| 
       | 
      
 Matthäus von Collin
 (1779-1824)
 
 
 Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 
   
      
      
 Träume
 
 In der heil'gen, stillen Nacht,
 Was läßt seliges sich träumen,
 Als, von Sternen treu bewacht,
 In des Mädchens Arm zu säumen
 Bis der Morgen wieder lacht?
 
 Und was schöners läßt sich träumen,
 Als in stiller kühler Nacht,
 In des Zimmers dunkeln Räumen,
 Bey der sanften Lüfte Rauschen,
 Die Geliebte zu belauschen,
 Die sich glaubet unbewacht. 
      (S. 135)
 _____
 
 
 
 Liebe
 
 Schön'res gäb' es, als die Liebe?
 Wie sich Blüth' mit Blüthe einet,
 Lebt das Herz auch gern vereinet
 Unter duft'gem Kranz der Liebe.
 Alle Stern' ihn treu bewachen,
 Und es flattert Kuß und Lachen,
 Leiser Scherz und süßes Weinen
 Sanft um's Herz glücksel'ger Jugend.
 Was auch groß uns mög' erscheinen:
 Liebe ist die schönste Tugend. 
      (S. 136)
 _____
 
 
 
 Die junge Liebe
 
 Was ist es, was im Herzen bebt?
 Was zart, in zarter Brust verborgen,
 Das Mädchen leis erröthend hegt?
 O sprich! sind's Freuden, sind es Sorgen
 Die zierlich sie zu bergen strebt?
 
 Nicht Freude, nein, und auch nicht Sorgen
 Sind in des Mädchens Brust verborgen,
 Die bang, in lieber Wallung bebt,
 Ein neues Leben will beginnen:
 Die Lieb' ist's, die die jungen Schwingen
 In ihrem Busen schüchtern regt. 
      (S. 137)
 _____
 
 
 
 Die Unentschlossene
 
 In dem blumenvollen Haine
 Warum muß er mir begegnen!
 Soll ich fliehen den Verwegnen?
 Soll ich bleiben? - Ach alleine
 In der Abendröthe Scheine
 Warum muß er mir begegnen?
 
 Doch er spricht. - O süße Liebe
 Nicht entfliehen kann ich dir.
 Daß er ewig bey mir bliebe,
 Ewig, ewig! süße Liebe
 Nicht entfliehen kann ich dir! 
      (S. 138)
 _____
 
 
 
 Wünsche
 
 Von allem Schönen dieser Erde
 Zwey Dinge wünsch' ich mir beschieden,
 Dann leb' ich immer wohl im Frieden
 Auf friedlicher und schöner Erde.
 
 Es ist des Freundes heil'ge Liebe,
 Und daß aus heitrer Frauen Mitte
 Mir strahl' ein liebendes Gemüthe
 Das ewig hold mir bliebe. 
      (S. 139)
 _____
 
 
 
 Der Lachende
 
 Eines, sprach ich, ist auf Erden,
 Was ich über alles schätze,
 Zarter Mädchen froh Geschwätze
 Und erheiternde Geberden.
 Dann, nach diesem, muß ich sagen,
 Lieb' ich kleine, kühle Quellen,
 Die im Wald mit ihren Wellen
 So verstohlen lieblich klagen.
 
 Denn nichts schöners läßt sich sehen,
 Als Gewässer einsam gehen
 Zwischen Gräsern und Gebüschen,
 Wenn die kühlen Lüfte wehen,
 Die Gerüche fröhlich tragen
 Alle Wesen zu erfrischen.
 
 Wenn ich nun am klaren Bache
 Niedlich wo ein Mädchen finde,
 Schlägt mir gleich das Herz geschwinde
 Zu dem Bach, und zu dem Kinde.
 Hold und lieblich zu erscheinen
 Will ich alles dann vereinen
 An dem kleinen hellen Bache.
 Da geschieht's wohl daß ich lache,
 Weil ich lieber möchte weinen. 
      (S. 143)
 _____
 
 
 
 Tod und Leben
 
 Sag' liebst du mich? - so fragt' mich meine Liebe,
 Und beuget sich mit Lächeln leicht zurücke,
 Damit der Kuß auf ihren Mund nicht glücke,
 Den ich versucht. Darob ich mich betrübe.
 
 Und sprechend: wie? du fragst ob ich dich liebe?
 Schau' ich mit Trotz der Augen helle Blicke,
 Die ich mit leichter Lippe rächend drücke,
 Damit in Nacht ihr helles Licht sich trübe.
 
 Doch weh! Die Blicke brennen nun mir innen,
 Die aus den Augen gluthversendend drangen,
 Und schon zu sterben glaub' ich zu beginnen.
 
 Da spricht die Gute: Ach, was soll dein Bangen?
 Von ihren Armen fühl' ich mich umfangen,
 Ein neues Leben küssend zu gewinnen. 
      (S. 148)
 _____
 
 
 
 Amors Besuch
 
 Im Walde saß ich, von Gebüsch umfangen,
 Und von der Luft Gesäusel froh umgeben,
 Da hör' ich ferner Töne himmlisch Beben:
 Ein kleiner Knab' kam zu mir hergegangen.
 
 Da ich ihn sah, fühlt' ich ein süß Verlangen
 Im Busen sich mit junger Kraft erheben;
 Ein Lächeln schien um seinen Mund zu schweben,
 Und lieblich Licht entstrahlte seinen Wangen.
 
 Gegrüßet seyst du, sprach er, und mit Freude
 Rief ich, sey mir gegrüßet kleiner Knabe!
 Dich kenn' ich wohl, den Spender süßer Triebe.
 
 Und sieh, es kam der Gott mir nicht zum Leide,
 Er brachte mit sich eine holde Gabe:
 Der einzig mir Geliebten theure Liebe. 
      (S. 150)
 _____
 
 
 
 Lob der Frauen
 
 O liebliches Geschlecht holdsel'ger Frauen!
 Verehren muß ich euch, und muß euch preisen:
 Ihr wandelt hin in den gewohnten Kreisen,
 Und wollt, unschuldig gern dem Schicksal trauen.
 
 So lieb aus lieben Augen mögt ihr schauen,
 Und, tanzend, spielend, singen zarte Weisen;
 Indeß uns, irrgeführt in wüsten Gleisen,
 Oft ob der Welt ereilt geheimes Grauen.
 
 Was wir mit treuem Eifer schwer erringen,
 Hat froh beglückend euch Natur gegeben:
 Das Schön' und Gute will euch schön gelingen.
 
 O selig, wem ihr euch in Lieb' ergeben,
 Um den ihr wollt die Arme traulich schlingen!
 Ihm blüht ein ewig junges, süßes Leben. 
      (S. 151)
 _____
 
 
 
 Hochzeitsgedicht
 
 Sieben! eine heil'ge Zahl!
 Sieben heißt das Bild der Sterne,
 Das den Schiffer durch die Ferne
 Lenkt zum Hafen allzumal.
 
 Sieben zählt' man einst Planeten,
 Und, wenn andre eingedrungen,
 Glaub' ich es geschah gezwungen,
 Und nicht Einer ward gebeten.
 
 Sieben doch sind Sakramente,
 Heilige, von Gott geschenkt!
 Wer dahin die Wünsche lenkt,
 Tilgt wohl was vom Glück ihn trennte.
 
 Nicht gebührt mir's, aufzuzählen
 Ihrer Segnung Siebenzahl,
 Auch bleibt Jedem nicht die Wahl,
 Alle Sieben sich zu wählen.
 
 Eines doch hat sich erkoren
 Einer heute, der erfahren
 Jetzt nach sechsmal sieben Jahren
 Daß, wer es nicht sucht, verloren.
 
 Daß ich von der Ehe spreche,
 Zweifelt Keiner, der erfuhr
 Daß der Treu zu später Schwur
 An dem Säumenden sich räche.
 
 Sag' ich, daß ich's selbst erfahren,
 Glaubt ihr mir vielleicht auf's Wort:
 Wißt, nach Sieben Freyer-Jahren
 Fand ich erst der Ehe Port.
 
 Jener aber, den ich preise,
 Wird so schneller Art gefunden,
 Daß ich glaub', nach sieben Stunden
 Schon entschloß er sich zur Reise.
 
 Er that wohl! denn treues Lieben
 Säumt nicht gerne; und wer eilen
 Kann und darf, wär' durch Verweilen
 Thöricht nur zurück geblieben.
 
 Sey denn froher Glück beschieden
 Siebenfach dir, theurer Freund!
 Blüh' um dich, im Kranz vereint,
 All der Erde heitrer Frieden.
 
 Gottgeliebt hast du verbunden
 Dir die Braut in holde Jugend,
 Sie an ernstem Schmuck der Tugend
 Wie an Schönheit reich gefunden.
 
 Und sie strebt im stillen Kreise
 In der Stunden schönem Reigen
 Bald dem Liebenden zu zeigen
 Ihres Daseyns edle Weise:
 
 Wie sie nicht ihr Glück gebunden
 An der Erde eitlen Tand,
 Wie sie Liebe an dich band,
 Und hierin sie Glück gefunden.
 
 Daß sie Dir sich nicht verhehle,
 Sanft bewegt von heil'gem Drang,
 Kündet schwellend Dir Gesang
 Froh die Melodie der Seele.
 
 Und er schwebt und wogt um dich,
 Und von Wohllaut sanft getragen,
 Wirst du Freude leuchtend fragen,
 Wer ist glücklicher als ich?
 
 Da ich, was dich ziert, verkündet,
 Holde Braut, will ich es wagen
 Dir in Wahrheit treu zu sagen,
 Wie der sey, der Dir verbündet.
 
 Und ich nenn' ihn, nicht geehret
 Nur vom treuen Freund allein,
 Der ihn gut erfand und rein,
 Nur dem Edlen zugekehret:
 
 Ehrend nennen ihn mit Wonne
 Würd'ge Männer, hoch vom Norden,
 Bis hinab, wo Gluth geworden
 Ist der Strahl uns milder Sonne.
 
 Und begeisternde Gefühle
 Walten ihm im reichen Busen,
 Und es krönten ihn die Musen
 Oft und schön im heil'gen Spiele.
 
 Und des Orients Paradiese
 Pflanzt er gern in unsre Auen,
 Daß in fremdem Glanz wir schauen
 Baum und Fels, und Quell und Wiese.
 
 Daß uns dünkt, es sey geworden
 Blüthentempel holder Liebe,
 Wohnsitz nur beglückter Triebe,
 Dieser nebelvolle Norden.
 
 Wie er treuer Freund zu nennen,
 Unerschütterlich, ein Mann!
 Denk ich auch, o Braut! es kann
 Nichts mehr nun von Dir ihn trennen.
 
 Und war's bey ihm hergebracht,
 Überall in Allem Sieben,
 Heil'ge Zahl zwar, nur zu lieben,
 Ist jetzt neuer Sinn erwacht.
 
 Denn nicht Sieben, sondern Eine
 Schwöret er allein zu lieben,
 Und in's Herz ward's ihm geschrieben:
 Diese Eine, oder Keine!
 
 Heute schon wich er von Sieben,
 Muse! Dir sich zu vermählen;
 Weil wir Neun der Musen zählen,
 Zu dem Neunten Tag getrieben.
 
 Glück! - der frevelnd wollte schauen
 Sieben stets mit allen Trieben,
 Fand nicht eine böse Sieben,
 Nein! die holdeste der Frauen.
 
 Mögest Du ihn denn beglücken!
 Sey es Beyden denn gegeben,
 Hier, im wechselvollen Leben
 Fronsinn nur allein zu pflücken.
 
 Und die Sorge meide sie.
 Rühmen soll die Welt mit Freude:
 Glücklicher als diese Beyde
 Sah ich Liebende noch nie. 
      (S. 161-165)
 _____
 
 
 
 Das Schönste
 
 Du meines Mädchens sanftes Licht der Augen,
 Und ihr des dunkeln Haares Seidenwellen,
 Die, wo des Busens heitre Reitze schwellen,
 Hernieder sinken, süße Lust zu saugen.
 
 Vielliebliche Gesäng', die einzusaugen
 Das Ohr nie müde wird, wenn sie in hellen
 Accorden solchem Lippenpaar entquellen,
 Wohl mögt ihr Liebe einzuflößen taugen.
 
 Doch, seh' ich all des Herzens heil'ge Blüthe,
 In holder Red' zu frohem Kranz verschlungen,
 Mit Blick und Lächeln sich vor mir entfalten;
 
 Dann wähn' ich, eines Engels rein Gemüthe
 Sey mild zur hochbeglückten Erd' gedrungen,
 Uns zu besel'gen durch so liebes Walten. 
      (S. 166)
 _____
 
 
 
 Ins Stammbuch der Perle
 
 Vergangner Tage heitre Freuden,
 Gesell'ger Stunden reines Glück,
 Ruf' dieses Bild dir oft zurück,
 Nun mich mein Schicksal drängt zu scheiden.
 
 Vorüber an der Waldkapelle,
 An jener Felsburg stolzem Bau,
 Führt' uns der Pfad zur stillen Au'
 Fort an des Bach's geschwätz'ger Welle.
 
 Und Stunden, Tage, Wochen zogen,
 Ein Kranz der Wonne, mir dahin!
 Sie fest zu halten dacht' mein Sinn,
 Die, ach, zu schnell vorüberflogen.
 
 Hinauf gebannt zum fernen Norden
 Sag' ich dies Wort des Trostes mir:
 Glück, Ruhe, Frohsinn weilt mit ihr,
 Der solch ein Gatte ist geworden. 
      (S. 167)
 _____
 
 
 Aus: Matthäus Edlen 
      von Collin's nachgelassene Gedichte
 ausgewählt und mit einem biographischen Vorworte begleitet
 von Joseph von Hammer
 Zweytes Bändchen
 Wien Gedruckt und im Verlage bey Carl Gerold 1827
 
 
 
      
      Biographie:
 https://de.wikipedia.org/wiki/Matthäus_von_Collin
 
      
   |