Mia Holm (1845-1912) - Liebesgedichte

Mia Holm

 

Mia Holm
(1845-1912)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:




Liebeshass

Weiss nicht, ist es Liebe, Hass,
Was ich für dich fühle,
Weiss nur, brennet weh und heiss,
Was ich für dich fühle.

Weiss nicht, ist es Segen, Fluch,
Was du mir gegeben,
Weiss nur, dass du schwer und reich
Mir gemacht das Leben.

Weiss nicht, ob du je und je
Mir wirst Liebe reichen,
Weiss nur, dass, wenn ich es denk,
Meine Wangen bleichen,

Dass ich dich mit kaltem Mut
Würde gehen heissen,
Lachen deiner Liebesglut
Und dein Herz zerreissen.
(S. 10-11)
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Die Liebe

Die Liebe willst du finden?
So suche sie im Mai,
Da sitzt auf Blütenbäumen
Die wunderholde Fei.

Da flattert allerwegen
Ihr weiches, grünes Haar,
Aus jeder Blume lächelt
Ihr Schelmenaugenpaar.

Doch soll ich gut dir raten,
So bleib ihr lieber fern,
Denn Necken und Betrügen,
Das hat sie gar zu gern.

Sie kost mit dir ein Weilchen
Und lässt dich dann allein,
Sie giebt für kurze Wonne
Dir lange, bange Pein.
(S. 13-14)
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Ihr beide

Der Mond ist blass und du bist bleich,
Ihr beide seid einander gleich,
Und beide steht ihr hoch und fern
Und beide, beide hab ich gern.

Der schöne Mond, so still und gross,
Fällt nie herab in meinen Schoss,
Und nimmer neigst du dein Gesicht,
Ob auch mein Herz in Sehnsucht bricht.
(S. 15)
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Endlich

Träumerisch ergossen
Liegt das Meer,
Sonnenlichter funkeln
Drüber her.

Gleich dem Meer, dem stillen,
Liegt mein Sinn,
Liebesstrahlen zittern
Drüber hin.

Kam nach all den Stürmen
Endlich Ruh,
Endlich eins geworden
Ich und du.
(S. 16-17)
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Halte still

Halte still, Geliebter, still,
Lass das Küssen, Neigen,
Nur in Stille kann der Gott
Seine Wunder zeigen.
Das Gefühl Unendlichkeit,
Echter Liebe eigen,
Fühl ich still von dir zu mir
Auf und nieder steigen.
(S. 18)
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Dich in ihnen

Ich liebe die Wasser mit stürzendem Fall,
Sich bäumende schäumende Flut,
Ich liebe den Sturm und des Donners Hall,
Der Blitze entfesselte Wut.
Ich liebe in ihnen mit jauchzender Lust
Nur deine verzehrende Glut,
Trägst Blitze im Herzen, den Sturm in der Brust
Und wallende Wogen im Blut.
(S. 19)
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Stehe still, du süsse Nacht

Lieblich warst du schon am Morgen
Und zu Mittag, süsse Maid,
Doch am holdesten und schönsten
Bist du jetzt, zur Abendzeit.

Einen Kranz von Mondenstrahlen
Trägt dein sonnengoldnes Haar,
Und in weisse Schleier hüllet
Dich der Nebel wunderbar.

Kranz und Schleier, liebes Mädchen,
Das ist bräutlich holde Tracht.
Nebel, Mondschein, zaubert weiter,
Stehe still, du süsse Nacht!
(S. 20-21)
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Maienmorgen

Der Maienmorgen schimmerte,
Sie sassen stumm und blass,
Ihr süsses Auge flimmerte
Und wurde langsam nass.

Wehschatten überdunkelten
Ihr weisses Angesicht
Und grosse Thränen funkelten
Wie Tau im Sonnenlicht.

Ein Schmetterling umgaukelte
Das traurig stille Paar
Und setzte sich und schaukelte
In ihrem blonden Haar.

Sein Blick, der düster sinnende,
Sog ihren Liebreiz ein,
Die Stunde, die verrinnende,
Gab ihnen Pein um Pein.

So schwiegen sie, zwei Leidende,
In gleicher bittrer Qual,
So sassen sie, zwei Scheidende,
Vereint zum letztenmal.
(S. 22-23)
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Deingedenken

Deine lieben klaren Augen
Grüssen mich aus weiter Ferne,
Schimmern sanft zu mir herüber,
Wie durch Nebel helle Sterne.

Denk ich dein, so kehren wieder
Märchenglanz und Kinderträume,
Durch die Seele geht ein Rauschen,
Wie durch grüne Waldesbäume.
(S. 24)
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Dämmerstunde

Süsse, zaubersel'ge Dämmerstunde!
Im Kamine helles Flackerlicht,
Freude blitzt aus deinem Angesicht,
Scherze sprühn aus deinem roten Munde.

Jetzt nur glimmend hier und da noch Funken,
Scherz und Lachen allgemach verstummt,
Ganz in weiche Dunkelheit vermummt,
Bist du lautlos mir ans Herz gesunken.
(S. 25)
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Komm

Komm zum Walde! Falter wiegen
Sich im grünen Dämmerschein,
Zärtliche Gedanken fliegen,
Und die Vögel schmettern drein.
An der Quelle will ich liegen,
Deine Hand mein Becherlein,
Und mein Arm soll dich umschmiegen
Und mein Aug' dein Spiegel sein.
Komm, o komm! wir wollen lauschen,
Was der Wald von Liebe spricht.
Er wird rauschen – Küsse tauschen
Werden wir im Dämmerlicht.
(S. 28)
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Ich hasse die Sterne

Ich hasse die Sterne, sie leuchten,
Doch wärmen sie nicht,
So täuschend wie deins und so gleissend
Ihr schimmernd Gesicht.

Ich hasse die Sterne, sie strahlten
In höhnender Ruh,
Da du mich zu Tode getroffen,
Und nickten dazu.
(S. 29)
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In schimmernder Nacht

Die Flügel
Und Füsse
Der seligen Engel
Durchrauschen
So leise
Die schimmernde Nacht.

Es huschen,
Es flattern,
Es tanzen die Träume
Und füllen
Mit Lachen
Die schlafende Welt.

Nun kommst du,
Mein Mädchen,
Es lockte der Vogel,
Der nächtlich
Nur singet,
Für mich dich herab.

Gegrüsset,
Mein Mädchen
In schimmernder Schöne,
Wie passest
Du lieblich
Zum Leben der Nacht.

Du bist wie
Die Blume,
Die zärtlicher duftet
Und still sich
Entfaltet
Im Hauche der Nacht.

Es blicken
Die Sterne,
Die Augen der Götter,
Nicht neidisch,
Nur freundlich
Auf menschliche Liebe.

So öffne
Den Kelch mir
Und dufte mir Liebe
Und ruh mir
Am Herzen
In schimmernder Nacht.
(S. 30-33)
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Ich danke dir

Du hast in Jammer mich geführt,
Erst da, in Finsternissen
Hab ich die eigne Kraft verspürt,
Der Halbheit mich entrissen,
Und da erst wuchsen Flügel mir,
Die mich zur Sonne tragen,
Ich zürne nicht, ich danke dir,
Dass du mein Herz zerschlagen.
(S. 34)
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Leidensglück

Seh sie glücklich und geliebt,
Kann sie nicht beneiden,
Gäb um ihre Seligkeit
Niemals meine Leiden.

Leiden giebt's, so tief und schön,
Dass sie nicht mehr schmerzen.
Solch ein zaubersel'ges Leid
Lebt in meinem Herzen.
(S. 35)
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Die Lawine

Allgewaltig, allzermalmend
Donnert die Lawine hin,
Eine zarte weiche Flocke
War sie im Beginn.

Und das Weh, das mich zertrümmert,
Das entsetzliche Geschick,
War im Anfang nur ein stiller,
Kaum verstandner Blick.
(S. 38)
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Zweieinig

Nun Dunkel rings und Schweigen,
Nun Stille allerwärts,
Die Uhr nur ticket leise,
Und ruhig schlägt dein Herz.

Die Flamme unsrer Liebe
Steht still und sternenklar,
Von dir zu mir herüber
Weht Friede wunderbar.
(S. 39)
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Wie ein Spiegel

Wie ein Spiegel, rein und glänzend,
War mein Herz in seinem Glück,
Warf in hellen Liebesstrahlen
Mir dein schönes Bild zurück.

Du doch schlugst in diesen Spiegel
Zornig, ein bethörter Mann.
Und dein Bild ist mit zerbrochen,
Tausend Fratzen sehn mich an.
(S. 42)
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Tote Sinne

Kam der erste Schmerz des Lebens,
Lenzgewaltig, voller Sehnen,
Nahm mir Frohsinn, Ruhe, Lächeln,
Gab mir nichts als heisse Thränen.

Kam der zweite Schmerz des Lebens,
Sank gewalt'ger auf mich nieder,
Nahm mir Sehnen, Glut und Thränen,
Gab mir all mein Lächeln wieder.

Kalt mein Herz wie Eisesscholle
Und mein Lächeln Wintersonne,
Ohne Tiefe mein Entzücken,
Ohne Liebe meine Wonne.

Schicksalsmächte, kommt wie Blitze!
Schlagt in meine toten Sinne,
Dass vom Auge brennend wieder
Eine einz'ge Thräne rinne.
(S. 43-44)
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Gespenster

Draussen lockt der Sonne Schimmer,
Lockt mich nimmermehr hinaus,
Voll von Geistern dieses Zimmer
Und voll Spuk das ganze Haus.

An der Decke und am Fenster,
Über mir und um mich her
Flattern liebliche Gespenster,
Machen mir die Seele schwer.

Und sie lächeln und sie grüssen,
Flüstern von Vergangenheit.
Geister sind es deiner süssen,
Längst gestorbnen Zärtlichkeit.
(S. 45-46)
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Einst und jetzt

Wie eine losgerissne Ranke
Erlag ich deiner Sturmeskraft,
Verfiel wie eine schwache Planke
Den Wellen deiner Leidenschaft.

Jetzt aber rag ich, eine Eiche,
An der dein Stürmen machtlos bricht,
Und, eine Felsenklippe, weiche
Ich deinem Wogendrange nicht.
(S. 47)
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Schlafwandelnd

Auf Traumeshöhen wandelte
Sie ohne Bangen,
Ein Freudenschimmer übergoss
Die zarten Wangen.

Das Mondenlicht umflutete
Die schlanken Glieder,
Verzückt, entrückt sah lächelnd sie
Zu dir hernieder.

Du riefst sie an, da fuhr sie auf,
Sah ihr Verderben,
Zu deinen Füssen liegt sie nun,
Bereit zu sterben.
(S. 50-51)
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Tanne steht voll Sinnen

Tanne steht voll Sinnen,
Silberweide lacht,
Schmetterlinge minnen
Grillen singen sacht.

Kichern tönt und Klingen
Hell im Windeshauch.
Sonnenstrahlen springen,
Schatten tanzen auch.

Zarte Fäden schweben
Licht von Baum zu Baum.
Freude nur ist Leben
Und der Schmerz ist Traum.
(S. 54-55)
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Am Fenster

Steh am Fenster, starr der Sonne,
Der versunknen, brütend nach,
Über alles ihre Schleier
Breitet Dämmrung allgemach.

Grau und gram auch mir zu Sinne,
Meine Seele ohne Schwung.
Kehr mich ab, zurück ins Zimmer.
O da schwebt Erinnerung.

Steht so schwarz im trüben Dunkel,
Nickt mir todestraurig zu,
Gleitet langsam durch die Stube
Und an ihrer Hand kommst du.

Zornig blickst du auf mich nieder,
Qualbewegt vom alten Wahn,
Dass ich schnöde dich verraten.
Und ich hab' es nicht gethan!
(S. 56-57)
_____


Gasel

Auf deiner Lippe sprosst der erste Flaum,
In deinem Herzen keimt der erste Traum,
So stehst du scheu und keusch und heilig da,
Ein holder Knabe noch, ein Jüngling kaum.
Der Himmel blaut in deinem tiefen Blick
Und eine Kirche deines Herzens Raum.
Du hebst entzückt des Lebens Taumelkelch
Und schlürfst mit Andacht nur den weissen Schaum,
Du schaust mir selig nicht ins Angesicht,
Du küssest leise meines Kleides Saum.
(S. 58)
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Wiedersehn

Wie war, da wir zuerst uns trafen,
Der Himmel sonnenhell und blau,
Wie duftete die Lebensblume,
Und wir in ihr zwei Tropfen Tau.

Nun sehn wir uns nach Jahren wieder,
Der Himmel trübe, wolkenschwer,
Nun schäumen wir, zwei Sturmeswellen,
Im aufgewühlten Lebensmeer.
(S. 63)
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Nicht Liebe ist's

Nicht Liebe ist's, doch was es ist,
Ich weiss es nicht zu sagen,
Es hält mich sicher, hebt mich hoch,
Es ist so leicht zu tragen.

Ich bin mich selbst so lieblich los,
Ich bin wie neugeboren,
Ich hab mich, wie der Fluss ins Meer,
In dein Gemüt verloren.
(S. 64)
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Gespensterreigen

Verwelkt der Kranz, verblichen,
Der sie als Braut geschmückt,
Der Schleier ist zerrissen,
Das Hochzeitskleid zerdrückt.

Verschlossen ruht nun alles
In ihrem Schlafgemach,
Und wenn sie nächtlich seufzet,
Vor Leid und Reue wach,

Dann öffnet sich die Truhe,
Es schwebt hervor der Kranz,
Es schweben Kleid und Schleier
Und führen einen Tanz.

Sie drehen sich und kreisen,
Sie spotten ihrer Not,
Da ringt sie wohl die Hände,
Da wünscht sie sich den Tod.

Dann lachen die Gespenster,
Sie haben's oft gesehn,
Der Tod tritt nur zum Glücke,
Das Elend lässt er stehn.
(S. 65-66)
_____


Hinweg

Wie lange Kerkerhaft ist Gram,
Durch Jahre still getragen,
Das Lachen hat man schnell verlernt
Und langsam auch das Klagen.

Ich musste kurzen heil'gen Wahn
Durch lange Leiden büssen,
Nun kommt das reine schöne Glück,
Ich weiss es nicht zu grüssen.

Ich heb' die Hände flehend auf:
Hinweg! Du thust mir wehe,
Wie Blitzesstrahl durchzittert mich,
Wie Sterben deine Nähe.
(S. 67-68)
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Totenklage

Das war der Tod, mit scharfem Schnitte
Hat er dich jäh von mir getrennt.
O wäre unser jene Sitte,
Die mit dem Mann das Weib verbrennt!

Mir graut, dich in den Sarg zu stecken
Und in der Erde dunklen Schoss,
Ich weiss, du willst die Glieder strecken
Auch noch im Tode fessellos.

Du glaubtest nicht an Höll' und Sünden,
Du warst wie Feuer heiss und rein,
Könnt ich den Holzstoss dir entzünden
Und auch im Tode bei dir sein!
(S. 74-75)
_____


Draussen und drinnen

Draussen dunkle Kälte, Sturmes-Tosen,
Drinnen Lachen, neckisches Erbosen,
Wärme, Lichterglanz, ein Fliehn und Haschen
In stets wechselnden graziösen Posen.
Er ein Knabe, frisch und braun und prächtig,
Sie ein Mädchen, zart wie weisse Rosen.
Müde endlich, ruhn sie, plaudern leise,
Ihre Stimmen, ihre Blicke kosen –
O wie süss ist Einsamkeit zu zweien,
Und wie arm sind all die Liebelosen!
(S. 88)
_____


Deine Augen

Dich verliess ich, dich verstiess ich,
Eh ich dich besessen,
Aber deine Augen kann ich
Nicht vergessen.

Greif ich hastig nach dem Becher,
Jubelfroh zu trinken,
Seh ich sie im klaren Weine
Trübe blinken.

Geh ich irre dunkle Pfade,
Ebbet, sinkt mein Leben,
Deine Augen traurig glänzend
Mich umschweben.

Deine Augen blicken Jammer,
Unversöhnlich herben,
Und ich fühl's, ich muss an ihnen
Langsam sterben.
(S. 91-92)
_____


Gedenkst du noch?

Gedenkst du noch der funkelnden
Glücksel'gen Sommernacht,
Die du am See, am dunkelnden,
Allein mit mir verwacht?

Am Himmelsbogen flimmerte
Der Sterne weisser Kranz,
Und dir im Auge schimmerte
Ein überird'scher Glanz.

Die weichen Winde kräuselten
Das Haar dir sacht empor
Und gingen hin und säuselten
Geheimnisvoll im Rohr.

Zwei stille Thränen feuchteten
Dein dunkles Wimpernpaar,
Und ferne Blitze leuchteten
Herüber wunderbar.

Die süsse wunderwebende
Uralte Zauberin,
Die ewig Allbelebende,
Berauschte unsern Sinn.

Gedenkst du noch der funkelnden
Glücksel'gen Sommernacht,
Die du am See, am dunkelnden,
Allein mit mir verwacht?
(S. 105-107)
_____


Nur einen Blick

Glückseligkeit, wann endlich schau ich dich,
Glückseligkeit, wann kommst du über mich?
Ich will ja schwelgen nicht in deinen Armen
Und nicht am Herzen selig dir erwarmen,
Nicht wild berauschen soll mich deine Wonne,
Nicht heiss durchglühen deine Strahlensonne,
Dein Morgenrot nur soll durchs Herz mir ziehn
Wie lichter Traum und wie ein Traum auch fliehn,
Nur süss und leise soll dein Hauch mich streifen
Wie Duft der Blumen im Vorüberschweifen,
Zu schaun verlang ich niemals ohne Hülle
Dein Angesicht in seiner Götterfülle.
Aus deinem sel'gen Auge einen Blick,
Und ruhig trag ich weiter mein Geschick.
(S. 108-109)
_____


 

Gedichte aus: Verse von Mia Holm
Albert Langen Verlag Paris Leipzig München 1900

Biographie:

Frau Mia Holm, geb. von Hedenström, München, Kaulbachstrasse 51, geboren zu Riga 1845, Tochter des protestantischen Predigers Heinrich von Hedenström, heiratete 1871 den Fabrikdirektor Diedrich Holm, dem sie nach Moskau folgte. Seit 1895 Witwe, lebt sie nur noch ihrem einzigen Sohne.

- Gedichte Berlin 1882
- Mutterlieder München 1897
- Träumer Erich. Nov. in Versen. Riga 1880
- Wider die Natur. Nov. in Versen. Ebda. 1878

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder von Sophie Pataky, Bd. 1 Berlin 1898


 

 


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