Elisabeth Grube geb. Diez (1803-1871) - Liebesgedichte

Elisabeth Grube geb. Diez

 

Elisabeth Grube geb. Diez
(1803-1871)



Inhaltsverzeichnis der Gedichte:



Leiden der Liebe

Vertraute Nacht! in deinem Mutterschooß
Verberg ich das bethränte Angesicht,
Verirrt in wilde Wüste, heimathlos
Komm' ich daher, verwirf auch du mich nicht -
Mein Auge hing an deinem schönsten Sterne,
Wie kam ich nur in dieses Abgrunds Ferne? -

Hier bin ich ganz allein, o Nacht! mit dir,
Angst drückt die Brust, die kalte Thräne rinnt,
Nimm mich in deinen Arm und sprich zu mir
Gleich einer Mutter zum betrübten Kind;
Erbarme dich des trostlosen Verzagen -
Dir will ich all mein tiefes Leiden klagen.

Am hellen Tage trug ich stolz das Haupt,
Ich schritt einher mit trotz'gem Uebermuth,
Und was mir auch der wilde Frevel raubt -
Ich hemme stark die heiße Thränenfluth;
Nun reißt der Damm! - der Strom muß sich ergießen;
Mein Herzblut mag mit ihm hinunter fließen! -

O, laß mich weinen! - ach es war so schön -
Was ich so warm in Lust und Leid geliebt!
Wie könnt ich ohne Klage ruhig seh'n,
Daß meiner Seele Liebestraum zerstiebt?
So bleicht die siebenfarb'ge Himmelsbrücke,
Die Flur bleibt grau und regenkalt zurücke. -

Ja, grau und kalt! mir schaudert vor der Bahn,
Die Sonn' und Sternenleer dem Wandrer blinkt,
Wie klimm' ich nun den Felsensteg hinan
Wenn droben mir kein liebes Auge winkt? -
Nach weiter Umsicht trag ich kein Verlangen,
Mein Sehnen stillt ein liebendes Umfangen.

Gib mir ein Herz, an dem ich ruhen kann,
Und niemals klag' ich in dem Lebensstreit,
In Noth und in Gefahr geh' ich voran
Wenn Liebe mir den blanken Schild gefeit;
Doch vor dem Kampfe sink' ich überwunden
Wenn mir der höchste - einz'ge Preis entschwunden.

Du milde Nacht! dein mütterlicher Mund
Vertröstet mich mit heil'gem Siegespreis,
Die Märthyrer, die Helden machst du kund,
Die sich gekrönt mit blut'gem Dornenreis -
Mein Herz erbebt - wie muß ich trüb verzagen!
Mich wird die Liebe nur zum Himmel tragen.

Die Liebe, die in einer Menschenbrust
Des Erdenlebens Schmerz und Wonne fühlt,
Die ohne Worte sagt, was ich gewußt,
Hinweg die Thräne küßt, die Wange kühlt -
Wie glaub' ich fromm an göttliches Erbarmen
Wenn mich ein Mensch umschließt mit Freundesarmen.

Es sagt die Schrift: zu Gottes Ebenbild
Sei in dem Paradies der Mensch gemacht -
Wo ist das Herz, das mein Verlangen stillt?
Wer führet mich durch meiner Schmerzen Nacht?
O, süßer Traum! warum bist du entschwunden?
Des Paradieses Glück wähnt' ich gefunden! -

Vertrieben hätte mich die eigne Schuld? -
So lästert Eigensucht die milde Lieb';
Denn sie ist so voll Gnade, so voll Huld,
Daß auch dem Sünder ihre Treue blieb; -
Ach, nein, ach nein! die Lieb' ist ohne Ende
Und frei wär' sie, in Ketten Fuß und Hände!

Das ist nicht Liebe, die auf Recht und Pflicht,
Auf Mein und Dein, auf Ehr' und Leumund zeigt,
Die mit des Handels Elle und Gewicht
Das holde Glück bedingungsweise reicht -
Die Lieb' allein ist Tugend, ohne Maaßen,
So reich wie schön, im Haus und auf den Straßen,

Sie weilet in der tiefsten Stille gern,
Doch mit dem Liebsten scheut sie nicht die Welt,
Gleich einem Hündlein seinem lieben Herrn,
Gleich einer Taube ob dem Giebelfeld:
So wirst du sie auf seinem Wege finden,
Ihr Herz, ihr Leben um das seine winden.

Wie kam es denn? - ich fühlte ja ein Herz
Mit heißem Schlage fest an meiner Brust,
Durchzuckt vom gleichen Glück, von gleichem Schmerz;
War eines Doppellebens mir bewußt -
Weißt du es denn? - wo ist mein frohes Lieben,
Wo ist mein zweites, bestes Herz geblieben? -

O, laß mich weinen! - das ist nun vorbei!
Sie nahm so kalt und streng ihr Herz zurück
Als wenn es nur auf Pfand geliehen sei,
Und so war denn ein Traum mein Liebesglück! -
Du mütterliche Nacht! - in deinem Schooße
Verbirg mein Haupt - zertreten liegt die Rose! -
(1847)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 101-104)
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An der Leiche einer Selbstmörderin

O, Liebe, Liebe! - du gewalt'ge Fei!
Wie furchtbar grausam bist du in der Leidenschaft, -
Wer nennt die Opfer all', du Lorelei,
Die dein geheimnißvoller Strudel hingerafft?!
Ich stehe schaudernd an des Abgrunds Rand -
Gib Antwort mir! - bist du von Gott gesandt? -

Wie hab' ich treu und fest an dich geglaubt,
Dir weiht ich meines Herzens bestes Lied -
Doch tückisch zeigst du mir ein Schlangenhaupt,
Den Bassiliskenblick, der in's Verderben zieht:
Und wo ich Gottes lichten Engel sah
Steht fürchterlich nun die Gorgone da! -

Ja fürchterlich ist deines Zaubers Macht!
Du reißest wild das Kind von warmer Mutterbrust,
Den Priester schleifst du durch die dunkle Nacht;
Zerbrichst der Jungfrau Demantschild in frecher Lust;
Zerstörst der Ehe stilles Heiligthum;
Verlachest Ehre, Hoheit, Macht und Ruhm! -

Die blond gelockte Jugend mordest du!
Vor dir zerrauft das Alter sich das Silberhaar;
Den frommen Fleiß, das Wissen höhnest du,
Das Gift, den blanken Dolch reichst du dem Wahnsinn dar -
Den Fieberbrand stillt nur das kühle Grab
Und lautlos sinken Tausende hinab! -

Ha! mich erfaßt ein tiefer, bittrer Zorn -
Hier liegt vor mir ein neues Opfer deiner Wuth -
Das Tod getrunken aus dem Zauberborn;
Es goß dir heldenmüthig hin sein Lebensblut -
Vergeblich lächelt ihm des Kindes Blick -
Nicht hielt sein Schrei den Todesstoß zurück! -

O, seht euch an den Jugendschönen Leib!
Laßt rühren euch das edle, schmerzerstarrte Haupt -
Es hat auch dieses engelgleiche Weib
Im sel'gen Rausch der Liebe Ewigkeit geglaubt -
Wie mächtig klaget nun den blinden Wahn
Der stumme Mund die grimme Liebe an! -

Gott sei ihr gnädig! Sühne sei der Schmerz,
Mit dem sie vor dem bangen Todeskampfe rang,
Eh' ihr in's weiche liebekranke Herz
Von eigner Hand des Dolches scharfe Spitze drang -
Dich aber klage ich als Mörd'rin an,
Dich, Liebe! die auch dieses Leid gethan!

Von deinem Wahnsinn ist die Erde voll!
Wer rettet Menschenherzen aus dem Zauberbann? -
Verstand wird dumm - die Weisheit selbst wird toll
Wo Liebe herrscht - ein lächelnder Tyrann!
O, daß der Gottesengel, das Gebet
Nicht warnend vor dem schönen Teufel steht.

Ein hartes Wort! - die Lieb' ein Teufelskind? -
Ja, eine Höllenmacht ist Lieb' als Leidenschaft!
Sie nahet herzig schmeichelnd, lieblich lind,
Bis später sie das Opfer faßt mit Tigerkraft -
Wär' doch ein Donnerschlag mein armes Lied! -
Ein Blitz in junge Herzen! - Flieht - o, flieht! -
(1853)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 105-107)1
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Buch der Liebe

Die Liebe

Ach widerlich und eckel war das Leben -
Im Herzen heißer Wünsche grimme Pein
Saß ich gedankenvoll auf hartem Stein;
Dem bitt'ren Unmuth ganz dahingegeben. -

Da fühlt' ich eines Engels lindes Weben -
Mit einem Lächeln, mild wie Sonnenschein,
Kam still die Liebste, Trösterin zu sein
Vor ihrem Hauch die Furien entschweben.

Sie kniete nieder - weich schien mir die Erde,
Sie sprach zu mir - leicht schien mir die Beschwerde;
Sie küßte mich - wie selig konnt' ich sein!
Wo wär' ein Stein, den Liebe nicht erweichte?
Ein hohes Ziel, das Liebe nicht erreichte? -
Wär' in der Wüste Liebe wohl allein? -
(1849)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 189-190)
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Liebestrost

Komm her, mein Kind! dir hab' ich Nichts zu geben,
Verlassen bin ich, arm und tiefbetrübt.
Und Schmerzen biet' ich der, die treu mich liebt -
Komm, willst du mein sein, in so schwerem Leben?

So fragt' ich Sie, die mir das Herz gegeben,
Die allerschönste Treu' an mir geübt;
Die mich unsäglich liebevoll geliebt -
Und diesem Liebreiz wollt' ich widerstreben! -

Sie sagte nichts - ein heller Himmelsfunken
Traf mich ihr Blick und selig wonnetrunken
Ruht' ich an ihrer Brust, in ihrem Arm. -
Was red' ich denn, von all' den Lebensschmerzen?
Es liegt in zärtlichen, in treuen Herzen
Ein Schatz, der überwieget jeden Harm!
(1850)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 191)
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Das Weihwasser

Am Kirchenthore stand ich mit der Meinen -
Sie neigte still das Haupt dem Benedeiten,
Um mit dem hellen Wasser, dem geweihten,
Im Kreuzeszeichen sich die Brust zu reinen.

Wohl mocht ich ihr ein sünd'ger Ketzer scheinen -
Doch Lieb' ist fromm und klug zu allen Zeiten -
Sie sprengte huldvoll im Vorüberschreiten
Auf meinen Mund der heil'gen Tropfen einen.

Und als wir nun auf dunkler Straße standen,
Um meinen Hals sich ihre Arme wanden -
Da küßte von der Lippe sie den Segen.
O! sel'ge Weihnacht! Lieb' ist neu erstanden,
Heil uns, daß wir den Stern der Liebe fanden!
Wir sind geweiht; sein Licht glänzt unsern Wegen!
(1849)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 192)
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Meine Liebe

Als Kind schon hob sich mir in stillem Neide
Die junge Brust beim Ruhm von Männerthaten;
Doch fühlt' ich mich beglückt wenn Frauen nahten,
Im holden Liebreiz, in der Anmuth Kleide.

Sie waren Herzenslust mir, Augenweide!
Ich folgte liebend ihren sanften Pfaden,
Um ihres Liebelächelns Huld und Gnaden
Dient' ich in Demuth, oft in bitt'rem Leide.

Und von der Mutter heil'gem Angesichte
Bis zu der Schwestern lieblicher Geberde,
Schien Alles himmlisch mir an edlen Frauen;
Auf Rosenlippen setzt ich mein Vertrauen,
Der Schönheit glaubt' ich und im Glück verklärte
Sich mir das ernste Leben zum Gedichte.
(1848)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 193)
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An Eugenie

Ein Lied an dich hast du mir aufgetragen
Und ich erschrecke ob den süßen Pflichten,
Du glaubst, um Liebeslieder schön zu dichten
Bedürft' es nur die Saiten anzuschlagen!

Vertraulich laß dir ein Geheimniß sagen,
Ein Zauberwort, wonach sich Dichter richten,
Den Inhalt aller lieblichen Geschichten;
Ach! eine Welt voll Jubel und voll Klagen!

Die Liebe nur lehrt schöne Liebeslieder.
Und neigst du dich in Liebe zu mir nieder:
So tönt mein Herz, gleich Frühlings Nachtigallen.
Du siehst, die Bitte schon kann mich beglücken,
Die Hoffnung ist poetisches Entzücken -
O, mögte dir das erste Lied gefallen! -
(1840)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 194)
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Die Sternschnuppe

Ich kam von dir im hellen Mondenlichte,
Kalt weht der Wind, doch meine Wange glühte,
Schnee deckt die Flur, doch meine Seele blühte
Und üppig sproßten mailiche Gedichte.

Da fiel's herab vor meinem Angesichte
Vom Himmelszelt, wie eine Sternenblüthe
Und schnell erwacht' im gläubigen Gemüthe
Der heiße Wunsch, den ich dir treu berichte.

Du Liebesstern gib mir Eugeniens Liebe!
So fleht' ich fromm mit liebesel'gem Herzen
Und nun vertrau' ich still den mächt'gen Sternen;
Wenn auch versagt dein süßer Kuß mir bliebe,
Du trägst fortan all' meine Liebesschmerzen,
Du kannst dein Herz von meinem nicht entfernen.
(1840)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 195)
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Des Zaubers Lösung

Im Liebeswahnsinn hab' ich kühn beschworen
Die Sternengeister, die die Welt regieren,
Entgegen mir die Liebliche zu führen,
Die sich mein Herz in weher Lust erkoren.

Ach, meine junge Liebe, kaum geboren,
Sie sollte dich mit reichen Blüthen zieren,
Da schlug die Flamme schon durch alle Thüren -
Sie hatte schnell das holde Maaß verloren.

Doch nun, ein flehend' Kind, so nah' ich wieder:
Ihr Sterne, nehmt den Zauberschein zurücke!
Allein und hülflos sink' ich dir zu Füßen:
Dein Wille nur kann meinen Schmerz versüßen,
Dein Wille nur sei meine Liebesbrücke;
Fürbitter seien einzig meine Lieder.
(1840)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 196)
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Ida

Wie fromm ist sie, die Liebliche, die Milde,
Wie sanft und klar, der himmelvolle Geist!
Gleich einem hehren stillen Heil'genbilde
So lilienrein; demüthig allermeist.

Ich horche still der frommen ernsten Rede,
Die leise von den Purpurlippen floß
Und gleich der heißen Andacht im Gebete
Ein selig Ahnen in mein Herz ergoß.

Ein Blick in ihre Augen macht mich trunken,
Ein Blick in's Herz erschließt den Himmel mir;
Mein kecker Wille ist dahin gesunken -
Ich denk' an Gott, beugt sich mein Haupt vor ihr! -
(1835)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 197)
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Worte der Liebe

"Hast du mich lieb?" - mein liebes Kind, o schelte
Die Frage nicht - die Antwort ist so schön!
Und daß ich dir dein süßes "Ja!" vergelte
Darfst du mir tief in's treue Auge seh'n.

Komm an mein Herz! - o laß uns selig plaudern
Von einer Welt, die Liebende nur seh'n,
Ich führe dich - komm, folg' mir ohne Zaudern;
Laß uns der Liebe Blumenwege geh'n.

Du weißt, ein Wanderer sieht viele Dinge,
Er ruhet aus an manchem lieben Ort -
Und um des Dichters Stab glüh'n Elfenringe,
Sein Lied ist mächtig, wie ein Zauberwort.

Verborg'ne Schätze öffnen sich dem Klange,
Glücksel'ge Inseln steigen licht empor;
Es offenbaren lieblich im Gesange
Sich Harmonien dem entzückten Ohr.

Dem gläub'gen Herzen werden Himmelsblüthen
Vom wundersamen Eiland hergeweht,
Das alle guten Engel mild behüten
Und wo die Liebe mit der Treue geht.

Laß dir vom Dichter finst're Schatten bannen,
Vergiß die Sorge, laß des Lebens Harm;
Die Phantasie trägt freundlich uns von dannen
Und sicher ruh'n wir in der Liebe Arme.

Du hast mich lieb, nicht brauch' ich mehr zu fragen,
Weil mir dein Herz kein Echo schuldig blieb -
Und doch weiß ich nichts Schöneres zu sagen
Als: Herz, mein Herz! o sag: hast du mich lieb? -
(1852)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 198-199)
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Dichternetze

Sei still mein Herz, die Morgennebel schwinden,
Mit leisen Tritten kommt der milde Tag,
Trau deinem Stern! du wirst die Liebste finden;
Gib nur dem sanften Zug der Seele nach.

Die Spinne hat ihr künstlich Netz gehangen
Mit kühner Zuversicht auf Strauch und Baum,
Sie wob es still mit eifrigem Verlangen -
Der Fliegenfang ist ihrer Nächte Traum!

O, könnt auch ich ein Zaubernetz dir weben,
Kind meines Herzens, d'rin gefangen du. -
Wie würde deine Lieb' die Haft beleben!
Beglückt säh ich dem süßen Spiele zu!

Die Liebe ist Instinkt der Menschenseele,
Ihr Geisterhauch bewegt die Lebensuhr,
Und wenn ich muthig sie zum Leitstern wähle
Folg' ich der Gottheit segenvoller Spur. -

Doch neidisch tritt die Welt mit Hindernissen
Der Lieb' entgegen und als Leidenschaft
Bricht sie dann Bahn - wie durch die Finsternissen
Des Felsenhals die volle Stromeskraft. -

O höre du des Liedes sanfte Stimme
Und schenke, schenke deinen Anblick mir -
Wie nach dem Blüthenstaub die fleiß'ge Imme
So sehnsuchtvoll verlangt mein Herz nach dir! -
(1852)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 200-201)
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Vertheidigung

Du zürnst dem Bilde von dem Spinnennetze?
Du nennst ihr Werk: grausame Hinterlist,
Das heiteres Vertrauen frech verletze -
Weil es versteckte, kalte Selbstsucht ist? -

Nicht streng zerlegen mit des Forschers Luppe
Mußt du des Dichters spielend' Seelenbild,
Ihm ist das Leben keine todte Puppe;
Ihm ist das All' von Gottes Hauch erfüllt.

Der Dichter sieht in der Natur nur Reines,
Wenn er der Liebsten sie im Spiegel zeigt;
Zu ihm spricht aus der ganzen Welt nur Eines:
Die Schönheit ist's, die sich der Liebe neigt.

Und um dir meines Herzens Wunsch zu schildern
Sucht' ich nicht wählerisch nach Bild und Wort,
Es trug das nächste von den tausend Bildern,
Die mich umgaben, meine Bitte fort.

Und hättest du des Dichters Wort verstanden
Willkommen wär' dann auch die Spinne dir;
Du lächeltest dem seltsamen Gesandten
Und eiltest mit der Liebe Hast zu mir.

Doch seit mein Wort den Zauberton verloren,
Der süß gewaltig sonst dein Herz umstrickt!
Seitdem ist auch der Widerspruch geboren,
Der im Gedicht ein Kunstwerk nur erblickt.
(1852)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 202-203)
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An die Geliebte

Mir wogt ein Lied im tiefen Herzensgrunde,
Die Seele wallt, ein graues Nebelmeer,
Beim Nah'n der goldumsäumten Morgenstunde,
Von Thränenthau sind mir die Wimpern schwer -
Vor deinem Augenstrahl, mein süßes Leben!
Wird sich das mächt'ge Chaos leis entweben.

Du sei mir hold, du wolle freundlich trösten,
Was schmerzlich mir am frohen Dasein nagt,
Wenn Blick und Wort mich von der Angst erlösten
Die kaum dem Lied sich zu vertrauen wagt:
So sei der Liebe Wunderkraft gepriesen,
Die sich in dir als Zauberin bewiesen.

Ich bin um meinen schönsten Traum betrogen,
Aus meiner Hoffnung Himmelreich verbannt -
Doch erst wenn mir dein holder Blick gelogen
Sei schlecht und falsch die Welt von mir genannt;
So lang ich darf in deiner Liebe leben
Sei dem Geschick ein jeder Schmerz vergeben.

Du kennst mein Herz, du weißt es, durch die Menge
Geh' ich mit kühnem Wort und stolzem Blick,
Mich kümmert nicht das eitle Weltgedränge,
Ich ford're nichts vom Reichthum und vom Glück,
Doch unersättlich ist mein heißes Lieben
Und auch von dir ist mir das Herz verschrieben.

Und dieser Schuldbrief deiner schönen Seele
Der steht mit Flammenschrift in meiner Brust,
Und was ich auch vom Lebensschatze wähle
Sein Inhalt ist mir immerdar bewußt,
Und wenn mich deine Blicke liebend fragen:
So wolle stets mir holde Antwort sagen.

Dein Herz will ich - du hast es mir gegeben
Und mein war alles heiß geträumte Glück,
Da braust heran das bunte laute Leben
Dich faßt der Strom - - o, nimm es nicht zurück! -
Der Lebensstrom stürzt unaufhaltsam nieder. -
Verlorne Lieb' bringt keine Welle wieder! -
(1843)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 204-205)
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Lebensbilder

Der Dampfmaschine mächt'ger Flügel
Trägt sausend mich durch Berg und Thal -
Ich grüße von dem letzten Hügel
Die Freundin noch zum letztenmal. -

Die Thräne sinkt - o, bitt'res Scheiden!
Du Herzgeliebte lebe wohl!
Gedenke mein in Lust und Leiden;
In Lust und Leiden lebe wohl!

Ein and'res Bild - im raschen Sturme
Trug mich der Feuerdrache fort,
Schon grüßet mich vom schlanken Thurme
Der neuen Heimath Ruheport. -

O bunter Wechsel! reiches Leben!
Ein Kommen, Sehen, Scheiden, Geh'n -
Wie fühl' ich tief mein Herz erbeben
Vom Abschied und vom Wiederseh'n!
(1842)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 206)
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Der Maiabend

Wir saßen wie die Kinder still im Grünen,
Entzücken klopfte in den treuen Herzen,
Der bitt'ren Trennung wehevolle Schmerzen
Versanken in des Augenblickes Sühnen.

Ha, säßen wir auf einem Grab der Hünen
Und hielten Wache bei den Leichenkerzen,
Ergingen uns im wilden Sturm des Märzen
Auf ödem Felsenstrand; in sand'gen Dünen.

Wir würden selig Aug' in Auge senken
Und nur der Nähe Himmelsglück bedenken;
Wir fühlten nichts von allen Lebensnöthen!
Wie dreimal selig nun der Herzen Freuen
Wo Maienlüfte Blüthenflocken streuen
Und gold'ne Abendwölkchen sanft sich röthen! -
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 207)
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In der Ferne

I.
Entfernt von dir, mein Herz, mein süßes Leben,
Eilt mein Gedenken fessellos zurücke
Und Phantasie trägt mich auf gold'ner Brücke
Zum Eiland hin, von stiller Fluth umgeben.

O, könnt' ich dort aus schwankem Kahn dich heben
Und jubelnd an das volle Herz dich drücken!
Wie würde dann im seligen Beglücken
Der Maientag im "Rosenthal" entschweben!

Ach Gott! wie himmlisch ist der Liebsten Nähe!
Und ob der Blick in einen Abgrund sähe
So schaurig bange ist der Trennung Schmerz!
O, könnten wir der Kleider enge Falten,
Die schweren Körper, die die Seelen halten,
Hinwerfend, flieh'n an Gottes Vaterherz!
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 208)
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Unterwegs

II.
Wohlauf! wohlauf! die Anker sind gelichtet
Und heimwärts zeigt des flücht'gen Schiffes Kiel!
O, du mein liebes, freudenvolles Ziel,
Nach dem des Herzens Sehnen all' gerichtet!

Und wenn nun wirklich, was der Wunsch gedichtet -
Wenn in dem sich'ren Port der Anker fiel -
Wenn um der Liebe glückliches Asyl
Die Gartenmauer wohlbekannt sich schichtet -

Dann aus der Hütte tritt gleich einem Sterne,
Das holde Weib, dem ich aus weiter Ferne
Der Sehnsucht Grüße tausendfach gesandt! -
O, seid gewogen mir, ihr mächt'gen Winde!
Beflügle dich mein Kiel, daß pfeilgeschwinde
Mein Schiffchen eilt - Gott dank! dort seh ich Land! -
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 209)
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Morgenhoffnung

Der Tag bricht an - die Morgenglocken läuten -
Die Sonne tritt aus ihrem Purpurzelt -
Flamm' auf mein Herz! du magst dir lieblich deuten
Den Jubelgruß der neuerwachten Welt;
Entgegen schlägst du reinem Himmelsglück -
Des Wiedersehens sel'gem Augenblick!

Sie naht - sie kommt - sie wird dich milde grüßen,
Wie Blumenhauch, wie klarer Vollmondschein;
Wie Liebe geht mit leisen Engelsfüßen;
Wie gold'ner Schimmer durch den Buchenhain -
Ach! arm ist jeder Wonne Erdenlaut
Dem Segen, der aus ihrem Blicke thaut! -

Im Geist will ich ihr holdes Bild umfangen
Bis sie sich selbst in meine Arme schmiegt
Und wie ein Kind, mit sanft erglühten Wangen,
Mir liebetrunken an dem Herzen liegt -
Ihr guten Geister! - was der Tag verspricht
Versagt es mir im Abendrothe nicht! -

Wohl zittert jedem großen Glück entgegen
Das arme, oft betrog'ne Menschenkind;
Doch was ich bitte, ist ein Gottessegen,
Der aus dem Strom der ew'gen Liebe rinnt -
Die Liebste mein steht in der Engel Hut -
Und bald erbleicht des Tages Sonnengluth!

Euch Allen gönn' ich in der Sonne Gluthen
Das schönste Glück - laßt mir den Abendschein!
Wann brausend seine mächt'gen grünen Fluthen,
Wie wallend' Gold, hinunter wälzt der Rhein;
Dann glänzt hervor der lichte Abendstern
Und die Geliebte weilet nicht mehr fern! -
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 210-211)
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Die Hand der Geliebten

O, welch' ein Segen strömt aus deiner Hand!
Laß mich im Lied die Anmuthreiche ehren;
Die mächtig ist im Deuten und im Wehren; -
Die mir der Treue lieblich' Unterpfand.

Wie dringt durch Mark und Bein ihr leiser Druck!
In ihrem holden zaubersüßen Kosen
Streu'n unsichtbare Engel Liebesrosen; -
Der Lilie gleicht sie in der Reinheit Schmuck,

Wie sanft hat sie mir wilden Sturm gestillt!
Wie königlich den muth'gen Kampf belohnet!
Wie mütterlich geführt, wo Friede wohnet
Und mir der Ruhe Segensbrunnen quillt.

Du liebe Hand! - du mächt'ge Zauberin!
Wenn du entlockst des Saitenspieles Töne,
Gewaltiger, wenn nach antiker Schöne
Dein Pinsel ringt, mit heldenmüth'gem Sinn. -

O, tausendmal geküßt, gesegnet du!
In Lust und Leid, zu Schutz und Trutz im Leben
Hat dich mir Gottes Vaterhuld gegeben;
Im Tode - ach! deck' still mein Auge zu! -
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 212-213)
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Fern von Ihr

Es schwelgt mein Herz und süße Träume
Umspielen selig dich mein Kind!
Es grüßt im Rauschen dieser Bäume
Mich deine Stimme lieb und lind.

Wie der Nymphea reine Blüthe
Auf tiefem, Schilfumsäumtem Teich:
So ruht mein schwärmendes Gemüthe
In deiner Liebe, sanft und reich.

All überall wohin ich sehe
Strahlt mir dein holdes Bild zurück
Und ob ich bleibe, ob ich gehe -
Bist du mir nahe, süßes Glück! -

Ihr lichten Sommerwölkchen grüßet
Im Weiterzieh'n die Liebste mein;
Du Strom, der still vorüber fließet;
Du lieber, gold'ner Sonnenschein!

Ihr Vöglein all' in Feld und Haine!
Ihr tausend Stimmen auf der Flur,
Erzählt es laut: mir sei die Eine
Das Herrlichste in der Natur!

Und wird mich, gleich dem reifen Halme,
Des Todes scharfe Sense mäh'n -
Sie reicht als Engel mir die Palme;
Um sie werd' ich vor Gott besteh'n! -
(1855)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 214-215)
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Der Liebe Opferdienst

Ein wundersames Räthsel ist die Liebe,
Sie thaut hernieder wie ein Maienregen
Und ihrem stillen mütterlichen Segen
Entkeimen hold die zarten Frühlingstriebe,
Auf daß mein Herz ein jugendfrisches bliebe
Strahlt mir dein Blick jungfräulich mild entgegen,
Vor deinem Gruße klopft's mit heißen Schlägen
Und schnell erwacht die Schlummernde, die Liebe.
O, zweifle nicht, siehst du den Schein erblassen -
Und ist es schwer das Ideal erreichen -
Wir zünden des Altares Flamm' auf's Neue;
Zum Opferdienst laß mich die Hände fassen,
Die anmuthvoll sich mir entgegen reichen,
Ich liebe dich, - ich glaub' an deine Treue.
(1853)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857 (S. 216)
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In der Nacht

Geh' hin mein Lied mit leichten Wolkenfüßen,
In stiller Nacht wird Niemand dir verwehren
In Ihrem Zimmer leise einzukehren -
Geh' - trag mein volles Herz zu meiner Süßen.

Hier muß ich einsam kühne Hoffnung büßen -
Doch soll mein Lied nicht Ihre Ruhe stören,
Im Traume nur soll Sie die Stimme hören -
Und lächelnd wird empfinden Sie mein Grüßen.

Wenn dann der Tag in Licht und Glanz gekleidet,
Zu Ihrem Lager freundlich weckend schreitet
Und Ihr zu Füßen seinen Teppich breitet: -

Dann darfst du linde streicheln ihre Wangen,
Dann wird Sie hold den stillen Gast empfangen
Und lieblich trösten zärtliches Verlangen.

aus: Wiesenblumen von der Sieg
und Feldblumen vom Rheine
Von Kath[arina] Diez und Elis[abeth] Grube geb. Diez
1. und 2. Theil
Düsseldorf 1847 (S. 124)
_____



Auf dem Heimweg

Die Fackel glüht! - getrost du kühner Schwimmer!
Wohl hat der Lebensstrom gewalt'ge Fluthen,
Doch deines Muthes, deines Herzens Gluthen
Erstarken in des Lichtes Schimmer.

Die Liebe wacht! - ihr Stern verlöschet nimmer,
Und die an ihrem großen Herzen ruhten
Sind fromm gefeit zum Schönen und zum Guten,
Sie trügt kein Schein; sie stört kein falscher Flimmer.

Wie auch des Lebens wilde Wogen branden,
Ob auch die rauhen Ströme grausig toben,
Selbst wenn der Leitstern in der Nacht verschwunden

Wer einmal jenes ew'ge Licht gefunden,
Den trägt die sturmempörte See nach oben;
Der wird im Arm der Liebe selig landen. -

aus: Wiesenblumen von der Sieg
und Feldblumen vom Rheine
Von Kath[arina] Diez und Elis[abeth] Grube geb. Diez
1. und 2. Theil
Düsseldorf 1847 (S. 126)
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Mit einem Kranze "Jelängerjelieber"

I.
Die Lehre von der Flüchtigkeit des Lebens
Begann wohl mit dem ersten Liebeskuß,
Es stirbt der Augenblick in dem Genuß;
Das Glück zu fesseln trachtest du vergebens.

Wohl war dies' Thema Gegenstand des Strebens
Der alten Weisen, wie es zum Verdruß
Der jüngsten Gegenwart gereichen muß,
Und alle Menschenkinder - sie erleben's.

Ein Häuflein giebt's nur, das sich muthig wehret
Und mit Erfolg die Flüchtigkeit der Dinge
Kühn überwindet, im - Begeisterung-Fieber! -

Das sind die Dichter, gänzlich unversehret
Bleibt ihnen süßer Lieb' und Hoffnung Schwinge;
Sie sind berauscht, je länger, um so lieber!


II.
Je länger ach! je lieber wollt ich sagen,
Dir einen Kranz von diesen Blüthen reichen
Mit des Sonettes klingend holden Zeichen -
Nun hat mich Gründlichkeit zu weit getragen.

Die Uranfänglichkeit mußt' ich erst wagen
Mit Sonst und Jetzt und Immer zu vergleichen:
So mußte mir das Blumenbild entweichen,
Und vierzehn Zeilen hab' ich zu beklagen.

Nun aber will ich mich in Kürze fassen,
Will alles Flüchtige und Nicht'ge lassen,
Bin ich doch dein, je länger um so lieber!

Es möge mir dein Blick, dein Lächeln geben
Im Wechsel Dauer, im Vergehen Leben; -
O, bleibe mein, je länger ach! je lieber!

aus: Wiesenblumen von der Sieg
und Feldblumen vom Rheine
Von Kath[arina] Diez und Elis[abeth] Grube geb. Diez
1. und 2. Theil
Düsseldorf 1847 (S. 127-128)
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Gleichnis der Liebe

Treue Liebe gleicht dem Blüthenbaume,
Der im wunderreichen Frühlingstraume
Plötzlich übersät von Blüthen steht;
Er beschirmt der Nachtigallen Lieder,
Senkt sich zu den bunten Blümlein nieder,
Von der Lüfte Balsamhauch durchweht.

Und wenn rauhe Wetterstürme kommen,
Wenn der Herbst den Blätterschmuck genommen,
Eisbereift die kahle Krone steht;
Knickt der Stamm doch nicht der Stürme Toben,
Aus der Blüthe wird die Frucht gewoben,
Nicht im Frost der Lebenskern vergeht.

So die Liebe! - Blüthenreich im Lenze,
Siegesprangend, wie des Sommers Kränze,
Treue lohnend, wie des Herbstes Frucht;
Gleich dem Baume, der in Winterstagen
Von des Beiles scharfer Wucht geschlagen,
In der Flamme die Verklärung sucht.

Leuchtend, wärmend endet er sein Leben,
Doch die hellen Feuergeister schweben
Jauchzend in dem Flammenelement;
Und die Liebe, die dem Blick entschwunden
Hat in Gott das ew'ge Licht gefunden,
Das durch alle Zeit und Welten brennt.

aus: Wiesenblumen von der Sieg
und Feldblumen vom Rheine
Von Kath[arina] Diez und Elis[abeth] Grube geb. Diez
1. und 2. Theil
Düsseldorf 1847 (S. 132-133)
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Varianten

"Nur eine Nacht der Wonne
Ein ewiges Gedicht,
Und unser Aller Sonne
Ist Gottes Angesicht!"
Novalis

I.
"Nur eine Nacht der Wonne!"
Glücksel'ger Rivalin!
Dem seines Lebens Sonne
Im Liebestode schien.
Nimm hin du buntes Leben
Dein glänzendes Geschmeid,
Doch einzig wolle geben
Im Arm der süßen Maid
"Nur eine Nacht der Wonnen!"

"Ein ewiges Gedicht," -
Wo stieg es zu der Erde
Wenn in der Liebe nicht?
Holdselig von Geberde!
Wie prangt der Hain, die Flur!
Schwebt sie zum Herzen nieder,
Schmerzsel'ge Blancheflour!
Du lebst im Lied der Lieder
"Ein ewiges Gedicht."

"Und unser Aller Sonne" -
Wo glänzt ihr milder Schein? -
Wer kennt der Liebe Wonne,
Die wundersüße Pein
Und ruft nicht selig gerne:
Das höchste Glück bist du!
Nennt sie nicht Stern der Sterne -
Entzücken ohne Ruh'
"Und unser Aller Sonne!" -

"Ist Gottes Angesicht."
Welch' freud'ges Gramentladen,
In seinem reinen Licht
In Jugendfrische baden!
Und wem das Herze bricht
Im vollen Liebesstrome,
Der kennt das Dunkel nicht;
Denn Ampel in dem Dome
"Ist Gottes Angesicht."


II.
Nur eine Nacht der Wonne!
Der Erdennebel sinkt
Dem, der in Todeswonne
Den Lebens-Balsam trinkt,
Die Grabes-Lampen zünden
Ihr Licht am Sternenscheine,
Und über dunklen Gründen
Schwebt still der Mond, der reine.

Es hat von Cana'ns Höhen
Nur Moses hingeschaut,
Und was er dort gesehen
Dem Liede ward's vertraut;
Das singt in frommen Weisen
Von jener Geistersonne
Und darf getrost verheißen
Dir "eine Nacht der Wonne!"

"Ein ewiges Gedicht -"
Nur im Prophetentraume
Erglänzt das Himmelslicht
Vom fernen Wolkensaume,
Und was ein Herz begehrt
Von heißer Liebe trunken,
Das wird ihm einst gewährt
In Seligkeit versunken.

Gedanke, Wort und That
Sie blühen hehr und milde,
Es reift der Wünsche Saat
In jenem Nachtgefilde;
Die stillen Träume glühen
In reiner Schönheit Licht,
Ein wundersames Blühen! -
"Ein ewiges Gedicht!" -

"Und unser Aller Sonne,"
Wird ew'ge Liebe sein!
Sie taucht in Licht und Wonne
Verwelkte Glieder ein;
Sie müssen all' gesunden
Am klaren Liebesborn,
Der Balsam ist gefunden
Für jedes Schmerzes Dorn.

Die Liebe jung und schön,
Die Hoffnung frisch und helle
Holdselig anzusehn,
Beruhigt jede Welle,
Nun strömt die Liebesfluth
Durch grüne Frühlingswonne,
Des Glaubens Liebesgluth
"Ist unser Aller Sonne."

"Ist Gottes Angesicht!"
O wunderreicher Hort!
Wann einst dein Weltenlicht
Erschließt der Ruhe Port;
Dann wird das Herz erhöht
Das fromm geliebt, geglaubt,
Im Gottesgarten steht
Was hier der Tod geraubt;
Dann kommt die Nacht der Wonne,
Das ewige Gedicht
Und unser Aller Sonne
Ist Gottes Angesicht!

aus: Wiesenblumen von der Sieg
und Feldblumen vom Rheine
Von Kath[arina] Diez und Elis[abeth] Grube geb. Diez
1. und 2. Theil
Düsseldorf 1847 (S. 133-137)
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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_Grube

 

 


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