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Auguste Johanna Freiin Groß
von Trockau
(1845-1915)
Entsagung
Einst liebt ich dich mit heißer Glut,
Wie man die Sonne liebt,
Die mit des Lichtes gold'ner Flut
Dem Tage Leben giebt.
Dann liebt ich dich mit sanftem Weh,
Wie man den Mond begrüßt,
Wenn blinkend er die stille See
Mit Silber übergießt.
Jetzt lieb ich dich wie einen Stern,
Der, hehr und unbegehrt,
In milder Klarheit ewig fern
Die Erdennacht verklärt.
aus: Unsere Frauen in
einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 145)
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Das Vergißmeinnicht
Als sich dereinst geschieden
Die Liebe von der Treu,
Da weinte diese bitter,
Daß sie verlassen sei.
Und all' die heißen Thränen
Der schweren Trennungsqual,
Die sah der liebe Himmel
Zerfließen in dem Thal.
Er schaute drin erglänzen
Sein Auge blau und klar
Und drauf wie Demant blitzen
Der Sterne gold'ne Schar.
Und sieh, aus diesen Zähren,
Aus gold'ner Sterne Licht
Und aus dem Blau des Himmels
Ward das Vergißmeinnicht.
aus: Unsere Frauen in
einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 145-146)
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Er kam
Er kam - da zog im tiefen Schnee
Des scheuen Wildes Spur,
Kein Vöglein sang im Walde mehr,
Kein Blümlein schmückt' die Flur.
Und dennoch bracht er Sonnenschein,
Und Lust und Lied und Scherz!
Und dennoch hat den Frühling er
Gezaubert mir in's Herz!
Er ging - da blühte rings im Land
Des Frühlings reichste Pracht,
Ein Sängerchor im Wald erklang,
Die Flur in Blüten lacht.
Und dennoch fiel ein kalter Reif
Mir auf das junge Herz,
Vorbei der Lenz! die Lust vorbei!
Der Winter kam - der Schmerz!
aus: Unsere Frauen in
einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 146)
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Sein Bild
Schön Ellen grüßt heut' thränenschwer
Ihr neues Lebensjahr,
Denn, ach, die Zukunft scheint ihr trüb'
Und jeden Glückes bar.
Des Vaters strenger Wille hat
Ihr gestern kund gethan,
Daß sie verlobt sein eigen Wort
Dem ungekannten Mann.
Erfahren sollte heute sie,
Wer dieser Fremde sei,
Dem sie als Gattin folgen muß
Sobald der Herbst vorbei.
Und ach, ihr armes junges Herz
Allein für Herbert schlägt,
Der ferne jetzt in Feindesland
Die Rittersporen trägt.
Zu ihren Lieben eilt sie jetzt
Gar bleich, doch schön geschmückt,
Das Auge thränenfeucht und matt,
Die Seele schwer bedrückt.
So tritt sie in den Rittersaal
Zum greisen Älternpaar,
Allwo die Schwestern schelmisch ihr
Den Glückwunsch bringen dar.
Schön Ellen dankt umflorten Blick's,
Sieht nach den Gaben kaum;
Da trifft ihr Ohr des Vaters Wort,
Fast wie im wüsten Traum.
"Ei Tochter, schau' die Gaben all',
Sie deuten Hochzeitslust,
Die Du mit einem braven Mann
Nun bald begehen mußt!
Und jenes braven Mannes Bild,
Mein Kind, entschleiert Dir
In seiner ganzen Herrlichkeit
Der dunkle Vorhang hier".
'Mein Vater!' stammelt Ellen bang,
Wird stumm dann wie das Grab,
Indeß des Vaters Stimme ruft:
"Den Vorhang jetzt herab!"
Und als der Schwester neck'sche Hand
Den Vorgang schlägt zurück –
Da steht schön Ellen Freudenstarr,
Von Seligkeit den Blick.
Denn statt des fremden Bräutigams –
Den sie so sehr gehaßt,
Hat jetzt des Liebsten trautes Bild
Ihr trunken Aug' erfaßt.
Die Mutter lächelt mild ihr zu –
Der Vater aber fragt:
"Schön Ellen, ist's der Rechte wohl?
Hab ich es gut gemacht?"
Und dankend küßt schön Ellen drauf
Des Vaters strenge Hand:
'Wie thöricht, daß ich bange war!
Du hast mein Herz erkannt!'
aus: Deutschlands
Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o. J. [1895] (S. 116-117)
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Biographie:
Gross v. Trockau, Freiin Auguste v., Ps. Jutha Berthen, Würzburg,
Dompfarrgasse 5, im Jahre 1845 am 2. Juni als älteste Tochter des
Freiherrn G. v. T. zu Würzburg geboren, verlebte sie mit Ausnahme zweier
Jahre dort ihr ganzes Leben. Durch Hauslehrer und Erzieherinnen
unterrichtet, nötigten sie zurückgegangene Vermögensverhältnisse
(nachdem ihr Vater eine zweite Ehe eingegangen), 2 Jahre in Genua als
Erzieherin zuzubringen. Durch das Zufallen von Präbenden besserten sich
die Verhältnisse und sie kehrte ins Vaterhaus zurück, um es nicht mehr
zu verlassen. Sie schrieb seit 1871 für mancherlei Zeitschriften.
aus: Lexikon
deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke
weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem
Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898
siehe auch:
http://www.franken-wiki.de/index.php/Auguste_Groß_von_Trockau
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