Adolf Hain (1825-1854) - Liebesgedichte

 




Adolf Hain
(1825-1854)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:


 

 




Zwei Herzen

Die Myrthe schlang man durch der Jungfrau Haar
Und führte sie geschmückt zum Traualtar.
Und leise hat ihr Mund das Ja gesprochen,
Ihr Mund, doch nicht ihr Herz: das war gebrochen!
Still litt sie und verschied. Als ihre Bahre
Man senkte in die Gruft hinab:
Kam nur ein bleicher Mann mit Lockenhaare
Und Blumen warf er in das Grab.
Fast einen Mond lang schmückten alle Tage
Blumen das Grab. Wer sie gebracht, war Frage!
Doch dann geschah's nicht mehr.
Bald zog ein andrer Leichenzug daher.
(S. 151)
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An mein Lieb

Röslein war purpurroth
Heute ganz früh,
Ach! und jetzt ist sie todt,
Blühet dir nie!

Röslein, es ruft dir zu
Rosige Maid!
Bald, bald verblühest du,
Ach! vielleicht heut!

Heut noch, mein süßes Lieb!
Fröhlich bist du:
Morgen so kalt und trüb',
Morgen ist Ruh'!
(S. 162)
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Der Stern der Hoffnung

Und mögen Donner gleich dich dräuend wecken,
Des Meers empörte Fluten dich umtosen,
Mögst du um Leben oder Tod nur losen,
Wenn gierig züngelnd Flammen dich umlecken:

So muß dein Herz doch zweifelnd nicht erschrecken,
Auf dieser Erde pflückt man wenig Rosen,
Ruht selten nur auf sanften, weichen Moosen,
Des Lebens Wermuth muß ein Jeder schmecken!

Wenn rings nur Klippen deine Augen schaun,
Und wenn dein Nachen schwankend will versinken,
Und unter dir das Grab sich gähnend zeigt:

Du siehst ja doch von fern ein Sternlein blinken,
Das hin dir winkt nach sel'gen goldnen Au'n
Und sich, Trost lächelnd, zu dir nieder neigt!
(S. 167)
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An die Geliebte

Du bist so schön wie die Blume,
Wie sie so hold und mild,
Du strahlst wie sie in der Sonne
Und schmückest das Gefild.

Doch schöner noch als die Blume,
Sie ist so stumm und still,
Allein deine Augen sprechen
Der Wunder laut und viel!

Dein Mund ist voll süßer Töne,
Voll lieblicher Musik,
Wie Engelharfen so hallet's
Verkündend reines Glück!

Die Blume, sie muß erbleichen;
Doch du, du welkest nicht,
Noch schöner werd' ich dich sehen
Einst in des Himmels Licht!
(S. 193)
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Ach! wovon träumtest du?

Mit lächelndem Gesicht
Lagst du in süßer Ruh',
Umstrahlt von mildem Licht:
Ach! wovon träumtest du?

Verzaubert schienst du mir,
Die blauen Aeuglein zu,
Entrollt der Locken Zier:
Ach! wovon träumtest du?

Ein Engel zu dir sprach
Und flüsterte dir zu
Von Lust und neuem Tag:
Ja! davon träumtest du!
(S. 199)
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Der Knabe

Es saß der Knabe an dem Bach,
Auf grünem Blumenrain,
Und dachte sinnend drüber nach,
Was Liebe möchte sein!
Sie sagen, Liebe machet Harm
Und ist doch süß dabei,
Ein Balsam und doch glühend warm:
Das schien ihm wunderneu!

Da kam daher ein Mädchen fein,
So rosig schön und licht:
Er blickt in ihre Aeugelein
Und in ihr hold Gesicht:
Er war versunken ganz im Schau'n,
Er fühlte solche Lust,
Und grüner grünten ihm die Au'n,
Hoch hob sich seine Brust.

Sie grüßte ihn mit holdem Blick
Und lächelte dabei,
Er gab verschämt den Gruß zurück
Und war voll blöder Scheu,
Und eh' er sich noch recht besann,
Und eh' ein Wort er sprach:
Da lief das Mägdlein schon bergan,
Der Knabe sah ihr nach!

Nun denkt er wohl bei Tag und Nacht
An's Mägdlein hold und schön,
Und kann im Traum und wenn er wacht
Ihr süßes Bild nur sehn:
Und wieder sitzt er an dem Bach,
Und ist voll Schmerz und Pein,
Doch denkt er nicht mehr drüber nach,
Was Liebe möchte sein!
(S. 204-205)
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Wunsch

Sonn' ist aufgegangen,
Blickt durch's Fenster 'nein,
Wo vom Traum umfangen
Schlummert Liebchen mein.

Und ich steh' hier unten,
Blick' zum Fensterlein:
Möcht' nur ein paar Stunden
Wohl die Sonne sein!
(S. 210)
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Der Frühling

Der Frühling ist kommen!
Schallt froh es und laut:
Auf! ruft ihm Willkommen
Dein Jüngling so traut!
Laßt tönen die Lieder
Durch Wald und durch Flur!
Der Frühling küßt wieder
Die ganze Natur!

Nun schmücke dich wonnig,
Du glückliche Braut!
Wie strahlst du so wonnig,
Vom Morgen bethaut!
Laß wallen hernieder
Die Locken von Gold:
Gekehrt ist er wieder,
Der Jüngling so hold!

Nun kränze mit Myrthen
Das bräutliche Haar!
Nun mögest du gürten
Den reichen Talar!
Nun schmücke mit Rosen
Die schwellende Brust!
Er kommt dir zu kosen,
Der Frühling, in Lust!

Da kommt er gezogen,
Von Epheu umlacht,
Durch grünende Bogen,
Der Jüngling in Pracht!
Führt dich zum Altare,
Zum seligen Bund,
Im reichen Talare,
Und küßt dir den Mund!

Die Gäste, sie nahen
Im festlichen Kleid:
Den Kranz wirst empfahen,
Den Ceres dir beut,
Pomona, sie bringet
Hesperiens Frucht:
Pan's Flöte, sie klinget
Aus waldiger Schlucht!

Der Lenz ist gekommen!
Ertönet es laut:
Sie hieß ihn willkommen,
Die glückliche Braut!
Nun tönen die Lieder,
Die Saiten im Klang,
Von Bergen hernieder
Die Thäler entlang.
(S. 211-213)
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An Evelina

Mit leisem Lied, mit süßen Leierklängen -
Denn ach! was hab' ich Armer mehr zu geben? -
Möcht' ich, du Holde! in dein Herz mich drängen,
Wär' nur vergebens nicht dies eitle Streben!

Du stehst zu hoch! ach, willst du mich erheben,
Zu tief mußt du zu mir herniedersteigen:
Du Schöpferin! mir gabst du neues Leben,
Und dankend darf ich mich vor dir nur neigen!
(S. 217)
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An Minna

Nur einmal noch die süßen Blicke
Möcht' ich auf mich gerichtet sehn,
Nur einmal noch im stillen Glücke
Und sehnend, Minna! vor dir stehn!

Und meine Thränen sollten rächen
An mir, dem Ungetreuen, dich
Und meine Reu' und Schmerzen sprechen
Ich klag' und weine ewiglich!

Ich klag' und weine: deine Seele
Ich ahne, daß sie mein gedenkt!
O daß dein Herz von mir erzähle
Dir nur, was dich betrübt und kränkt!

Daß dieses liebe Herz mir böse,
Ach! daß es mich verachte gar,
Und Nichts, was diese Schmerzen löse:
Das muß ich klagen immerdar!
(S. 217-218)
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Lied

Ich weiß eine Insel im blauen See,
Die lieblich und freundlich lacht:
Der sag' ich all meine Freude und Weh,
Der hab' ich schon oft gesagt:

So lieblich und schön wie du ist ihr Bild,
Die Jugend schmückt ihr Gesicht;
So hold wie die Woge, die dich umspielt,
Und blauer der Augen Licht!

So roth wie die Rosen, die dir entblühn,
So glühet der Wangen Paar;
So golden wie dort die Trauben erglühn,
So schimmert ihr goldnes Haar!

So hoch wie die Tanne zum Himmel strebt,
So hoch, so schlank meine Braut;
So süß wie der Zephyr, der dich umschwebt,
So süß ihres Mundes Laut.

So weiß wie die Lilien an Sees Rand,
So strahlet ihr Antlitz rein;
So weiß wie die Lilien ist ihre Hand,
Die ist so zart und so klein!

So weiß wie die Milch von Wogen Schaum
Des Busens strahlende Pracht:
Kaum glänzt der Berge silberner Saum
So hell, der in's Blaue ragt!

So schön ist die Maid, so herrlich und hehr,
Sie steht wie im Sonnenschein:
Ich werde sie küssen wohl nimmermehr,
Nie wird sie die Meine sein!

Ich schaue sie an, ich schaue von fern,
Im stummen Liebesgefühl,
So wie ich blicke hinauf zu dem Stern
Des Abends so sehnend still!

Ich liebe sie, liebe sie, ach! wie sehr!
Muß lieben sie stumm und still:
Und eile zu dir, traute Insel, her,
Wenn Thräne entrinnen will!

Dir klag' ich mein Leid, wenn ich komm' und geh'!
Du bist wie die Holde, schön:
Und dir darf ich künden des Herzens Weh,
Du darfst meine Thränen sehn!

Ich träume, und weine, von ihr, von ihr,
Ach! nimmer, ach! nimmer mein!
Da rauscht's in der Tannen grünender Zier,
Deine Thränen sprechen: Nein! Nein!
(S. 222-224)
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An ***

Willst mir ein Blümlein schenken,
Du holde, süße Maid,
Daß dein ich möge denken
In aller Ewigkeit?

Ach nein! mir nicht die Rose!
Du spielst ein arges Spiel,
Du süße Maid, du lose,
Du gabst mir schon zu viel!

Du gabest, stets zu leben
Im Herzen mir, dein Bild, -
O könnt' ich's wiedergeben! -
So engelschön und mild.

Denn bald werd' ich nicht grüßen
Dich, Wunderschöne! mehr,
Und nie werd' ich dich küssen,
Umfangen nimmermehr!

Nie werd' ich froh mehr leben,
Die Thräne ewig quillt:
O könnt' ich's wiedergeben
Dein süßes, süßes Bild!
(S. 249-250)
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Klage

O könnt' ich euch verbannen,
Ihr Träum' aus schöner Zeit,
Ihr Träum' von Mariannen,
Von Lust und Seligkeit!

Bin traurig ich alleine,
Wird mir noch 'mal so weh,
Gedenk' ich dein, du Reine!
Und an dein letzt' Ade!
(S. 258)
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An ***

Ein Schmetterling, so eilte meine Liebe
Von einer Blume zu der andern hin:
Wie jenem leichtgesinnten bunten Diebe
Kam holde Treue nie mir in den Sinn;
Das Neue reizte immer meine Triebe,
Bis mir zum Gifte ward der Honig drin:
Schon schien ich für die reine Lust verloren,
Da Ueberdruß die Sinnenlust geboren!

Da sah ich dich, du feine zarte Blume!
Und Sonnenlicht drang in die kranke Brust
Aus deiner frommen Augen Heiligthume,
Dein Mund, er lächelte mir neue Lust:
So gut, so rein, nicht eitel, fern von Ruhme:
Da ward ich jener Wahrheit mir bewußt,
Daß keine Wahrheit in der Lust der Sinne,
Daß Seelenliebe nur das Glück gewinne.

Du wardst mein Anker! und zurückgefunden
Hab' ich aus stürm'schem Meere mich zum Strand:
Die holde Unschuld, fest mit dir verbunden,
Sie lockte mich auch in ihr Zauberband:
Ach! warum bist du mir so schnell entschwunden?
Schon ruft es wieder zu mir: Stoß' vom Land!
Vorbei das süße Hoffen, sel'ge Träumen,
Die wilden Wogen seh' ich brausend schäumen!

So leb' denn wohl! denk' auf empörtem Meere
Des Schiffers, der dein ewig nun gedenkt,
Der betet, daß sein Kiel sich heimwärts kehre
Zu dir, wohin des Herzens Trieb ihn lenkt:
Dein Bild im Herzen, Engel! Meer, nun leere
All' deine Zorneswellen, unbezwängt!
Ob's brauset, ob es donnert laut und blitzet:
Die Heilige in meinem Busen schützet!
(S. 256-257)
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Liebesklage

Mein Lieb ist gegangen
Weit weg von hier:
Und Thränen sie hangen
Im Auge mir!

Mit zögerndem Hauche
Den letzten Gruß,
Am blühenden Strauche
Den letzten Kuß!

Der blüht wohl noch lange
Im Morgenroth:
Mir aber ist bange,
Bald bin ich todt!
(S. 258)
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An Minna

Du willst, daß ich dir künde,
Mein süßes Lieb,
Wo ich die Lieder finde,
Bald froh, bald trüb?

Wo ich Begeistrung sauge?
Aus deinem Blick,
Aus deinem Zauberauge,
Mein süßes Glück!

Aus deinem Angesichte,
Da schrieb ich ab
Die schönsten der Gedichte,
Die ich dir gab!
( S. 259)
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An mein Lied

Zum Ohr der Geliebten töne, mein Lied!
Und sag' es ihr flüsternd und leis,
Wenn sie lauscht dem Ton, der vorüberzieht:
Er liebt dich, er liebt dich so heiß!

Zu ihr, der Geliebten, geh', mein Gedicht!
Und sprich du und rede für mich:
Wenn dich ihr strahlendes Aug' überfliegt:
Er liebt dich, er liebet nur dich!

Und hört euer sehnend Mahnen sie nicht,
Und weckt ihr die Liebe nicht ihr:
Dann kehrt in die Brust, mein Lied, mein Gedicht!
Kommt wieder und sterbet mit mir!
(S. 260)
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An die Geliebte

Sieh', süßes Lieb, die Rose,
Sie neigt den Kelch herab
Und läßt die Purpurblüten
Hinab in's grüne Grab!

Und alle Blümchen schlafen
Vor Gram und Sehnsucht ein:
Die Ros' ist ja verblühet,
Die Herrin hoch und rein!

Allein der Lenz kehrt wieder,
Die Veilchen flüstern sacht,
Daß auch die Rose kehre
In Herrlichkeit und Pracht!

Und sieh', aus grünem Schleier
Blickt strahlend ihr Gesicht,
Und tausend Blumen brechen
Hervor mit ihr an's Licht!

So, wenn du von mir schiedest,
So müßt' ich sterben auch,
Bis wieder uns belebte
Des schön'ren Lenzes Hauch!
(S. 262-263)
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Die drei Saiten

Es sind drei zarte, wundervolle Saiten,
Die lieblich klingen in des Menschen Brust:
Wenn ihre Töne ihn durch's Leben leiten,
Lacht Freude nur und hohe Wonn' und Lust!

Ist eine von den Saiten erst zersprungen,
Du armer Erdensohn! in deinem Herz:
Dann sind die andern beiden auch verklungen,
Dann hauchen klagend sie nur Weh und Schmerz!

Die erste Saite regt der reine Glaube,
Der Glaube an den Vater in der Höh':
Die Unschuld hört den Laut, die weiße Taube,
Oft klingen in des Lebens Freud' und Weh!

Die zweite Saite schlägt die holde Liebe,
Die Liebe: ach! wie ist der Klang so süß!
Er weckt in uns die seligsten der Triebe,
Es wandelt sich die Erd' in's Paradies!

Die Hoffnung rührt die dritte Zaubersaite
Mit wehmuthsvollem, lindem Lenzeswehn:
Das Auge schauet in die blaue Weite
Und spricht: Da werden wir uns wiedersehn!

Wenn die drei Saiten leis zusammenklingen
In stäter ungetrübter Harmonie,
Dann ist es, als ob Gottes Engel singen
Der Himmelskönigin und preisen sie.
(S. 265-266)
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Dein auf immer!

Dein auf immer, dein auf immer,
O du holde, süße Maid,
In der Jugend Rosenschimmer,
In des Lenzes Sonnenzeit!

Dein auf immer, mag erbleichen
Deines Haares dunkle Pracht,
Wolken deine Stirn umschleichen:
Meine Liebe ewig wacht!

Mag dein Auge, das von Liebe
Nur von Seligkeit jetzt spricht,
Dunkel werden, matt und trübe:
Meine Liebe wird es nicht!

Mögen alle Reize schwinden,
Die dich wonnevoll umschwebt:
Immer wirst du treu mich finden,
Meine Liebe ewig lebt!

Meine Liebe wird dich schmücken
Immerdar mit hehrem Glanz
Und mit Thränen einst dir drücken
Auf die Stirn den Todtenkranz!
(S. 274-275)
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Aus: Gedichte von Adolf Hain
Edinburgh Shepherd & Elliot
London Hamilton Adams & Comp. Leipzig F. A. Brockhaus
1855

 


Biographie:

Adolf Hain: geboren 1825 Barby / Sachsen, gestorben Dez. 1854 Glasgow, weitere biographische Einzelheiten unbekannt.
Schriften: Gedichte 1855.
Aus: Dt. Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch.
Begründet von Wilhelm Kosch. Band 7 Francke Verlag Berlin München 1979




 

 


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