Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857) - Liebesgedichte

Joseph Freiherr von Eichendorff

 

Joseph Freiherr von Eichendorff
(1788-1857)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 


Lied
»Ach, daß auch wir schliefen!
Die blühenden Tiefen,
Die Ströme, die Auen
So heimlich aufschauen,
Als ob sie all' riefen:
Dein Liebchen ist tot!
Unter Rosen rot
Ach, daß wir auch schliefen!«

»Hast doch keine Schwingen,
Durch Wolken zu dringen!
Mußt immerfort schauen
Die Ströme, die Auen -
Die werden Dir singen
Von Ihr Tag und Nacht,
Mit Wahnsinnes-Macht
Die Seele umschlingen.«

So singt, wie Sirenen,
Von hellblauen, schönen
Vergangenen Zeiten
Der Abend von weitem,
Versinkt dann in Tönen,
Erst Busen dann Mund,
Im blühenden Grund.
O schweige Sirene!

O wecke nicht wieder!
Denn zaub'rische Lieder
Gebunden hier träumen
Auf Feldern und Bäumen,
Und ziehen mich nieder
So müde vor Weh
Zu tief stillem See -
O weck' nicht die Lieder!

Du kanntest die Wellen
Des Sees, sie schwellen
In magischen Ringen.
Ein wehmütig Singen
Tief unter den Quellen
Im Schlummer dort hält
Verzaubert die Welt.
Wohl kennst Du die Wellen! -

Kühl wird's auf den Gängen,
Von alten Gesängen
Möcht's Herz mir zerspringen.
So will ich denn singen!
Schmerz fliegt ja auf Klängen
Zu himmlischer Lust,
Und still wird die Brust
Auf kühlgrünen Gängen.

Laß fahren die Träume!
Der Mond scheint durch Bäume,
Die Wälder nur rauschen,
Die Täler still lauschen,
Wie einsam die Räume!
Ach, Niemand ist mein!
Herz, wie so allein!
Laß fahren die Träume!

Der Herr wird Dich führen.
Tief kann ich ja spüren
Der Sterne still Walten.
Der Erde Gestalten
Kaum hörbar sich rühren;
Durch Nacht und durch Graus
Gen Morgen nach Haus -
Ja, Gott wird mich führen.
(S. 193-195)
_____



Turteltaube und Nachtigall
(Übertragung aus dem Spanischen)

Bächlein, das so kühle rauschet,
Tröstest alle Vögelein,
Nur das Turteltäubchen trauert.
Weil's verwitwet und allein.

Nachtigallenmännchen draußen
Schmettert so verlockend drein:
Mir vertraue, süße Fraue,
Will dein Lieb, dein Liebster sein!

»Böser, laß die falschen Lieder!
Ruh' auf keinem Zweig, der blüht,
Lass' auf keiner Au mich nieder,
Die von schönen Blumen glüht.

Wo ich finde eine Quelle
Helle in dem grünen Haus,
Mit dem Schnabel erst die Welle
Trüb' ich eh ich trink' daraus.

Einsam soll man mich begraben,
Laß mich trauernd hier allein,
Will nicht Trost, nicht Lust mehr haben,
Nicht dein Weib, noch Liebchen sein!»
(S. 585)
_____



Der Poet

Bin ich fern Ihr: schau' ich nieder
Träumend in die Täler hier,
Ach, ersinn' ich tausend Lieder,
Singt mein ganzes Herz von Ihr.
Doch was hilft die Gunst der Musen,
Daß die Welt mich Dichter nennt?
Keiner frägt, wie mir im Busen
Sorge tief und Sehnsucht brennt.

Ja, darf ich bei Liebchen weilen:
Fühl' ich froh der Stunden Schwall
Wohl melodischer enteilen
Als der schönste Silbenfall,
Will ich singen, Lippen neigen
Sich auf mich, und leiden's nicht,
Und wie gerne mag ich schweigen,
Wird mein Leben zum Gedicht!
(S. 203)
_____



Klage

Blaue Augen, blaue Augen!
Ach, wie gebt ihr süße Peine!
Aus dem schönen Wald unzählig
Stimmen zielen, grüne Scheine,
Und ich lass' mich gern verführen,
Locken Schmerzen so von weiten.
Draußen auf der Waldeswiese
Lass' ich wohl mein Rößlein weiden,
Sinnend steh' ich lang' daneben,
Grüßt mich wie aus fremden Zeiten
Waldesrauschen, Lied der Bronnen,
Ewigblühend grünes Schweigen,
Aus der tiefsten Brust Erinnern
Lang vergeßner goldner Träume -
Und ich muß dann fragen immer,
Ewig fragen: wo Sie weile?
Und das Waldhorn will mir's sagen,
Und das Herz will ewig weinen:
Süße Peine, blaue Augen!
Ewig stehst du in der Weite,
Blühend in den blauen Tagen.
Wolken durch den Himmel eilen,
Liebesblick kommt oft geschossen,
Und es glänzen Feld und Haine,
Und die Klarheit schließt sich wieder,
Und ich stehe so alleine;
Und ich kann mich gar nicht retten
Von den Freuden, von den Leiden,
Und ich kniee und ich bete:
Schöne Fraue, liebe, reine!
Blaue Augen, blaue Augen,
Ach! wie gebt ihr süße Peine!
(S. 47)
_____



An eine junge Tänzerin

Castagnetten lustig schwingen
Seh' ich dich, du zierlich Kind,
Mit der Locken schwarzen Ringen
Spielt der sommerlaue Wind.
Künstlich regst du schöne Glieder,
Glühendwild
Zärtlichmild
Tauchest in Musik du nieder,
Und die Woge hebt dich wieder.

Warum sind so blaß die Wangen,
Dunkelfeucht der Augen Glanz,
Und ein heimliches Verlangen
Schimmert glühend durch den Tanz.
Schalkhaft lockend schaust du nieder,
Liebesnacht
Süß erwacht,
Wollüstig erklingen Lieder -
Schlag' nicht so die Augen nieder!

Wecke nicht die Zauberlieder
In des Venusberges Schoß!
Selbst verzaubert, sinkst du nieder,
Und sie lassen dich nicht los.
Tödlich schlingt sich um die Glieder
Sündlich Glühn,
Und verblühn
Müssen Schönheit, Tanz und Lieder -
Ach, ich kenne dich nicht wieder!
(S. 200-201)
_____


 

Der verliebte Reisende

I.
Da fahr' ich still im Wagen,
Du bist so weit von mir,
Wohin er mich mag tragen,
Ich bleibe doch bei dir.

Da fliegen Wälder, Klüfte
Und schöne Täler tief,
Und Lerchen hoch in Lüften,
Als ob dein' Stimme rief'.

Die Sonne lustig scheinet
Weit über das Revier,
Ich bin so froh verweinet
Und singe still in mir.

Vom Berge geht's hinunter,
Das Posthorn schallt im Grund,
Mein' Seel' wird mir so munter,
Grüß' dich aus Herzensgrund!


II.
Ich geh' durch die dunkeln Gassen
Und wandre von Haus zu Haus,
Ich kann mich noch immer nicht fassen,
Sieht alles so trübe aus.

Da gehen viel Männer und Frauen,
Die alle so lustig sehn,
Die fahren und lachen und bauen,
Daß mir die Sinne vergehn.

Oft wenn ich bläuliche Streifen
Seh' über die Dächer fliehn,
Sonnenschein draußen schweifen,
Wolken am Himmel ziehn:

Da treten mitten im Scherze
Die Tränen ins Auge mir,
Denn die mich lieben von Herzen
Sind alle so weit von hier.
 

III.
Lied, mit Tränen halb geschrieben,
Dorthin über Berg und Kluft,
Wo die Liebste mein geblieben,
Schwing' dich durch die blaue Luft!

Ist sie rot und lustig, sage:
Ich sei krank von Herzensgrund;
Weint sie Nachts, sinnt still bei Tage,
Ja dann sag: ich sei gesund!

Ist vorbei ihr treues Lieben,
Nun, so end' auch Lust und Not,
Und zu allen, die mich lieben,
Fliege, sage: ich sei tot!
 

IV.
Ach Liebchen, dich ließ ich zurücke,
Mein liebes, herziges Kind,
Da lauern viel Menschen voll Tücke,
Die sind dir so feindlich gesinnt.

Die möchten so gerne zerstören
Auf Erden das schöne Fest,
Ach könnte das Lieben aufhören,
So mögen sie nehmen den Rest.

Und alle die grünen Orte,
Wo wir gegangen im Wald,
Die sind nun wohl anders geworden,
Da ist's nun so still und kalt.

Da sind nun am kalten Himmel
Viel tausend Sterne gestellt,
Es scheint ihr goldnes Gewimmel
Weit übers beschneite Feld.

Mein' Seele ist so beklommen,
Die Gassen sind leer und tot,
Da hab' ich die Laute genommen
Und singe in meiner Not.

Ach wär' ich im stillen Hafen!
Kalte Winde am Fenster gehn,
Schlaf ruhig, mein Liebchen, schlafe,
Treu' Liebe wird ewig bestehn!
 

V.
Grün war die Weide,
Der Himmel blau,
Wir saßen beide
Auf glänziger Au.

Sind's Nachtigallen
Wieder, was ruft,
Lerchen, die schallen
Aus warmer Luft?

Ich hör' die Lieder,
Fern, ohne dich,
Lenz ists wohl wieder
Doch nicht für mich.
 

VI.
Wolken, Wälderwärts gegangen,
Wolken, fliegend über's Haus,
Könnt' ich an euch fest mich hangen,
Mit euch fliegen weit hinaus!

Taglang durch die Wälder schweif' ich,
Voll Gedanken sitz' ich still,
In die Saiten flüchtig greif' ich,
Wieder dann auf einmal still.

Schöne, rührende Geschichten
Fallen ein mir, wo ich steh,
Lustig muß ich schreiben, dichten,
Ist mir selber gleich so weh.

Manches Lied, das ich geschrieben
Wohl vor manchem langen Jahr,
Da die Welt vom treuen Lieben
Schön mir überglänzet war.

Find' ich's wieder jetzt voll Bangen:
Werd' ich wunderbar gerührt,
Denn so lang ist das vergangen,
Was mich zu dem Lied verführt.

Diese Wolken ziehen weiter,
Alle Vögel sind erweckt,
Und die Gegend glänzet heiter,
Weit und fröhlich aufgedeckt.

Regen flüchtig abwärts gehen,
Scheint die Sonne zwischendrein,
Und dein Haus, dein Garten stehen
Über'm Wald im stillen Schein.

Doch du harrst nicht mehr mit Schmerzen,
Wo so lang' dein Liebster sei -
Und mich tötet noch im Herzen
Dieser Schmerzen Zauberei.
 

VII.
Mit meinem Saitenspiele,
Das schön geklungen hat,
Komm' ich durch Länder viele
Zurück in diese Stadt.

Ich ziehe durch die Gassen,
So finster ist die Nacht,
Und alles so verlassen,
Hatt's anders mir gedacht.

Am Brunnen steh ich lange,
Der rauscht fort, wie vorher,
Kommt mancher wohl gegangen,
Es kennt mich keiner mehr.

Da hört' ich geigen, pfeifen,
Die Fenster glänzten weit,
Dazwischen drehn und schleifen
Viel' fremde, fröhliche Leut'.

Und Herz und Sinne mir brannten,
Mich trieb's in die weite Welt,
Es spielten die Musikanten,
Da fiel ich hin im Feld.
(S. 125-129)
_____

 

Vom Berge

Da unten wohnte sonst mein Lieb,
Die ist jetzt schon begraben,
Der Baum noch vor der Türe blieb,
Wo wir gesessen haben.

Stets muß ich nach dem Hause sehn
Und seh doch nichts vor Weinen
Und wollt' ich auch hinuntergehn,
Ich stürb' dort so alleine!
(S. 303)
_____

 

Vorbei

Das ist der alte Baum nicht mehr,
Der damals hier gestanden,
Auf dem ich gesessen im Blütenmeer
Über den sonnigen Landen.

Das ist der Wald nicht mehr, der sacht
Vom Berge rauschte nieder,
Wenn ich vom Liebchen ritt bei Nacht,
Das Herz voll neuer Lieder.

Das ist nicht mehr das tiefe Tal
Mit den grasenden Rehen,
In das wir Nachts viel tausendmal
Zusammen hinausgesehen. -

Es ist der Baum noch, Tal und Wald,
Die Welt ist jung geblieben,
Du aber wurdest seitdem alt,
Vorbei ist das schöne Lieben.
(S. 413)
_____

 

Intermezzo

Dein Bildnis wunderselig
Hab' ich in Herzensgrund,
Das sieht so frisch und fröhlich
Mich an zu jeder Stund'.
Mein Herz still in sich singet
Ein altes, schönes Lied,
Das in die Luft sich schwinget
Und zu dir eilig zieht.
(S. 129-130)
_____

 

Minnelied

Denk' ich Dein, muß bald verwehen
Alle Trübnis weit und breit,
Und die frischen Blicke gehen
Wie in einen Garten weit.

Wunderbare Vögel wieder
Singen dort von grüner Au,
Einsam' Engel in die Lieder
Ziehen durch den Himmel blau.

Wolken, Ströme, Schiffe alle
Segeln in die Pracht hinein,
Keines kehrt zurück von allen
Und ich stehe so allein.

Doch der Garten wird zur Rose,
»Ich, die Liebste, bei dir bin!«
Singt nun aus der Blume Schoße
Ewig mir die Zauberin.

Könnt' verblühen diese Rose,
Wär' der Lenz auch nicht mehr schön,
Müßt' ich einsam, freudenlose
Mit der Laute irrend gehn!
(S. 63-64)
_____

 

An die Entfernte

I.
Denk ich, Du Stille, an Dein ruhig Walten,
An jenes letzten Abends rote Kühle,
Wo ich die teu're Hand noch durfte halten:
Steh' ich oft sinnend stille im Gewühle,
Und, wie den Schweitzer heim'sche Alphornslieder
Auf fremden Bergen, fern den Freunden allen,
Oft unverhofft befallen,
Kommt tiefe Sehnsucht plötzlich auf mich nieder.

Ich hab' es oft in Deiner Brust gelesen:
Nie hast Du recht mich in mir selbst gefunden,
Fremd blieb, zu keck und treibend Dir mein Wesen,
Und so bin ich im Strome Dir verschwunden.
O nenn' drum nicht die schöne Jugend wilde
Die mit dem Leben und mit seinen Schmerzen
Mag unbekümmert scherzen,
Weil sie die Brust reich fühlt und ernst und milde!

Getrennt ist längst schon uns'res Lebens Reise,
Es trieb mein Herz durch licht' und dunkle Stunden.
Dem festern Blick erweitern sich die Kreise,
In Duft ist jenes erste Reich verschwunden -
Doch, wie die Pfade einsam sich verwildern,
Was ich seitdem, von Lust und Leid bezwungen,
Geliebt, geirrt gesungen:
Ich knie' vor Dir in all' den tausend Bildern.
 

II.
Als noch Lieb' mit mir im Bunde,
Hatt' ich Ruhe keine Stunde;
Wenn im Schloß noch alle schliefen,
War's, als ob süß' Stimmen riefen,
Tönend bis zum Herzensgrunde:
»Auf! schon gold'ne Strahlen dringen,
Heiter funkeln Wald und Garten,
Neu erquickt die Vögel singen,
Läßt Du so Dein Liebchen warten?«
Und vom Lager mußt' ich springen.

Doch kein Licht noch sah ich grauen,
Draußen durch die nächtlich lauen
Räume und die Wolken flogen,
Daß die Seele, mitgezogen,
Gern versank im tiefen Schauen -
Unten dann die weite Runde,
Schlösser glänzend fern erhoben,
Nachtigallen aus dem Grunde,
Alles wie im Traum verwoben,
Mit einander still im Bunde.

Wach blieb ich am Fenster stehen,
Kühler schon die Lüfte wehen,
Rot schon rings des Himmels Säume,
Regten frischer sich die Bäume,
Stimmen hört' ich fernab gehen:
Und durch Türen, öde Bogen,
Zürnend, daß die Riegel klungen,
Bin ich heimlich ausgezogen,
Bis befreit auf's Roß geschwungen,
Morgenwinde mich umflogen.

Läßt der Morgen von den Höhen
Weit die roten Fahnen wehen,
Widerhall in allen Lüften,
Losgerissen aus den Klüften
Silberner die Ströme gehen:
Spürt der Mann die frischen Geister,
Draußen auf dem Feld, zu Pferde
Alle Ängsten keck zerreißt er,
Dampfend unter ihm die Erde,
Fühlt er hier sich Herr und Meister.

Und so öffnet' ich die schwüle
Brust aufatmend in der Kühle!
Locken fort aus Stirn und Wange,
Daß der Strom mich ganz umfange,
Frei das blaue Meer umspüle,
Mit den Wolken, eilig fliehend,
Mit der Ströme lichtem Grüßen
Die Gedanken fröhlich ziehend,
Weit voraus vor Wolken, Flüssen -
Ach! ich fühlte, daß ich blühend!

Und im schönen Garten droben,
Wie aus Träumen erst gehoben,
Sah ich still mein Mädchen stehen,
Über Fluß und Wälder gehen
Von der heitern Warte oben
Ihre Augen licht und helle,
Wann der Liebste kommen werde. -
Ja! da kam die Sonne schnelle,
Und weit um die ganze Erde
War es morgenschön und helle!
(S. 135-137)
_____

 

Trennung

Denkst Du noch jenes Abends still vor Sehnen,
Wo wir zum letzte(n)mal im Park beisammen?
Kühl standen rings des Abendrotes Flammen,
Ich scherzte wild - du lächeltest durch Tränen.
So spielt der Wahnsinn lieblich mit den Schmerzen
An jäher Schlüfte Rand, die nach ihm trachten;
Er mag der lauernden Gefahr nicht achten,
Er hat den Tod ja schon im öden Herzen.

Ob Du die Mutter auch belogst, betrübtest,
Was andre Leute drüber deuten, sagen, -
Sonst scheu - heut mocht'st Du nichts nach allem fragen,
Mir einzig zeigen nur, wie Du mich liebtest.
Und aus dem Hause heimlich so entwichen,
Gabst Du ins Feld mir schweigend das Geleite,
Vor uns das Tal, das hoffnungsreiche, weite,
Und hinter uns kam grau die Nacht geschlichen.

Du gehst nun fort, sprach sie, ich bleib alleine;
Ach! dürft' ich alles lassen, still und heiter
Mit Dir so ziehn hinab und immer weiter -
Ich sah Dich an - es spielten bleiche Scheine
So wunderbar um Locken Dir und Glieder;
So ruhig, fremd warst Du mir nie erschienen,
Es war, als sagten die versteinten Mienen,
Was Du verschwiegst: Wir sehn uns niemals wieder!

Stumm war ich, als Du endlich stehn geblieben;
Doch da Du weinend lagst an meinem Herzen,
Als sucht'st Du Rettung vor den eignen Schmerzen,
Da fühlt ich Mut, Dich ewig treu zu lieben.
Ich schwang aufs Roß mich, Deinem Arm entwunden
Sah noch einmal Dein weißes Tuch mir winken,
Schloß Garten, - all' die Zauberei versinken -
Wandt' mich noch um - und du warst auch verschwunden.
(S. 213-214)
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I.
Der Lenz mit Klang und roten Blumenmunden,
Holdsel'ge Pracht! wird bleich in Wald und Aue;
Tonlos schweift' ich damals durch's heitre Blaue,
Hatt' nicht das Glüh'n im Tiefsten noch empfunden.

Da sprach Waldhorn von übersel'gen Stunden,
Und wie ich mutig in die Klänge schaue,
Reit't aus dem Wald die wunderschöne Fraue,
O! Niederknie'n, erst's Aufblühn ew'ger Wunden!

Zu weilen, fortzuziehn, schien Sie zu zagen,
Verträumt blühten in's Grün der Augen Scheine,
Der Wald schien schnell zu wachsen mit Gefunkel.

Aus meiner Brust quoll ein unendlich Fragen,
Da blitzten noch einmal die Edelsteine,
Und um den Zauber schlug das grüne Dunkel.
 

II.
Nun ziehen Nebel, falbe Blätter fallen,
Öd' alle Stellen, die uns oft entzücket,
Zum letztenmal tief Rührung uns beglücket,
Wie aus der Flucht so scheidend Lieder schallen.

Wohl manchem blüht aus solchem Tod Gefallen,
Daß er, nun eng an's blüh'nde Herz gedrücket,
Von rotem Munde holdre Sträuße pflücket,
Als Lenz je beut mit Wäldern, Wiesen allen.

Mir sagte niemals ihrer Augen Bläue:
Ruh auch aus! Willst du ewig sinnen?
Und einsam seh' ich so den Sommer fahren.

So will ich tief des Lenzes Blüt' bewahren,
Und mit Erinnern zaubrisch mich umspinnen,
Bis ich nach langem Traum aufwach' im Maie.
(S. 69-70)
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Die späte Hochzeit

Der Mond ging unter - jetzt ist's Zeit. -
Der Bräut'gam steigt vom Roß,
Er hat so lange schon gefreit -
Da tut sich auf das Schloß,
Und in der Halle sitzt die Braut
Auf diamant'nem Sitz,
Von ihrem Schmuck tut's durch den Bau
Ein'n langen roten Blitz. -

Blass' Knaben warten schweigend auf,
Still' Gäste steh'n herum,
Da richt't die Braut sich langsam auf,
So hoch und bleich und stumm.
Sie schlägt zurück ihr Goldgewand,
Da schauert ihn vor Lust,
Sie langt mit kalter, weißer Hand
Das Herz ihm aus der Brust.
(S. 268-269)
_____

 

Nach einem Balle

Der Tanz, der ist zerstoben,
Die Musik ist verhallt,
Wir stehen einsam droben,
Es wird so still und kalt.

Sind alle fortgezogen,
Der Morgen scheint so rot,
Ich steh am Fensterbogen
Und wünscht', ich wäre tot.

Mein Herz möcht mir zerspringen,
Darum so wein' ich nicht,
Darum so muß ich singen;
Bis daß der Tag anbricht.

Bis es beginnt zu tagen -
Der Strom geht still und breit.
Die Nachtigallen schlagen,
Mein Herz wird mir so weit.

Sie hat so weiße Rosen,
Sie ist so still und bleich,
Sie kann wohl fröhlich kosen,
So jung und schmerzenreich. -

Und laß sie gehn und treiben
Und wieder nüchtern sein,
Ich will wohl bei Dir bleiben,
Ich will Dein Liebster sein!
(S. 83)
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Vesper

Die Abendglocken klangen
Schon durch das stille Tal,
Da saßen wir zusammen
Da droben wohl Hundertmal.

Und unten war's so stille
Im Lande weit und breit,
Nur über uns die Linde
Rauscht' durch die Einsamkeit.

Was geh'n die Glocken heute
Als ob ich weinen müßt'?
Die Glocken, die bedeuten,
Daß meine Lieb' gestorben ist!

Ich wollt', ich läg' begraben,
Und über mir rauscht' weit
Die Linde jeden Abend
Von der alten, schönen Zeit!
(S. 268)
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Der armen Schönheit Lebenslauf

Die arme Schönheit irrt auf Erden;
So lieblich Wetter draußen ist,
Möcht' gern recht viel gesehen werden,
Weil jeder sie so freundlich grüßt.

Und wer die arme Schönheit schauet,
Sich wie auf großes Glück besinnt,
Die Seele fühlt sich recht erbauet,
Wie wenn der Frühling neu beginnt.

Da sieht sie viele schöne Knaben,
Die reiten unten durch den Wind,
Möcht' manchen gern am Arme haben,
Ach, hüte dich, du armes Kind!

Da ziehn viel redliche Gesellen,
Die sagen: Hast nicht Geld, noch Haus,
Wir fürchten deine Augen helle,
Wir haben nichts zum Hochzeitsschmaus.

Von andern tut sie sich wegdrehen,
Weil keiner ihr so wohlgefällt,
Die müssen traurig weiter gehen,
Und zögen gern ans End' der Welt.

Da sagt sie: Was hilft mir mein Sehen,
Ich wünscht', ich wäre lieber blind,
Da alle furchtsam von mir gehen,
Weil so gar schön mein' Augen sind. -

Nun sitzt sie hoch auf schlichtem Schlosse,
In schöne Kleider putzt sie sich,
Die Fenster glühn, sie winkt vom Schlosse,
Die Sonne blinkt, das blendet dich.

Die Augen, die so furchtsam waren,
Die haben jetzt so freien Lauf,
Das Kränzlein ist fort aus den Haaren,
Und hohe Federn stehn darauf.

Das Kränzlein ist herausgerissen,
So ohne Scheu sie dich anlacht,
Sie wird dich süß und heimlich grüßen,
Lockt dich zu einer schönen Nacht.

Da sieht sie die Gesellen wieder,
Die fahren unten auf dem Fluß,
Es singen laut die lustgen Brüder,
So furchtbar schallt des Einen Gruß:

»Was bist du für 'ne schöne Leiche!
So wüste wird mir meine Brust.
Wie bist du nun so arm, du Reiche,
Ich hab' an dir nicht weiter Lust!«

Der Wilde hat ihr so gefallen,
Laut schrie sie auf bei seinem Gruß,
Vom Schloß möcht' sie hinunterfallen,
Und unten ruhn im kühlen Fluß.

Sie blieb nicht länger mehr da oben,
Weil alles anders worden war,
Das Herz ist ihr so hoch erhoben,
Da wars so kalt und doch so klar.

Kein Stern wollt' nicht die Nacht erhellen,
Da mußte die Verliebte gehn,
Es rauscht' der Fluß, fern Hunde bellen,
Die Fenster still erleuchtet stehn.

Da legt sie ab die goldnen Spangen,
Den falschen Putz und Ziererei,
Aus dem verstockten Herzen drangen
Die alten Tränen wieder frei.

»Zu lieben und geliebt zu werden,
Ging ich bei schönem Wetter aus,
Jetzt liebt mich Keiner mehr auf Erden,
Jetzt ists so still, wär' ich zu Haus!«

Nun bist du frei von allen Sünden,
Die Lieb' zog triumphierend ein,
Du wirst noch hohe Gnade finden,
Die Seele geht im Hafen ein. -

Der Liebste war ein Jäger worden,
Der Morgen schien so rosenrot,
Da blies er lustig auf dem Horne,
Blies immerfort in seiner Not.
(S. 77-80)
_____

 

Nacht

Die Vöglein, die so fröhlich sangen,
Der Blumen bunte Pracht,
'S ist alles unter nun gegangen,
Nur das Verlangen
Der Liebe wacht.

*

Tritt nicht hinaus jetzt vor die Tür,
Die Nacht hat eignen Sang,
Das Waldhorn ruft, als rief's nach Dir,
Betrüglich ist der irre Klang,
Endlos der Wälder Labyrinth -
Behüt' Dich Gott, Du schönes Kind!
(S. 267)
_____

 

Die Welt ruht still im Hafen,
Mein Liebchen, gute Nacht!
Wann Wald und Berge schlafen,
Treu' Liebe einsam wacht.

Ich bin so wach und lustig,
Die Seele ist so licht,
Und eh' ich liebt', da wußt' ich
Von solcher Freude nicht.

Ich fühl' mich so befreiet
Von eitlem Trieb und Streit,
Nichts mehr das Herz zerstreuet
In seiner Fröhlichkeit.

Mir ist, als müßt' ich singen
So recht aus tiefster Lust
Von wunderbaren Dingen,
Was niemand sonst bewußt.

O könnt' ich alles sagen!
O wär' ich recht geschickt!
So muß ich still ertragen,
Was mich so hoch beglückt.
(S. 102)
_____



Doch magst du immerhin den Jugendfreund vergessen
Wenn schöne Kränze dir die Liebe flicht,
Mag all 's das Schicksal rauben mir, was Schönes ich besessen,
Die Räuberin auch, die Holde, raubt sie nicht.
Wie selbst des Greises Haupt, der Jugend Rosenbilder
Am Abend noch in süßen Schlummer schaukeln,
Den Niebeglückten, die süßen Träum', die milder
Sein Schicksal ihm gemalt, am Morgen noch umgaukeln,
So führt auch meinen sehnsuchtsvollen Blick
In die Vergangenheit das mitleidsvolle Wesen
Und so entfernt von dir und deinem Liebesglück,
Bin ich noch nie so oft so nahe dir gewesen -
O ewig denke ich der bangen Stunde
Die feindlich trennte, was Gott selbst zusammentrug
Ach! Balsam trug die Falsche für die Wunde.
(S. 516-517)
_____

 

Der Schiffer

Du schönste Wunderblume süßer Frauen!
Ein Meer bist Du, wo Flut und Himmel laden,
Fröhlich zu binden von des Grüns Gestaden
Der Wünsche blüh'nde Segel voll Vertrauen.

So schiffend nun auf stillerblühten Auen
In Lockennacht, wo Blicke zaubrisch laden,
Des Mund's Korall'n in weißem Glanze baden,
Wen füllt' mit süßem Schauer nicht solch Schauen!

Viel hab' ich von Syrenen sagen hören,
Stimmen die aus dem Abgrund lockend schallen
Und Schiff und Schiffer ziehn zum kühlen Tode.

Ich muß dem Zauber ew'ge Treue schwören,
Und Ruder, Segel lass' ich gerne fallen,
Denn schönres Leben blüht aus solchem Tode.
(S. 44)
_____

 

Klage

Du warst so herrlich anzuschauen,
So kühn und wild, und doch so lieb;
Dir mußt ich Leib und Seel vertrauen,
Ich mochte nichts was meine blieb.
Da hast du, Falscher, mich verlassen
Und Blumenlust und Frühlingsschein,
Die ganze Welt sah ich erblassen,
Ach Gott, wie bin ich nun allein. -

Wohl Jahre schaut ich von den Höhen
Und grüßte dich viel tausendmal,
Und viele sah ich unten gehen,
Doch du erschienst nicht in dem Tal.
Und mancher Lenz mit bunten Scherzen
Kam und verflog im lust'gen Lauf;
Doch ach, in dem betrognen Herzen
Geht niemals mehr der Frühling auf.

Ein Kränzlein trag ich nun im Haare
In reichen Kleidern schön geschmückt,
Führt mich ein andrer zum Altare;
Die Eltern sind so tief beglückt -
Und fröhlich kann ich mich wohl zeigen,
Die Sonne hell wie damals scheint,
Und vor dem Jauchzen und dem Geigen
Hört niemand wie die Braut still weint.

Die Frühlingslieder neu beginnen,
Du kehrst nach manchem Jahr zurück -
Und stehest still dich zu besinnen,
Wie auf ein längst vergangnes Glück.
Doch wüste liegt der schöne Garten,
Das Haus steht lange öd und leer,
Kein Blick will dein am Fenster warten
Und mich und dich kennt niemand mehr.

Doch eine Lerche siehst du steigen
Vom Tal zum blauen Himmelsport;
Ein Bächlein rauschet dort so eigen,
Als weinte es in einem fort. -
Dort haben sie mich hingetragen,
Bedeckten mir mit Stein den Mund,
Nun kann ich dir nicht einmal sagen -
Wie ich dich liebt' aus Herzensgrund.
(S. 201-202)
_____

 

In Strauss' Stammbuch

Ein Wunderland ist oben aufgeschlagen,
Wo goldne Ströme gehn und dunkel schallen,
Und durch das Rauschen tief' Gesänge hallen,
Die möchten gern ein hohes Wort uns sagen.

Viel goldne Brücken sind dort kühn geschlagen,
Und drüber alte Brüder sinnend wallen,
Und seltsam' Töne oft herunterfallen -
Da will tief' Sehnen uns von hinnen tragen.

Wen einmal so berührt die heil'gen Lieder,
Sein Leben taucht in die Musik der Sterne,
Ein ewig Ziehn in Wundervolle Ferne.

Wie bald liegt da tief unten alles Trübe!
Er knieet ewig betend einsam nieder,
Verklärt im ew'gen Morgenrot der Liebe.
(S. 37)
_____

 

Sonst

Es glänzt der Tulpenflor, durchschnitten von Alleen,
Wo zwischen Taxus still die weißen Statuen stehen,
Mit goldnen Kugeln spielt die Wasserkunst im Becken,
Im Laube lauert Sphynx, anmutig zu erschrecken.

Die schöne Chloe heut spazieret in dem Garten,
Zur Seit' ein Kavalier, ihr höflich aufzuwarten,
Und hinter ihnen leis Cupido kommt gezogen,
Bald duckend sich im Grün, bald zielend mit dem Bogen.

Es neigt der Kavalier sich in galantem Kosen,
Mit ihrem Fächer schlägt sie manchmal nach dem Losen,
Es rauscht der taftne Rock, es blitzen seine Schnallen,
Dazwischen hört man oft ein art'ges Lachen schallen.

Jetzt aber hebt vom Schloß, da sich's im West will röten,
Die Spieluhr schmachtend an, ein Menuett zu flöten,
Die Laube ist so still, er wirft sein Tuch zur Erde
Und stürzet auf ein Knie mit zärtlicher Gebärde.

»Wie wird mir, ach, ach, ach, es fängt schon an zu dunkeln -«
»So angenehmer nur seh' ich zwei Sterne funkeln -«
»Verwegner Kavalier!« - »Ha, Chloe, darf ich hoffen?«
Da schießt Cupido los und hat sie gut getroffen.
(S. 414)
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In Budde's Stammbuch

Es ist ein innig Ringen, Blühn und Sprossen,
Und träumend Rauschen tief in allen Zweigen,
Vor großer Wonne wieder selig' Schweigen,
Und klarer Liebesglanz drum ausgegossen.

Zwei Kindlein ruhn im Glanze, eng umschlossen,
Und goldne Vöglein in den grünen Zweigen,
Und Engel singend auf und nieder steigen -
So ist des Lenzes innerst Herz erschlossen.

Wer wollt' nicht schlummern in der Blume mitten inne? -
Ein Kuß weckt dich von unsichtbarem Munde,
Da ist zu duft'gem Land die Blum' zerronnen,

Und Lieder rufen aus dem blüh'nden Grunde,
Hat Fabel drum ihr magisch Netz gesponnen -
Das ist das alte ew'ge Reich der Minne.
(S. 36-37)
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Waldgespräch

Es ist schon spät, es ist schon kalt,
Was reit'st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist groß, du bist allein,
Du schöne Braut, ich führ' dich heim!

»Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh, Du weißt nicht wer ich bin!«

So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn' ich dich - Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelay.

»Du kennst mich wohl - vom hohen Stein
Schaut still mein Schloß in tiefen Rhein;
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!«
(S. 86)
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Die deutsche Jungfrau

Es stand ein Fräulein auf dem Schloß,
Erschlagen war im Streit ihr Roß,
Schnob wie ein See die finstre Nacht,
Wollt' überschrei'n die wilde Schlacht.

Im Tal die Brüder lagen tot,
Es brannt' die Burg so blutigrot,
In Lohen stand sie auf der Wand,
Hielt hoch die Fahne in der Hand.

Da kam ein röm'scher Rittersmann,
Der ritt keck an die Burg hinan,
Es blitzt sein Helm gar mannigfach,
Der schöne Ritter also sprach:

»Jungfrau komm in die Arme mein!
Sollst Deines Siegers Herrin sein.
Will bau'n Dir einen Pallast schön,
In prächt'gen Kleidern sollst Du geh'n.

Es tun Dein' Augen mir Gewalt,
Kann nicht mehr fort aus diesem Wald,
Aus wilder Flammen Spiel und Graus
Trag' ich mir meine Braut nach Haus!«

Der Ritter ließ sein weißes Roß,
Stieg durch den Brand hinauf ins Schloß,
Viel' Knecht' ihm waren da zur Hand,
Zu holen das Fräulein von der Wand.

Das Fräulein stieß die Knecht' hinab,
Den Liebsten auch ins heiße Grab,
Sie selbst dann in die Flammen sprang,
Über ihnen die Burg zusammen sank.
(S. 152-153)
_____

 

Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
(S- 322-323)
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Liedchen

Euch Wolken beneid' ich
In blauer Luft,
Wie schwingt ihr euch freudig
Über Berg und Kluft!

Mein Liebchen wohl seht ihr
Im Garten gehn,
Am Springbrunnen steht sie
So morgenschön.

Und wäscht an der Quelle
Ihr goldnes Haar,
Die Äugelein helle,
Und blickt so klar.

Und Busen und Wangen
Dürft ihr besehn,
Ich brenn' vor Verlangen,
Und muß hier stehn!

*

Euch Wolken bedaur' ich
Bei stiller Nacht;
Die Erde bebt schaurig,
Der Mond erwacht:

Da führt mich ein Bübchen
Mit Flügeln fein,
Durchs Dunkel zum Liebchen,
Sie läßt mich ein.

Wohl schaut ihr die Sterne,
Weit, ohne Zahl,
Doch bleiben sie ferne
Euch allzumal.

Mir leuchten zwei Sterne
In's Herz hinab,
Die bleiben mir gerne
Nah' bis in's Grab.

Euch grüßt mit Gefunkel
Der Wasserfall,
Und tief aus dem Dunkel
Die Nachtigall.

Doch süßer es tönet
Als Wellentanz,
Wenn Liebchen hold stöhnet:
»Dein bin ich ganz!«

So segelt denn traurig
In öder Pracht!
Euch, Wolken, bedaur' ich
Bei süßer Nacht.
(S. 198-200)
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Das Zaubernetz

Fraue, in den blauen Tagen
Hast ein Netz Du ausgehangen,
Zart gewebt aus seidnen Haaren,
Süßen Worten, weißen Armen.

Und die blauen Augen sprachen,
Wie ich Waldwärts wollte jagen,
»Zieh' mir, Schöner, nicht von dannen,
Sterben muß ich sonst im Garten!«

Und in diesem schönen Garten
Bunte Vögel lieblich sangen,
Schimmernd' Bronnen lustig sprangen,
Und ich blieb so gerne hangen. -

Hörst Du nun den Frühling laden,
Waldhorn gehn im grünen Walde,
Lockend grüßen bunte Flaggen,
Nach dem Sänger fragen alle?

Ach, von euch, ihr bunten Flaggen,
Kann ich, wie von Dir, nicht lassen!
Reisen in den blauen Tagen
Muß der Sänger mit dem Klange.

Flügel hat, den Du gefangen,
Alle Schlingen müssen lassen,
Und er wird Dir fortgetragen
Wie die Vöglein wiederkamen. -

Liebst Du, treu dem alten Sange
Wie dem Sänger mich wahrhaftig,
Laß' Dein Schloß, den schönen Garten,
Führ' Dich ein in Waldesprachten!

Ein weiß' Zelter soll Dich tragen,
Um die schönen Glieder schlanke
Seide himmelblau gespannet,
Als ein süß geschmückter Knabe.

Und dem Jäger wird so bange
Und er läßt die Rehe grasen,
Will nun nimmer von uns lassen
Mit dem frischen Hörnerklange.

Wer von uns verführt den andern,
Ob die Augen Dein es taten,
Meine Laut', des Jägers Blasen,
Ach! wir können's nicht erraten;

Aber um uns dreie alle
Wird der Lenz in grünen Walden
Wohl ein Zaubernetze schlagen,
Dem noch keiner je entkame.
(S. 66-68)
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Der Freiwerber

Frühmorgens durch die Winde kühl
Zwei Ritter hergeritten sind,
Im Garten klingt ihr Saitenspiel,
Wach' auf, wach' auf, mein schönes Kind!

Ringsum viel' Schlösser schimmernd steh'n,
So silbern geht der Ströme Lauf,
Hoch, weit rings Lerchenlieder weh'n,
Schließ' Fenster, Herz und Äuglein auf!

So wie du bist, verschlafen heiß,
Laß allen Putz und Zier zu Haus,
Tritt nur herfür im Hemdlein weiß,
Siehst so gar schön verliebet aus.

Ich hab' einen Fremden wohl bei mir,
Der lauert unten auf der Wacht,
Der bittet schön dich um Quartier,
Verschlaffnes Kind, nimm dich in Acht!
(S. 345-346)
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Mädchen

Gar oft schon fühlt' ich's tief, des Mädchens Seele
Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren.
Da irrt sie nun verstoßen und verloren,
Schickt heimlich Blicke schön als Boten aus,
Daß sie auf Erden suchen ihr ein Haus.
Sie schlummert in der Schwüle, leicht bedeckt,
Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise,
Doch die Gedanken sind fern auf der Reise,
Und auf den Wangen flattert träum'risch Feuer,
Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier.
Der Mann, der da zum erstenmal sie weckt,
Zuerst hinunterlangt in diese Stille,
Dem fällt sie um den Hals vor Freude bang
Und läßt ihn nicht mehr all' ihr Lebelang.
(S. 203)
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Steckbrief

Grüß' euch aus Herzensgrund:
Zwei Augen hell und rein,
Zwei Röslein auf dem Mund,
Kleid blank aus Sonnenschein!

Nachtigall klagt und weint
Wollüstig rauscht der Hain,
Alles die Liebste meint:
Wo weilt sie so allein?

Weil's draußen finster war,
Sah ich viel hellern Schein,
Jetzt ist es licht und klar,
Ich muß im Dunkeln sein.

Sonne nicht steigen mag,
Sieht so verschlafen drein,
Wünschet den ganzen Tag,
Daß wieder Nacht möcht' sein.

Liebe geht durch die Luft,
Holt fern die Liebste ein;
Fort über Berg und Kluft!
Und Sie wird doch noch mein!
(S. 154-155)
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Herbstklage

Herbstnebel ziehn über den Weiher,
Das ist recht des Todes Bild!
Und tagelang sinnet der Reiher
Am Ufer dort einsam wild.

Mein Liebchen das hat mich verlassen,
Die Freunde sind alle weit,
Und Garten und Wälder erblassen,
Und singen von tiefem Leid.

Verschneit liegt bald alles danieder,
Wir selber wir werden alt,
Und kennen einander nicht wieder,
Verkümmert, zerstreut und kalt.

Zum Wald denn! da raset lautschallend
Das Horn durch des Windes Schrein,
Da krachen die Wipfel und fallen
Zum Abgrund Strom, Baum und Stein.

Und Schneewolken jagt's über'n Weiher,
Die Windsbraut singt ihren Gruß,
Rasch stürzt in den Sturm sich der Reiher -
Ach, daß ich hier stehen muß!
(S. 200)
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Neue Liebe

Herz, mein Herz, warum so fröhlich,
So voll Unruh und zerstreut,
Als käm' über Berge selig
Schon die schöne Frühlingszeit?

Weil ein liebes Mädchen wieder
Herzlich an dein Herz sich drückt,
Schaust du fröhlich auf und nieder,
Erd' und Himmel dich erquickt.

Und ich hab' die Fenster offen,
Neu zieh in die Welt hinein
Altes Bangen, altes Hoffen
Frühling, Frühling soll es sein!

Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
Durch die Brust ein Singen irrt,
Doch zu licht ist's mir zum schreiben,
Und ich bin so froh verwirrt.

Also schlendr' ich durch die Gassen,
Menschen gehen her und hin,
Weiß nicht, was ich tu und lasse;
Nur, daß ich so glücklich bin.
(S. 369-370)
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Der junge Ehemann

Hier unter dieser Linde
Saß ich viel tausendmal
Und schaut' nach meinem Kinde
Hinunter in das Tal,
Bis daß die Sterne standen
Hell über ihrem Haus
Und weit in den stillen Landen
Alle Lichter löschten aus.

Jetzt neben meinem Liebchen
Sitz' ich im Schatten kühl,
Sie wiegt ein muntres Bübchen,
Die Täler schimmern schwül,
Und unten im leisen Winde
Regt sich das Kornfeld kaum
Und über uns säuselt die Linde -
Es ist mir noch wie ein Traum.
(S. 371)
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Der Landreuter

Ich ging bei Nacht einst über Land,
Ein Bürschlein traf ich draußen,
Das hat 'nen Stutzen in der Hand
Und zielt auf mich voll Grausen.

Ich renne, da ich mich erbos'
Auf ihn in vollem Rasen,
Da drückt das kecke Bürschlein los
Und ich stürzt' auf die Nasen.

Er aber lacht mir in's Gesicht,
Daß er mich angeschossen,
Cupido war der kleine Wicht -
Das hat mich sehr verdrossen.
(S. 270-271)
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Der Glückliche

Ich hab' ein Liebchen lieb recht von Herzen.
Hellfrische Augen hat's wie zwei Kerzen,
Und wo sie spielend streifen das Feld,
Ach wie so lustig glänzet die Welt!

Wie in der Waldnacht zwischen den Schlüften
Plötzlich die Täler sonnig sich klüften,
Funkeln die Ströme, rauscht himmelwärts
Blühende Wildnis - so ist mein Herz!

Wie vom Gebirge in's Meer zu schauen,
Wie wenn der Seefalk, hangend im Blauen,
Zuruft der dämmernden Erd', wo sie blieb? -
So unermeßlich ist rechte Lieb'!
(S. 367)
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Klage

Ich hab manch Lied geschrieben,
Die Seele war voll Lust,
Von rechtem Tun und Lieben,
Das Beste, was ich wußt'.

Was mir das Herz bewogen,
Das sagte treu mein Mund,
Und das ist nicht erlogen
Was kommt aus Herzensgrund.

Liebchen wußt's nicht zu deuten
Und lacht mir ins Gesicht,
Dreht' sich zu andern Leuten
Und achtet's weiter nicht.

Und spielt mit manchem Tropfe,
Weil ich so tief betrübt,
Mir ist so dumm im Kopfe,
Als wär' ich nicht verliebt.

Ach Gott, wem soll ich trauen,
Will sie mich nicht verstehn,
Tun all' so fremde schauen,
Und alles muß vergehn.

Und alles irrt zerstreuet,
Sie ist so schön und rot,
Ich hab' nichts, was mich freuet,
Ach wär' ich lieber tot!
(S. 82)
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Das Flügelross

Ich hab' nicht viel hienieden,
Ich hab' nicht Geld noch Gut,
Was vielen nicht beschieden,
Ist mein - der frische Mut!

Was andre mag ergötzen,
Das kümmert wenig mich,
Sie leben in den Schätzen,
In Freuden lebe ich.

Ich hab' ein Roß mit Flügeln,
Getreu in Lust und Not,
Das wiehernd spannt die Flügel
Bei jedem Morgenrot.

Mein Liebchen, wie so öde
Wird's oft in Stadt und Schloß
Frisch auf und sei nicht blöde,
Besteig' mit mir mein Roß!

Wir segeln durch die Räume,
Ich zeig' dir Meer und Land,
Wie wunderbare Träume
Tief unten ausgespannt,

Hellblinkend zu den Füßen
Unzähl'ger Ströme Lauf;
Es steigt ein Frühlingsgrüßen
Verhallend zu uns auf.

Und bunt und immer wilder
In Liebe, Haß und Lust
Verwirren sich die Bilder -
Was schwindelt dir die Brust?

So fröhlich still im Herzen,
Zieh' all' ich himmelwärts,
Es kommen selbst die Schmerzen
Melodisch an das Herz.

Der Sänger zwingt mit Klängen,
Was störrig, dumpf und wild,
Es spiegelt in Gesängen
Die Welt sich göttlichmild.

Und unten nun verbrauset
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einsam hauset
Im stillen Himmelsdom.

Und sehn wir dann den Abend
Verhallen und verblühn,
Im Meere kühlelabend
Die heil'gen Sterne glühn:

So lenken wir hernieder
Zu Waldes grünem Haus,
Und ruhn vom Schwung der Lieder
Auf blüh'ndem Moose aus.

O sterndurchwebtes Düstern,
O heimlichstiller Grund,
O süßes Liebesflüstern,
So innig Mund an Mund!

Die Nachtigallen locken,
Mein Liebchen atmet lind'
Mit Schleier zart und Locken
Spielt buhlerisch der Wind.

Und schlaf' denn bis zum Morgen,
So sanft gelehnt an mich!
Süß sind der Liebe Sorgen,
Dein Liebster wacht für dich.

Ich halt' die blüh'nden Glieder,
Vor süßen Schauern bang',
Ich laß dich ja nicht wieder
Mein ganzes Leben lang.

Aurora will sich heben
Du schlägst die Augen auf, -
O wonniges Erbeben,
O schöner Lebenslauf!
(S. 148-150)
_____

 

In der Fremde

Ich hör' die Bächlein rauschen
Im Walde her und hin,
Im Walde in dem Rauschen
Ich weiß nicht, wo ich bin.

Die Nachtigallen schlagen
Hier in der Einsamkeit,
Als wollten sie was sagen
Von der alten, schönen Zeit.

Die Mondesschimmer fliegen,
Als seh' ich unter mir
Das Schloß im Tale liegen,
Und ist doch so weit von hier!

Als müßte in dem Garten
Voll Rosen weiß und rot,
Meine Liebste auf mich warten,
Und ist doch lange tot.
(S. 173-174)
_____

 

Der letzte Gruss

Ich kam vom Walde hernieder,
Da stand noch das alte Haus,
Mein Liebchen sie schaute wieder
Wie sonst zum Fenster hinaus.

Sie hat einen andern genommen,
Ich war draußen in Schlacht und Sieg,
Nun ist alles anders gekommen,
Ich wollt', 's wär wieder erst Krieg!

Am Wege dort spielte ihr Kindlein,
Das glich ihr recht auf ein Haar,
Ich küßt's auf sein rotes Mündlein:
»Gott segne dich immerdar!«

Sie aber schaute erschrocken
Noch lange Zeit nach mir hin,
Und schüttelte sinnend die Locken
Und wußte nicht wer ich bin. -

Da droben hoch stand ich am Baume,
Da rauschen die Wälder so sacht,
Mein Waldhorn das klang wie im Traume
Hinüber die ganze Nacht.

Und als die Vögelein sangen
Frühmorgens, sie weinte so sehr,
Ich aber war weit schon gegangen,
Nun sieht sie mich nimmermehr!
(S. 302-303)
_____

 

Sommerschwüle

I.
Ich klimm' zum Berg und schau' zur niedern Erde
Ich klimm' hinab und schau' die Berge an,
Süß-melancholisch spitzt sich die Gebärde
Und gift'ge Weltverachtung ficht mich an;
Doch will aus Schmerz und Haß nichts Rechtes werden.
Ermanne Dich! - Ich bin doch wohl ein Mann? -
Und ach! wie träge Silb' aus Silbe schleichet,
Mit Not hab' ich den letzten Reim erreichet.

O weg mit Reim und Leierklang und Singen!
Faß', Leben, wieder mich lebendig an!
Mit Deiner Woge will ich freudig ringen,
Die tief mich stürzt, hebt mich auch himmelan.
Im Sturme spannt der Adler seine Schwingen -
Blas' zu! da spür' ich wieder, daß ich Mann!
Viel lieber will ich raschen Tod erwerben,
Als, so verschmachtend, lebenslang zu sterben.
 

II.
Die Nachtigall schweigt, sie hat ihr Nest gefunden
Träg' ziehn die Quellen, die so kühle sprangen,
Von trüber Schwüle liegt die Welt umfangen,
So hat den Lenz der Sommer überwunden.

Noch nie hat es die Brust so tief empfunden,
Es ist, als ob viel' Stimmen heimlich sangen:
»Auch Dein Lenz, froher Sänger, ist vergangen,
An Weib und Kind ist nun der Sinn gebunden!«

O komm, Geliebte, komm' zu mir zurücke!
Kann ich nur Deine hellen Augen schauen,
Fröhlich Gestirn in dem verworr'nen Treiben:

Wölbt hoch sich wieder des Gesanges Brücke,
Und kühn darf ich der alten Lust vertrauen,
Denn ew'ger Frühling will bei Liebe bleiben.
(S. 218-219)
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Vom Strande
(Übertragung aus dem Spanischen)

Ich rufe vom Ufer
Verlorenes Glück,
Die Ruder nur schallen
Zum Strande zurück.
Vom Strande, lieb' Mutter,
Wo der Wellenschlag geht,
Da fahren die Schiffe,
Mein Liebster drauf steht.
Je mehr ich sie rufe,
Je schneller ihr Lauf,
Wenn ein Hauch sie entführet,
Wer hielte sie auf?
Der Hauch meiner Klagen
Die Segel nur schwellt,
Je mehr mein Verlangen
Zurücke sie hält!
Verhielt' ich die Klagen:
Es löst' sie der Schmerz
Und Klagen und Schweigen
Zersprengt mir das Herz.

Ich rufe vom Ufer
Verlorenes Glück,
Die Ruder nur schallen
Zum Strande zurück.

So flüchtige Schlösser,
Wer könnt' ihn'n vertraun
Und Liebe, die bliebe,
Mit Freuden drauf baun?
Wie Vögel im Fluge,
Wo ruhen sie aus?
So eilige Wandrer
Sie finden kein Haus,
Zertrümmern der Wogen
Grünen Krystall,
Und was sie berühren
Verwandelt sich all',
Es wandeln die Wellen
Und wandelt der Wind -
Meine Schmerzen im Herzen
Beständig nur sind.

Ich rufe vom Ufer
Verlorenes Glück,
Die Ruder nur schallen
Zum Strande zurück.
(S. 583-584)
_____

 

Begegnung

Ich wandert' in der Frühlingszeit,
Fern auf den Bergen gingen
Mit Geigenspiel und Singen
Viel' lust'ge Hochzeitsleut',
Das war ein Jauchzen und Klingen!
Es blühte rings in Tal und Höh'n,
Ich konnt' vor Lust nicht weitergeh'n.

Am Dorfe dann auf grüner Au
Begannen sie den Reigen
Und durch den Schall der Geigen
Lacht' laut die junge Frau,
Ihr Stimmlein klang so eigen,
Ich wußte nicht, wie mir gescheh'n -
Da wandt' sie sich in wildem Dreh'n.

Es war mein Lieb! 's ist lange her,
Sie blickt' so ohne Scheue,
Verloren ist die Treue,
Sie kannte mich nicht mehr -
Da jauchzt' und geigt's auf's neue,
Ich aber wandt' mich fort in's Feld,
Nun wandr' ich bis an's End' der Welt!
(S. 131)
_____

 

Frühlings-Netz

Im hohen Gras der Knabe schlief,
Da hört' er's unten singen,
Es war, als ob die Liebste rief,
Das Herz wollt' ihm zerspringen.

Und über ihm ein Netze wirrt
Der Blumen leises Schwanken,
Durch das die Seele schmachtend irrt
In lieblichen Gedanken.

So süße Zauberei ist los,
Und wunderbare Lieder
Geh'n durch der Erde Frühlingsschoß,
Die lassen ihn nicht wieder.
(S. 364-365)
_____

 

Lied

In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht' als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen
Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör' ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will,
Ich möcht' am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still.
(S. 84)
_____

 

Abschied und Wiedersehen

I.
In süßen Spielen unter nun gegangen
Sind Liebchens Augen, und sie atmet linde,
Stillauschend sitz' ich bei dem holden Kinde,
Die Locken streichelnd ihr von Stirn und Wangen.

Ach! Lust und Mond und Sterne sind vergangen,
Am Fenster mahnen schon die Morgenwinde,
Daß ich vom Nacken leis die Arme winde,
Die noch im Schlummer lieblich mich umfangen.

O öffne nicht der Augen süße Strahle!
Nur Einen Kuß noch - und zum letztenmale
Geh' ich von Dir durchs stille Schloß hernieder.

Streng greift der eis'ge Morgen an die Glieder,
Wie ist die Welt so klar und kalt und helle -
Tiefschaurend tret' ich von der lieben Schwelle.
 

II.
Ein zart Geheimnis webt in stillen Räumen,
Die Erde löst die diamantnen Schleifen
Und nach des Himmels süßen Strahlen greifen
Die Blumen, die der Mutter Kleid besäumen.

Da rauscht's lebendig draußen in den Bäumen,
Aus Osten langen purpurrote Streifen,
Hoch Lerchenlieder durch das Zwielicht schweifen -
Du hebst das blühn'de Köpfchen hold aus Träumen.

Was sind's für Klänge, die ans Fenster flogen?
So altbekannt verlocken diese Lieder,
Ein Sänger steht im schwanken Dämmerscheine. -

Wach' auf! Dein Liebster ist fernher gezogen
Und Frühling ist's auf Tal und Bergen wieder,
Wach auf, wach auf! nun bist Du ewig meine.
(S. 212-213)
_____

 

Der Soldat

I.
Ist auch schmuck nicht mein Rößlein,
So ist's doch recht klug,
Trägt im Finstern zu 'nem Schlößlein
Mich rasch noch genug.

Ist das Schloß auch nicht prächtig:
Zum Garten aus der Tür
Tritt ein Mädchen doch allnächtig
Dort freundlich herfür.

Und ist auch die Kleine
Nicht die Schönst' auf der Welt,
So gibt's doch just Keine
Die mir besser gefällt.

Und spricht sie vom Freien:
So schwing' ich mich auf mein Roß -
Ich bleibe im Freien
Und sie auf dem Schloß.
 

II.
Wagen mußt du und flüchtig erbeuten,
Hinter uns schon durch die Nacht hör' ich's schreiten,
Schwing' auf mein Roß dich nur schnell
Und küß' noch im Flug mich, wildschönes Kind,
Geschwind,
Denn der Tod ist ein rascher Gesell.
(S. 190-191)
_____

 

Maria

»Ist der Frühling nicht gekommen,
Sinn'ge Farben still entglommen?
Hab ich nicht den Schleier 'hoben,
Zart aus Blumenduft gewoben?
Gegenüber kannst Du sitzen,
In des Kranzes funkelnd Blitzen,
In die stillen offnen Augen,
Himmelblau im Herzen, schauen,
Was dich ängstet mir vertrauen;
Muß dann weinen mit Dir sehr,
Sag', was willst Du dann noch mehr?«

Ewig werd' ich schweigen müssen,
Denn wohl niemand darf es wissen,
Was die Wünsche lang verschließen:
Möcht Dich gern recht herzlich grüßen,
Rühren nur den Mund, den süßen,
Sterben gerne so im Küssen.
(S. 34)
_____

 

Liebe in der Fremde

I.
Jeder nennet froh die Seine,
Ich nur stehe hier alleine,
Denn was früge wohl die Eine:
Wen der Fremdling eben meine?
Und so muß ich, wie im Strome dort die Welle,
Ungehört verrauschen an des Frühlings Schwelle.
 

II.
Wie kühl schweift sich's bei nächt'ger Stunde,
Die Zitter treulich in der Hand!
Vom Hügel grüß ich in die Runde
Den Himmel und das stille Land.

Wie ist da alles so verwandelt
Wo ich so fröhlich war, im Tal.
Im Wald wie still! der Mond nur wandelt
Nun durch den hohen Buchensaal.

Der Winzer Jauchzen ist verklungen
Und all der bunte Lebenslauf,
Die Ströme nur, im Tal geschlungen,
Sie blicken manchmal silbern auf.

Und Nachtigallen wie aus Träumen
Erwachen oft mit süßem Schall,
Erinnernd rührt sich in den Bäumen,
Ein heimlich Flüstern überall. -

Die Freude kann nicht gleich verklingen,
Und von des Tages Glanz und Lust
Ist so auch mir ein heimlich Singen
Geblieben in der tiefsten Brust.

Und fröhlich greif ich in die Saiten,
O Mädchen jenseits über'm Fluß,
Du lauschest wohl und hörst's von weiten
Und kennst den Sänger an dem Gruß!
 

III.
Über die beglänzten Gipfel
Fernher kommt es wie ein Grüßen,
Flüsternd neigen sich die Wipfel
Als ob sie sich wollten küssen.

Ist er doch so schön und milde!
Stimmen gehen durch die Nacht,
Singen heimlich von dem Bilde -
Ach, ich bin so froh verwacht!

Plaudert nicht so laut, ihr Quellen!
Wissen darf es nicht der Morgen!
In der Mondnacht linde Wellen,
Senk' ich stille Glück und Sorgen. -
(S. 227-229)
_____

 

Jetzt wandr' ich erst gern!
Am Fenster nun lauschen
Die Mädchen, es rauschen
Die Brunnen von fern.
Aus schimmernden Büschen
Ihr Plaudern so lieb
Erkenn' ich dazwischen,
Ich höre mein Lieb!

Kind hüt' dich! bei Nacht
Pflegt Amor zu wandern,
Ruft leise die andern,
Da schreiten erwacht
Die Götter zur Halle
In's Freie hinaus,
Es bringt sie dir alle
Der Dichter in's Haus.
(S. 310)
_____

 

Aussicht

Komm zum Garten denn, Du Holde!
In den warmen, schönen Tagen
Sollst Du Blumenkränze tragen,
Und vom kühl krystall'nen Golde
Mit den frischen, roten Lippen,
Eh' ich trinke, lächelnd nippen.
Ohne Maß dann, ohne Richter,
Küssend, trinkend singt der Dichter
Lieder, die von selbst entschweben:
Wunderschön ist doch das Leben!
(S. 364)
_____

 

Das kalte Liebchen

Er. Laß mich ein; mein süßes Schätzchen!
Sie. Finster ist mein Kämmerlein.
Er. Ach, ich finde doch mein Plätzchen.
Sie. Und mein Bett ist eng und klein.

Er. Fern komm' ich vom weichen Pfühle;
Sie. Ach, mein Lager ist von Stein!
Er. Draußen ist die Nacht so kühle.
Sie. Hier wird's noch viel kühler sein.

Er. Sieh! die Sterne schon erblassen.
Sie. Schwerer Schlummer fällt mich an. -
Er. Nun, so will ich schnell Dich fassen.
Sie. Rühr' mich nicht so glühend an!

Er. Fieberschauer mich durchbeben.
Sie. Wahnsinn bringt der Toten Kuß.
Er. Weh! es bricht mein junges Leben!
Sie. Mit ins Grab hinunter muß.
(S. 208)
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Echte Liebe

Lau in der Liebe mag ich nimmer sein, -
Kalt oder brennend wie ein lohes Feuer!
O, Lust und Leiden sind nur farblos, klein,
Wo Liebe nicht ergriffen hat das Steuer!

Wer noch bei Sinnen, ist kein rechter Freier;
Wirf von dir ohne Zagen all was dein,
Der stirbt vor Liebe nicht, ein halbgetreuer,
Wer von der Liebe mehr verlangt, als Pein.

Gleichwie ein Schiff, wenn sich die Wetter schwärzen,
An jähen Klippen treibt bei finstrer Nacht,
Auf weitem Meer der Wind' und Wogen Spiel,

So auf dem wüsten Meere meiner Schmerzen
Such' ich, auf neue Leiden nur bedacht,
Im Hoffnungslosen meines Glückes Ziel.
(S. 601)
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Winter

Legst du dich ins Leichenkleid,
Meiner Heimat Aue,
Bist zum Sterben still bereit,
Ohne daß dir graue?

Als dein goldner Halm verschwand,
Floh von dir die Lerche;
Bald an grauer Wolken Rand
Zogen fern die Störche;

Auch das gelbe Laub entwich
Bei der Winde Stöhnen,
Leise nur beträufelt dich
Schnee mit kalten Tränen.

Und so einsam bleich und kahl
Sinkst du gern in Schlummer,
Lächelst noch dem Sonnenstrahl,
Sterbend ohne Kummer?

Ja, du kannst es, ahnst das Glühn
Künft'ger Frühlingssonne,
Die dich weckt zum lichten Blühn
Süßer Maienwonne.

Veilchen weckt ja schon der März,
Mai der Vögel Lieder, -
Aber ein gebrochen Herz
Weckt kein Frühling wieder.
(S. 575-576)
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Anklänge

I.
Liebe, wunderschönes Leben,
Willst du wieder mich verführen
Soll ich wieder Abschied geben
Fleißig ruhigem Studieren?

Offen stehen Fenster, Türen,
Draußen Frühlingsboten schweben,
Lerchen schwirrend sich erheben,
Echo will im Wald sich rühren.

Wohl da hilft kein Widerstreben,
Tief im Herzen muß ich's spüren:
Liebe, wunderschönes Leben,
Wieder wirst du mich verführen!

II.
Hoch über stillen Höhen,
Stand in dem Wald ein Haus,
So einsam war's zu sehen
Dort über'n Wald hinaus.

Ein Mädchen saß darinnen
Bei stiller Abendzeit,
Tät seiden Fäden spinnen
Zu ihrem Hochzeitskleid.


III.
Jagdlied

Durch schwankende Wipfel
Schießt güldener Strahl,
Tief unter den Gipfeln
Das neblichte Tal.
Fern hallt es am Schlosse,
Das Waldhorn ruft,
Es wiehern die Rosse,
In die Luft, in die Luft!

Bald Länder und Seen
Durch Wolkenzug
Tief schimmernd zu sehen
In schwindelndem Flug,
Bald Dunkel wieder
Hüllt Reiter und Roß,
O Lieb' o Liebe
So laß' mich los! -

Immer weiter und weiter
Die Klänge zieh'n,
Durch Wälder und Heiden
Wohin, ach wohin?
Erquickliche Frische
Süß-schaurige Lust!
Hoch flattern die Büsche
Frei schlägt die Brust.
(S. 361-362)
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Lieber, lieber kleiner Eros,
Ach! erbarme Dich!
Heil' die Wunde, die dein Pfeil schoß.
Sonst ach! töt' sie mich.

Sieh, schon welken meine Wangen
Sonst ein Bild der Kraft
Trauernd jetzt wie Blüten hangen,
Die kein Regen rafft,

Siehst du hier die kleine Leier,
Die Apoll mir gab?
Tönen soll sie deine Feier
Tönen bis ins Grab.

Nie solls Mavors Kunst gelingen
Seiner Waffen Glanz
Mir ein Liedchen abzuzwingen.
Deinen Myrtenkranz
Nur, o Eros, will ich singen.
(S. 512)
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Verlorene Liebe

Lieder schweigen jetzt und Klagen,
Nun will ich erst fröhlich sein,
All' mein Leid will ich zerschlagen
Und Erinnern - gebt mir Wein!
Wie er mir verlockend spiegelt
Sterne und der Erde Lust,
Stillgeschäftig dann entriegelt
All' die Teufel in der Brust,
Erst der Knecht und dann der Meister
Bricht er durch die Nacht herein,
Wildester der Lügengeister,
Ring' mit mir, ich lache dein!
Und den Becher voll Entsetzen
Werf' ich in des Stromes Grund,
Daß sich nimmer dran soll letzen
Wer noch fröhlich und gesund!

Lauten hör' ich ferne klingen,
Lust'ge Bursche zieh'n vom Schmaus,
Ständchen sie den Liebsten bringen,
Und das lockt mich mit hinaus.
Mädchen hinter'm blüh'nden Baume
Winkt und macht das Fenster auf
Und ich steige wie im Traume
Durch das kleine Haus hinauf.
Schütt'le nur die dunklen Locken
Aus dem schönen Angesicht!
Sieh, ich stehe ganz erschrocken:
Das sind ihre Augen licht,
Locken hatte sie wie deine,
Bleiche Wangen, Lippen rot -
Ach, du bist ja doch nicht meine,
Und mein Lieb ist lange tot!
Hättest du nur nicht gesprochen
Und so frech geblickt nach mir,
Das hat ganz den Traum zerbrochen
Und nun grauet mir vor dir.
Da nimm Geld, kauf Putz und Flimmern,
Fort und lache nicht so wild!
O ich möchte dich zertrümmern,
Schönes, lügenhaftes Bild!
Spät von dem verlor'nen Kinde
Kam ich durch die Nacht daher,
Fahnen drehten sich im Winde,
Alle Gassen waren leer.
Oben lag noch meine Laute
Und mein Fenster stand noch auf,
Aus dem stillen Grunde graute
Wunderbar die Stadt herauf.
Draußen aber blitzt's von weiten,
Alter Zeiten ich gedacht',
Schauernd reiß' ich in den Saiten
Und ich sing' die halbe Nacht.
Die verschlaf'nen Nachbarn sprechen,
Daß ich nächtlich trunken sei -
O du mein Gott! und mir brechen
Herz und Saitenspiel entzwei!
(S. 310-312)
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An A. S.

Mädchen, welches Glutverlangen
Seel' an Seel' und Mund an Mund
Sanft geschmiegt, Dich zu umfangen,
Flammet mir im Busen auf?

Sieh, froh stimmt' mit Kindertriebe
Ich zum Frühlingslied mein Spiel;
Da tratst du hervor, und Liebe,
Liebe tönt das Saitenspiel.

Tausend junge Leben raffen
Aus der Seele Abgrund sich,
Und zum Jüngling umgeschaffen,
Fühlt der Knabe staunend sich. -

Einen Blick nur, der mit hellen
Strahl von Herz zu Herzen spricht! -
Und durch tausend Schicksals-Wellen
Stürz ich trunken zu dir hin.

Mit dem Tode will ich scherzen,
Ringen mit Unmöglichkeit,
Bis ich ach! an meinem Herzen
Deines Busens Wogen fühl'!

Bis an deinem Purpurmunde
Bebend meine Lippe glüht,
Und zum ew'gen heilgen Bunde
Seel' in Seele überströmt.

O dann halt ich dich umschlungen,
Trotzend jeglicher Gewalt,
Bis vom Staub' emporgeschwungen
Unser Geist vereint entschwebt.

Doch hinweg du Freudenträne,
Weg du süßer Fiebertraum,
Ach! sie liebt mich nicht, o töne
Bange Schwermut mein Gesang!
(S. 523-524)
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Liebe
Ode

Mädchen, wenn in deiner Reize
Wonnemeer mein Blick sich taucht,
Wenn von deinem Purpurmunde
Heiße Sehnsucht mich durchhaucht;

O, wie schwind't dann jeder Wunsch, der
Kühn sonst in die Zukunft sah,
Einer nur steht allverschlingend
Und allmächtig vor mir da!

Ach, der Wunsch, hinwegzuküssen
Von der Lippen zarten Rot
Sanft Vergessen des Vergangnen,
Kraft für Zukunft, Mut für Tod!

Auf dann lodern alle Kräfte,
Die, in düstrer Nacht versteckt,
In des Herzens Räumen schliefen,
Von der Liebe Tag geweckt.

Nieder stürzt der Täuschung Vorhang
Den des Menschen Sinne ziehn,
Nichtig und im bunten Wechsel,
Schwebt, was irdisch ist, dahin!

Nur die Lieb', die ew'ge Schöne
Streckt ihr Haupt den Sternen zu;
Unstet kreisen Welt und Zeiten -
Sie geneußt und spendet Ruh!

Sieh - es sinkt die alte Welt mir
Vor des Geistes kühnem Lauf;
Rosig strahlt mir eine neue -
Eine Welt der Liebe auf!

Offen, offen steht der Himmel!
Auf, frei von der Tierheit Last,
Auf zum Vater, wo die Wesen
Alle heil'ge Lieb' umfaßt!
(S. 522-523)
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Der Kadett

Meine Liebste die ist von allen
Grade die Schönste nicht,
Doch hat mir eben gefallen
Ihr spielendes Augenlicht.

Da kann ich von Glücke sagen,
Denn wär' sie die Schönste just,
Müßt' ich mit Allen mich schlagen
Um die Eine nach Herzenslust.
(S. 365)
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Die Nachtigallen

Möcht' wissen, was sie schlagen
So schön bei der Nacht,
's ist in der Welt ja doch niemand
Der mit ihnen wacht.

Und die Wolken die reisen,
Und das Land ist so blaß,
Und die Nacht wandert leise
Durch den Wald über's Gras.

Nacht, Wolken, wohin sie gehen
Ich weiß es recht gut,
Liegt ein Grund hinter den Höhen,
Wo meine Liebste jetzt ruht.

Zieht der Einsiedel sein Glöcklein,
Sie höret es nicht,
Es fallen ihr die Löcklein
Über's ganze Gesicht.

Und daß sie niemand erschrecket,
Der liebe Gott hat sie schier
Ganz mit Mondschein bedecket,
Da träumt sie von mir.
(S. 407)
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Der Kämpe

Nach drei Jahren kam gefahren
Einsam auf dem Rhein ein Schiff,
Drin gebunden und voll Wunden
Lag ein Rittersmann und rief:

»Still den Garten schön tust warten
Bleibst am Fenster ofte steh'n,
Ruhig scheinst Du, heimlich weinst Du,
Wie die Schiffe unten geh'n.«

»Was vertraust Du, warum baust Du
Auf der Männer wilde Brust,
Die das Blut ziert und der Streit rührt
Und die schöne Todeslust!«

Oben spinnend, saß sie sinnend -
Schwanden Schiff und Tageslicht,
Was er sunge, war verklungen,
Sie erkannt' den Liebsten nicht.
(S. 36)
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O bei dem schönen, göttlichen Gedanken
Geliebt zu sein vom edlern Teil der Welt,
Bei diesem Wunsch, der aus der Hoffnung Schranken
So früh als Würklichkeit sich dir entgegenstellt,
Bei dem beschwör' ich Dich - laß nie die Unschuld schwanken,
Die sich dein Herz zum Heiligtum gewählt!
Wie Epheu an der Ulme mächt'gen Ranken
Festschmiegend sich mit zarten Armen hält,
So schmiege Dich an sie; - Mag alles dann auch wanken
Dann blühet dieser Stamm, von keinem Sturm gefällt;
Hält er allmächtig Dich wenn auch die Eisenrechte
Des Winters einst dir Blatt und Blüt' entstreift.
O pflege sie, der Unschuld zarte Pflanze
Sie ists allein, aus der die reinste Freude träuft,
Und dräun ihr auch der Bosheit schwarze Mächte,
So denk' daß sie für beßre Welten rechte
Folg' nie den <...> Flitterglanze
Mit dem ach! Modewitz und Ziererei sich prahlt!
Durchschaue sie mit des Verstandes scharfen Blicke,
Und düster wird, was sonst an ihnen strahlt;
Und nackt - bedauernswürdig arm - stehn beid' vor deinem Blicke!
O laßt dem Armen doch, dem die Natur ach! viele
Der Gaben Anderer stiefmütterlich versagt',
Laßt ihm das Mäntelchen, daß er die Mängel drein verhülle!
Und dem Vernünftigern nur doppelt seine Schwäche klagt.
Doch wen Natur mit ihrer Götterfülle
Umgürtet sandte in das Erdenrunds Gewühl
Beglückt zu sein, und andre zu beglücken,
Dem ziemt es wahrlich nicht, uneingedenk der eignen Kraft
Mit fadem Flittergolde sich zu schmücken.
Die Toren glauben dich - Natur - ach! zu beschämen;
Und wissen nicht, daß sie dadurch, was du ihn' gabst, sich nehmen
Wie viel' verfehlten nicht, von Sucht stets zu gefallen,
Berauscht schon des edlen Beifalls schöne Hallen?
Drum folge stets der weichen Hand der waltenden Natur,
Die sicher ihren Freund durchs Tal des Dunkels leitet
Nicht Eitelkeit, noch Stadtgeschwätz trenn' dich von ihrer Spur.
Vertrau' nur einzig ihr; sie täuscht dich nicht, sie deutet
Allein die weis' verborgne Rosenbahn
Zum Heiligtum der Grazien Dir an.
Und hast du sie erreicht, die lichten Höhen,
Wo, holdumkränzt von ewig grüner Myrt'
Sanft Edens Zauberlüfte dich umwehen,
Daß lebend plötzlich tote Schönheit wird,
Dann selig du! - Getrost dann kannst du sehen
Wie auch des schönsten Tages Abendschimmer
In der Vergangenheit Ocean entsinkt,
Da schönre Zukunft noch dir immer
Aus jeder neuen Morgenröte täglich winkt. -
Nie welkt dann deines Lorbeers schöne Blüte,
Nie wird vom rauhen Sturme sie entweiht,
Ob Mißgunst auch im niedern Abgrund wüte,
Sie steht unerreicht - erhaben über Neid!
Und reicht aus ihrer Freuden Zauberland
Der Unschuld schönrer Himmelspreis, die Liebe
Dir freundlich dann die ewig jugendliche Hand,
Dann freue Mädchen dich - Sie, die mit heil'gem Band
Ans Himmlische, an Gott knüpft deine Triebe:
Und schön vereint von ihrem Hauch, durchschweben
Genuß und Tugend friedlich dann dein Leben.
Ja! schön ist es, und wert darnach zu streben;
Für den, dem Kräfte g'nug im Innern leben,
Sich über Niedrigkeit und Sinnenwut zu heben,
Mit zarter Liebe Morgenröte zu umweben,
Was lichtlos starrt in unser Leben,
Sanft auszuruhen an der Lieben Busen
Von der Gemeinheit ew'gen Alltagsgang;
Gewaltger tönt ihm ins Herz der Musen
Der Menschentrösterinnen Seelenruf,
Was schöner strahlet dem erstaunten Blicke,
Was Schönes je Natur und Kunst erschuf!
Nicht mehr vertrauet er des schnellen Glückes Tücke
Sein eignes Herz verschließt sein einzig Glück!
Doch ach! vom Erdenrund entwich einst auch der Liebe Glück,
Als schwach sein Paradies der erste Mensch entweihte,
Und selten nur erspäht ein heller Blick
Entschleiert nun die zürnende Verscheute.
Nur wer ein neues Paradies im Busen pflanzt und hegt,
Dem kehrt von selbst die Göttin hold zurück,
So still, daß er's kaum merkt, was ihn so himmlisch regt.
Ja, Unschuld nur kann Liebe ganz verstehen,
Die Lieb' allein ist zarter Seelen zarter Lohn.
O Gott! wer wollt' dann freudig nicht das Pfädchen gehen,
Weht ihm am Ziel der Liebe Palmenkron'?!
O Liebe, heil'ge Götterliebe, blüht
Auch mir dein holder Kranz hienieden?
Ach! oder ist mein liebend Herz umsonst bemüht,
Hier zu erspäh'n des Herzens gold'nen Frieden?
Ist meiner Liebe Furcht etwa für jene Welt,
Wo ew'ge Lieb die seligen umfängt, beschieden?
Ach, düster steigt in meines Herzens Räumen
Wie ein Gespenst die Unglücksfrage auf,
Und in des Lebens schönsten Blütenträumen
Steht zwischen Hoffnung und Erfüllung sie.
Seit meiner Stunden Freudenlauf
Der Trennung Hand, o C†††, so grausam mir zerrissen.
Seit mich des Schicksals harter Spruch von dir gewiesen,
Seh' ich in Nacht das All um mich versinken,
Aus deinen Blicken mehr <k> ein reines Licht zu trinken!
Bald seh' ich's flieh'n, das Glück, aus meiner Ferne,
Früh sind verloschen meiner Liebe Sterne.
(S. 517-519)
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O, ewig denke ich der bangen Abendstunde,
Da uns, vereint, zum letztenmal das Abendrot beschien,
In heil'ger Dämm'rung schwieg des Erdkreis' weite Runde
Und trauernd starrten wir in's öde Dunkel hin.
Dort standen wir am wohlbekannten Hügel,
Umgoldet lag vom <...> Mondesstrahl
Und schön umhüllt von sanfter Ruhe Schwanenflügel,
Tief unter uns, des Friedens Bild das Tal.
Und über uns in reinern Ätherlüften,
Da strömte mildes Licht des Abends sanfte Glut,
Und silbern nur, wie Schwanenflug, durchschifften
Zwi Wölkchen sanft vereint die blaue Sternenflut.
Noch glänzten sie von Luna's Strahlenkranze,
Doch fort riß sie mit sich des Abendwindes Drang,
Und weiter stets entschwebten sie dem Glanze,
Bis endlich sie der Ferne Nacht verschlang.
So, gold'nes Mädchen, so, ach! wallten
Tief auch im Busen mir der Zukunft Schreckgestalten.
Nicht Rosenträume mehr, wie ehe,
Von schöner Hoffnung Morgenlicht umlacht,
Nein, weggeschleudert von der lichten Höhe,
Versanken sie in ew'ge, ew'ge Nacht!
Und bange Ahnung war mit ihrem leisen Wehe
Im Innersten des Herzens mir erwacht,
Denn meiner Jugend schönste Hoffnung sah ich lügen.
Da schmiegt' ich fester, inn'ger dich an meine Brust,
Zum letztenmal in vollen Zügen
Zu trinken reine Himmelslust.
Harmonisch fühlt' dein Herz ich an dem meinen schlagen,
Wild tobte es in meiner Seele Grund,
Nicht konnt' ich's länger, die Flamme dämpfend, tragen!
Ein heißer, langer Kuß vereinte Mund und Mund.
Und eine Trän' von dir, verzeih', daß ich's zu hoffen wage,
Bewilligte des Kusses stummen Bund.
Noch seh' ich sie, die schöne Träne, blinken,
Schön, wie im Morgenrot der Tau auf Rosen glüht,
O Gott! ein Grämling selbst muß sich beseligt dünken,
Wenn er in solchem Aug' solch eine Träne sieht!
An deinen Busen wollt' ich damals sinken
Und trunken stammeln, was mein Herz empfand,
Doch kalt und tot nur blieb das schwache Wort zurück,
Mit solch' Gefühles Fülle unbekannt!
Tief aus der Seele sprach allein mein Blick,
Leis und zart dein Herz mein Herz verstand.
O, sei es auch, daß bald der Zeit ver<> Hand
Des Rosentraums Gedächtnis in dir töte,
(Denn leise Ahnung ja hat itzt dir erst geträumt,
Zu wecken dich zu hell'rer Liebe Morgenröte,
Die dämmernd noch die Himmel säumt,)
Mich wird er freundlich stets umschweben,
Wo immer auch mein Fuß verlassen irrt,
Mit ihm will ich des Schicksals Arm umweben,
Daß minder spitz der Trennung Giftdolch wird.
Und tönet einst an dein erstauntes Ohr
Ein Lied, das in der gold'nen Harfe Klang
Aus seiner fernen Einsamkeit hervor
- - - der Unschuld und Liebe sang,
Dann wisse C†, daß du die heil'ge Gottheit bist,
Die ihn in der Begeist'rung Zauberland hinüberwinkt,
Daß du in seine Seele heiß sein Ideal ihm gießt,
Daß er nun dich und ewig dich nur singt!
Und widerhallen dann vielleicht die süßen Töne,
O Mädchen, dann weih' mir noch eine solche Träne!
(S. 514-516)
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Blumen und Liebe

Rührt euch, Blumen, wacht auf und hebt die verweineten Augen,
Morgenschauer schon gehn kühl über Wiesen und Wald.
Wie eine Braut entsteigt die Sonne dem rosigen Pfühle,
Blickt durch die Welt hin weit, schweigend vor seliger Lust;
Küßt die Tränen euch linde von den gemaleten Wangen,
Die ihr vor Sehnsucht geweint, träumend in stillauer Nacht,
Wie sich's nun überall regt und funkelt und jauchzet und sprühet,
Gott! o wie schön ist die Welt; wenn sie die Liebe bescheint!
Wie du verstohlen mich anblickst, Kornblume, aus nickenden Ähren,
Immerfort nach mir gewandt heiter das treublaue Aug';
Wirtlich, verständig, bescheiden, vertraulich, sinnig und herzig,
Deutscher Mädchen Bild bist du mir, liebliches Kind.
Hoch und einsam in nächtlichem Garten sah ich dich leuchten,
Lampe der Vesta, klar, himmelwärts hauchend den Duft,
Und ich selber gebannt stand vor dir in Andacht versunken,
Lilie, Jungfraue schlank, schneeweiße, himmlische Braut!
(S. 191-192)
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Der Blick

Schaust du mich aus deinen Augen
Lächelnd wie aus Himmeln an,
Fühl' ich wohl, daß keine Lippe
Solche Sprache führen kann.

Könnte sie's auch wörtlich sagen,
Was dem Herzen tief entquillt,
Still den Augen aufgetragen,
Wird es süßer nur erfüllt.

Und ich seh' des Himmels Quelle,
Die mir lang verschlossen war,
Wie sie bricht in reinster Helle
Aus dem reinsten Augenpaar.

Und ich öffne still im Herzen
Alles, alles diesem Blick,
Und den Abgrund meiner Schmerzen
Füllt er strömend aus mit Glück.
(S. 574-575)
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Ständchen

Schlafe, Liebchen, weil's auf Erden
Nun so still und seltsam wird!
Oben gehn die goldnen Herden,
Für uns alle wacht der Hirt.

In der Ferne ziehn Gewitter;
Einsam auf dem Schifflein schwank,
Greif' ich draußen in die Zitter,
Weil mir gar so schwül und bang.

Schlingend sich an Bäum' und Zweigen
In Dein stilles Kämmerlein,
Wie auf goldnen Leitern, steigen
Diese Töne aus und ein.

Und ein wunderschöner Knabe
Schifft hoch über Tal und Kluft,
Rührt mit seinem goldnen Stabe
Säuselnd in der lauen Luft.

Und in wunderbaren Weisen
Singt er ein uraltes Lied,
Das in linden Zauberkreisen
Hinter seinem Schifflein zieht.

Ach, den süßen Klang verführet
Weit der buhlerische Wind,
Und durch Schloß und Wand ihn spüret
Träumend jedes schöne Kind.
(S. 151-152)
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Bei einer Linde

Seh' ich dich wieder, du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?

Wie anders ist seitdem der Äste Bug -
Verwachsen und verschwunden
Im härt'ren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!

Auch ich seitdem wuchs stille fort, wie du,
Und nichts an mir wollt' weilen;
Doch meine Wunde wuchs - und wuchs nicht zu,
Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen!
(S. 266)
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Die Entstehung der Augensprache

Seitdem samt Pfeil und Zaubertücken
Man Amorn aus der Würklichkeit verbannt',
Schießt er unsichtbar itzt und unerkannt
Doch schlauer noch, mit Mädchenblicken.
(S. 494)
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Sehnsucht

Selig, wer zur Kunst erlesen,
Ruhig in getreuer Lust,
Hoher Dinge seltsam Wesen
Selber froh erschreckt, mag lesen
In der Wundervollen Brust!

Wie die Rosse mutig scharrten!
Ach! die Freunde sind voraus!
Draußen blüht der schöne Garten,
Draußen Wald und Liebchen warten,
Und ich kann nicht, kann nicht raus!

Bleib' ich ewig fern vom Glücke? -
Wen die Treue ganz durchdrang,
Einmal trafen Liebesblicke,
Ach! er kann nicht mehr zurücke,
Und ich kniee Lebenslang.

Lodert, lodert heil'ge Kerzen!
Bleibet unerhört mein Flehn:
Will ich in den Freuden, Schmerzen,
Mit dem unentweihten Herzen
Treu und heilig untergehn.
(S. 13-14)
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Angedenken

I.
Sie band die Augen mir an jenen Bäumen;
Geh' schöner Blinder! sagt' Sie dabei sachte,
Wußt' nicht, wie Wunden süß dies Flüstern brachte
Und stieß mich in des Spieles wogend Schäumen.

Nun in der Augen Nacht quoll blühend Träumen,
Der Mienen Huld, wie Zauberblum'n, erwachte,
Da end't das Spiel - in's Aug' Licht wieder lachte,
Doch sehnend träumt' ich fort von jenen Träumen.

So stand ich unter holden Farbenbogen,
Und wie mein ganzes Leben schwellend blühte,
Dankt' ich dem Frühling solch' zaubrisch Verschönen.

Noch blüht der Lenz, doch Sie ist fortgezogen,
Nun weiß ich, daß nur Sie den Lenz beglühte,
Und einsam traur' ich in den Strahlen, Tönen.
 

II.
Wie wenn aus Tänzen, die sich lockend drehten,
Von müder Augen süßen Himmelsräumen,
Daß nun Gewährung nicht wollt' länger säumen,
Verratend die schamhaften Schleier wehten,

Ein einz'ger in die Nacht hinausgetreten,
Schauend wie draußen Land und Seen träumen,
Die Töne noch verklingen in den Bäumen,
An's Herz nun schwellend tritt einsames Beten:

Also, seit Du erhörend mich verlassen,
Grüßt mich Musik und Glänzen nur von ferne,
Wie Tauben, Botschaft bring'nd durch blaue Lüfte.

Nacht legt sich um die Augen hold, die nassen,
Als Blume sprieß' ich in die Klänge, Sterne,
Der goldnen Ferne hauchend alle Düfte.
(S. 70-71)
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Parole

Sie stand wohl am Fensterbogen
Und flocht sich traurig ihr Haar,
Der Jäger war fortgezogen,
Der Jäger ihr Liebster war.

Und als der Frühling gekommen,
Die Welt war von Blüten verschneit,
Da hat sie ein Herz sich genommen
Und ging in die grüne Heid.

Sie legt das Ohr an den Rasen,
Hört ferner Hufe Klang -
Das sind die Rehe, die grasen
Am schattigen Bergeshang.

Und Abends die Wälder rauschen,
Von fern nur fällt noch ein Schuß,
Da steht sie stille, zu lauschen:
»Das war meines Liebsten Gruß!«

Da sprangen vom Fels die Quellen,
Da flogen die Vöglein in's Tal.
»Und wo ihr ihn trefft, ihr Gesellen,
Grüßt mir ihn tausendmal!«
(S. 313)
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Heimkehr

Sinds die Häuser, sinds die Gassen?
Ach, ich weiß nicht, wo ich bin,
Hab' ein Liebchen hier gelassen,
Und manch Jahr ging seitdem hin.

Aus den Fenstern schöne Frauen
Sehn mir freundlich ins Gesicht,
Keine kann so frischlich schauen,
Als mein liebes Liebchen sicht.

An dem Hause pocht' ich bange -
Doch die Fenster stehen leer,
Ausgezogen ist sie lange
Und es kennt mich Keiner mehr.

Und ringsum ein Rufen, Handeln,
Musikanten fiedeln drein,
Herrn und Damen gehn und wandeln
Zwischendurch in bunten Reihn.

Zierlich bücken, freundlich blicken,
Manches flücht'ge Liebeswort,
Händedrücken, heimlich Nicken -
Nimmt sie all der Strom mit fort.

Und mein Liebchen sah ich eben,
Traurig in dem lust'gen Schwarm,
Und ein schöner Herr daneben
Führt sie stolz und ernst am Arm.

Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltsam schaut' sie, stumm und lange,
Lange noch auf mich zurück.

Und es endet Tag und Scherzen,
Durch die Gassen pfeift der Wind,
Keiner weiß, wie unsre Herzen
Wild von Schmerz zerrissen sind.
(S. 84-85)
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Sonst und jetzt
Sonett

Sonst tönte ach! mein Saitenspiel so helle,
Eh noch der Liebe Zauber mich umschlang;
Frohlauschend auf der Lieder süßen Klang
Enthüpfte leiser oft die Silberquelle.

Da horcht' ich oft, umrauscht von ihrer Welle
Wenn Rosendämmrung ihren Fittig schwang,
Wie sanft ins Seelenlied der Philomele
Der Nachhall meine kleinen Lieder sang.

Jetzt sind sie hin, der Kindheit Wonnezeiten.
Zu einem Ton ist jedes Lied verschallt,
Nur Liebe, Liebe seufzen alle Saiten! -

Doch es verhallt der Ton im unermeßlich Weiten
Kein Nachhall tönt ihm nun; kein Busen wallt,
Der sanft ihm Liebe - Liebe widerhallt! -
(S. 530)
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Sonst, eh der Liebe Zauber mich umschlang
Ertönte ach! mein Saitenspiel so helle,
Und leiser murmelt' oft die Silberquelle
Und lauschte auf der Lieder süßen Klang.

Oft, wenn die Rosendämmrung niedersank,
Horcht' ich umrauscht von ihrer Purpurwelle
Wie sanft ins Seelenlied der Philomele
Der Nachhall meine kleinen Lieder sang.

Doch jetzt sind sie dahin die Wonnezeiten
Zu einem Lied' ist jeder Ton verhallt,
Nur Liebe, Liebe seufzen alle Saiten

Ach armes Lied, wo in der großen weiten
Runde findst du den Nachhall nun, wo wallt,
Ein Busen, der dir Liebe widerhallt.
(S. 529-530)
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Der verzweifelte Liebhaber

Studieren will nichts bringen,
Mein Rock hält keinen Stich,
Meine Zitter will nicht klingen,
Mein Schatz, der mag mich nicht.

Ich wollt', im Grün spazierte
Die allerschönste Frau,
Ich wär' ein Drach' und führte
Sie mit mir fort durch's Blau.

Ich wollt', ich jagt' gerüstet
Und legt' die Lanze aus,
Und jagte all' Philister
Zur schönen Welt hinaus.

Ich wollt', ich säß' jetzunder
Im Himmel still und weit,
Und früg' nach all' dem Plunder
Nichts vor Zufriedenheit.
(S. 283-284)
_____

 

Beim Erwachen
An M. H.

Tiefer ins Morgenrot versinken die Sterne alle
Fern nur aus Träumen dämmert dein Bild noch vorüber,
Und weinender tauch' ich aus seliger Flut. -

Aber im Herzen tief bewahr' ich die lieben Züge,
Trage sie schweigend durch des Tages Gewühle
Bis wieder zur stillen träumenden Nacht. -
(S. 13)
_____

 

Frühling

Über blaue Berge fröhlich
Kam der bunte Schein geflossen,
In den Schimmer rief ich selig:
»Freu dich nur, jetzt wirds vollendet!«
Doch der Frühling ist vergangen,
Was ich innigst hofft' und strebte
Blieb ein unbestimmt Verlangen.

Und nach langem trüben Schweigen
Kamen goldne Tage wieder.
Blaue Berge, alte Zeiten,
Blumen, Sterne, Ström' und Lieder
Woben wunderbar ein Netze,
Und das schlang sich um die Glieder,
Zog so innig fest und fester
Mich ans Herz der Erde nieder,
Und so schlummert' ich und träumte
Von der allerschönsten Braut. -
(S. 33)
_____

 

Frühlingsnacht

Über'n Garten durch die Lüfte
Hört' ich Wandervögel zieh'n,
Was bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blüh'n.

Jauchzen möcht' ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.

Und der Mond, die Sterne sagen's
Und in Träumen rauscht's der Hain
Und die Nachtigallen schlagen's:
Sie ist Deine, sie ist Dein!
(S. 370)
_____

 

Der Polack

Und komm' ich, komm' ich ohne Pelz,
Mein' Liebste fragt mich aus:
Wo hast Du lassen Deinen Pelz?
Und macht sich doch nichts draus.

Da drüben ist gut Schnaps und Bier,
Der Wirt bläst Clarinett,
Da stritten wir, drei oder vier,
Wer's schönste Liebchen hätt'.

Ich aber trank aus Deinem Schuh,
Ließ meinen Pelz im Haus
Und eine Handvoll Haar' dazu,
Ich mach' mir gar nichts draus.
(S. 365)
_____

 

Erinnerung
<...>

Und wie, in ird'scher Schwäche Nacht gehüllt,
Der Gottheit Bild im Strom der reinen Liebe spielt,
So schaukelte in seinem Silberschoß
Der See des Sternenhimmels zitternd Bild,
Und traulich flüsterten die Abendwinde
Durch uns're Laube ihre Geisterlieder,
Und leise, leise säuselte die Linde
Aus gold'nem Wipfel süße Schauer nieder.
Süßdrängend fühlte ich an meiner Brust
Sanft deines Busens schwellend Wallen,
Harmonisch schlug dein Herz an meinem,
Daß leis' das meinige dem Schlage lauscht',
Und ach! so süß, so himmlisch süß umrauscht'
Mich deines Purpurmundes Odemzug.
Umsonst nun lachte mir des Mondes Blick,
Umsonst des Mondtals Goldgewand,
Dich nur erblickt' ich in der Schöpfung Ferne,
Du fülltest meiner Seele tiefsten Raum,
Und wie der Morgendämm'rung falbe Sterne
Schnell in des jungen Tages Purpur flammen,
So schmolz Vergangenheit und Zukunftstraum
In dieses Kusses Wollust mir zusammen.
O kehrt, o kehrt zurück, ihr sel'gen Stunden!
Schnell wie, von der Erfüllung Kranz umwunden,
Dem Liebenden sein holder Rosentraum,
Seid ihr mit scheuem Flug hinabgeschwunden
In des Gewes'nen dunkles Dämmerreich.
Noch taucht in eures Abends Rosensaum
Mein trunk'ner Blick aus seinem Dunkel sich,
Noch glimmt das sanfte Rot in meiner Träne -
Und helle Fluten nie versuchter Töne
Strömt trauernd aus mein armes Saitenspiel.
Euch, und euch seufzt jeder Ton zurück!
Doch ach! umsonst, ihr lauschet nicht, ihr flieht!
Umsonst durchströmt die Saiten mein Gefühl,
Die Nacht verschlingt mein innig Herzenslied.
(S. 520-521)
_____

 

Lied

Vöglein in den sonn'gen Tagen?
Augen blau', die mich verführen!
Könnt' ich bunte Flügel rühren,
Über Berg und Tal zu tragen?

Ach! es spricht der Frühling schöne
Und die Vögel alle singen:
Sind die Farben denn nicht Töne,
Und die Töne blaue Schwingen?

Vöglein! ja ich lass' das Zagen!
Winde blau die Segel rühren,
Und ich lass' mich gern entführen,
Ach, wohin? mag ich nicht fragen.
(S. 64)
_____

 

Der Bräutigam

Von allen Bergen nieder
So fröhlich Grüßen schallt -
Das ist der Frühling wieder,
Der ruft zum grünen Wald!

Ein Liedchen ist erklungen
Herauf zum stillen Schloß -
Dein Liebster hat's gesungen
Der hebt Dich auf sein Roß.

Wir reiten so geschwinde,
Von allen Menschen weit. -
Da rauscht die Luft so linde
In Waldeseinsamkeit.

Wohin? Im Mondenschimmer
So bleich der Wald schon steht. -
Leis rauscht die Nacht - frag' nimmer,
Wo Lieb' zu Ende geht!
(S. 151)
_____



Von kühnen Wunderbildern
Ein großer Trümmerhauf,
In reizendem Verwildern
Ein blüh'nder Garten drauf.

Versunk'nes Reich zu Füßen,
Vom Himmel fern und nah,
Aus anderm Reich ein Grüßen -
Das ist Italia!

Wenn Frühlingslüfte wehen
Hold über'm grünen Plan,
Ein leises Auferstehen
Hebt in den Tälern an.

Da will sich's unten rühren,
Im stillen Göttergrab,
Der Mensch kann's schauernd spüren
Tief in die Brust hinab.

Verwirrend in den Bäumen
Geh'n Stimmen hin und her,
Ein sehnsuchtsvolles Träumen
Weht über's blaue Meer.

Und unter'm duft'gen Schleier,
So oft der Lenz erwacht,
Webt in geheimer Feier,
Die alte Zaubermacht.

Frau Venus hört das Locken,
Der Vögel heitern Chor,
Und richtet froh erschrocken
Aus Blumen sich empor.

Sie sucht die alten Stellen,
Das luft'ge Säulenhaus,
Schaut lächelnd in die Wellen
Der Frühlingsluft hinaus.

Doch öd' sind nun die Stellen,
Stumm liegt ihr Säulenhaus,
Gras wächst da auf den Schwellen,
Der Wind zieht ein und aus.

Wo sind nun die Gespielen?
Diana schläft im Wald,
Neptunus ruht im kühlen
Meerschloß, das einsam hallt.

Zuweilen nur Syrenen
Noch tauchen aus dem Grund,
Und tun in irren Tönen
Die tiefe Wehmut kund. -

Sie selbst muß sinnend stehen
So bleich im Frühlingsschein,
Die Augen untergehen,
Der schöne Leib wird Stein. -

Denn über Land und Wogen
Erscheint, so still und mild,
Hoch auf dem Regenbogen
Ein andres Frauenbild.

Ein Kindlein in den Armen
Die Wunderbare hält,
Und himmlisches Erbarmen
Durchdringt die ganze Welt.

Da in den lichten Räumen
Erwacht das Menschenkind,
Und schüttelt böses Träumen
Von seinem Haupt geschwind.

Und, wie die Lerche singend,
Aus schwülen Zaubers Kluft
Erhebt die Seele ringend
Sich in die Morgenluft.
(S. 230-232)
_____



Vor dem Schloß in den Bäumen es rauschend weht,
Unter den Fenstern ein Spielmann geht,
Mit irren Tönen verlockend den Sinn -
Der Spielmann aber ich selber bin.

Vorüber jag ich an manchem Schloß,
Die Locken zerwühlet, verwildert das Roß,
Du frommes Kindlein im stillen Haus,
Schau nicht nach mir zum Fenster hinaus.

Von Lüsten und Reue zerrissen die Brust,
Wie rasend in verzweifelter Lust,
Brech ich im Fluge mir Blumen zum Strauß,
Wird doch kein fröhlicher Kranz nicht daraus!

Wird aus dem Schrei doch nimmer Gesang,
Herz, o mein Herz, bist ein irrer Klang,
Den der Sturm in alle Lüfte verweht -
Lebt wohl, und fragt nicht, wohin es geht!
(S. 312)
_____

 

Die Braut

Wann die Bäume blüh'n und sprossen
Und die Lerche kehrt zurück,
Denkt die Seele der Genossen,
Fühlet fern' und nahes Glück.

Selig Weinen sel'ger Herzen!
Wenn das Herz nichts weiter will,
Nicht weiß, ob es Lust, ob Schmerzen,
Aber fröhlich ist und still.

Frischer sich die Hügel kränzen,
Heitrer lacht das weite Blau,
Alle Blumen schöner glänzen
Durch des Auges süßen Tau.

Und soll denn das Lieben leiden,
Und, wer leidet, krank auch sein,
Ach, so will ich keine Freuden,
Und mag nicht gesund mehr sein!
(S. 99-100)
_____

 

Jäger und Jägerin

Sie
Wär' ich ein muntres Hirschlein schlank,
Wollt' ich im grünen Walde geh'n,
Spazieren geh'n bei Hörnerklang,
Nach meinem Liebsten mich umseh'n.

Er
Nach meiner Liebsten mich umseh'n,
Tu' ich wohl, zieh' ich früh von hier,
Doch Sie mag niemals zu mir geh'n
Im dunkelgrünen Waldrevier.

Sie
Im dunkelgrünen Waldrevier,
Da blitzt der Liebste rosenrot,
Gefällt so sehr dem armen Tier,
Das Hirschlein wünscht, es läge tot.

Er
Und wär' das schöne Hirschlein tot,
So möcht' ich jagen länger nicht;
Scheint über'n Wald der Morgenrot:
Hüt' schönes Hirschlein, hüte dich!

Sie
Hüt' schönes Hirschlein, hüte dich!
Spricht's Hirschlein selbst in seinem Sinn,
Wie soll ich, soll ich hüten mich,
Wenn ich so sehr verliebet bin?

Er
Weil ich so sehr verliebet bin,
Wollt' ich das Hirschlein, schön und wild,
Aufsuchen tief im Walde drin
Und streicheln, bis es stille hielt.

Sie
Ja, streicheln, bis es stille hielt,
Falsch locken so in Stall und Haus!
Zum Wald springt's Hirschlein frei und wild
Und lacht verliebte Narren aus.
(S. 155-156)
_____

 

Zur Hochzeit

Was das für ein Gezwitscher ist!
Durch's Blau die Schwalben zucken
Und schrei'n: »sie haben sich geküßt!«
Vom Baum Rotkehlchen gucken.

Der Storch stolziert von Bein zu Bein;
»Da muß ich fischen gehen -«
Der Abend wie im Traum darein
Schaut von den stillen Höhen.

Und wie im Traume von den Höhen
Seh' ich Nachts meiner Liebsten Haus,
Die Wolken darüber gehen
Und löschen die Sterne aus.
(S. 315-316)
_____

 

Der Jäger

Was Segeln der Wünsche durch luftige Höh'!
Was bildendes Träumen im blühenden Klee!
Was Hoffen und Bangen, was Schmachten, was Weh!

Und rauscht nicht die Erde in Blüten und Duft?
Und schreitet nicht Hörnerklang kühn durch die Luft?
Und stürzet nicht jauchzend der Quell von der Kluft?

Drum jage Du frisch auch Dein flüchtiges Reh
Durch Wälder und Felder, durch Täler und See,
Bis Dir es ermüdet in Armen vergeh'!
(S. 233)
_____

 

Frau Venus

Was weckst du, Frühling, mich von neuem wieder?
Daß all' die alten Wünsche auferstehen,
Geht über's Land ein wunderbares Wehen;
Daß schauert mir so lieblich durch die Glieder.

Die schöne Mutter grüßen tausend Lieder,
Die, wieder jung, im Brautkranz süß zu sehen.
Der Wald will sprechen, rauschend Ströme gehen,
Najaden tauchen singend auf und nieder.

Die Rose seh' ich geh'n aus grüner Klause
Und, wie so buhlerisch die Lüfte fächeln,
Errötend in die laue Flut sich dehnen.

So mich auch ruft ihr aus dem stillen Hause -
Und schmerzlich nun muß ich im Frühling lächeln,
Versinkend zwischen Duft und Klang vor Sehnen.
(S. 229)
_____

 

AN A. S.

Weine nicht, zwar trennen uns Berge und Fluren,
doch ferne über Tal und Wälder denk ich dein.
Wenn das Morgenrot emporsteigt, denk' ich dein,
bei der Abendröte denk ich dein, und wenn das
Heer der Sterne aufzieht, da blicke ich herauf zum
Mond, der auch damals uns so anlächelte, als
ich deinem Purpurmunde zum erstenmal das lispelnde
Geständnis der Liebe in der Laube, von Sternen
umblinkt, entküßte. Blickst du dann etwa auch
zum Monde, begegnen sich in Himmelssphären
unsre Blicke, o so flüstre dir das Abendlüftchen, daß
der Mond eine Sehnsuchtsträne beglänzt, die dein
Jüngling um dich weint.
(S. 524)
_____

 

Mandolinen-Lied

Wenn die Sonne lieblich schiene,
Wie in Welschland blau und lau,
Ging' ich mit der Mandoline
Durch die überglänzte Au.

In der Nacht dann Liebchen lauschte
An dem Fenster, süßverwacht,
Wünschte mir und ihr, uns beiden
Heimlich eine schöne Nacht.

Wenn die Sonne lieblich schiene
Wie in Welschland lau und blau,
Ging ich mit der Mandoline
Durch die überglänzte Au.
(S. 81)
_____

 

Im Frühling

I.
Wenn Lenzesstrahlen golden niederrinnen,
Sieht man die Scharen losgebunden ziehen,
Im Waldrevier, dem neu der Schmuck geliehen,
Die lust'ge Jagd nach Lieb' und Scherz beginnen.

Den Sänger will der Frühling gar umspinnen,
Daß der Geliebteste nicht möcht' entfliehen,
Fühlt er ein Lied durch alle Farben ziehen,
Das ihn so ewig lockend ruft von hinnen.

Gefangen so sitzt er viel sel'ge Jahre;
Des Einsamen spottet des Pöbels Scherzen,
Der aller Glorie möcht' die Lieb' entkleiden.

Doch fröhlich grüßt Er alle, wie sie fahren,
Und mutig sagt er zu den süßen Schmerzen:
»Gern sterb' ich bald, wollt ihr von mir je scheiden!«
 

II.
Wenn frisch die bunten Frühlings-Schleier wallen,
Weit in das Land die Lerchen mich verführen,
Da kann ich's tief im Herzen wieder spüren,
Wie mich die Eine liebt und ruft vor allen.

Wenn Nachtigallen aus grünen Hallen schallen,
Wen möchten nicht die tiefen Töne rühren?
Wen nicht das süße Herzeleid verführen,
Im Liebesschlagen tot vom Baum zu fallen? -

So sag' auch ich in diesem Frühlingsglanze:
Du süße Laute! laß uns beide sterben
Beklagt vom Widerhalle zarter Töne,

Kann unser Lied uns nicht den Lohn erwerben,
Daß auch mit eignem, frischen Blumenkranze
Uns kröne endlich nun die Wunderschöne! -

III.
Der Schäfer sagt, wenn er frühmorgens weidet:
»Dort drüben wohnt Sie hinter Berg' und Flüssen!«
Doch seine Wunden heilt Sie gern mit Küssen,
Wann Lauschen, Licht und Tag vom Tale scheidet.

Ob neu der Morgenschmuck die Erde kleidet,
Ob Nachtigallen Nacht und Stern' begrüßen,
Stets fern und nah bleibt meine Lieb' der Süßen,
Die in dem Lenz mich ewig sucht und meidet.

Doch hör' ich wunderbare Stimmen sprechen:
Die Perlen, so geweint dein treuer Schmerze,
Sie wird sie zierlich all' zusammenbinden,

Mit eigner Kette so dich süß umwinden,
Hinaufzuziehn an Mund und blühend Herze -
Was Himmel schloß, mag nicht der Himmel brechen.
(S. 64-66)
_____

 

Die Einsame

Wenn Morgens das fröhliche Licht bricht ein,
Tret' ich zum offenen Fensterlein,
Draußen geh'n lau die Lüft' auf den Auen,
Singen die Lerchen schon hoch im Blauen,
Rauschen am Fenster die Bäume gar munter,
Zieh'n die Brüder in den Wald hinunter;
Und bei dem Sange und Hörnerklange
Wird mir immer so bange, bange.

Wüßt' ich nur immer wo Du jetzo bist,
Würd' mir schon wohler auf kurze Frist.
Könntest Du mich nur über die Berge sehen
Dein gedenkend im Garten gehen:
Dort rauschen die Brunnen jetzt alle so eigen,
Die Blumen vor Trauern im Wind sich neigen.
Ach! von den Vöglein über die Tale
Sei mir gegrüßt viel tausendmale!

Du sagtest gar oft wie süß und rein
Sind Deine blauen Äugelein!
Jetzo müssen sie immerfort weinen,
Da sie nicht finden mehr, was sie meinen.
Wird auch der rote Mund erblassen,
Seit Du mich, süßer Buhle, verlassen.
Eh Du wohl denkst, kann das Blatt sich wenden,
Geht alles gar bald zu seinem Ende.
(S. 185-186)
_____

 

Angedenken

Wenn Zwei geschieden sind von Herz und Munde,
Da zieh'n Gedanken über Berg' und Schlüfte
Wie Tauben säuselnd durch die blauen Lüfte,
Und tragen hin und wider süße Kunde.

Ich schweif' umsonst, so weit der Erde Runde,
Und stieg' ich hoch auch über alle Klüfte:
Dein Haus ist höher noch als diese Lüfte,
Da reicht kein Laut hin, noch zurück zum Grunde.

Ja, seit Du tot - mit seinen blüh'nden Borden
Wich ringsumher das Leben mir zurücke,
Ein weites Meer, wo keine Bahn zu finden.

Doch ist Dein Bild zum Sterne mir geworden,
Der nach der Heimat weist mit stillem Blicke,
Daß fromm der Schiffer streite mit den Winden.
(S. 139)
_____

 

Heimweh

Wer in die Fremde will wandern,
Der muß mit der Liebsten gehn,
Es jubeln und lassen die Andern
Den Fremden alleine stehn.

Was wisset Ihr, dunkele Wipfeln,
Von der alten schönen Zeit?
Ach, die Heimat hinter den Gipfeln,
Wie liegt sie von hier so weit.

Am liebsten betracht' ich die Sterne,
Die schienen, wenn ich ging zu ihr,
Die Nachtigall hör' ich so gerne,
Sie sang vor der Liebsten Tür.

Der Morgen, das ist meine Freude!
Da steig' ich in stiller Stund'
Auf den höchsten Berg in die Weite,
Grüß Dich Deutschland aus Herzensgrund!
(S. 253)
_____

 

Liedchen

Wie jauchzt meine Seele
Und singet in sich!
Kaum daß ich's verhehle,
So glücklich bin ich.

Rings Menschen sich drehen
Und reden gescheut,
Ich kann nichts verstehen,
So fröhlich zerstreut. -

Zu eng wird das Zimmer,
Wie glänzet das Feld,
Die Täler voll Schimmer,
Weit, herrlich die Welt!

Gepreßt bricht die Freude
Durch Riegel und Schloß,
Fort über die Heide!
Ach, hätt' ich ein Roß! -

Und frag' ich und sinn' ich,
Wie so mir geschehn? -
Mein Liebchen herzinnig,
Das soll ich heut' sehn.
(S. 213)
_____



Wie selten sind der Freude Augenblicke,
Wie oft läßt man sie unbenutzt entfliehn,
Kaum daß die Göttin ich an Busen drücke,
Flieht sie behend zu einem andern hin.
Drum selig, wem es einmal und gelungen,
Vom Himmel ab, in seines nächsten Brust
Die Göttin herzuwinken - stets umschlungen
Sei ihm der Pfad mit reiner Himmelslust!
Drum Dank auch Dir, du kleines Herzensmädchen,
Das Du mir jüngst das stille Rosenpfädchen
Der reinen Freud' so unschuldsvoll gedeutet,
Froh war ich, froh - wie wenn emporgeleitet
Vom Hochgefühl, von Göttertraum umschwebt,
Mein Geist sich über des Geschickes Wogen
Mit Lyras Silberharmonien hebt -
Ja ich gestehs - mag hämisch auch verzogen
Des spött'schen Grämlings Sklavenmiene sein,
Des Tors, der ohn' Gefühl selbst das Entzücken
Vom Zwang der Etikette unterdrücken
Zu sehn, sich weinenswürdig würde freun,
Ja ich gestehs - es regte sanfte Triebe
In mir o P†† dein Blick - dein Kinderblick,
Der kalte Mensch nennt die Empfindung Liebe,
Der Liebende sein einzges, höchstes Glück.
Was hülf' es mir, hätt' ichs dir auch verhohlen,
Hat nicht der leise, rasche Druck der Hand,
Mir das Geheimnis längst schon abgestohlen,
Als ich mit dir mich durch die Reihen wand?
Nicht längst der seelenvoll beredte Blick,
Des Herzens hüpfend schneller Schlag, als ich
Ach! in des Tanzes ungebundner Freie
Froh deinen Kuß auf meinem Mund empfand.
Als ich so nah des Mündchens Hauch vernahm,
Vor mir des Auges Himmelsbläue,
In der der Unschuld Abdruck schwamm
Drum weg mit der Verstellung schwarzen Siegel,
Das nahe Tugend, nahes Glück uns raubt,
Schön bist du - das sagt längst ja dir der Spiegel,
Dem jedes schöne Mädchen ach! so willig glaubt - -
O selig, wem von ihrer Götterfülle
Den ird'schen Funken Schönheit lächelnd schenkt,
Der zaubrisch eint die Seele mit der Hülle,
Daß man beim Körper nicht des Körpers denkt.
Doch Schönheit nur, der schönen Seele Spiegel,
Glaub Mädchen mir, entzücket nie allein,
Geschirmt und von der Unschuld Rosenflügel
Gräbt sie ins fremde Herz sich flammend ein!
(S. 512-513)
_____



Wie selten sind der Freude Augenblicke,
Wie oft läßt man sie unbenutzt entfliehn;
Kaum, daß die Holde ich an Busen drücke,
Flieht sie behend' zu einem Andern hin.
Drum selig, wem es einmal nur gelungen,
Vom Himmel ab, in seines Nächsten Brust
Die Göttin herzuwinken - stets umschlungen
Sei ihm der Pfad mit reiner Himmelslust!
Drum Dank auch Dir, du zartes, holdes Mädchen,
Das Du mir jüngst das stille Rosenpfädchen
Der Freud so unschuldsvoll gedeutet!
Froh war ich, froh - wie, wenn emporgeleitet
Von Hochgefühl, vom Göttertraum umschwebt,
Mein Geist sich über des Geschickes Wogen
Mit Lyras Silberharmonien hebt. -
Drum weg mit der Verstellung schwarzem Siegel,
Das manches Glück uns schon entzogen,
Die Sprache sei mir heut der Seele Spiegel!
(S. 514)
_____



Der arme Blondel

Wie sie in den Blumentagen,
Über mir mit rotem Munde,
Daß die Locken mich umwunden,
Mich verführt aus Herzensgrunde,
Wollt' es immer, konnt's nie sagen!
Fortgezoh'n ist nun die Eine
Weine, armer Blondel, weine!

Nachts die Berge stille stehen,
Ferne Schlösser, Strom und Bäume
Sehn mich seltsam an, wie Träume.
Drüber Wolken schnelle gehen,
Fest im Herzen steht die Eine,
Weine, armer Blondel, weine!
(S. 33-34)
_____

 

Der Hochzeitstanz
(Übertragung aus dem Spanischen)

Wie so zierlich in dem Saale
Führt die Braut den Hochzeitsreih'n,
Wie so mutig schaut Graf Martin
In die freud' gen Klänge drein!

Und sie im Vorüberschweifen
Flüstert: »Graf, was sinnet Ihr?
Sag't, mir, schaut Ihr nach dem Tanze
Oder blicket Ihr nach mir?«

»Hab' schon manchen Tanz gesehen,
Und das war's nicht, was ich sann,
Eure Schönheit mich verblendet,
Eure Augen tun mir's an.«

»Wenn so schöne meine Augen,
Führt mich hier vom Tanze heim,
Alt und grau schon ist mein Bräut'gam
Und er holt uns nimmer ein.«
(S. 586-587)
_____

 

Wo flohst du, Mädchen hin,
Mir einst gesandt.
Das Schöne
In deren Brust
Arkadien, schuldlos noch blühte,
<...>
Sieh - in des Erdgewimmels wilder Mitt
Denk ich nur dein.
Seh keuchend ich in raschen Sprüngen
Der Ehrsucht Knecht,
Nach falschen Diademen ringen,
Seh ich sein Aug
In dunkler Fern nur Glück erspähen,
Und was, schon sein
Was in der Brust ihm blühet übersehn,
Da denk' ich dein.
Wenn Wollüstlinge, wilder Triebe
- Glut verschlingt,
Und blind das Veilchen zarter Liebe
Im Lauf zertritt,
Wenn roher Bonzen wilde Haufen
Im Humpen Wein
Der Liebe Zartgefühl versaufen,
Da denk ich dein
Wank' alles auch im Wahnestraume
Mir streift sein <...>
Kein Blütchen von des Lebens Baume,
Dem still und tiefen.
Im Herzen sprossen seine Triebe -
Tod haucht er auch dir und getrost
Hüll ich mich in die Liebe
Und denke dein.
(S. 524-525)
_____

 

 

Wohin floh sie, die schöne Morgenröte,
Die, ach! so herrlich mir den schönsten Tag verhieß,
Die Kühlung sanft auf meine Pfade wehte,
Ein Eden mir in naher Zukunft wies?
Was tat ich, Menschen, euch, daß kalt aus ihrem Schimmer
In alte Nacht mich eure Rechte stieß?

Warum das Herz vom Rosentraume scheiden,
Der ahnungsvoll des Jünglings Haupt umschwebt?
Nacht ist uns Wirklichkeit, tot alle Menschenfreuden,
Wenn nicht der Zauber sie der Phantasie umwebt.
Das eig'ne Herz nur ist's, wo uns, ein süßes Traumbild,
Der Freude Welt erfreuend blüht und lebt.

Was konnte ich dafür, daß heiß Entzücken
In Busen mir des Mädchens Augen sah'n?
Wollt des Gefühls zart' Pflänzchen ihr ersticken,
Weil's über <euch> sich hebt und Menschenwahn?
O tut es nicht! nicht Früchte wird es tragen,
Wenn es nicht <...> blühen kann.

Auch ich, ach! hatte einst in dieses Edens Freie
Beglückt der Liebe Hüttchen mir gebaut.
O, nie habt ihr, wie sie, in heil'ger Weihe
Der Unschuld Aug', so himmelrein, umschaut,
Nie habt die Liebe ihr empfunden, die euch
Mein Hüttchen zu zerstören nicht gegraut!
(S. 520)
_____

 

Der Gärtner

Wohin ich geh' und schaue,
In Feld und Wald und Tal
Vom Berg hinab in die Aue:
Viel schöne, hohe Fraue,
Grüß' ich Dich tausendmal.

In meinem Garten find' ich
Viel Blumen, schön und fein,
Viel Kränze wohl d'raus wind' ich
Und tausend Gedanken bind' ich
Und Grüße mit darein.

Ihr darf ich keinen reichen,
Sie ist zu hoch und schön,
Die müssen alle verbleichen,
Die Liebe nur ohne Gleichen
Bleibt ewig im Herzen stehn.

Ich schein' wohl froher Dinge
Und schaffe auf und ab,
Und, ob das Herz zerspringe,
Ich grabe fort und singe
Und grab' mir bald mein Grab.
(S. 227)
_____

 

Der Tanzmeister

Wohlgerüstet war ich kommen;
Siegsgewiß doch, wie zum Scherz,
Hat ein Blick mein Herz genommen -
Wer kann kämpfen ohne Herz?

So vom Augenblick - geschlagen,
Kniet' ich Armer vor ihr hin,
Hatt' kein Herz nun, ihr zu sagen,
Daß ich ihr Entherzter bin.
(S. 366)
_____

 

Die Fröhliche

Zwischen Bergen, liebe Mutter,
Weit den Wald entlang,
Reiten da drei junge Jäger
Auf drei Rößlein blank,
lieb Mutter,
Auf drei Rößlein blank.

Ihr könnt fröhlich sein, lieb' Mutter
Wird es draußen still:
Kommt der Vater heim vom Walde,
Küßt Euch wie er will,
lieb Mutter,
Küßt Euch wie er will.

Und ich werfe mich im Bettchen
Nachts ohn' Unterlaß,
Kehr' mich links und kehr' mich rechts hin,
Nirgends hab' ich was,
lieb Mutter,
Nirgends hab' ich was.

Bin ich eine Frau erst einmal,
In der Nacht dann still
Wend' ich mich nach allen Seiten,
Küss', so viel ich will,
lieb Mutter,
Küss', so viel ich will.
(S. 157-158)
_____


Gedichte aus: Joseph von Eichendorff
Sämtliche Gedichte und  Versepen
Herausgegeben von Hartwig Schultz
Insel Verlag 2001

 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_von_Eichendorff


 

 


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