Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein - Liebeslieder




Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein

Inhaltsverzeichnis der Liebeslieder:
 

 


Anmerkung:
Bei jedem Lied steht in eckigen Klammern []  dasselbe Lied in der uns geläufigeren Schreibweise; zusätzlich sind bei einigen Worten Erklärungen angefügt worden.
 

 


Lied I. 1

1. Dich als mich selbst,
herzlieb allein
ich warlich mein
in rechter treu
mein lieb wirt new
gen dir al tag
darumb ich nit mag
vergessen dein
das hertze mein
sol und wil stetz dein eygen sein.

2. Dich als mich selbs
o höchster hort
bedarff nit wort
ich nit verlaß
das mir on maß
dein weiblich ehr
ye lenger ye mehr
gefallen thut
o edels blut
für dich nemm ich nits Keysers gut.

3. Dich als mich selbs
schön weiblein rein
will lieben fein
für alles gold
bin ich dir hold
auff diser erd
kein grösser werd
ich acht und halt
kaum dein gestalt
im gantzen reich wird funden balt.
(S. 8)

[1. Dich als mich selbst,
Herzlieb, allein,
ich wahrlich mein
in rechter Treu;
mein Lieb wird neu
gen dir all Tag.
Drumb ich nit mag
vergessen dein;
das Herze mein
soll und will stets dein eigen sein.

2. Dich als mich selbst,
o höchster Hort,
- bedarf nit Wort -
ich nit verlaß,
daß mir ohn Maß
dein weiblich Ehr,
je länger je mehr,
gefallen tut.
O edels Blut,
für dich nähm ich nit 's Kaisers Gut!

3. Dich als mich selbst,
schön Weiblein rein,
will lieben fein;
für alles Gold
bin ich dir hold.
Auf dieser Erd
kein größer Wert
ich acht und halt
kaum dein Gestalt
im ganzen Reich wird funden bald.]
_____


Lied I. 2

1. Die mich erfrewt ist lobens werd
für alles so ich ye gesach
Kein stund verget jr wird begert
zu meinem lust in aller sach
Wann sie ist schön
getrewer art
so lieblich lustig und so zart
freundlichers nie geboren ward
ich grüß die fein
von wegen mein
in jrem grünen röckelein.

2. Red selber, hertz was duncket dich
ist sie nit hoch zu rümen mir?
Ja warlichen es duncket mich
sie ist begabt mit aller zir.
Yhr glatter leib weiß als der schne
umbgreiflich rein und lustig ser
ir lieb ich aller trew gestee
von berd und schein.
Gott grüß die fein
in irem grünen röckelein.

3. Ich schlaff ich wach so ist sie die
so znechst mir an meim hertzen leit
wie offt im traum umbfah ich sie
schmuck sie und drucks zu yeder zeit
So wehn ich dann ich schweb embor
will sie so ist mein glück zuvor
als ich verhoff in disem iar
frew ich mich dein
schöns döckelein
in deinem grünen röckelein.
(S. 8)

[1. Die mich erfreut ist lobenswert
für alles was ich je gesach.
|gesach=erblickte
Kein Stund vergeht ihr wird begehrt
|ihr=ihrer
zu meinem Lust in aller Sach;
|Lust=Freude, Vergnügen
wann sie ist schön getreuer Art,
|wann=denn
so lieblich, lustig und so zart,
Freundlichers nie geboren ward.
Ich grüß die Fein
von wegen mein
in ihrem grünen Röckelein.

2. Red selber, Herz, was dunket dich,
|dunket=dünkt
ist sie nit hoch zu rühmen mir?
"Ja wahrlichen, es dunket mich,
sie ist begabt mit aller Zier."
Ihr glatter Leib, weiß als der Schnee,
umbgreiflich rein und lustig sehr,
|umbgreiflich=unbegreiflich
ihr Lieb ich aller Treu gesteh
von Bärd und Schein.
|Bärd=Gebaren Schein=Aussehen
Gott grüß die Fein
in ihrem grünen Röckelein!

3. Ich schlaf, ich wach, so ist sie die,
so znächst mir an mei'm Herzen leit.
|znächst= am nächsten; leit=liegt
Wie oft im Traum umbfah ich sie,
|umbfah=umfange
schmuck sie und druck s' zu jeder Zeit!
|schmuck sie=schmiege sie an mich
So wähn ich dann, ich schweb embor;
will sie, so ist mein Glück zuvor.
Als ich verhoff, in diesem Jahr
freu ich mich dein,
schöns Döckelein,
|Döckelein=Püpplein
in deinem grünen Röckelein.]
_____


Lied I. 7

1. Aber hertzigs hertz
mein schmertz
erkennen thu
ich hab kein rhu
nach dir stet mein verlangen
ist wunder nicht
dein freundtlich gsicht
hat mir mein hertz gefangen.

2. Nun bin ich dir
mit gir
von hertzen gneigt
auff meinen eydt
sol mir kein liebre werden
dann du allein
merck wie ichs mein
du bist mein trost auff erden.

3. Nim an von mir
zu dir
mein willigs hertz
on allen schertz
hab ich mich dir ergeben
schaff und gebeut
kein dienst mich rewt
die weil ich hab das leben.
(S. 11)

[1. Ach herzigs Herz
mein'n Schmerz
erkennen tu!
Ich hab kein Ruh
nach dir steht mein Verlangen.
Ist Wunder nicht
Dein freundlich Gsicht
hat mir mein Herz gefangen.

2. Nun bin ich dir
mit Gier
|Gier=Verlangen
von Herzen gneigt.
Auf meinen Eid,
soll mir kein Liebre werden
dann du allein!
|dann=als
Merk, wie ich's mein,
du bist mein Trost auf Erden!

3. Nimm an von mir
zu dir
mein willigs Herz!
Ohn allen Scherz
hab ich mich dir ergeben.
Schaff und gebeut,
|schaff=befiehl; gebeut=gebiete
kein Dienst mich reut,
dieweil ich hab das Leben.]
_____


Lied I. 8

1. So ich hertzlieb nun von dir scheid
bringt mir groß leyd
dich freundtlich bild zu meiden
Das macht dz ich dein lieblich gestalt
so manigfalt
gesehen hab in freuden.
Des mich und dich hat offt ergetzt
und doch zu letzt
thut mir erst trauren wincken
durch scheidens not
hertzlib gib rat
mein hertz wil mir versincken.

2. Wilt du mit trewen sein als ich
wer wolt dann mich
von deiner lieb abkeren?
Versich dich alles guts zu mir
ich hoff zu dir
du werst mich noch geweren.
Ich wil in still dein weiß und berd
für all auff erd
mit trewer lieb bedencken
dein lieb von art
ist also zart
und thut mich teglich krencken.

3. Laß klaffen aller menschen mund
gib zil und stund
es wird dich nit gerewen
Laß dir zu hertzen gen mein bit
vergiß mein nit
und gib mir auff dein treuwen
Las nur bey dir kein mangel sein
du bist die mein
ja die ich krön im hertzen
ach scheidens zeyt
du nimbst mir freud
und gibst mir teglich schmertzen.
(S. 11-12)

[1. So ich Herzlieb nun von dir scheid,
bringt mir groß Leid,
dich freundlich Bild zu meiden.
Das macht, daß ich dein lieblich Gstalt
so mannigfalt
gesehen hab in Freuden;
des mich und dich hat oft ergetzt,
und doch zuletzt
tut mir erst Trauren winken
durch Scheidens Not.
Herzlieb gib Rat,
mein Herz will mir versinken!

2. Willt du mit Treuen sein als ich,
|als=wie
wer wollt dann mich
von deiner Lieb abkehren?
Versich dich alles Guts zu mir!
|versich=vertraue, glaube
Ich hoff zu dir,
du werst mich noch gewähren.
|werst=werdest
Ich will in Still dein Weis und Bärd
|Bärd=Gebahren
für all auf Erd
|für=über
mit treuer Lieb bedenken;
dein Lieb von Art
|Art= von hoher Art
ist also zart
und tut mich täglich kränken.

3. Laß klaffen aller Menschen Mund,
|klaffen=schwatzen
gib Ziel und Stund,
es wird dich nit gereuen!
Laß dir zu Herzen gehn mein Bitt,
vergiß mein nit
und gib mir auf dein Treuen,
laß nur bei dir kein'n Mangel sein!
Du bist die Mein,
ja, die ich krön im Herzen.
Ach Scheidens Zeit,
du nimmst mir Freud
und gibst mir täglich Schmerzen!]
_____


Lied I. 10

1. Ich weiß ein hüpsches frewelein
dz ligt mir in dem hertzen mein
ach das ich solt
wie gern ich wolt
nach lust meins hertzen
gar freundtlich mit ir schertzen.

2. Warlich in rechter trew und lieb
ich mich teglich gen ir lieb yeb
zart schönes bild
gantz wie du wilt
bin dir mit dienst bereit
das glaub mir in der warheyt.

3. Freundtliche tugentliche fraw
gedenck dieweil ich dir vertraw
mag es gesein
schick dich darein
und laß dein trawren faren
ich wil uns wol bewaren.
(S. 12)

[1. Ich weiß ein hübsches Fräulein,
das liegt mir in dem Herzen mein.
Ach, daß ich sollt
|sollt=dürfte
wie gern ich wollt,
nach Lust meins Herzen
gar freundlich mit ihr scherzen!

2. Wahrlich in rechter Treu und Lieb
ich mich täglich gen ihr Lieb ieb.
|ieb=übe
Zart schönes Bild,
ganz, wie du willt,
bin dir mit Dienst bereit,
das glaub mir in der Wahrheit!

3. Freundliche, tugendliche Frau,
gedenk, dieweil ich dir vertrau!
Mag es gesein,
|gesein=kann es geschehen
schick dich darein
und laß dein Trauren fahren,
ich will uns wohl bewahren!]
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Lied I. 11

1. Es hat sein gestalt
in irem gewalt
erzeig ich mich
und sprich
ob gleich jr sinn
stünd anderst hin
und hoch gericht
das ficht
mich gar nichts an
ich bleib jr trewer unterthan.

2. Wer ir beger
wie ich bißher
hab trewlich gmeind
vereindt
wurd mein gedanck
durch liebes zwang
auß gutem gmüt
verhüt
on all arglist
des traw sie mir zu aller frist.

3. Zeit wünsch ich offt
hab alzeit ghofft
glück werd sein gunst
auch sunst
zu guter stund
von irem mund
ein freundtlich wort
und fort
versagen nit
so würd ich aller sorgen quit.
(S. 12-13)

[1. Es hat sein Gestalt
in ihrem Gewalt
erzeig ich mich
und sprich
obgleich ihr Sinn
stünd anderst hin
und hochgericht't.
Das ficht
mich gar nichts an
ich bleib ihr treuer Untertan.

2. Wär ihr Begehr,
wie ich bisher
hab treulich gmeint,
vereint
|vereint=einig, versöhnt
wurd mein Gedank
durch Liebeszwang,
aus gutem Gmüt,
verhüt't
ohn all Arglist;
des trau sie mir zu aller Frist!

3. Zeit wünsch ich oft,
hab allzeit ghofft,
Glück werd sein Gunst,
auch sunst
zu guter Stund
von ihrem Mund
ein freundlich Wort
und fort
versagen nit;
so würd ich aller Sorgen quitt.]
_____


Lied I. 12

1. An dich auff erd
kein freud so werd
die mir bringt frucht
allein dein zucht
und weiblich güt
mein hertz und gmüt
für all dich grind
in liebe erzind
gen dir so gar
ich bit mein freundtlichs K. nim war.

2. Nach deiner gnad
ich mich belad
zu streben frey
wiewol darbey
laufft sorg und schmertz
yedoch mein hertz
deinr gnaden wart
und deiner zart
sich gantz ergeyt
hertzliebstes K. füg stat und zeyt.

3. Mit lieb belon
mich edle kron
und teil mit mir
dein hertzlich gir
heimlich in stil
stett ist mein will
dir leisten trew
ewig on rew
des soltu dich
mein K. versehen vestiglich.
(S. 13)

[1. Ahn dich auf Erd |ahn=ohne
kein Freud so wert,
die mir bringt Frucht
allein dein Zucht
und weiblich Güt.
Mein Herz und Gmüt
für all dich grint
in Lieb erzind't
gen dir so gar.
Ich bitt, mein freundlichs K.
nimm wahr.

2. Nach deiner Gnad
ich mich belad
zu streben frei,
wiewohl darbei
lauft Sorg und Schmerz;
jedoch mein Herz
dein'r Gnaden wart't
und deiner Zart
|Zart=Schönheit
sich ganz ergeit.
|ergeit=ergibt
Herzliebstes K., füg Statt und Zeit!
|Statt=Gelegenheit

3. Mit Lieb belohn
mich, edle Kron,
und teil mit mir
dein herzlich Gier
|Gier=das Verlangen deines Herzens
heimlich in Still!
Stet ist mein Will
dir leisten Treu
ewig, ohn Reu.
Des sollt du dich,
mein K. versehen festiglich!
|versehen=vertrauen]
_____


Lied I. 13

1. Mein höchste zir
ich hab mich dir
gantz eygen zwar
ergeben gar
dz niemand wend
bis auff mein end
darumb halt hart
hertzlieb ich wart
der gnaden dein
denn ich will ye dein aigen sein.

2. Gedenck dein eyd
und letzten bscheid
und trewe dein
die du gar fein
mir freundtlich gabst
da mit du labst
das hertze mein
erlös auß pein
halt vest an mir
als ich dann thu vertrawen dir.

3. Halt dich in still
das ist mein will
behalt bey dir
was beyde wir
versprochen han
vertraw nieman
vors klaffers stich
solt hüten dich
schön junckfraw fein
ich wil bald wider bey dir sein.
(S. 13-14)

[1. Mein höchste Zier
ich hab mich dir
ganz eigen zwar
|zwar=wahrlich
ergeben gar,
|gar=gänzlich
daß niemand wend
bis auf mein End.
Darumb halt hart,
|hart=fest
Herzlieb, ich wart
der Gnaden dein;
denn ich will je dein eigen sein!
|je=immer

2. Gedenk dein'n Eid
und letzten Bscheid
und Treue dein,
die du gar fein
mir freundlich gabst,
damit du labst
das Herze mein!
Erlös aus Pein,
halt fest an mir,
als ich dann tu vertrauen dir!
|als=ebenso wie

3. Halt dich in Still,
das ist mein Will!
Behalt bei dir,
was beide wir
versprochen han,
|versprochen han= uns versprochen haben
vertrau nieman!
|nieman=niemand
Vor Klaffers Stich
|Klaffer=Schwätzer; Stich=Lügen
sollt hüten dich,
|sollt=sollst du
schön Jungfrau fein!
Ich will bald wieder bei dir sein.]
_____


Lied I. 14

1. Ach höchste zir
auff al mein gir
und rechte lieb
so zu dir yeb
thut mir mein gmüt krencken
wan ich der zeit
so mir an leidt
mein hertz bekrenckt
auch senlich drengt
gentzlich thu gedencken.
Darumb ich mich
in aller pflicht
gen dir als offt
ja het verhofft
und gentzlich gmeint
zu dir vereint
in steter trew zu leben.

2. Erst ist mein hertz
on allen schertz
und alle freud
mit sehnlich leyd
bekrenckt und vast besessen
Dieweil ich dein
mein hertzig ein
mag fürter mer
bey trew und eer
zu keiner stund vergessen.
Wie offt wie dick
dein freundtlich blick
holdseliger schimpff
on ungelimpff
on alle schuld
in trewer huld
hat mir mein hertz besessen.

3. Ich hafft und hang
in hoffnung lang
ich werd erlöst
von dir getröst
sunst kem ich umb mein leben
Du bist allein
die hülffe schein
mir geben mag
ee ich verzag
in hoffnung thu ich schweben.
Ach junckfraw zart
biß nit so hart
dem diener dein
den schmertzen mein
Mit einem wort
o höchster hort
kanst mir hertzliebe stillen.
(S. 14)

[1. Ach höchste Zier
auf all mein Gier
und rechte Lieb
so zu dir ieb
|ieb=übe
tut mir mein Gmüt kränken,
wann ich der Zeit
so mir an Leid
mein Herz bekränkt,
auch sehnlich drängt
gänzlich tu gedenken.
Darumb ich mich
in aller Pflicht
gen dir als oft
ja hätt verhofft
und gänzlich gmeint
zu dir vereint
in steter Treu zu leben.

2. Erst ist mein Herz
|erst=nun erst
ohn allen Scherz
|Scherz=Vergnügen
und alle Freud
mit sehndlich Leid
|sehndlich=sehnendem
bekränkt und fast besessen,
|fast=sehr, fest
dieweil ich dein,
|dieweil=weil
mein herzig Ein,
|Ein=Einziges
mag fürter mehr
|fürter=künftighin
- bei Treu und Ehr! -
Zu keiner Stund vergessen.
Wie oft, wie dick
|dick=oft, häufig
dein freundlich Blick,
holdseliger Schimpf,
|Schimpf=Scherz, Kurzweil
ohn Ungelimpf,
ohn alle Schuld,
in treuer Huld
hat mir mein Herz besessen!

3. Ich haft und hang
in Hoffnung lang,
ich werd erlöst,
|ich=daß ich
von dir getröst't,
sunst käm ich umb mein Leben.
Du bist allein,
die Hülfeschein
|Hülfeschein= sichtbarer Beweis der Hilfe
mir geben mag,
eh ich verzag,
in Hoffnung tun ich schweben.
|tun=tue
Ach Jungfrau zart,
bis nit so hart
|bis=sei
dem Diener dein!
Den Schmerzen mein
mit einem Wort,
o höchster Hort,
kannst mir, Herzliebe, stillen.]
_____


Lied I. 15

1. Vergangen ist mir gluck und heyl
und alle freud auff erden
Ellend bin ich verlassen gar
mir mag nit besser werden
biß in den todt
leid ich groß not
so ich dich lieb muß meyden
geschicht mir ach
o we der sach
muß ich mich dein veriehen
groß leid wirt mir geschehen.

2. Erbarmen thu ich mich so hart
das kumbt auß Bulers hulde
Die mich in angst und nott hat bracht
und williglich das dulde.
Umb dich allein
hertzliebste mein
ist mir kein bürd so schwere
wers noch so vil
ich dennoch wil
in deinem dienst ersterben
nach frembder lieb nit werden.

3. Umb hülff ich ruff mein höchster hort
erhör mein sentlich klagen.
schaff mir hertzlieb dein botschafft schier
muß sunst vor leyd verzagen.
Mein traurigs hertz
leidt grossen schmertz
wie sol ichs überwinden
ich sorg das schier
der todt mit mir
wil ringen umb das leben
thu mir dein troste geben.
(S. 14-15)

[1. Vergangen ist mir Glück und Heil
und alle Freud auf Erden,
elend bin ich, verlassen gar,
|gar=ganz und gar
mir mag nit besser werden,
|mag=kann
bis in den Tod
leid ich groß Not,
so ich dich, Lieb, muß meiden.
|so=da
Geschicht mir Ach,
|geschicht=geschieht
o weh der Sach!
Muß ich mich dein verjehen,
|verjehen=versagen, entsagen
groß Leid wird mir geschehen.

2. Erbarmen tu ich mich so hart,
|hart=sehr
das kummt aus Buhlers Hulde,
|Hulde=Ergebenheit, Treue
die mich in Angst und Not hat bracht,
|bracht=gebracht
und williglich das dulde.
Umb dich allein,
Herzliebste mein,
ist mir kein Bürd so schwere,
wär's noch so viel,
ich dennoch will
in deinem Dienst ersterben,
nach fremder Lieb nit werben.

3. Umb Hülf ich rüf, mein höchster Hort,
|rüf=rufe
erhör mein sehndlich Klagen!
Schaff mir, Herzlieb, dein Botschaft schier,
|schier=schnell, bald
muß sunst vor Leid verzagen!
Mein traurigs Herz
leid't großen Schmerz:
Wie soll ich's überwinden?
Ich sorg, daß schier
der Tod mit mir
will ringen umb das Leben.
Tu mir dein Troste geben!]
_____


Lied I. 16

1. Ich habs gewagt
hertz liebste meidt
auß rechter lieb und trewen
Ich bit halt vest
was du mir hest
geredt sol dich nit rewen
Ich wil allein
dein eygen sein
sey drauff bedacht
und wol betracht
das du magst sein
ja stets die aller liebste mein.

2. Es ist gar fein
wo jr zwey sein
dies recht und trewlich meinen
Die sich alzeyt
in lieb und leid
in sachen groß und kleinen
Vertragen wol
wie stets sein sol
gedenck daran
laß nicht darvon
weiß all zu mal
ich meins ja gut das weystu wol.

3. Drumb hoff ich zwar
versech michs gar
du werdst mich nicht verlassen
Herwider ich
mich dich versprich
ich thu alzeyt der massen.
Allein soll Gott
nur durch den todt
mich bringen von dir
glaub sicher mir
und sunst kein not
zu guter nacht bewar dich Got.
(S. 15-16)

[1. Ich hab's gewagt
herzliebste Maid
aus rechter Lieb und Treuen,
ich bitt, halt fest
was du mir hest
|hest=hast
gered't, soll dich nit reuen.
|gered't=zugesagt, versprochen
Ich will allein
dein eigen sein
sei drauf bedacht
und wohl betracht,
daß du magst sein
ja stets die Allerliebste mein!

2. Es ist gar fein,
wo ihr zwei sein,
|ihr=ihrer
die's recht und treulich meinen,
die sich allzeit
in Lieb und Leid,
in Sachen groß und kleinen
vertragen wohl,
wie's stets sein soll.
Gedenk daran,
laß nicht darvon,
weiß allzumal,
|weiß=wisse
ich mein's ja gut, das weißt du wohl!

3. Drumb hoff ich zwar,
|zwar=wahrlich, fürwahr
versech mich's gar,
|versech=vertraue, glaube; gar=gänzlich
du werdst mich nicht verlassen;
herwieder ich
mich dich versprich,
ich tu allzeit dermaßen.
|dermaßen=ebenso
Allein soll Gott
nur durch den Tod
mich bringen von dir
- glaub sicher mir! -
Und sunst kein Not.
|sunst=sonst
Zu guter Nacht bewahr dich Gott!]
_____


Lied  I. 17

1. Ayniges hertz
laß sein ein schertz
was ich offt thu on argen list
der keyner ist
in meinem gmüt
wie wol ich wüt
und bin entrüst
macht alß das du nit bey mir bist.

2. Gantz nacht und tag
ist stetz mein klag
alzeit und weil die ist mir hart
zu aller fart
du machst mir leid
mit dem bescheid
zu aller fart
wann du nit kumbst so ich dein wart.

3. Nit minder ich
wil stetigklich
hinfür und für mich halten dein
in trewem schein
dir alweg pleib
für alle weib
du hertzigs mein
o möcht ich alweg bey dir sein.
(S. 16)

[1. Einiges Herz |einiges =einziges
laß sein ein'n Scherz,
was ich oft tu ohn argen List,
der keiner ist
in meinem Gmüt,
wie wohl ich wüt
und bin entrüst't.
Macht alls, daß du nit bei mir bist!

2. Ganz Nacht und Tag
ist stets mein Klag,
all Zeit und Weil die ist mir hart
zu aller Fahrt.
|zu aller Fahrt=immer
Du machst mir Leid
mit dem Bescheid
zu aller Fahrt,
wann du nit kummst, so ich dein wart.
|wann=wenn; kummst=kommst

3. Nit minder ich
will stetiglich
hinfür und für mich halten dein
in treuem Schein;
dir allweg pleib
|pleib=bleibe ich
für alle Weib,
du herzigs Mein.
O möcht ich allweg bei dir sein!
|möcht=könnte]
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Lied I. 22

1. Fraw ich bin euch von hertzen hold
o mein o mein
ich thet euch geren was ich solt
o mein o mein
wan jrß von mir annemen wolt
o mein o mein
bin ich doch dein
möchts müglich sein
ich geb mich dir inß hertz hinein.

2. Fraw mir gefelt wol ewer weis und berd
o mein o mein
so ich erwelt han hie auff erdt
o mein o mein
wann hertz und gmüt sich zu euch kert
o mein o mein
bin ich doch dein
möchts müglich sein
ich geb mich dir inß hertz hinein.

3. Fraw ich verhoff in kurtzer zeyt
o mein o mein
ich werd von euch gesetzt in freudt
o mein o mein
dann ich keins wegs mer lenger peit
o mein o mein
bin ich doch dein
möchts müglich sein
ich geb mich dir inß hertz hinein.
(S. 18)

[1. Frau, ich bin euch von Herzen hold,
o mein, o mein!
Ich tät euch geren, was ich sollt,
|geren=gern
o mein, o mein!
Wann ihr's von mir annehmen wollt.
|wann=wenn
O mein, o mein!
Bin ich doch dein!
Möcht's müglich sein,
|möcht's=könnte es; müglich=möglich
ich gäb mich dir ins Herz hinein!

2. Frau, mir gfällt wohl euer Weis und Bärd,
|Bärd= Gebahren
o mein, o mein!
So ich erwählt han hie auf Erd,
|han=habe
o mein, o mein!
Wann Herz und Gmüt sich zu euch kehrt.
O mein, o mein!
Bin ich doch dein!
Möcht's müglich sein,
|möcht's=könnte es; müglich=möglich
ich gäb mich dir ins Herz hinein!

3. Frau, ich verhoff, in kurzer Zeit
|verhoff=hoffe
o mein, o mein!
Ich werd von euch gesetzt in Freud;
o mein, o mein!
Dann ich keinswegs mehr länger peit.
|dann=denn; peit=warte
O mein, o mein!
Bin ich doch dein!
Möcht's müglich sein,
|möcht's=könnte es; müglich=möglich
ich gäb mich dir ins Herz hinein!]
_____


Lied I. 23

1. Artlich und schon gantz wol gestalt
mit gwalt
hat sie den preys
darumb mir gefelt jr gperd und weiß.

2. Mag ich kein stund vergessen jr
in mir
das hertze mein
der ich will gar mit trewen sein.

3. Leib und mein gut
ich zu jr setz
ergetz mich glücke schier
das ich mit freuden sey bey jr.
(S. 18-19)

[1. Artlich und schon ganz wohl gestalt't, |artlich=von guter Art; schon=schön
mit Gwalt
|mit Gwalt= mit Recht
hat sie den Preis
darumb mir gefällt ihr Gpärd und Weis.
|Gpärd = ihr Gebahren

2. Mag ich kein Stund vergessen ihr,
|mag=kann; ihr=ihrer
in mir
das Herze mein,
der ich will gar mit Treuen sein.
|gar=gänzlich

3. Leib und mein Gut ich zu ihr setz.
Ergetz
mich, Glücke, schier,
|schier=schnell, bald
daß ich mit Freuden sei bei ihr!]
_____


Lied I. 25

1.Ein meidlein sagt mir freundlich zu
wie sie mich liebt in hertzen
Ich sich sie nit der gleichen thun,
allein mit mir zu schertzen
Hat wol sein fug
braunß meidlein klug
merck wz ich dich bit
Ju iu Ju iu
feins meidlein mur nit.

2. Nim auff zu gut was ich dir sag
thu dich daran nicht keren
Sich lieb und trew vernim mein wort
mich diser bit geweren
Als ich dann traw
libes meidlein schaw
merck was ich dich bit
Ju iu Ju iu
feins meidlein mur nit.

3. Ja was man redt und halten thut
das kumbt zu guttem gelten
Laß du nicht ab obs einen müht
dz ich bey dir bin selten
Ist als mein schuld
bger gnad und huld
merck was ich dich bit
Ju iu Ju iu
feins meidlein mur nit.
(S. 19-20)

[1. Ein Maidlein sagt mir freundlich zu
wie sie mich liebt in Herzen.
Ich sich sie nit der gleichen tun,
|sich=sehe
allein mit mir zu scherzen.
Hat wohl sein'n Fug.
Brauns Maidlein klug,
merk, was ich bitt:
Ju, ju, ju, ju!
Feins Maidlein, murr nur nit!

2. Nimm auf zu gut, was ich dir sag,
tu dich daran nicht kehren!
Sich Lieb und Treu, vernimm mein Wort,
|sich=siehe
mich dieser Bitt gewähren!
|gewähren=gewähre
Als ich dann trau,
liebes Maidlein, schau!
Merk, was ich dich bitt:
Juju, juju,
Feins Maidlein, murr nur nit!

3. Ja, was man red't und halten tut,
das kummt zu gutem Gelten.
|kummt=kommt
Laß du nicht ab, ob's einen müht,
|müht=verdrießt, ärgert
daß ich bei dir bin selten!
Ist alls mein Schuld,
bgehr Gnad und Huld.
|bgehr=begehr
Merk, was ich dich bitt:
Juju, juju!
Feins Maidlein, murr nur nit!]
_____


Lied I. 26

1. Merck scheidens klag
ee ich verzag
so ich dich lieb muß meiden
Hilff mir zu dir
aus hertzen gir
groß kumer muß ich leiden
Darumb ich bit
du wendest nit
dein trew von mir
erwart bey dir
dann sunst in grosses leid ich kum.

2. Scheiden bringt pein
dein wil ich sein
dieweil ich hab das leben
Glück won unß bey
wir sein noch frey
thu nimmer von unß streben
Venus gar gschwind
erweck dein kind
die sach nun bhend
nach hoffnung wend
von mir hat sie das lob und breiß.

3. Mein mündlein rot
der ewig Gott
wöll dein die weile pflegen
Biß wolgemut
es wird noch gut
die sonne kumbt nach regen
ein kurze zeyt
verharr und peit
mein widerfart
wirdt nicht gespart
darumb hertzlieb halt vest an mir.
(S. 20)

[1. Merk Scheidens Klag,
eh ich verzag,
so ich dich, Lieb, muß meiden!
Hilf mir zu dir,
aus Herzen Gier
|Gier=Verlangen
groß Kummer muß ich leiden!
Darumb ich bitt,
du wendest nit
dein Treu von mir,
erwart bei dir;
dann sunst in großes Leid ich kumm!
|dann=denn; sunst=sonst; kumm=komm

2. Scheiden bringt Pein,
dein will ich sein,
dieweil ich hab das Leben.
Glück wohn uns bei,
- wir sein noch frei -
tu nimmer von uns streben!
Venus, gar gschwind
|gschwind=geschwinde
erweck dein Kind,
die Sach nun bhend
|bhend=behende
nach Hoffnung wend!
Von mir hat sie das Lob und Breis.
|Breis=Preis

3. Mein Mündlein rot,
der ewig Gott
wöll dein die Weile pflegen!
|wöll=wolle
Bis wohlgemut,
|bis=sei
es wird noch gut,
die Sonne kummt nach Regen!
|kummt=kommt
Ein kurze Zeit
verharr und peit!
|peit=warte
Mein Wiederfahrt
|Wiederfahrt=Wiederkehr
wird nicht gespart;
|gespart=aufgehoben, unterlassen
darumb, Herzlieb, halt fest an mir!]
_____


Lied I. 28

1. Ich armer klag
stets nacht und tag
ach möcht es gsein
das du werst mein
wolst du als ich
so hetstu mich
es leit an dir
wer dir als mir
die sach wer lengst geendet zwir.

2. Dein lieb dein schön
die ich hoch krön
hat gar entzindt
mein hertz das brindt
und teglich wüt
nach deiner güt
in qual und pein
in hoffens schein
du werdst auch nit vergessen mein.

3. Freundtlich dich bit
ja wer es nit
deinr lieb zu vil
so ist mein will
das ich nur wer
in zucht und ehr
bey dir allein
sunsten ists umb kein
wir bleiben nit vorm schwetzer rein.
(S. 21)

[1. Ich Armer klag
stets Nacht und Tag:
Ach, möcht es gsein,
|möcht=könnt; gsein=sein
daß du wärst mein!
Wollst du als ich
so hättst du mich
es leit an dir,
|leit=liegt
wär dir als mir
die Sach wär längst geendet zwier.
|zwier=zweimal

2. Dein Lieb, dein Schön,
|Schön=Schönheit
die ich hoch krön,
hat gar entzind't
|entzünd't=entzündet
mein Herz, das brinnt
|brinnt=brennt
und täglich wüt't
nach deiner Güt
in Qual und Pein,
in Hoffens Schein,
du werdst auch nit vergessen mein.

3. Freundlich dich bitt,
ja, wär es nit
deinr Lieb zuviel,
|deinr=deiner
so ist mein Will,
daß ich nur wär
in Zucht und Ehr
bei dir allein,
sonst ist's umb kein.
|kein=keine (andere)
Wir bleiben nit vorm Schwätzer rein.
|rein=unberührt, unverschont]
_____


Lied I. 29

1. Mein einigs A. ich dein beleib
und mich verschreib
alweg dienstlich an deim gebot
A. wie das geyt ytzund die zeyt
des klaffers neid
den schaden fügt eim zu dem spot.
Mein zuversicht nicht kummer dich
mein lieb hab ich
in rechter trew zu dir gekert
und pleib gantz frey
glück won uns bey
zu freuden stets gantz on versert.

2. Ob ich mit wesen von dir bin
doch pleibt mein sin
in lieb on falsch alweg bey dir
Und halt mich dein gehe wie es wöll
nit von mir stel
mein hort, bedenck der lieb an mir
Was frucht die selb uns bringen mag
auch wirt al tag
durch mich dein lob mit fleiß gemert
und pleib gantz frey
glück won uns bey
zu freuden stetz gantz unversert.

3. Ob ich schon nit bin dein geleych
ich ye nit weych
in keynen weg von deiner zir
Was mir dein zucht vertrawen mag
das selb ich trag
alweg in stil heimlich bey mir
Meinr lieb ich dir für andren gan
biß zweifels an
du bist die recht die mich ernert
und pleib gantz frey
glück won uns bey
zu freuden stets gantz unversert.
(S. 21-22)

[1. Mein einigs A., ich dein beleib
|beleib=bleibe
und mich verschreib
allweg dienstlich an dei'm Gebot.
|Gebot=stets deinem Gebot zu dienen
A. wie das geit itz und die Zeit
|geit=gibt
des Klaffers Neid den Schaden fügt ei'm
|Klaffer=Schwätzer
Mein Zuversicht,
nicht kummer dich!
|kummer=bekümmere
Mein Lieb hab ich
in rechter Treu zu dir gekehrt
und pleib ganz frei.
|pleib=bleib
Glück wohn uns bei
zu Freuden stets ganz unversehrt!

2. Ob ich mit Wesen von dir bin,
|=wenn ich auch nicht bei dir weile
doch pleibt mein Sinn
|pleibt=bleibt
in Lieb ohn Falsch allweg bei dir,
und halt mich dein, gehe wie es wöll.
Nit von mir stell,
|stell=abfalle
mein Hort, bedenk der Lieb an mir,
was Frucht dieselb uns bringen mag!
|mag=kann
Auch wird der Tag
durch mich dein Lob mit Fleiß gemehrt,
und pleib ganz frei.
|pleib=bleib
Glück wohn uns bei
zu Freuden stets ganz unversehrt!

3. Ob ich schon nit bin dein geleich,
|geleich=gleich
ich je nit weich
|je nit=niemals
in keinen Weg von deiner Zier.
|Zier=Schönheit
Was mir dein Zucht vertrauen mag,
|Zucht=Anstand
dasselb ich trag
allweg in Still heimlich bei mir.
Meinr Lieb ich dir für andren gann,
|für andren gann=vor anderen vergönne
- bis Zweifels ahn! -
|=sei ohne Zweifel
Du bist die Recht, die mich ernährt,
|ernährt=mich gesund macht
und pleib ganz frei.
|pleib=bleib
Glück wohn uns bei
zu Freuden stets ganz unversehrt!]
_____


Lied I. 30

1. "Zucht eer und lob jr wonet bey
gantz frey
on alle rew
bin ich verpflicht zu dienen jr
Sie hat fürwar das feinst geperd
beschwert
und höchlich mert
sich hertzlich klag und sehnlich gir
Seid ich nun weiß zukünftig not
kein rhat
auff erdt mich helffen mag
es leit am Tag
erhör mein klag
die ich stets trag
send gnad mein glück ee ich verzag.

2. Recht als ein wild kein vernunfft hab
gar ab
mein schatz und hab
durch scheidens gwalt vergessen wirdt
Dardurch mein krancks und schwaches hertz
on schertz
unseglich schmertz
mit seufftzen vil im elendt fürt
Ich glaub kein freud sey mir beschert
verkert
sich nicht mein schwerlich wee
wie ichs nu dre
gee oder stee
gleich wie der schnee
ich armer bub im leid vergee."

3. "Ich laß ien reden was er will
in still
mich trübt so vil
sein hertzlich leid mer dann ich klag.
Mir waß vor nie mein hertz so wund
die stund
ist mir wol kund
mein schweren pein die ich stetz trag.
Glück durch dein hilff not würd gewend
behend
so ver er selber wult
mein groß unschuld
durch mein gedult
wenden in hult
hilff schir mein glück thu was ich sult!"

4. "Schaffen nit vil jr süsse wort
zu hort
und seer bethort
ist in mir mein hertz mut und sinn.
Ir gunst thet sich offt verkeren
ehrn
al pot meeren
wil ich jr preyß wo ich nun bin
und far dahin elendigklich
scheid ich
in disem jamersthal
forcht bringt unfal
die welt ist hol
und untrew vol
ich weiß nicht wie ichs verstehen sol."

5. "Thu was ich wil, so ist mein gunst
umbsunst
die grosse brunst
der trewen lieb müht mich schwerlich
Mir geschicht unrecht bei meinem eydt
mein zeyt
onalle freud
vertreiben muß, den lohn hab ich.
mein alte trew bedenck gsell bas
und laß
mich bleiben ewig dein
in gut erschein
vertreyb mein peyn
und laß mich sein
befohlen dir erbarm dich mein."
(S. 22-23)

[1. Zucht, Ehr und Lob ihr wohnet bei,
|Zucht=Anstand
ganz frei,
ohn alle Reu
bin ich verpflicht't zu dienen ihr;
sie hat fürwahr das feinst Gepärd.
|Gepärd=Gebahren
Beschwert und höchlich
mehrt sich
herzlich Klag und sehnlich Gier.
|Gier=Verlangen
Seit ich nun weiß zukünftig Not,
kein Rat auf Erd mich helfen mag,
|mich helfen mag=mir helfen kann
es leit am Tag.
|leit=liegt
Erhör mein Klag,
die ich stets trag,
send Gnad
mein Glück, ich verzag!

2. Recht als ein Wild kein Vernunft hab,
gar ab,
|gar=ganz und gar
mein Schatz und Hab
durch Scheidens Gwalt vergessen wird;
dardurch mein kranks und schwaches Herz
ohn Scherz
|Scherz=Vergnügen, Freude
unsäglich Schmerz
mit Seufzen viel im Elend führt.
Ich glaub, kein Freud sei mir beschert,
verkehrt
sich nicht mein schwerlich Weh;
wie ich's nur dreh,
geh oder steh,
gleich wie der Schnee
ich armer Bub im Leid vergeh."

3. "Ich laß ihn reden, was er will.
In Still
mich trübt so viel
|trübt=betrübt
sein herzlich Leid mehr dann ich klag;
|dann=als
mir was vor nie mein Herz so wund,
|mir was=mir war
die Stund
ist mir wohl kund
mein schweren Pein, die ich stets trag.
Glück, durch dein Hilf Not würd gewend't
behend
sofer er selber wullt
|sofer=sofern; wullt=wollte
mein groß Unschuld
durch mein Geduld
wenden in Huld.
Hilf schier, mein Glück, tu, was ich sullt!"
|schier=schnell, bald; sullt=sollte

4. "Schaffen nit viel ihr süße Wort,
zu hort
|hort=hart, sehr
und sehr betort
|betort=betört
ist in mir mein Herz, Mut und Sinn.
Ihr Gunst tät sich oft verkehren,
ehrn,
allpott mehren
|allpott=immer, stets
will ich ihr Preis, wo ich nur bin,
und fahr dahin, elendiglich
scheid ich
in diesem Jammerstal.
Forcht bringt Unfall,
|Unfall=Unglück, Mißgeschick
die Welt ist hohl
und Untreu voll,
ich weiß nicht, wie ich's verstehen soll."

5. Tu, was ich will, so ist mein Gunst
umbsunst;
die große Brunst
der treuen Lieb müht mich schwerlich.
|schwerlich=schwer
Mir geschicht Unrecht, bei meinem Eid!
|geschicht=geschieht
Mein Zeit
ohn alle Freud
vertreiben muß, den Lohn hab ich.
Mein alte Treu bedenk, Gsell, baß
|Gsell=Gesell; baß=besser
und laß
mich bleiben ewig dein!
In Güt erschein,
vertreib mein Pein
und laß mich sein
befohlen dir, erbarm dich mein!"]
_____


Lied I. 31

1. Wann ich betracht die hinefart
so hat sich mein gmüt verkert
Mein lieb find mich gantz ungespart
mir werde noch glück beschert
Das lustes Spiel
heymlich und stil
mit freuden vil
bald treff dz zil
darnach mich alzeyt frewen wil.

2. Ach wie gar schwerlich nacht und tag
ich klag auß tieffem hertzen grund
Das ich mein lieb nit sehen mag
stetz trag gros leid biß auff die stund
Gehe oder stee
umb hertzlich wee
in leid vergee
zeyt glück kum ehe
mein elend hertz wil yetz nit mee.

3. Wie oft auß hertzem gir dein gunst
hat mich offt aus dem schlaff erweckt
Recht wie ein wild ist in der brunst
kein kunst so hart mich nie erweckt
O wann du wüst
wie mich dein glüst
in diser frist
gefangen ist
mein hertz des du gewaltig bist.
(S. 23)

[1. Wann ich betracht die Hinnefahrt,
|wann=wenn; Hinnefahrt=Abschied
so hat sich mein Gmüt verkehrt,
|verkehrt=verkehrt in Trauer
mein Lieb find't mich ganz ungespart,
|ungespart=ungesäumt, bereit
mir werde noch Glück beschert,
daß Lustes Spiel
|Lust Masculinum
heimlich und still
mit Freuden viel
bald treff das Ziel.
Darnach mich allzeit freuen will.

2. Ach wie gar schwerlich Nacht und Tag
ich klag aus tiefem Herzensgrund.
daß ich mein Lieb nit sehen mag,
|mag=kann
stets trag groß Leid bis auf die Stund!
Gehe oder steh,
umb herzlich Weh
in Leid vergeh.
Zeit, Glück kumm, ehe
|kumm=komm; ehe=bevor
mein Elend Herz will jetz nit meh!
|jetz=jetzt; meh=mehr

3. Wie oft aus Herzem Gier dein Gunst
hat mich oft aus dem Schlaf erweckt!
Recht wie ein Wild ist in der Brunst,
kein Kunst so hart mich nie erweckt.
|hart=sehr, mächtig
O wann du wüßt,
|wann=wenn
wie mich dein glüst't
|glüst't=gelüstet
in dieser Frist
Gefangen ist
mein Herz, des du gewaltig bist.
|gewaltig bist=Gewalt hast]
_____


Lied I. 32

1. Ein wächter gut
in seiner hut
rüfft an den lieben morgen
"Wo lieb bey lieb
in Venus üb
beyligen one sorgen
Die sehen auff
verlast den schlauff
das jr nicht kombt in leiden
die nacht die weycht
der tag her leucht
will lieb von liebe scheiden."

2. Ein bul erhort
des wächters wort
erschrack vast ser von hertzen
Das er nicht mer
nach seim beger
künd mit seim bulen schertzen
Erweck sie leiß
mit allem fleiß
das ers nit thet erschrecken
"mein auffenthalt
mach dich auff baldt
der Wechter thut uns wecken."

3. Das frewlein fein
vom bulen sein
must sich als baldt thun scheiden
Der helle tag
bracht leyd und klag
vil jamers jnen beyden
Das weyblin schön
zum gsellen kön
sprach tugentlich mit züchten
"behüt dich Gott
mein mündlein rot
vermer mein eer mit nichten."
(S. 24)

[1. Ein Wächter gut
in seiner Hut
|Hut=Wachtposten
rüft an den lieben Morgen:
|rüft=ruft
"Wo Lieb bei Lieb
in Venus Üb
|in Venus Üb=in Liebesvereinigung
beiliegen ohne Sorgen,
die sehen auf!
|die sehen auf=die mögen aufschauen
Verlaßt den Schlauf,
|Schlauf=Schlaf
daß ihr nicht kommt in Leiden!
Die Nacht die weicht,
der Tag her leucht't,
will Lieb von Liebe scheiden."

2. Ein Buhl erhort
|Buhl=Liebhaber; erhort=vernahm
des Wächters Wort,
erschrak fast sehr von Herzen,
|fast=Verstärkung des sehr
daß er nicht mehr
nach sei'm Begehr
|sei'm=seinem
künnt mit sei'm Buhlen scherzen;
|scherzen=sich vergnügen
erweckt sie leis
mit allem Fleiß,
daß er's nit tät erschrecken:
"Mein Aufenthalt,
|Aufenthalt=die Geliebte
mach dich auf bald,
der Wächter tut uns wecken!"

3. Das Fräulein fein
vom Buhlen sein
mußt sich alsbald tun scheiden.
Der helle Tag
bracht Leid und Klag,
viel Jammers ihnen beiden.
Das Weiblin schön
zum Gsellen köhn
|köhn=kühn
sprach tugendlich mit Züchten:
|mit Züchten=mit Anstand
"Behüt dich Gott,
mein Mündlein rot,
vermähr mein Ehr mitnichten!"
|vermähr=verrate, bringe ins Gerede]
_____


Lied I. 33

1. Ich klag
den tag
und alle stund
dz mein außbund
nit hat sein gsund
der halb verwund
mein hertz in leyd auß gutem grundt.

2. Wie mag
on klag
mein hertz nun sein
die weil groß pein
sich mert darein
mein sonn mir schein
das werd getröst der liebste mein.

3. Unglück
dein tück
bald von mir wend
dardurch behend
mein groß elend
zu gutem end
mit freuden werd durch glück gelend.
(S. 24)

[1. Ich klag
den Tag
und alle Stund
daß mein Ausbund
|Ausbund=Liebster
nit hat sein Gsund;
|Gsund=Gesundheit
der halb verwund't
|der halb verwund't=deshalb ist verwundet
mein Herz in Leid aus guten Grund.

2. Wie mag
|mag=kann
ohn Klag
mein Herz nun sein,
dieweil groß Pein
sich mert darein?
|mert=mischt
Mein Sonn, mir schein,
daß werd getröst't der Liebste mein!

3. Unglück,
dein Tück
bald von mir wend,
dardurch behend
mein groß Elend
zu gutem End
mit Freuden werd durch Glück geländ't!
|geländ't=ans Ziel gebracht]
_____


Lied I. 34

1. Wie kumbts dz mich
so hefftiglich
anfichtet yetz das bulen?
Ich weiß mit nicht
wie mir geschicht
das blut thut in mir wulen
Als ob ich iung
gericht zum sprung
künt den weiblein hofieren
nach jrem will
geben die fül
fürwitz wil mich verfüren.

2. Wie wol ich alt
und gar erkalt
noch thut mich lieb erhitzen
All ding verkört
ich wird betört
mir entgen mein witzen
Ich armer man
weiß nicht von wann
mir kummet solch wüten
vor zauberey
hab ich mich frey
mein lob nie künt hüten.

3. Ich muß ein weib
für meinen leib
haben zu diser stunde.
Du Venus kind
Cupido blind
hast mir geschossen ein wunde,
Die nieman kan
mir armen man
dann ein jungefraw heilen,
die ist meim gold
nur worden hold
will vertreiben mein geilen.
(S. 24-25)

[1. Wie kummt's, daß mich
so heftiglich
anfichtet jetz das Buhlen?
|Buhlen=Lieben
Ich weiß mit nicht,
wie mir geschicht
|geschicht=geschieht
das Blut tut in mir wuhlen,
|wuhlen=wühlen
als ob ich jung,
gericht't zum Sprung
künnt den Weiblein hofieren
nach ihrem Will
geben die Füll.
Fürwitz will mich verführen.
|Fürwitz=Neugierde

2. Wiewohl ich alt
und gar erkalt't,
noch tut mich Lieb erhitzen,
|noch=dennoch
all Ding verköhrt,
|verköhrt=verkehrt
ich wird betört,
|ich wird=ich werde
mir entgehn mein Witzen.
|=ich verliere den Verstand
Ich armer Mann
weiß nicht, von wann
mir kummet solch Wüten;
vor Zauberei
hab ich mich frei,
|hab ich mich=halte ich mich
mein Lob nie künnt hüten.

3. Ich muß ein Weib
für meinen Leib
haben zu dieser Stunde.
Du Venuskind
Cupido blind,
hast mir geschossen ein Wunde,
die nieman kann
|nieman=niemand
mir armen Mann
dann ein junge Frau heilen;
|dann=als
die ist mei'm Gold
|mei'm=meinem
nur worden hold,
will vertreiben mein Geilen.
|Geilen=Betteln]
_____


Lied I. 34a

1. Wie kommt's, daß ich
alwegen mich
muß richten nach deim hertzen lust?
Und weyß vorhin
das all mein sinn
und fleiß bey dir ist gar umbsunst.
wie thustu noch
dieweyl ich doch
yetz bin der nechst nach jrer drey
und mich benügt
wie es sich fügt
domit ich kum und laß bei weyl herbey.

2. So weiß ich nun
das all mein thun
bey dir ist gar vernicht
verstet man wol
das ich auch sol
entweichen dem der baß gesicht
Und sticht dann ich
ob du schon mich
behieltest auch in deiner zal
was leg dir dran
nembst mich auch an
doch wie du wilt hab dir die wal.

3. Stolz nit außbracht
denck ubernacht
möcht sich bald wenden all dein glück
des achstu nit
und brauchst domit
in ubermut vil böser stück.
Dein tück bey dir
thun stets gen mir
sich geben das macht mich bethort
Darumb ich schrey
Ey ey ey ey
es wirdt dir leid denck meiner wort!
(S. 25)

[1. Wie kommt's, daß ich
allwegen mich
muß richten nach dei'm Herzen Lust
|=nach deines Herzens Gelüsten
und weiß vorhin,
|=weiß doch im voraus
daß all mein Sinn
und Fleiß bei dir ist gar umsonst?
Wie tust du noch,
dieweil ich doch
jetz bin der nächst nach ihrer drei!
Und mich benügt,
|benügt=mir genügt es
wie es sich fügt,
damit ich komm bei Weil herbei.

2. So weiß ich nun,
daß all mein Tun
bei dir ist gar ver nicht;
|ver nicht=für nichts
versteht man wohl,
daß ich auch soll
entweichen dem, der baß gesicht
|baß=besser; gesicht=aussieht
und sticht dann ich.
|sticht=versucht; dann=als
Ob du schon mich
|ob=wenn
behieltest auch in deiner Zahl,
was läg dir dran,
nähmst mich auch an!
Doch wie du willt, hab dir die Wahl!

3. Stolz nit aus Bracht,
|stolz nit=sei nicht stolz; Bracht=Pracht, Hochmut
denk über Nacht
möcht sich bald wenden all dein Glück!
|möcht=könnte
Des achst du nit
|achst=achtest
und brauchst damit
|brauchst=gebrauchst
in Ubermut viel böser Stück;
dein Tück bei mir
tun stets gen mir
sich geben, das macht mich betort.
|macht mich betort=macht mich zum Toren
Darumb ich schrei:
Ei, ei, ei, ei!
Es wird dir leid, denk meiner Wort!]
_____


Lied I. 35

1. Von edler art
auch rein und zart
bistu ein kron
der ich mich han
ergeben gar
glaub mir fürwar
dz hertz in mir
krenckt sich nach dir
darumb ich ger
auff al dein eer
hilff mir ich hab nit trostes mer.

2. Wie ich im thu
hab ich kein rw
on dein gestalt
die mich mit gwalt
gefangen hat
hertzlieb gib rat
des ich doch mich
zu dir versich
in hoffnung vil
nit mer ich wil,
allein setz mir ein gnedigs zil.

3. Seyt du die bist
gen der ich list
nit brauchen sol
des weystu wol
on allen schertz
wil dir mein hertz
in trewen sein
darumb ich dein
kein stund im tag
vor leid und klag
auß rechter lieb vergessen mag.
(S. 26)

[1. Von edler Art,
auch rein und zart,
bist du ein Kron,
der ich mich han ergeben gar,
|han=habe; gar=gänzlich
glaub mir fürwahr!
Das Herz in mir
kränkt sich nach dir;
|kränkt sich=wird krank
darumb ich gehr
|gehr=begehre
auf all dein Ehr:
Hilf mir, ich hab nit Trostes mehr!

2. Wie ich ihm tu,
|=was ich auch beginne
hab ich kein Ruh
ohn dein Gestalt,
die mich mit Gwalt
gefangen hat.
Herzlieb, gib Rat,
des ich doch mich
zu dir versich
|versich=vertraue
in Hoffnung viel,
nit mehr ich will!
Allein setz mir ein gnädigs Ziel!

3. Seit du die bist,
|seit=da
gen der ich List
nit brauchen soll,
- des weißt du wohl -
ohn allen Scherz
will dir mein Herz
in Treuen sein.
Darumb ich dein
kein Stund im Tag
vor Leid und Klag
aus rechter Lieb vergessen mag.
|mag=kann]
_____


Lied I. 36

1. Isbruck ich muß dich lassen
ich far dohin mein strassen
in fremde landt do hin
mein freud ist mir genomen
die ich nit weiß bekummen
wo ich im elend bin.

2. Groß leid muß ich yetz tragen
das ich allein thu klagen
dem liebsten bulen mein,
ach lieb nun laß mich armen
im hertzen dein erbarmen
das ich von dann muß sein!

3. Meyn trost ob allen weyben
dein thu ich ewig pleyben
stet trew der eren frumm
nun muß dich Gott bewaren
in aller thugent sparen
biß das ich wider kumm!
(S. 26)

[1. Isbruck, ich muß dich lassen,
|Isbruck=Innsbruck
ich fahr dohin mein Straßen,
|dohin=dahin
in fremde Land dohin.
Mein Freud ist mir genommen,
die ich nit weiß bekummen,
|bekummen=(wieder) zu erlangen
wo ich im Elend bin.

2. Groß Leid muß ich jetz tragen,
|jetz=jetzt
das ich allein tu klagen
dem liebsten Buhlen mein.
|Buhle=Geliebte
Ach Lieb, nun laß mich Armen
im Herzen dein erbarmen,
daß ich von dann muß sein!

3. Mein Trost ob allen Weiben,
dein tu ich ewig pleiben,
|pleiben=bleiben
stets, treu, der Ehren frumm.
|frumm=tüchtig, rechtschaffen
Nun muß dich Gott bewahren,
|muß=möge
in aller Tugend sparen,
|sparen=erhalten
bis daß ich wiederkumm!]
_____


Lied I. 37

1. Ach edles N. mein eynger trost
nach dir mich thut verlangen
Ein artlich wesen an dir hast
das hat mich gar gefangen
Hertz mut und sinn
stent zu dir hin
on unterlas muß dencken
an dein schön gstalt
die thut mit gwalt
mich ellenden ser krencken
zu dir umb hülff
schrey ich und gülff
send trost meim schwachen hertzen
sunst andre kein
kan stillen mein
schmertzen.

2. Bey dir allein ist die ärtzney
die mir mein hertz mag heilen
Auff dein genad verlaß mich frey
zu helffen mir thu eilen
Ee ich vergee
das senlich wee
thut mir mein hertz ser schwächen
thu auff den schrein
der ärtzney dein
hülff bald meinem gebrechen.
ein freundtlich gruß
ein lieplich kuß
kan mich vom todt erquicken
darzu thu mich
gantz innigklich
anplicken.

3. "Mein trauter knab bey mir suchst lab
der will ich dich geweren.
Doch halts in still das ist mein will
thu mich nieman vermeren
Zu helffen dir
nach deinr begir
will ich nicht unterlassen
mich zu dir ker
und dich gewer
thu mich in dein arme fassen
druck brust an brust
nach hertzens lust
ich will dir nichts versagen
nach hertzens gir
wil ichs mit dir
wagen."
(S. 27)

[1. Ach edles N., mein einger Trost,
|einger=einziger
nach dir mich tut verlangen,
ein artlich Wesen an dir hast,
das hat mich gar gefangen.
|gar=ganz und gar
Herz, Mut und Sinn
stehn zu dir hin,
ohn Unterlaß muß denken
an dein schön Gstalt,
die tut mit Gwalt
mich Elenden sehr kränken.
|kränken=krank machen
Zu dir umb Hülf
schrei ich und gülf:
|gülf=schreie, wimmre
Send Trost mei'm schwachen Herzen
|mei'm=meinem
sonst andre kein
kann stillen mein
Schmerzen!

2. Bei dir allein ist die Ärznei,
die mir mein Herz mag heilen;
|mag=kann
auf dein Genad verlaß mich frei,
|frei=verlasse ich mich fest
zu helfen mir tu eilen,
eh ich vergeh!
Das sehnlich Weh
tut mir mein Herz sehr schwächen.
Tu auf den Schrein
der Ärznei dein,
hülf bald meinem Gebrechen!
Ein freundlich Gruß,
ein lieblich Kuß
kann mich vom Tod erquicken!
Darzu tu mich
ganz inniglich
anplicken!
|anplicken=anblicken

3. "Mein trauter Knab, bei mir suchst Lab,
der will ich dich gewähren,
doch halt's in Still, das ist mein Will,
tu mich nieman vermähren!
|nieman=niemandem; vermähren=verraten
Zu helfen dir
nach deinr Begier,
will ich nicht unterlassen,
mich zu dir kehr
und dich gewähr.
Tu mich in dein Arme fassen,
druck Brust an Brust
nach Herzenslust,
ich will dir nichts versagen!
|versagen=abschlagen
Nach Herzens Gier
|Gier=Wunsch, Verlangen
will ich's mit dir
wagen."]
_____


Lied I. 38

1. Als ich nun hab vernommen
was klaffers untrew sey
So es dar zu wurdt kummen
darnach ich yetz fast schrey
Das ich an jm wirdt rechen
wie er mich yetz thut stechen
glück stand mir alzeyt bey.

2. Doch wil ich nit verlassen
die allerliebste mein
Darumb man mich thut hassen
dunckt mich es solt nit sein
Ich wil sie lassen klaffen
und hin und wider gaffen
sie werdent zalet feyn.

3. Jedoch man mich thut zeihen
das ich unschuldig bin
Ich hoff jm werd gedeyen
das kumm in jren sin
Und sie sich selbs erkennen
wie sie mich yetz thun nennen
das mit sol schleichen hin.
(S. 27-28)

[1. Als ich nun hab vernommen,
was Klaffers Untreu sei,
|Klaffer=Verräter, Schwätzer
so es darzu wurd kummen,
|wurd=wird
darnach ich jetz fast schrei,
|fast=sehr, heftig
daß ich an ihm wird rächen,
|wird=werde
wie er mich jetz tut stechen.
|stechen=treffen
Glück stand mir allzeit bei!
|stand=stehe

2. Doch will ich nit verlassen
die Allerliebste mein;
darumb man mich tut hassen,
dunkt mich, es sollt nit sein.
Ich will sie lassen klaffen
|klaffen=schwatzen
und hin und wieder gaffen,
sie werdend zahlet fein.
|werdend=werden; zahlet=gezahlt, bezahlt

3. Jedoch man mich tut zeihen,
das ich unschuldig bin.
|das=woran
Ich hoff, ihm werd gedeihen,
|gedeihen=es werde ihm zuteil
daß kumm in ihren Sinn
und sie sich selbs erkennen,
wie sie mich jetz tun nennen,
das mit soll schleichen hin.]
_____


Lied I. 39

1. Ach unfals neid
belenglich zeyt
hab ich manch stundt geduldet
Macht dz du glück
von mir zu ruck
dich wendest unverschuldet
Dardurch mein hertz
leid senlich schmertz
allein dir zu gefallen
glücklicher stund
auß hertzem grund
gwart ich mein lieb ob allen.

2. Zeyt widerbringt
dardurch mißlingt
des unfals thück mit schmertzen
Bleibt fürt dein gunst
in liebes brunst
gen mir in trewen hertzen
Bin ich o mein
ewig der dein
die weil ich hab das leben
in rechter trew
on alle rew
hab ich mich dir ergeben.

3. Mich müt kein last
wie dick und vast
mich unglück hat betrübet
So nun dein zir
hertzliche gir
freundtlichen gen mir yebet
In solcher maß
on abelaß
magstu mich ye ergetzen
mit rechter lieb
in steter yeb
durch freud auß trauren setzen.
(S. 28)

[1. Ach, Unfalls Neid
|=Unglücks Groll, Mißgunst
belänglich Zeit
|belänglich=langandauernde
hab ich manch Stund geduldet.
Macht, das du, Glück,
von mir zurück
dich wendest unverschuldet,
|unverschuldet=ohne daß ich schuld bin
dardurch mein Herz
leid't sehnlich Schmerz,
allein dir zu gefallen.
Aus Herzem Grund
gwart ich mein Lieb ob allen.
|gwart=bewahrte

2. Zeit wiederbringt,
dardurch mißlingt
des Unfalls Tück mit Schmerzen.
Bleibt fürt dein Gunst
|fürt=in Zukunft
in Liebesbrunst
gen mir in treuen Herzen,
bin ich, o Mein
ewig der Dein,
dieweil ich hab das Leben.
In rechter Treu,
ohn alle Reu
hab ich mich dir ergeben.

3. Mich müht kein Last,
wie dick und fast
|=wie oft und sehr auch
mich Unglück hat betrübet,
so nun dein Zier
|so=wenn, da; Zier=Schönheit
herzliche Gier
|Gier=Verlangen des Herzens
freundlichen gen mir iebet.
|iebet=übt, erzeigt
In solcher Maß
|Maß=Weise
ohn Abelaß
|Abelaß=Aufhören
magst du mich je ergetzen,
|magst=kannst; je=immer
mit rechter Lieb
in steter Ieb
|Ieb=Ausübung, Erweisung (deiner Liebe)
durch Freud aus Trauren setzen.]
_____


Lied I. 40

1. Ich bin versagt
gen einer magt
das sie mich nimmer haben wil
Und do er mich
so listiglich
vertrungen hat auß disem spil
Stet noch darauff
mein wider kauff
den ich mit fug
vergolten hab dunckt mich nit gnug.

2. Ich armer knecht
hab selten recht
mein seckel hat kein futer mer
Wiewol sie nicht
der gleichen spricht
und thut als ob sie es nit beger
hat wol sein sin
mein bester gwin
ich far mein straß
wiewol mich reut das ichs verlaß.

3. Der mich verdringt
ob jm gelingt
der thut mirs gantz unbillich gar;
Wer seet der schneid
zu seiner zeyt
das ist eim yeden offenbar
Nun hab ich ghawt
und vil verbawt
auff guten won
ein ander fürt den nutz darvon.
(S. 28-29)

[1. Ich bin versagt
gen einer Magd,
daß sie mich nimmer haben will.
Und do er mich so listiglich
vertrungen hat aus diesem Spiel,
steht noch da rauf
mein Wiederkauf,
den ich mit Fug
vergolten hab dunkt mich nit gnug.

2. Ich armer Knecht
hab selten Recht,
mein Säckel hat kein Futter mehr,
wiewohl sie nicht
dergleichen spricht
und tut, als ob sie es nit begehr.
Hat wohl sein'n Sinn.
Mein bester Gwinn,
ich fahr mein Straß,
wiewohl mich reut, daß ich s'verlaß.

3. Der mich verdringt,
|verdringt=verdrängt
ob ihm gelingt,
|ob=wenn
der tut mir's ganz unbillig gar.
Wer sät, der schneid't
zu seiner Zeit,
das ist ei'm jeden offenbar.
|ei'm=einem
Nun hab ich ghaut
|ghaut=gehauen
und viel verbaut
|verbaut=bauend bearbeitet
auf guten Wohn,
|Wohn=Glauben
ein ander führt den Nutz darvon.]
_____


Lied I. 41

1. Glück mit der zeyt
hat mich erfrewt
sich zu mir kert
darzu gewert
mir gfügt ein kron der eren
Die ich nun lang
mit hertzem zwang
auß gantzem gmüt
dz hoch geblüt
mir hab begert zu werden
Sie thut all stund
auß hertzen grund
mein gmüt alles erfrewen
drumb ich die schön
im hertzen krön
ein zir mit allen trewen.

2. Ir zucht und eer
so sie bißher
mit gantzem fleiß
und hohem preiß
mir stetigs thut beweisen
macht das ich sprich
das auff ertrich
im gantzem reich
nit seyn jr gleich
und thun sie billich preisen
Darumb hinweg
al vor gepflegt
freuden auff diser erden
nur sie allein
sol sein die mein
und sunst nichts liebers werden.

3. Dem lieben weib
ich mich verschreib
jr wonen bey
in trewen frey
die weil ich hab das leben.
Ich hoff zu jr
sie werd auch mir
mitteilen trew
on allen rew
jr hertz zu eigen geben
Wo das geschicht
uns nicht gebricht
wöllen Gott lassen walten
auff den ich baw
setz mein vertraw
er wirdt uns wol erhalten.
(S. 29)

[1. Glück mit der Zeit
hat mich erfreut,
sich zu mir kehrt,
|kehrt=gekehrt
darzu gewährt,
mir gfügt ein Kron der Ehren,
die ich nun lang
mit Herzem Zwang,
aus ganzen Gmüt,
das hoch Geblüt,
|Geblüt=die vom hohen (edlen) Geblüt ist
mir hab begehrt zu werden.
Sie tut all Stund
aus Herzen Grund
mein Gmüt alles erfreuen,
drumb ich die Schön
im Herzen krön
ein Zier mit allen Treuen.

2. Ihr Zucht und Ehr,
|Zucht=Anstand
so sie bisher
|so=die
mit ganzem Fleiß
und hohem Preis
mir stetigs tut beweisen,
macht, daß ich sprich,
|sprich=spreche
daß auf Erdrich,
|Erdrich=Erdreich, auf der ganzen Erde
im ganzen Reich
nit sein ihr gleich,
und tun sie billig preisen.
|tun=tue; billig=wie es billig ist
Darumb hinweg,
all vor gepflegt
|all vor gepflegt=früher gepflegt
Freuden auf dieser Erden!
Nur sie allein
soll sein die Mein
und sunst nichts Liebers werden.

3. Dem lieben Weib
ich mich verschreib,
ihr wohnen bei
in Treuen frei,
dieweil ich hab das Leben.
Ich hoff zu ihr,
sie werd auch mir
mitteilen Treu,
ohn allen Reu
ihr Herz zu eigen geben.
Wo das geschicht,
|wo=sofern wenn; geschicht=geschieht
uns nicht gebricht,
|gebricht=fehlt es uns an nichts
wöllen Gott lassen walten,
auf den ich bau,
setz mein Vertrau,
er wird uns wohl erhalten.]
_____

Aus: Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein in fünf Teilen
Abdruck nach den ersten Ausgaben 1539, 1540, 1549, 1556
mit den Abweichungen der späteren Drucke
Herausgegeben von M. Elisabeth Marriage
Halle a. d. S. Verlag von Max Niemeyer 1903
 

 

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