Nina Güthner (1835-1905) - Liebesgedichte

Nina Güthner

 

Nina Güthner
(1835-1905)



Süß Liebchen, darfst nicht traurig sein

Süß Liebchen, darfst nicht traurig sein,
Nicht traurig, nicht verzagt,
Komm', leg' dein Haupt an's Herze mein
Und lausche, was es sagt.
Da ruft ein jeder leise Schlag,
Zu jeder Zeit, an jedem Tag:
Komm, sei nicht traurig, sei nicht trüb,
Ich hab dich ja so lieb, so lieb!

aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 153)
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Keine Antwort

Warum hast du das Wort an mich gerichtet,
Und forschend einen alten Gram geweckt?
Ich sank einst nieder machtlos, wie vernichtet,
Du hast die Hand nicht hilfreich ausgestreckt.
Warum frugst du, ob dieser Streit geschlichtet,
Ob Ruhe endlich mir im Herzen wohnt?
Leicht hättest du mein Schicksal einst gelichtet,
Mit ew'gem Danke hätt' ich dich belohnt.
Du hast zu nichts auf Erden mich verpflichtet,
Du wagtest nicht, mir damals beizustehn,
Als Leid auf Leid sich über mich geschichtet,
So magst du jetzt auch ohne Antwort gehn.

aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 154)
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Mein Herz

Mein Herz ist wie ein Friedhof,
So voll und doch so leer,
So viele, viele Lieben,
Und keine Liebe mehr!

aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 154)
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Der Brief

Ich halte deinen Brief in Händen,
Noch ist das Siegel unverletzt, –
Ach, Alles kann der Brief mir spenden,
Was meine glüh'nde Seele schätzt.

Doch all mein Glück kann er auch enden,
Vernichten jeden Hoffnungsstrahl, …
Ich halte deinen Brief in Händen,
Mein Herz erbebt in Zweifels Qual.

Doch mag er Glück, mag Trauer spenden,
Bringt er mir Jubel oder Pein, –
Er kommt aus deinen lieben Händen, …
Dein Brief soll mir willkommen sein.

aus: Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik
Herausgegeben von Oscar Blumenthal
 Dritter Band, Verlag Ernst Julius Günther, Leipzig, 1876 (S. 507)
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Biographie:

Güthner, Frau Nina, geb. Baronesse v. Fuchs-Bimbach, München, Schellingsstrasse 30, geboren zu Schloss Bimbach am 25. August 1835, lebte in der Jugend auf den väterlichen Gütern in Franken oder in Würzburg in "Pracht und Reichtum". Sie erhielt ihre Erziehung, nachdem sie ihre Mutter im 3. Jahre verlor, durch Gouvernannten und Erzieher. 12 Jahre alt machte sie deutsche und französische Gedichte, die den Beifall von Geibel und Prutz fanden. 1859 mit dem bayrischen Ingenieurhauptmann Güthner verheiratet, zog sie mit ihm nach Neu-Ulm. Nach der Pensionierung ihres zum Major aufgerückten Gatten, suchte sie ihre schriftstellerischen Arbeiten zu verwerten. Viele Zeitschriften enthalten Beiträge von ihr. Das Königliche Theater in München brachte ein Lustspiel aus ihrer Feder, "Die Wahl" zur Aufführung, welches eine so beifällige Aufnahme fand, dass es an dieser Bühne an 20 mal, sowie an vielen anderen deutschen Bühnen, u.a. auch an der Stuttgarter Hofbühne zur Aufführung kam. Die Pflege um den kranken, durch einen Sturz vom Pferde sehr leidend gewordenen Mann hinderte sie, die literarische Fähigkeit mehr auszunützen. Nach dem Tode ihres Gatten 1891 zog sie nach München, wo sie nunmehr "dichtet wie in den Tagen der schönen Jugend".

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898

 

 


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