit leisem Finger.
(So will's in trauter Nacht die fromme Sitte!)

Da naht mir schnell der lose Freudenbringer!
Ihr kennt ihn wohl! Es ist ein schöner Knabe,
Und reicht mir lächelnd manche süße Gabe! -
(S. 80)


2.
Da lächelt er und neckt mit tausend Scherzen
Den Leiermann, der nach den Mädchen fraget.
"Ei, suchst du Linderung für deine Schmerzen?
Ein Thor, der zaghaft steht und bänglich zaget."

"Sieh, drinnen flammen traulich dir die Kerzen!
Willkommen ist der Kühne, der was waget.
Ein jeder Gast darf meine Mädchen herzen,
Der schlau der Liebe stillen Kummer klaget."

Was soll ich zaudern? Seine Fackel lodert,
Es facht sein Flügelpaar die Kerzen an,
Die seine Mädchen schelmisch abgethan.

Ich bin zum Lieben wieder aufgefodert,
Die Thüre knarrt - ich schlüpfe schnell hinein,
Und aus dem Dunkel wird ein Sonnenschein! -
(S. 81)


3.
Horch, wie sie kichern! "Seht, der Leiermann
Ist liebekrank! Gewiß, er will was singen!
Und sollt' er Gold und lauter Perlen bringen:
Für heute nehm' er rückwärts seine Bahn!"

Da greif' ich hurtig meine Saiten an!
Ich stimm' und stimm', es sollte mir gelingen,
Ich weiß, daß viel ich mit der Laute kann,
Umflattern mich des holden Knaben Schwingen. -

Ein neues Lied vermag ich nicht zu finden!
Was Liebe sich vor tausend Jahren sang:
Es dringet zu des Herzens tiefsten Gründen!

Und lustig tönt der Laute Silberklang!
Ihr Mädchen hört, ich komme heut zu lieben,
Bin euch zu Liebe nicht zu Haus geblieben! -
(S. 82)


4.
Ich bin ein Schäfer, dem ein Liebchen fehlet,
Der sich aus Liebesschmerz zu Tode quälet!
Ach, hört mich nur, wem darf die Hand ich reichen,
Und welcher darf ich sanft die Wangen streichen?

Ich zog hieher, von Liebeswahn beseelet,
Und was ich fühle, sey euch nicht verhehlet,
Und ohne Mädchen will ich nimmer weichen!
Wer gibt zuerst der Liebe traulich Zeichen?

Ich bin ein Dichter! Dichter suchen Mädchen,
Denn ohne sie verglüht des Sanges Lust:
Sie spinnen ja so leicht die Lebensfädchen,

Und sie entflammen nur des Sängers Brust;
Wenn sie der Mann in seinem Arme wieget,
Und träumend auf dem Blumenbette lieget! -
(S. 83)


5.
Und schalkhaft spannt der Knabe seinen Bogen,
Und lauschet nach der Mädchen ängst'gen Blicken,
Leis' flüstert er: "bald sind sie dir gewogen! -
Nach welcher soll ich diesen Pfeil abdrücken?"

Schnell haben sie das Feuer eingesogen,
Es leuchtet auf in seligem Entzücken,
Rasch ist der Pfeil zur Mitte hingeflogen,
Der Schönsten spröde Sinne zu berücken.

Und seufzend langt sie auf des Pfeiles Spitze,
Und schaut den Sänger wonnetrunken an. -
Nur leicht verwundet ist sie - eine Ritze

Ist sichtbar auf des Busens zartem Schnee.
Sie taumelt zwischen Lust und süßem Wahn,
Und trägt so sanft der Liebe erstes Wehe!
(S. 84)


6.
Wie jubelt da der Gott nach diesem Siege!
Hoch schwingt er seinen Bogen und es schlagen
Die Flügel! - "Sieh, so führ' ich meine Kriege,
Und Tausend folgen meinem Siegeswagen!"

Da kos't ich wiederum mir zu Genüge;
Ich schwelgte, wie in meines Lenzes Tagen! -
Weh! wenn ich nicht die Laute bei mir trüge -
Ich müßte längst der Liebe Glück entsagen!

Und Glut entströmt dem leicht bewegten Finger,
Der flüchtig durch das Gold der Saiten rauscht.
Ich fühl' es selbst, es hat der Herzbezwinger

Mit Liebeswahn und Taumel mich berauscht.
Die Laute will dem Arme nun entsinken -
Und duldsam folg' ich selbst des Gottes Winken!
(S. 85)


7.
So lebt der Dichter mit dem Gott im Bunde,
Der allgewaltig überall regiert!
Und Einer braucht den Andern zu der Runde -
Und hoch willkommen nennt sie jeder Wirth;

Entströmet honigsüß das Lied dem Munde -
Wo Amor nicht den gold'nen Bogen führt,
Erscheint dir nicht des Glückes schöne Stunde,
Und fruchtlos hat der Dichter hingegirrt.

Doch ist auch seine Götter-Macht vergeben,
Wenn nicht der Sänger aus der Saiten Gold
Der Freude unbesiegten Zauber holt! -

Gesang und Liebe müssen sich verweben!
In Eins verschmolzen - ist der Sieg gewiß,
Und auf der Erde blüht das Paradies! -
(S. 86)


8.
Und lustig flattert Amor auf und nieder,
Und furchtsam schmiegen sich die Mädchen alle. -
Aus meiner Laute wogen süsse Lieder
Von Amors Macht und seiner schlauen Falle!

Und Jedem klopft er schelmisch auf das Mieder,
Damit der Busen um so höher walle,
Und neues Leben zuckt mir durch die Glieder,
Und selig bin ich in der kleinen Halle,

Wo ohne Prunk ein Lämpchen nur erhellet
Den stillen Raum, von Hirtenvolk bewohnt,
(Des Dichters heiß ersehnte Friedenswelt!)

Denn wo das Schöne still bescheiden thront,
Da zieht er ein mit seiner Laute Tönen,
Die Stirne mit der Myrthe sich zu krönen! -
(S. 87)


9.
Ihr grollt mir nicht, daß ich ein Schäfer war!
Noch immer wandl' ich mit dem krummen Stabe;
Und treff' ich ein geliebtes, zartes Paar -
So theil' ich schnell mit ihm des Glückes Gabe!

Und werd' ich eine Leidende gewahr:
Der Töne Balsam biet' ich ihr zur Labe,
Und hurtig führ' ich sie zum Brautaltar -
Mir flattert nach der lose Götterknabe! -

Denn ew'gen Bund hab' ich mit ihm geschworen,
Er ist bei mir und wird mich nimmer meiden.
Wir haben uns zu gleichem Dienst erkoren;

Und sollt' ich einst von dieser Erde scheiden -
Den alten Dienst muß ich in Eden üben;
Ich darf nur singen und - die Mädchen lieben!
(S. 88)

Aus: Sonette von bayerischen Dichtern
Gesammelt von Friedrich August Greger
1. Bändchen Regensburg 1831
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Sie

Und hastig such' ich die geliebten Haine!
Mit hohen Gipfeln winken mir die Fichten,
Und Blumenkelche grüßen mich am Raine,
Als wollten sie Geheimes mir berichten.

Da blitzt es auf als wie im Morgenscheine!
Der Wälder Dunkel fängt sich an zu lichten!
Sieh die Gestalt! Sie wandelt dort alleine
Als spräche sie mit himmlischen Gesichten.

Du bist's? Zum Himmel schauen Deine Blicke?
Kein Laut begrüßt den Du geliebt, den Treuen,
Zur Erde schwebtest, Holde Du, zurücke?

An der Verklärung soll ich mich erfreuen!
Ach, biete Deine Hand! Sieh diese Rosen,
Sie mahnen an der Liebe erstes Kosen!

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 29)

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Der Lohn

Sie schweigt, und schaut empor und lächelt wieder.
Es schwebt ein süßes Wort auf ihrem Munde,
Und Engels Anmuth webt um ihre Glieder,
Und Töne flöten in des Waldes Runde.

"Wohl ziemen Dir die Rosen für die Lieder,
Beginnt sie nun, komm! feyern wir die Stunde,
Die uns vereint, ich komm' zu Dir hernieder,
Und leb' mit Dir im kurzen Geisterbunde.

Nie welke Dir der Kranz, nie soll der Neid
Mit gift'gem Hauch an diese Blumen rühren!
Ich hab' ihn Dir mit ew'ger Kraft geweiht.

Gedenke mein! Des Lebens Stunden führen
Nicht immer Kränze Dir im heit'ren Reigen,
Und zieh'n an Dir vorbey mit düst'rem Schweigen!"


Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 30)

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Vorwärts

Sie sprach's! Ist's Trug, der sich in mir entsponnen?
Bewegt sich wiederum die inn're Welt
In ihrer Macht, und leuchten goldne Sonnen
Im Busen mir, von tiefem Gram zerquält?

Wohl mir! Die Nebelbilder sind zerronnen,
Und was dem Dichtergeiste lang gefehlt:
Auf Bergeshöhen dämmern Jugendwonnen,
Und die Entfloh'ne winkt am Sternenzelt!

Die ewig junge Braut, unsichtbar wandelnd,
Sie weht mit frischem Lebenshauch mich an:
"Vorwärts zum Ziele strebe, muthig handelnd!

Geh' kühn, wie Du begannst, die feste Bahn!
Trotz will das Leben! Trotz führt nur zum Siege,
Ihn baut zum Ruhm' das Leben sich als Stiege."

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 31)

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Sieg der Poesie

Reiner Liebe seelenvolles Ringen,
Und des Dichters erster Lautenklang,
Beyde schwebet ihr auf Cherubsschwingen,
Einer Seele voller Hochgesang!

Durch die fernsten Welten hinzudringen,
Treibt den Dichter namenloser Drang,
Und die Liebe will das All umschlingen,
Beyde hassen kühn der Regel Zwang.

Und so wandeln sie auf Blumenbahnen!
Ach, der Liebe schöner Traum versiegt,
Schwerer Kampf beginnt, ernst wird das Leben.

Nur dem Dichter bleibt ein süßes Ahnen,
Seines Liedes starker Bogen siegt,
Bis er alle Pfeile hingegeben!

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 64)

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Blick in Dichterherzen

Dichterherzen kannst Du leicht erkennen,
Offen, wie die heilige Natur,
Lassen sie der Liebe Fackel brennen,
In des Liedes goldner Sternenflur.

Biegsam, wie der Laute weiche Sennen
Tönen sie der Hand der Liebe nur;
Nie vom Dichter wird sich Eros trennen,
Ewig bindet sie der Treue Schwur.

Der Gedanken wundersame Fülle
Schafft des Dichters liebetrunk'ner Geist,
Seine schönen Welten baut nur Liebe

In der Brust geheimnißvoller Stille,
Wo es ewig webt und ewig kreis't,
Gleich der Schöpfung flammendem Getriebe!

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 66)

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Der Baum der Liebe*

Es flattert und rauscht in den blühenden Zweigen,
Und schaukelt und schwirret her und hin!
Was regt sich, was höhnet mein sinnendes Schweigen?
Wer lispelt geheim durch der Blätter Grün?

Einst saß ich da, mich hinunter zu neigen
Von deines Schattens kühlem Baldachin,
Die Liebste am Arm, dein Bild ihr zu zeigen,
Als ich selbst noch ein Blüthenbaum mir schien!

Du holdes Thal, und du duft'ger Baum,
Du breitest sehnend die Aeste herab,
Und die Wipfel beseelen dir Lieder!

Jetzt denk' ich an meiner Liebe Traum!
Du blühst! Mein Lieben liegt im Grab,
Und dein Sänger erweckt es nie wieder!


* Am Aufgang zur Festung, wo sich eine reizende Aussicht
auf das malerische Salzachthal darbietet

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 81)

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Schein und Seyn

Ach, daß Leben und Liebe vergehen!
Das foltert so tief, das quälet das Herz!
Kosende Lüfte kommen und verwehen,
Und der grämliche Ernst verscheuchet den Scherz!

Darf im Lieben und Leben nichts dauernd bestehen?
Alles wandelt gräber- und himmelwärts;
Nichts vermag das Verlorne zu erflehen,
Selbst die Freude begräbst du mit Schmerz!

Der Liebe seliges Glück wird neu erblühen,
Wie es die flüsternde Ahnung verheißt;
Nur der Schmerz flieht wie trügrischer Schein!

In die ewige Heimath wird die Liebe ziehen,
Wo sie entsproß und der schaffende Geist,
Und die Liebe wird frey von Qualen seyn!

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 82)

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Dichterglut und Mädchenandacht

Dort prangen dir der Mädchen bunte Zeilen,
Das sind des Lebens Bräute, froh und jung!
Laßt mich, den Dichter, unter ihnen weilen
Mit irdisch-himmlischer Begeisterung!

Ich möchte gern das Herz von Schwermuth heilen,
Es stärkt sich in des Schönen Huldigung,
Und zwischen Erd' und Himmel sich zu theilen,
Darin besteht des Dichters Liederschwung!

Was schmückt mit Blumen, Holde! ihr das Mieder,
Zu bergen etwa stiller Liebe Glut?
Was faltet ihr die Händchen so bescheiden?

Ich bitte, schlagt mir nicht die Augen nieder,
Und wenn hier eine sanfte Laura ruht,
Wird Doppelsehnsucht sie nicht gerne leiden?


Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 86)

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Der Nachklang

Melodisch klingt es mir in tiefer Seele,
Der Jugend Lieder flöten von den Zweigen,
Und mich umwebt der Träume lichter Reigen,
Und Geistergruß ertönt aus Strauch und Höhle.

Einst scholl mir süßer Gruß aus süßer Kehle,
Mich barg mit meinem Glück ein trautes Schweigen;
Das Schattendunkel und die Nacht als Zeugen,
Empfieng im Fliederbusch mich Philomele.

Ach, stumm und düster lauschen mir die Linden,
Aufbraus't der Strom, die grauen Wolken zieh'n,
Und um die Dächer flattert wild die Nacht.

Ich möchte gern das Glück der Liebe finden,
In meines Herzens stille Räume flieh'n,
Wo Lenz-Erinnerung mir immer wacht!

Aus: Noryssa Ein Sonettenkranz aus den
norischen Alpen von Aloys Jos. Büssel
Würzburg In der Etlinger'schen Buch- u. Kunsthandlung 1831 (S. 122)

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Biographie:

Büssel Alois Joseph geb. 15. März 1789 in Hochangen bei Lofer / Salzburg, gest. 27. Mai 1842 in München. Sohn eines Bildhauers, studierte in Salzburg Rechts- und Staatswissenschaften, 1812 Philologie in München, war 1814 Postoffizial in Amberg, 1830 nach Bayreuth und München versetzt. Herausgeber von Antilope. Eine Zeitschrift für gebildete Leser (1825-26, 1828).
Schriften: Poetische Blüthen, gesammelt auf den Spaziergängen um Amberg von A. J. B. aus Italopolis 1819;
San Pietro von Castelica (Dramatische Dichtung) 1822;
Hero und Leander (Trauerspiel) 1823;
Dramatische Blüthen (Graf Albrecht von Altenburg - Procris und Kephalos - Zapoylas der Strenge oder Omar und Fatme) 1823;
Das St. Johanniskind (Romantisches Trauerspiel) 1824;
Die Hochalpe (Roman) 1824;
Winckelmanns Tod (Drama) 1827;
Die Pilgernächte des Meisters Tisotheus 2. Bde 1827;
Des Skalden Ryno-Noryx Irr- und Minnefahrten (Prinz Donora - Die Reise in die Krimml - Die Convertitin) 1828;
Noryssa (Ein Sonettenkranz aus den norischen Alpen) 1831;
Das Lebwohl Ottos I., König von Griechenland (Romanzen-Kranz) 1833;
Des Kaisers Schatten (189 Kanzonen) 1836;
Katharina Cornaro, Königin von Cypern (Tragische Oper nach dem Französischen übertragen) 1846.
Aus: Deutsches Literatur-Lexikon Biogr.-bibliogr. Handbuch Begründet von Wilhelm Kosch
Dritte völlig neu bearbeitete Auflage 2. Band
Francke Verlag Bern München 1969

 

 


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