Lydia Hecker geb. Paalzow (1802-?) - Liebesgedichte

 

 

Lydia Hecker geb. Paalzow
(1802-?)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 



Die Liebe ein Schmetterling

Die Liebe ist ein Ding
Zart wie ein Schmetterling,
In Blumen auferzogen,
Rasch, wie ein Traum, entflogen.

Mir Elfenkost genährt,
Leicht traulich, leicht verstört,
Ein Kind der Sonnenstrahlen,
Ersehnt, gehascht von Allen.

Doch rohen Händen nimmer
Besteht so feiner Schimmer,
Und Schmelz und Farbenpracht
Löscht dann in todte Nacht.

Weh dir, daß man dich fing,
Du armer Schmetterling,
Du mußt, um froh zu leben,
Frei in den Lüften schweben.

Und nur zuweilen hin
Am grünen Rasen ziehn,
Von Frühlingshauch gefächelt,
Wenn Erd und Himmel lächelt.

Die Liebe ist ein Ding
Zart, wie ein Schmetterling,
In Blumen auferzogen,
Rasch, wie ein Traum, entflogen.
(S. 189-190)
_____



Gretelein

Schaust so freundlich aus,
Gretelein,
Nimm den Blumenstrauß,
Er sei dein.

Bist ein Kind nicht mehr,
Gretelein,
Thust mir eine Ehr',
Sag nicht nein!

Denk' nur, auch das Herz,
Gretelein,
Will mit Liebesschmerz
Bei dir sein.

Noch vor einem Jahr,
Gretelein,
Schlief ich armer Narr
Ruhig ein.

Aber nun ist weit,
Gretelein,
Schlaf und Fröhlichkeit,
Tanz und Wein.

Lache nicht so laut,
Gretelein,
Sei hübsch meine Braut,
Laß dich frei'n!
(S. 190-191)
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Gleichniß

Ich bin nicht die Kerze,
Mein Schatz, in dem Saal,
Die fesselt die Blicke
Der Menschen zumal.

Ich bin nicht das Feuer,
So lodernd und warm,
Darum sich vereinet
Geselliger Schwarm.

Doch bin ich ein Lichtlein,
Dem Herzen bekannt,
Das nur in dem Rauschen
Dir trüber gebrannt.

Wenn Kerze und Feuer
Erloschen schon sind
Und spurlos die Menge
Zur Ferne verrinnt, -

Da fühlst du ein Sehnen,
Da denkest du mein
Und flüsterst: komm' wieder,
Befreundeter Schein!

So gleich' ich dem Monde,
Deß silbernes Bild
Noch künftig wie heute
Die Thränen dir stillt.
(S. 191-192)
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Mein Herz

Mein Herz ist nur klein,
Schließt Wenige ein,
Die ruhen geborgen
Am Abend, am Morgen.

Mein Herz ist nicht groß,
Kein mächtiges Schloß,
Wo Hunderte wallen
Und Hundert gefallen.

Mein Herz ist ein Feld,
Für dich nur bestellt,
Da blüht es im Stillen,
Blüht nur deinetwillen.

Mein Herz ist ein Steg,
Nicht Jedermanns Weg,
Seit du es betreten,
Ist Niemand von Nöthen.

Mein Herz ist ein Kind,
Gar freundlich gesinnt,
Nicht rasch im Betrüben,
Nicht langsam im Lieben.

Mein Herz ist allein
Ganz einzig nur dein.
Du kannst es bezeugen -
Nun halt' es auch eigen!
(S. 192-193)
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Der Abschied

Auf der Schwelle meiner Lieben
Schwarz gefiedert sitzt ein Rabe,
Hat von dannen mich getrieben,
Krächzend wie aus tiefem Grabe.

Besser halt' ich mich verborgen
An dem trüben Unglückstage,
Daß der andre neue Morgen
Mein Ade! hinüber trage.

Denn es kann fürwahr nichts Gutes
Jener Rabe mir bedeuten,
Und ich möchte festen Muthes
Ihre Schwelle nur beschreiten.

Dornen stehn auf allen Wegen,
Ueberhin die Wolken hangen;
Aber schwer ist's, ohne Segen
Gleich die Reise anzufangen.
(S. 194-195)
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Das Auge der Liebe

Ich wandelte einsam durch Wiese und Feld
Und sommerlich glühte und lachte die Welt,
Da schlüpfte zum Herzen der sengende Strahl
Und siehe! es brannte wie Hügel und Thal.

Die Lerche schwirrte dem Auge vorbei,
Sie trillert aus Lüften! ich bleibe dir treu!
Und wie sie zu silbernen Wölkchen entflieht,
Antwortet ihr leise mein dankendes Lied.

Den Käfer, die Biene, den Schmetterling
Belauscht' ich, da schlendernd am Bache ich ging,
Entzückend durchströmt sie, bei neckenden Spiel,
In fröhlichen Wellen das Lebensgefühl,

Die Blume schauet, umsäuselt vom West,
Wie nimmer das Auge der Sonne sie läßt. -
O, Auge der Liebe, du segnendes Licht,
Beglück' uns im Staube und lasse uns nicht!
(S. 195-196)
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Die Lilie

Die Lilie spricht - und jedes Wort
Trägt das beschwingte Lüftchen fort -
Zum Schmetterling, der, bunt geschmückt,
Nach ihr mit Liebesaugen blickt:

Du bist von hohem Rang und Stand,
Der Blumen allen wohlbekannt
In deinem goldgesäumten Kleid,
Doch - freut dich auch die Einsamkeit?

Der Balsamduft der stillen Nacht,
Wenn sie mit Muttersorge wacht,
Das Blühn, der Stern, die Nachtigall,
Der Seele größte Wonnen all? -

Als so die fromme Lilie fragt,
Der Schmetterling mit Lächeln sagt:
Leb' wohl, auf frohes Widersehn!
Du bist für diese Welt zu schön.

Sie grüßt mit sanfter Majestät,
Als ihn sein Flug von dannen weht,
Vergißt schon, daß ein Schmetterling
An ihren weißen Blättern hing.
(S. 197-198)
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Gedichte aus: Deutschlands Dichterinnen von H. [Hermann] Kletke Zweite vermehrte Auflage Berlin 1882

Biographie:

Lydia Hecker, geboren den 10. December 1802 zu Marienwerder, Tochter des verstorbenen Präsidenten Paalzow, vermählt mit dem Geh. Medicinalrath Hecker, lebt als dessen Witwe in Berlin.
Schlüsselblumen. Berlin 1842

aus: Deutschlands Dichterinnen von H. [Hermann] Kletke Zweite vermehrte Auflage Berlin 1882


 

 


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