Der Frühling liebt die Wiesen grün
Der Frühling singt die Wiesen grün,
Der Sommer schwellt Dir Früchte in den Schoß,
Der Herbst verbellt das Sterben gelb,
Dahinter ist still Winter.
So möchte ich noch einmal blühn,
Mit Dir einwandern in das wilde Grün.
Des Monds Kürbisgesicht wär nachts Laterne,
Leuchtkäfer, Licht und Sterne.
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An den Speeren Deiner Wimpern hängt mein Herz
Die Sonne scheint mir ein Kienspan,
Bist Du nicht da.
Grünspan überschimmelt mein Herz,
Bleibst Du mir fern.
Vergönnt's nicht der Tag -
Leuchte mir abends
Nachtbeglänzender Stern.
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Du bist ein harter Stundenplan,
Der mir sich nur noch dann und wann:
Schalttags in Liebe lösen mag und kann.
Willst mich durch Ferne Dir entfremden,
Bevorzugst Telefon. Und ich bin gegen Hemden.
Nach langer Pause wieder mich zu küssen,
Hast Du Schnaps erst trinken müssen.
Acht Tage in der Woche vor dem Garten
Auf Eintritt warten,
Gibt bittere Tage, bittere Klage.
Bequem dann, wegen Worten, ohne zu erröten
Mit dem Zerstörerhirn einsame Liebe töten.
Ist das Gras noch abends grün,
Soll man drauf Tauwasser sprühn.
Unseren Dämmeraugen
Blumen blühen auf wie Sterne,
Ohne Liebe gilben sie -
Schon tritt das Hühnerauge sie
Und schielt: pickt neue Kerne.
Was hab ich noch im Wald zu tun?
Soll ich nur Krähen schwirren sehn?
Traum – bei Dir vom Irren auszuruhn
Über hundert Nebelseen,
Die unter den Felsbergen stehn.
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Du bist mild mein liebes, herbes Abendlied.
Des Sommers volle Sonne schied,
Herbstmond ist aufgegangen.
Im Sinnen sinkt die Stirn mir sternenmüd,
Kein Herz bleibt an Dir hangen.
War ich in Sorgenträumen wundes Wild
Barbarenwalds der rohen Wieherbäume,
Kommst Du zu mir ganz dicht – mein Herz wird schlicht
Und weiß Not nicht. Und Herbst und Tod
Sind kunterbunte Schäume.
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Blumen blühen im Kühlen
Früh: Licht dämmert wie Nebel,
Mittags brät mich die Sonne,
Abends starr ich ins Feuer,
See brandet die Nacht lang.
Ich lausche dem Wasser,
Wie es vom Felsen fällt,
Ich lausche dem Laub,
Wie es den Baum berauscht.
Primeln sind da,
Veilchen sind da,
Ehrenpreis ist da,
Nur du bist nicht da.
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Ich liebe und weiß nicht wen.
Wir trafen uns am Paß der Jahre
Und freuten uns an unsern Grenzen.
Mir aber drang die Liebe hart ans Herz,
Ich weiß noch immer nicht: zu wem?
Ich freu mich, daß Du bist,
Ich freue mich, daß Du mir bist.
Doch ist mir nicht herzinnig wohl:
Warum läßt Du mich immer wieder los -
Wir machten Halt vor unsern Grenzen.
Ich klage: willst mich zu selten sehn!
Und danke Dir doch Tag und Nacht
Für karge wie wild reiche Gabe.
Wie kalt läßt Du mich warten und beiseitestehn!
O lasse mich nicht mehr im Stich -
Du läßt Dich selber so im Stich.
Wenn wir dann zu einander gehn
Und Du zu fern, fast fremd
Vor Wochen, die entsternt verwehn -
Wie kann die atemlose Stunde uns urglücklich sehn?
Ich liebe und weiß nicht wen.
Wir wollen doch zusammengehn?
Unter Jasmin sanken wir hin.
Ich küsse Blüte, Laub und Gras und Erde.
Aber werden wir nicht höher wandern
In Wälderbergen zu Zyklamen, Enzianen?
Nicht locken Dich die donnerblauen Glockenblumen?
Ich träume, daß wir einst zusammen ineinandergehn.
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In jede Einzelheit verloren
Küsse ich Deine Poren,
Küsse, knabbere, beiß ich Dich wadenaufwärts bis zu den Ohren.
Als Fiebermesser will sich mein Besuchsfuß in Dich versenken,
Ausfüllen den leeren und linden Lieblingsraum.
Ich weiß nicht, wo und wie -
Wohl über dem Knie
Lustwandelnd in Centralparks geweihtem Hain
Die Halbinsel inzwischen, inmitten
Mit dem vortrefflich eisfreien Hafen
Reizt den dort wachsam schlafen
Oder Anker werfen wollenden Geographen.
Ist unter dem Marmarabusen ein Dardanellenschloß
Oder ist es eine verliebte, wilde Landenge,
Die mich stürzt in verzücktes Gedränge
Wortloser Seelengesänge?
Lieben und küssen – nie Dich aus den Armen lassen müssen!
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Komm, mein Kind, und laß uns alle Küsse küssen,
Ewig lange, Wang an Wange.
Rund ist nur die Stunde,
Die mir glüht an Deinem Munde.
Ohne Dich ist Zeit trostlose Wunde,
Gegenwart, der brennende Garten, Vergängnis -
Flammenzuckender Schlange
Funken stieben bange
Zu Asche in Nacht.
Laß mich nicht aufs Leben warten!
Außer Dir lacht mir kein Sein.
Weckst Du mich nicht, schlaf ich ins Nichts hinein.
Rund ist nur die Stunde,
Die mir glüht an Deinem Munde.
Komm, mein Kind, und laß uns alle Küsse küssen,
Ewig lange, Wang an Wange.
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Kuß, der innig stille Schall,
Mundet der glückverstummten Nachtigall.
Da rötet sich mein Mädchen apfelschön,
Läßt im lautlos milden Klang,
Im süßen Seelenzwiegesang
Die reine Seele sehn.
Die Liebe ist der Wunderwildnis
Sternspiegelnd tiefster Brunnen.
Bitteres Leben in heiterer Liebe baden -
Glückewig beim Himmelsfrieden zu Gaste geladen!
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Mein liebes Kind, Du hauptbewehrtes,
Langentbehrtes, liebe-, lust- und glückverklärtes -
Wie wohl leb ich in Deinen Landen,
Seit zwischen uns die Straßen schwanden.
Kann wieder stiller Dinge Laut verstehn,
Auf dem Kopf durch Wände gehn.
Weil die Leute heute noch Geldsprachen sprechen,
Weil in alle Lüfte Fliegerteufel dringen,
Weil der Silberlinge blinde Diener Klingen schwingen,
Freie Vögel niedersingen, niederbringen und verschlingen,
Müssen Kinder bluten, Augen brechen.
Gut, daß Sachen über ihre Menschen lachen -
Weiß, daß tolle Wolkenkratzer mit den zielbewußten Fähren
Längelang in Luftschloßtunnel nachtrausch-urgeheim verkehren.
Weiß, daß Parks die bunten Düfte tauschen,
Während sie der Himmel Farben lauschen.
In Long Beach Schwellwoge rauscht zur Nachbarwelle:
Gern bleib ewig ich bei dir, an deiner Lieblingsstelle -
Sind in tiefem Ineinanderwogen
In neues leben fortgezogen.
Hinweg! In süß verwunschenen, mohnroten Feldern,
In Wildes abendwinddurchwehten Felsenwäldern,
Werden wir Glücksbeeren suchen und mundfinden,
Herzinnig ineinandermunden.
Aufglüht Dein Antlitz mit dem Feuermond zur Abendröte
Und neu erblüht uns Sonnenaufgangs Morgenröte.
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Tausendundeine Nacht
Monate, Monate, Jahre schlaf ich allein, schlafe nicht ein.
Hundert, zweihundert, dreihundert – tausend Nächte.
Glücklich berührt ich fast Deine Brustspitze.
Wie lang kann man davon leben?
Ich lebte davon fast eine Woche.
Von Hochhäusern empfängt längst der Himmel
Wolkenkrätze. Mein Haar bekroch weißer Schimmel.
Was flunkert der Sterne Diamantengefunkel?
Zu wenig Licht sinkt in mein Dunkel.
Im Zwielicht fällt Schnee.
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Grimmig ist das bittere Elend
Sternfern hält Dich Deine kühle Stirn.
Warum spielst Du Auseinander?
Wenn sich unsere Lippen, Zungen stumm vermählen,
Warum läßt Du rasch dann auseinanderflattern unsere Seelen?
Warum bläst der Wind mir Deine Kälte?
Warum sprießen wir nicht ineinander?
Warum fauchst Du fremd an lauen Launentagen?
Bin ich immer noch ein fremdes Ding, ein Fremdling,
Ganz vergebens gestern, morgen, heute
Werbend um die ewig unbekannte Braut der Bräute?
Schämst Du Dich des Überbordens?
Karge nicht, sei kein Fernstsprecher Eisschnee-Nordens!
Sei mir endlich immer nahe, warme, liebe, liebste Liebe.
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Jasmin
Still zittern grün, grün Wiesen;
Gras, unterm Hauch der Brisen,
Singt Dir im Himmelswind:
"Lieb wohl! mein liebes Kind.
Die Tage wehen hin.
Jasmin. Jasmin. Jasmin.
Und gestern war es Flieder.
Wann küsse ich Dich wieder?"
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Wär ich Flieger, würd ich auf Dich fliegen,
Wär ich Krieger, würdest Du mich kriegen.
Wär ich Sieger – würdest mich besiegen.
Liebe kennt kein Brechen oder Biegen,
Liebe kennt kein Überwiegen, Unterliegen,
Liebe ist der Einheit tiefes Ineinanderschmiegen.
Aber – möcht ich Deiner froh die Sterne streifen,
Wird des Schicksals Neid dazwischenkeifen,
Ehe noch die trunkenen Nächte reifen.
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Wann feiern wir den jungen Schnee,
Der sternrein fällt aus Himmels Höh.
Ich habe Sehnsucht nach Dir
Und doch bist immer Du in mir.
Einsame Nacht ist viele Nächte lang.
Über fünfhundert Nächte ganz allein -
Wie gerne tauscht ich hundert ohne Dich
Für eine mit Dir ein.
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An Tlillan Tlapallan
Wann wird uns, rein und frei von Großstadtsorgen
Zärtlich einen Sonnenaufgangsmorgen,
Wann wirst, geborgen unter kühlen Steinen,
Du bei mir glücklich weinen
Und ich Lichttränen küssen Dir von Deinen
Augen, eh sie schmerzlos selig brechen,
Wann wird uns dringend nah die nackte Nacht umschlingen
Mit Freudesternen, durstig wie der Sand am langen See,
Einander werden unserer Seelen Lenden wann begegnen
Und ihren Herztau innig segnen,
Wann wird uns endlich wieder,
Lauschend dem stillen Lied der Lieder,
Fernsprecher, Brief und Köchin stören,
Wann wird uns Nacht auf Nacht ihr eigenes Kamasutram lehren,
Wann werde ich Dich wieder "Na" sagen hören,
Wann wirst Du meinem Mund Dich mit Deinen Brüsten brüsten,
Bis sich die tolle, übervolle schenkt?
Im Träume, Liebling, bewandern Deine Lieblingsstraße,
Zum Liebfrauenberg waldan, talhin wallfahrend mit verliebtem
Griff und Spiel -
Zu lange schliefen wir, eh wir uns riefen,
O Zungenrausch lusttrunken ewigkeitsversunkener Sekunden,
Wann werden Deine Lippen meine Lippen grüßen?
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Dem Galgen aus Süßholz
Wenig hilft es, sich zu sehnen,
Entgegen Dir sich hinzudehnen,
Kommt kein Biß von fernen Zähnen.
Willst nie mich zwicks Deiner ewig zermalmenden Scheren
Neue Zaubermuschelspiele lehren.
Deinen Schnurrbart durft ich nicht mit der Zunge besuchen.
So träumt ich vom Traumwangenflaum.
Deine Brustspitze schien mir ein flüchtiger Ipunkt
Und ich hätte doch gerne gewußt;
Was unter dem Punkt ist?
Schlußpunkt?
Und immer der Duft,
Verfangen im Nabel, im Nacken,
Im betäubenden Achselhaar,
In der stolzen Siegfahne
Über dem langen und wilden Sturmschenkelpaar.
Ich ahne, daß noch was darunter war.
Wie lockt das tiefe, tiefe Tal!
Die Sehnsucht treibt mit drängender Wucht
In Deine, meine Räuberschlucht.
Dort drinnen unter Waldesdunkel im liebsten Haus
Fleißig zu ruhn von allen Mühen aus.
Der Rest war Schweigen, sich Beugen und Neigen
Und Küssen und Trinken von Ort zu Ort.
Ich küsse und kraue Bart um Bart -
O Hütchen, o Pelzchen, o Schleier zart:
Wann wird der Kadett Kapitän langer Fahrt?
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Wie gern wär ich in Dich versunken: nahe Deinen Augen, Wangen
Mit Dir die Wiesenwege her und hingegangen
Im grünen Anger, dem herbstbangen.
Doch Du unruhtest fern von mir, schon lang nicht mehr an meinem Herzen.
Geraume Zeit – viel schwarzer Nächte undurchdringlich dunkle Ewigkeit.
Mich nicht allein zu lassen, drang im Traum
Der überlangen Nacht an mich ein alterswilder Baum,
Brach klagend ab viel wetterkahle Äste,
Wies fahlvergilbten Laubs krachdürre Reste:
"Ich liebe, werb um einer rindenstolzen, immergrünen Bäumin
Dryade: die grünste Nymphe hier, soweit die Teiche reichen.
Hilf mir durch Zaubersprüche! Dörr Nebenbuhler aus durch Flüche!
Hilf mir zu meiner Fee! Darin du badetest: der See
Ward einst von Liebenden geweint,
Bis sie das Unglück felsversteint.
Zwar sah ich nie die Sonne über toten Monden weinen,
Eidechsen weilen nur an heißen Steinen,
Nie Armut klang in die Ohren der Götter,
Der Priester erhabener Sang war Dank an selbstgeknete Retter.
Aber uns alte Bäume hüllt Schneewinter in Jugendträume.
Vielleicht – ergrün ich wieder – schlingt um mich die Glieder der Gnade
Die Frühlingsdryade und es beglücken uns des frischen Frühjahrs
Blütenschäume."
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Aus: Albert
Ehrenstein Werke
Herausgegeben von Hanni Mittelmann
Band 4 / II Gedichte
Klaus Boer Verlag 1997
Biographie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Ehrenstein