Demeter Dudumi (um 1856) - Liebesgedichte



Demeter Dudumi
(um 1856)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 






I.
Ich konnte lang nicht einig werden,
Als ich darüber nachgedacht,
Wie wol die Blume heißt auf Erden,
So dir die meiste Freude macht?

Mein Herz blieb lange unentschlossen,
Da fiel mein Blick zur Wahl bereit
Auf Immortellen glanzumflossen,
Hold trotzend der Vergänglichkeit.

Sie, die ihr Köpfchen blühend neigen,
Und selbst nach Jahren schlicht und zart
Sich dem in alter Schönheit zeigen,
Der sie in Sträußchen aufbewahrt.

Da fühlt' ich Lust die Brust mir schwellen,
Da wand ich stumm, doch liebevoll,
Dir einen Kranz aus Immortellen
Als der Beständigkeit Symbol!
(S. 7-8)
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II.
Wie Strom und Meer in seinen Wogen
Das ew'ge Bild des Himmels weist,
So hat verliebt mein Herz und Geist
Dein Bildniß in sich eingesogen!
(S.9)
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IV.
Hell glänzt durch dunkles Waldesgrün
Des Mondes Silberschein,
Gern möcht' ich in der schönen Nacht
Mit dir im Walde sein!

Es spiegelt sich des Mondes Bild
Im See so klar und rein,
Gern möcht' ich in der Sternennacht
Mit dir im Kahne sein!

Es stiehlt der Strahl des Mondes sich
Zu dir in's Kämmerlein,
Gern möcht' ich in der stillen Nacht
Bei dir, mein Liebchen, sein!

Der Mond erlischt, der erste Strahl
Des Morgens bricht herein,
Ach Gott, ich möchte auch bei Tag
In deiner Nähe sein!
(S. 11-12)
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VI.
Zwei Wünsche trag' ich im Herzen,
Will weiter nichts sonst vom Geschicke;
Es liegt auch in ihnen die Sage
Vom Zauber im Liebesblicke!

Ich wünsche, es leuchte im Leben
Als Sonne dein Blick mir in's Weite,
Und wünsche, daß er im Tode
Als Stern zur Ruhe mich leite!
(S. 14)
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VIII.
Als ich Abends ging in's Freie
War der Himmel wie Ein Stern;
Doch für mich gibt's keinen Himmel,
Bist du, Liebchen, von mir fern!

Ach, mir leuchtet ja kein Sternlein
In mein Herz, das ohne Ruh',
Denn mein Stern ist nur dein Auge,
Und mein Himmel bist nur Du!
(S. 16)
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XII.
Das Fenster vergittert,
Verriegelt die Thür,
Bin einsam, allein ich,
Im Geist doch mit dir!

Doch tröste dich, Liebchen,
Auch einsam, allein
Weiß zärtliche Liebe
Noch glücklich zu sein!
(S. 22)
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XIV.
Es dämmert, die Morgenglocke
Begrüßt den erwachenden Tag,
Die Sonne küßt erst verstohlen,
Dann brünstig den blumigen Hag.

Die Morgenglocke der Liebe
Ist ein Gebeth zum Gruß,
Das "Amen" dieses Gebethes
Ist dann der Morgenkuß!
(S. 24)
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XV.
Die Liebe ist ein Kerker,
Die Fesseln sind duftige Rosen;
Der Schwur ist der eiserne Riegel,
Die Nahrung ist liebliches Kosen!

Du hältst mich darin gefangen,
Dein Herz ist meine Zelle;
Ich habe darin gefunden
Die erste Immortelle!
(S. 25)
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XVI.
Jüngst kamst du im Traume,
Mein Liebchen, zu mir;
Ich reichte Maiblümchen
Zum Gruße dir.

Du nahmst sie und frugst mich,
Was Liebe sei?
Ich gab dir zur Antwort:
"Ein ewiger Mai!"

Und als ich nun forschte,
Was Treue sei?
Da meintest du lächelnd:
"Die Sonne im Mai!"

Ach, eines nur wünsch' ich -
Ja niemals zu sehn
Die Sonne des Maies
Mir untergehn!
(S. 26-27)
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XX.
"Wie Liebe kömmt?"
So frug ich mich vor Jahren;
Da sah ich dich -
Und nun hatt' ich's erfahren!

"Wie Liebe geht?"
Dies will ich niemals wissen;
Da ich dich sah,
Könnt' ich dich wieder missen?
(S. 31)
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XXI.
Als ich in's Reich der Liebe kam,
Fand ich zwei Wege offen;
Bei Einem stand: "Besitze gleich,"
Bei'm Andern: "Liebend hoffen."

Ich wandte mich dem Zweiten zu -
Wer liebt, muß glauben, hoffen -
Und glücklich war ich in der Wahl,
Denn dort hab' ich dich getroffen!
(S. 32)
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XXIII.
Ein einziger - kleiner Augenblick
War meines Lebens größtes Glück;
Um Kronen gäb' ich nicht zurück
Den einzigen - kleinen Augenblick!

Ein einziger - kleiner Augenblick
Ist unser kurzes Leben hier;
Doch deine Lieb' verewigt mir
Den einzigen - kleinen Augenblick!
(S. 34)
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XXIV.
Gar steil ist oft der Pfad zur Liebe,
Man müht sich da nach Blumen heiß;
Auch ich fand erst nach langem Wandern
Dich - als der Liebe "Edelweiß!"
(S. 35)
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XXV.
Kennst du die Blume, die am frühen Morgen
Sich ostwärts wendet, wenn der Tag erwacht,
Und zum Zenith im heißen Mittagsstrahle,
Und westwärts dann beim Anbeginn der Nacht?!

Heliotropion wird sie von Griechen,
Von Deutschen Sonnenblume zubenannt,
Und sieh, die Sonne ist's mit ihrem Zauber,
In die das Kind der Pflanzenwelt verbrannt!

So übt, Geliebte mein, dein süßes Bildniß,
Das unabläßig mir entgegenlacht,
Auch auf mein Aug', mein Herz und meine Seele
Dieselbe wunderbare Zaubermacht!
(S. 36-37)
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XXVI.
Blumen keimen und erblühen
Aus dem Schoße der Natur,
Schlingen weit sich hin und senden
Süßen Duft durch Wald und Flur.

Und die Liebsten dieser Kleinen
Sind am blauen Himmelszelt
All die Sterne, zärtlich blickend
In das Herz der Blumenwelt.

Auch das Herz hat seine Blumen,
Sprießend, wenn die Liebe ruft;
Diese Blumen sind Gefühle,
Kuß und Schmeichelwort ihr Duft.

Und am Himmel der Gefühle
Bebt das Lied wie Sternenschein,
Zittert mild und zittert tröstend
In ein liebend Herz hinein!

So auch mögen meine Lieder -
Du die Blume, sie der Stern -
Wenn es dämmert, wenn es nachtet,
Dich umrauschen nah und fern!
(S. 38-39)
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XXVIII.
In der Brust trag' ich ein Bildchen
Mir vom Schöpfer anvertraut,
Tag und Nacht es zu bewahren,
Bis ich mit dem Bild ergraut.

In der Brust trag' ich ein Bildchen
Wie ein Sternlein winzig klein,
Doch so schön, als kaum ein Sternlein
Mag am Himmelsdome sein!

Dieses Bildchen will ich wahren,
Da es Gott mir anvertraut;
Mög' er mir's auch dann belassen,
Wenn der Morgen jenseits graut!
(S. 42-43)
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XXIX.
Als ich einst dich zärtlich wollte fragen,
Ob ich deine erste Liebe bin?
Sah ich hoffend, gläubig dir in's Auge,
Und ein süßes Jawort las ich d'rin!

Nimmer möcht' ich, Holde, dich befragen:
Werd' ich, Kind, auch deine Letzte sein?"
Denn mein Herz verginge ja vor Kummer,
Sagte mir dein Auge deutlich: Nein!
(S. 44)
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XXXI.
Dein Herz schrieb einst meinem Herzen,
Als Bothe diente dein Blick;
Dein Blick begegnete Meinem,
Und Keiner wollte zurück!

Da ward ich begierig zu wissen,
Was du wol dem Auge vertraut,
Und während der wechselnden Blicke
Hab' ich dir in's Herz geschaut!
(S. 47)
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XXXVIII.
Auch ich hab' einstens empfangen
Ein Blümchen aus deiner Hand,
Und dieses, mir lieb und theuer,
Wird "Himmelsschlüßlein" genannt!

Damit hab' ich mir geöffnet
Dein Herz - den Himmel im Sein;
Dies Blümchen händige, Engel,
Erst dort ich dir wieder ein!
(S. 54)
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XXXIX.
Wenn aus den nie erforschten Quellen,
Aus uns'res Herzens tiefstem Grund
Der Liebe Wogen drängend schwellen,
Dann gibt es sich im Kusse kund.

Es ist ein Branden der Gefühle,
Es gleicht des Meeres Wogenguß;
Die bange Seele seufzt nach Kühle,
Ein Wetterleuchten ist der Kuß!

Betrachte nur die jungen Rosen,
Sie ruhen sanft, sie schlummern still,
Bis Sehnsucht, liebevoll zu kosen,
Nicht länger träumend zögern will.

Dann springt der Knospe zarte Hülle,
Wie Seufzer aus verliebter Brust
Ergießt sich süßer Düfte Fülle,
Die Liebe naht mit Leid und Lust!

Und wie die Flamme zieht zur Flamme,
Und wie der lichte Perlenthau
Die Perle saugt vom Nachbarstamme
Auf farbenbunter Maienau:

So zwingt es auch verwandte Seelen,
Wenn laut der Liebe Ruf erschallt,
Daß sie im Kusse sich vermählen - -
Die Seele ist's, die überwallt!
(S. 55-57)
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XL.
Du bist meine Muse -
Begeisterung mir,
Und all meine Lieder,
Sie stammen von dir!

Du pflanztest die Liebe
In's Herz mir hinein,
D'rum soll ihre Blüthe
Dein Eigenthum sein!

Dir weih' ich mein Leben
Auch bis in das Grab,
Dir, welche die Liebe -
Die Seele - mir gab!
(S. 58-59)
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XLVII.
Himmelsthau ist jede Thräne,
Die der Liebe Rose netzt,
Ihr zu schenken neues Leben,
Wenn der Schmerz sie rauh verletzt.

Jede Thräne meines Auges
So im Weh wie auch in Lust,
Sei gewidmet deiner Liebe,
Dieser Rose deiner Brust!
(S. 73)
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XLVIII.
Ein Scheidekuß ist ein elektrisch Sprühen,
D'rin Seele bang in Seele sich ergießt -
Ein rothes Siegel ist's, das unter Glühen
Den Brief an einen theuren Freund verschließt.

Ein Scheidekuß, er trennt um nur zu binden
Den innern Menschen, wenn der äußre geht;
Er wird zur Brücke, wenn die Ufer schwinden,
Zur Brücke, die in Ewigkeit besteht.

Ein Scheidekuß spinnt einen zarten Faden,
Daß nie sich ganz das Herz vom Herzen trennt;
Er ist es, der auf spätern nächt'gen Pfaden
Als ew'ges Licht in unsrer Seele brennt!
(S. 74-75)
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LII.
Ich habe schon viele Briefe,
Treuliebste, dir geschrieben,
Doch sind noch tausend Blätter
Im Herzen unbeschrieben!

Ich habe schon viel gedichtet,
Treuliebste, dich besungen,
Doch hat meine Leier noch lange
Für dich nicht ausgeklungen!

Ich habe schon viel gebethet,
Treuliebste in Lust, in Schmerzen,
Doch sind noch tausend Gebethe
Verborgen in meinem Herzen!

Mein Schreiben, Dichten und Bethen
Will ich dir immer weihen;
Es möge wie Immortellen,
Treuliebste, um dich sich reihen!
(S. 80-81)
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LIII.
Ich trage einen Orden,
Den höchsten unter allen,
Ich trag' ihn still im Herzen,
Durch's ganze Erdenwallen!

Mein Orden ist die Liebe -
Die Liebste hat mir eben
Ihr Haar aus Gold gesponnen
Als Ordensband gegeben!
(S. 82)
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LXII.
Was sich der Wald erzählt
Vom Abendwind durchrauscht?
Noch hat's, umsonst gequält,
Kein sterblich Ohr erlauscht.

Was sich von Lieb' erzählt
Im Sang die Nachtigall?
Nicht Kunde man erhält
Davon im weiten All.

Was sich die See erzählt
In ihrem Wellenspiel?
Als Antwort liegt zerschellt
Am Riff gar mancher Kiel.

Was sich die Blum' erzählt
Wenn wach der Lenz sie ruft?
Des Duftes Märchenwelt
Zerfließt ach, in der Luft!

Was sich ein Herz erzählt
Bei süßem Worterguß!
Als Antwort schweigend wählt
Die Liebe sich den Kuß!
(S. 98-99)
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LXIV.
An meinem Herzen brach Feuer aus,
Die Liebe stand in Flammen;
Das Mädchen, das den Brand gelegt,
Ich konnt' es nicht verdammen.

Die Seufzer schlugen beständig an,
Doch niemand kam zu retten,
Als wenn - sich zu verbrennen in mir -
Wol alle gefürchtet hätten!

Das Mädchen sah's und hoffte auch,
Daß Alles thatlos bliebe,
Und pflückte in meinem Herzen dann
Für sich die "brennende Liebe!"
(S. 102-103)
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LXVII.
Die Heimath war mir werth und theuer
Wie Blumen von geliebter Hand,
Nie dacht' ich mehr das Land zu meiden,
Das Land, wo meine Wiege stand!

Doch hatt' ich balde sie vergessen,
Als mir begegnete dein Blick,
Verklungen waren ihre Lieder,
Kein Echo gab sie mehr zurück.

Zur Heimath war mir ja geworden
Dein Herz mit seinem Liebesmai,
Darin viel tausend Rosen blühten
Als Duft geword'ne Melodei.

Von dieser Heimath will ich scheiden,
Erst wenn im Tod mein Auge bricht,
Blüht doch in ihr auf jeder Stelle
Ein rührendes Vergißmeinnicht!
(S. 108-109)
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LXIX.
Hell wie der Demant am Busen dir schimmert,
Hell wie die Erde im Sonnenlicht strahlt:
Also und heller erglänze dir immer
Freude und Wonne im häuslichen Kreis,
Also und heller beleuchte dein Inn'res
Liebe als ewige strahlende Sonne!

Zart wie der Thau die Fluren durchrieselt,
Zart wie der Gärtner die Blumen bewacht:
Also und zarter betaste das Schicksal
Saiten der Wehmuth in wechselnder Zeit,
Also und zarter will ich dich bewahren,
Blumen dir streuen auf all deinen Wegen!

Rein wie der Himmel in sternigen Nächten,
Schön wie der Morgen bei Sonnenaufgang:
Also und reiner sei's in den Herzen,
Wenn wir den Abend des Lebens erreicht,
Also und schöner sei dann der Morgen,
Wenn wir erwachend dort drüben uns sehn!
(S. 113-114)
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LXXII.
Ich blickte zum blauen Himmel
Bei sternenheller Nacht,
Und frug mich selber leise:
"Was wol mein Liebchen macht?"

D'rauf pflog ich sanft die Ruhe,
Fing hold zu träumen an,
Da streifte ein Kuß mich im Traume -
"Das hat mein Liebchen gethan!"
(S. 117)
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LXXIII.
Für jede Blume gleich die Sonne strahlend glüht,
Doch jede Knospe nicht gleich schön und herrlich blüht;
So glänzt für jedes Herz der Liebe Sonnenlicht,
Nur daß nicht jedes Herz sich gleiches Glück verspricht!
(S. 118)
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LXXIV.
Im Buche der Vergangenheit
Hab' sinnend ich gelesen,
Wie ich in mancher Stundenfrist
So glücklich einst gewesen.

Da fiel ein Blatt mir in die Hand,
Ein Denkmal jener Stunde,
Als weilend mir dein erster Kuß
Gab von der Liebe Kunde!

Verwischt war deine Namensschrift,
Sie drohte zu verschwinden,
Zu oft durchlas ich ja dies Blatt,
Und weinte zum Erblinden!

Die Thränenspur war sichtbar noch,
D'rum kam mir der Gedanke,
Daß, Kind, um deine Namensschrift
Sich nasser Epheu ranke!
(S. 119-120)
_____



LXXXIII.
Wenn zu lange Schmerz den Kranken
Aller Hoffnung fast beraubt,
Und sein Lebensbaum im Welken
Täglich schlimmer sich entlaubt:

Sucht er Tröstung im Gebethe,
Das er fromm zum Himmel schickt,
Harrend, bis das Auge Gottes
Wunderthätig niederblickt.

So auch, wenn mein Herz am Zweifel
An der Liebe schwer erkrankt,
Wenn mein Glaube an die Treue
Wie das Schilf im Sturme schwankt -

Ach, wenn dieser heil'ge Glaube
Schwindet wie geträumte Lust,
Und der Liebe Immortelle
Welken will in tiefster Brust:

Such' ich Trost in meinem Himmel -
Deinem seelenvollen Blick -
Und allmälig flieht der Zweifel,
Glaube, Liebe, kehrt zurück!
(S. 133-134)
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LXXXVI.
Auch ich fand einst eine Rose,
So schön wie keine vorher;
Doch brach ich sie nicht vom Stengel,
Ich liebte sie viel zu sehr!

Ich grub sie mit sorglicher Mühe
Aus ihrem Rosenbeet;
Nun prangt sie in meinem Herzen
Voll Duftes, der nie verweht!

Nun treibt sie viel tausend Blätter
In diesem kleinen Raum,
Und macht mein ganzes Leben
Zum holdesten Frühlingstraum!
(S. 140-141)
_____



LXXXVII.
Die Muschel liegt verborgen
Tief unten am Meeresgrund,
Und tausend von Tauchern bangen
Nach diesem herrlichen Fund.

Doch wer sie durch Zufall gefunden
Tief unten, seit jeher vermißt,
Der betet, daß diese Muschel
Auch eine Perle umschließt!

Denn Muscheln gibt es in Menge,
Die Perlen sind seltener schon;
Die Muschel nicht, einzig die Perle
Ist ja auch des Tauchers Lohn.

Verborgen ruht auch die Liebe
Tief unten im Herzensgrund,
Und tausend von Tauchern bangen
Nach diesem herrlichen Fund.

Doch wer sie durch Zufall gefunden,
Tief unten, seit jeher vermißt,
Der wünscht, daß die Lieb' auch als Muschel
Die "Treue" als Perle umschließt!
(S. 142-143)
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LXXXVIII.
So manches Geheimniß im Leben
Hat mir dein Auge entdeckt,
Es hat auch die schlummernde Liebe
In meinem Busen geweckt.

Und als meine Liebe erwachte
Da sah sie in's Auge dir,
Und deines Herzens Gefühle
Erklärte dein Auge ihr.

Und hat sie in Etwas Zweifel,
Befragt sie dein Auge allein,
Und alles, was dieses gesprochen
Geht gleich meiner Liebe ein.

Und droht meiner Liebe Verirrung,
Wenn Nebel und Dämmerung naht,
Dann leuchtet dein Auge wie Sterne
Auf meinem nächtigen Pfad!

D'rum sollte dein Auge sich schließen,
Schließt sich meine Liebe mit ein,
Um nicht aus ihrem Himmel
Dann ausgeschlossen zu sein!
(S. 144-145)
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XCVIII.
Ich trank nur Einmal wunderbar
Aus einem Rosenkelch der Liebe,
Und schlürfte wonnige Seligkeit
Aus ihrem duft'gen Blüthentriebe.

Dein Antlitz war der Rosenkelch,
Daraus ich Schönheit getrunken -
Kein Zecher war noch seliger
In süße Träume versunken!
(S. 160)
_____



XCIX.
Süß und sanft mein Liebchen schlummert -
Rauscht nicht so ihr Blüthenwellen,
Säusle nicht du Morgenlüftchen,
Weckt sie nicht ihr Silberquellen!

Laßt sie in des Schlafes Armen
Ungestörte Rast genießen,
Laßt auch jeden Schmerz des Lebens
Ihr im heitern Traum zerfließen!

Schließt im Schlaf den Mund sie fester,
Fast als ob sie Glück verhehle,
Zieh' vielleicht als Traumgebilde
Ich verklärt durch ihre Seele!
(S. 161-162)
_____


Aus: Immortellen der Liebe
von Demeter Dudumi
Zweite Auflage
Pesth Verlag von H. Geibel 1854
 

 


Biographie:

Demeter Dudumi lebte um die Mitte des 19. Jh. in Budapest, gab mit H. von Levitschnigg den "Belletristischen Damen-Kalender" heraus;
war als Lyriker Nachahmer Emanuel Geibels; veröffentlichte zahlreiche Gelegenheitsgedichte in Zeitschriften.
Schriften: Immortellen der Liebe 1854;
Klange aus dem Osten. Ungarische Dichtungen frei übertragen 1855;
Atheniensische Nächte (Gedichte) 1856;
Pester Briefe über Literatur, Kunst, Theater und gesellschaftliches Leben 1858 (2. Auflage).
Aus: Deutsches Literatur-Lexikon. Biogr.-bibliographisches Handbuch
Begründet von Wilhelm Kosch. Dritter Band Dritte völlig neu bearbeitete Auflage
Francke Verlag Berlin München 1971



 

 


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