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Johann Georg Jacobi
(1740-1814)
Inhaltsverzeichnis der
Gedichte:
An Belindens Bett
Du kleines Lager, wo vergnügt
Die Schönheit mit der Unschuld liegt!
Beglücktes Heiligthum der Liebe,
Bey dem, gewöhnt an frechen Raub,
Ein roher Satyr schüchtern bliebe!
Dir will ich noch das letzte Laub
Der längst gestorbnen Rose streuen;
Dich soll ein Dichter nicht entweihen,
Der gerne mit dem Amor spielt,
Und doch den Werth der Weisheit fühlt.
Geheimer Schauder! Stille Lust!
Bemächtigt euch des Jünglings Brust.
Du Schlummerstätte meiner Schönen!
O zeige mir Belindens Bild;
Hier siehst du jeden Reiz enthüllt;
Hier sagt sie dir mit halben Tönen
Vielleicht, was ihren Wünschen fehlt,
Was sie noch selber sich verhehlt.
Dein Vorhang rauscht, und Träume schlüpfen
Durch ihn: ein allerliebstes Heer!
Schön, wie der Venus Kinder, hüpfen
Sie um das fromme Mädchen her.
Belinde zürnt: auf ihren Wangen
Ist Keuschheit, Jugend, und Verlangen.
Wenn sie nun zärtlicher erwacht;
Wenn sie, nach ungenoßnen Freuden,
Der Morgensonn' entgegen lacht,
Und in verrätherische Tracht
Behende Grazien sie kleiden:
Dann, o dann muß ich dich beneiden!
Doch ungestüme Wünsche nicht
Soll dieser kleine Tempel hören;
Nur Seufzer darf ich mir gewähren,
Bescheiden, wie ein Amor spricht
In einem Wäldchen mit Cytheren.
Ihr, die, von wilder Gluth entbrannt,
Der Gott der Liebe nie gekannt,
Zerreißet mit verwegner Hand
Der Schönheit heiliges Gewand,
Das Huldgöttinnen ihr gewebet,
Indeß ein sanfter Hirt erbebet,
Wenn er Belindens Lager sieht,
Voll Ehrfurcht ihre Zelle flieht;
Und auf verschwiegnen grünen Heiden,
Wo Götter mit dem Mädchen weiden,
Auf Blumen es verfolgt und küßt,
Und ohne Reu beglückter ist,
Als ihr im Taumel eurer Freuden.
(Band 1 S. 223-225)
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Venus im Bade
Schüchtern fliehn die Jungen Hirten?
Wen verbergen diese Myrthen,
In geheimnißvoller Nacht,
Unter ihren leisen Blättern?
O von tausend Liebesgöttern
Wird der ganze Hain bewacht!
Täubchen lassen sich hernieder,
Huldgöttinnen singen Lieder:
Ist es Venus? will sie hier
In dem Silberteiche baden?
Ihr gefälligen Dryaden,
Einen Blick gewähret mir.
Wollt ihr unter euern Zweigen
Mich beschützen, mir sie zeigen?
Ewig dank ich euch mein Glück,
Ewig soll mein Lied euch ehren;
Zeigt, ach! zeiget mir Cytheren:
O ihr Nymphen, einen Blick!
Die Gebüsche, die sie decken,
Hören mich. O süßes Schrecken,
Eine Göttin unverhüllt?
Wag' ich es nach der zu blicken,
Die mit Liebe, mit Entzücken
Eine ganze Welt erfüllt?
Darf ein Sterblicher? Es glühet
Mars, wenn er die Reize siehet,
Wenn ihr Busen sich empört,
Und er nicht den Lärm des Krieges,
Nicht den wilden Ruf des Sieges,
Nur ein zärtlich Seufzen hört.
O ihr Myrthen! o umschließet
Sie vor mir. Der Gürtel fließet
Nun auf heil'gen Rasen hin.
Nieder steigt sie schon zur Quelle!
Schon berührt der Fuß die Welle,
Dem in Wüsten Rosen blühn.
Nie wird euch ein Sturm entehren,
Ihr Gebüsche, wo Cytheren
Der verliebte Frühling fand.
Kömmt ein Mädchen sich zu kühlen,
An den Teich, so wird es fühlen,
Was kein Mädchen noch empfand.
(Band 1 S. 244-245)
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An die Liebesgötter
Entflieht ihr kleinen Heere
Der lächelnden Cythere!
Das Thal ist freudenleer;
Bereift sind eure Flügel;
Dem nackten, öden Hügel
Tönt keine Leyer mehr.
Seht! wilde Jäger würgen
Auf hallenden Gebürgen,
Sie spotten eurer Macht;
Von spröden Amazonen,
Die nur in Wäldern wohnen,
Wird Paphia verlacht.
Wollt ihr vielleicht beym Jagen
Die Mordgewehre tragen,
Der Netze Hüter seyn;
Gedungen von Centauren,
Auf hohen Aesten lauren,
Zum Klang der Hörner schreyn?
Und wenn die Stürme wehen,
Soll dann auf kalten Höhen,
Wo Sonnenstrahl gebricht,
Euch eure Fackel wärmen?
Dem Wilde nachzuschwärmen,
Gab sie Cythere nicht.
Das Laub, dem Hain entrissen,
Stirbt unter euren Füßen:
Flieht! alles ist verheert.
O tragt die dürren Blätter,
Ihr artigsten der Götter,
Auf eines Dichters Herd!
(Band 1 S. 246-247)
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Das Gewitter
Chloe und Damon.
Chloe.
Siehst du die schnellen Wolken ziehn?
Schon donnerts hinter jenen Wäldern,
Schon wird es Nacht auf unsern Feldern:
Komm, liebster Damon, laß uns fliehn.
Damon.
Der Donner schweigt, wenn Chloe spricht.
Wir wollen jede Furcht verbannen;
Der Himmel droht nur den Tyrannen,
Auf unsre Küsse zürnt er nicht.
Chloe.
Ihr Götter! rührt auf dieser Flur
Euch noch die Unschuld armer Hirten:
Schont, o verschonet jene Myrthen,
Sie hörten meines Damons Schwur.
Damon.
Ich schwur ihr Liebe bis ins Grab:
Ihr Blitze hörts, um sie zu rächen;
Und könnt' ich je die Schwüre brechen,
So fahrt auf dieses Haupt herab!
Chloe.
Ihr fürchterlichen Blitze, nein!
Sollt' ihn der Liebe Schwur gereuen,
Ach! so verzeiht dem Ungetreuen,
Und lasset mich das Opfer seyn.
(Band 1 S. 250-251)
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Der Kuß
Lalage, die kleine Spröde,
Floh den jungen Lycidas;
Bittrer Spott war ihre Rede,
Und die Blicke lauter Haß.
In das Thal, zu jener Quelle
Lockte sie Dianens Schein;
Fernher murmelte die Welle,
Leise lispelte der Hain.
Sanfter wurden ihre Triebe,
Friede ward ihr Herz und Ruh,
Denn ein kleines Wort von Liebe
Rief ihr jedes Büschchen zu.
Liebe sprach die junge Rose,
Sprach der Quelle grüner Rand -
Als das Mädchen auf dem Moose
Schlafend einen Knaben fand.
Von dem Monde halb bestralet,
Halb in Schatten eingehüllt,
Lag er im Gebüsch. Es malet
Nur Albano dieses Bild.
Seine Miene sagt im Traume,
Was die Liebe wachend denkt.
An dem nächsten Myrthenbaume
Ist ein Köcher aufgehängt.
Ihm zur Seite glänzt ein Bogen;
Näher geht das Mädchen hin,
Und allmählig ihm gewogen
Wird die gute Schäferin.
Siehst Du nicht auf jenem Hügel,
Lalage! die ganze Schaar?
Allerliebste kleine Flügel
Haben sie, und goldnes Haar.
Schnell bewegen sie die Schwingen;
An der Quelle sind sie schon,
Tanzen um das Kind, und singen
Lieder von Anakreon.
Aufgewecket durch die Lieder,
Sieht der kleine Gott umher;
Mischt sich unter seine Brüder,
Und der Hirtin lächelt er.
Tausend neue Blümchen sprießen,
Wo sie tanzen, aus dem Klee;
Mitten in den Reihen schließen
Sie die schöne Lalage.
Langsam steigt ihr Busen; leise
Wünschet sie, und weiß nicht was.
Seht doch, neben ihr im Kreise
Steht der junge Lycidas.
Ihm entfliehen will die Spröde,
Ihn verachten soll ihr Blick;
Doch der Jüngling, nicht mehr blöde,
Hält die Schäferin zurück.
Fliehen kann sie nicht; es haben
Ihren Bogen, aufgespannt,
Rings um sie die Götterknaben
In der rächerischen Hand.
Küssen muß sie nun den Hirten,
Und ein wollustvolles Ach!
Unter sanftbewegten Myrthen
Seufzet Philomele nach.
Im Triumphe weggeflogen
Sind die Götter, ohne Streit.
Mächtiger als Amors Bogen
Ist ein Kuß der Zärtlichkeit.
(Band 1 S. 252-255)
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Nach dem Französischen
Jusque dans la
moindre chose.
Holdes Mädchen! unser Leben
War ein frohes Hirtenspiel:
Kränze durften wir uns geben,
Küsse, wenn es uns gefiel.
Heerde, Stab und Fest und Freude,
Lieb und Kränze sind dahin!
Dennoch reden Flur und Weide
Mir von meiner Schäferinn.
Engel oder Liebesgötter
Mahlen dein getreues Bild
Auf die kleinsten Rosenblätter:
Alles ist von dir erfüllt.
Deinen Athem haucht die Nelke,
Wenn ihr Balsamduft sich hebt:
Du erscheinst mir im Gewölke,
Das am blauen Himmel schwebt.
Welch ein Lispeln auf den Höhen!
Welch ein Säuseln um den Fluß!
O ich fühl' im sanften Wehen,
O ich fühle deinen Kuß.
Unter lockenden Schalmeyen,
In der Nachtigall Gesang,
Im Geflüster junger Meyen
Hör' ich deiner Stimme Klang.
Ja! du rufst mich aus der Ferne,
Rauschest mir im finstern Hain,
Blickst herab von jenem Sterne,
Lachst mich an im Mondenschein;
Kommst in nahenden Gewittern;
Denn es gleicht ihr banger Zug
Jenem Schweigen, jenem Zittern,
Als mein Herz an deinem schlug.
(Band 2 S. 232-233)
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Frohsinn
Ihr Schäferinnen alle! seht,
Wie da mein liebes Mädchen geht!
Wie so von ganzer Seele
Dem Himmel und der Erde gut!
Mit Rosen kränzt es seinen Hut,
Und singt, wie Philomele.
So geht das Mädchen allezeit,
Vergnügt mit Wenigem, bereit,
Auch dieses noch zu missen,
Wenn, irgend in der Gottes-Welt,
Es nur ein Plätzchen frey behält,
Zum Tanzen und zum Küssen.
(Band 2 S. 234)
_____
Morgenlied
Sieh, wie der Hain erwacht,
Wie von umglänzten Höhen,
Bey leisem Windes-Wehen,
In frische,
Bethaute Büsche
Die Morgen-Wonne lacht!
Wonne, wo die Blüthen wallen;
Wo die Vögel locken, Wonne!
O sieh! da strahlt die Sonne
Herauf in voller Pracht!
Hier, wo die Blume bebt,
Wo sich die Bäche kräuseln,
Vernimm der Liebe Säufeln,
Das milde
Durch die Gefilde,
Wie Frühlings-Athem, schwebt.
Liebe führt den Sonnen-Wagen;
Liebe streut die Blüthen nieder.
Sie weckt den Hain, den wieder
Gesang und Lust belebt.
Hör' in des Waldes Chor
Die süße Liebe singen!
Es fleugt auf goldnen Schwingen,
Wenn Seelen
Sich ihr vermählen,
Der Geist zum Licht empor.
Liebe nur kann Freude geben,
Liebe tröstet unter Sorgen.
Sie ruft zum ew'gen Morgen
Aus Grüften einst empor.
(Band 2 S. 242-243)
_____
Der erste Kuß
Leiser nannt' ich deinen Nahmen
Und mein Auge warb um dich:
Liebe Chloe! näher kamen
Unser beyder Herzen sich.
Und du nanntest meinen Nahmen;
Hoffen ließ dein Auge mich:
Liebe Chloe! näher kamen
Unser beyder Lippen sich.
O, es war ein süßes Neigen;
Bis wir endlich, Mund an Mund,
Fest uns hielten, ohne Zeugen:
Und geschlossen war der Bund.
(Band 2 S. 244)
_____
An Chloen
1.
Wer hat in jenen Schatten,
Wer hat dem treuen Gatten
Das Täubchen angetraut?
Wer hat auf jenen Aesten,
Zu ihren Hochzeit-Festen,
Ein Tempelchen erbaut?
Die Liebe that's; im Stillen
Hat sie, nach ihrem Willen,
Das Täubchen angetraut.
Sie will auch uns vereinen:
Du bist in diesen Hainen,
O Chloe, meine Braut.
2.
Welch ein Kuß! Und deinen Wangen,
Zart wie Knospen, ehe sie
Noch zu Rosen aufgegangen,
Nahte sich der Jüngling nie.
Aber Liebes-Götter wachten,
Als du schliefst, um deinen Mund,
Küßten deine Lippen, machten
Ihr Geheimniß ihnen kund;
Lehrten sie dieß holde Schweben,
Diesen Wonnedruck, so leicht,
Wie des Frühlingswindes Beben,
Wenn er über Wiesen schleicht.
Tausend Quellen einer süßen,
Neuen Wollust thun sich auf,
Rieseln in mein Herz, und fließen
Mächtiger in vollem Lauf;
Strömen hin durch alle Glieder:
Sterbend sucht mein Auge dich;
Und mir ist, erwach' ich wieder,
Als begrüßten Engel mich!
3.
Komm, Liebchen! es neigen
Die Wälder sich dir;
Und alles mit Schweigen
Erwartet dich hier.
Der Himmel, ich bitte,
Von Wölkchen wie leer!
Der Mond in der Mitte,
Die Sternlein umher!
Der Himmel im glatten
Umdämmerten Quell!
Dies Plätzchen im Schatten,
Dies andre so hell!
Im Schatten, der Liebe
Dich lockendes Glück;
Dir flüsternd: Es bliebe
Noch Vieles zurück.
Es blieben der süßen
Geheimnisse viel;
So festes Umschließen;
So wonniges Spiel!
Da rauscht es! da wanken
Auf jeglichem Baum
Die Aeste; da schwanken
Die Vögel im Traum.
Dies Wanken, dies Zittern
Der Blätter im Teich -
O Liebe! dein Wittern!
O Liebe! dein Reich!
4.
Die Rosen, die vom Thau benetzt,
An jedem Blättchen unverletzt,
Ich zu den frischen Nelken
Im Morgenroth zu pflücken ging,
Und küssend um dein Bildniß hing;
O Chloe! wie sie welken!
So welken, wo ich Blumen brach,
So welken alle, nach und nach,
Die Wiesen mit den Hainen;
Bis endlich die getreue Hand,
Bis, gleich den Kränzen, die sie band ...
Du aber sollst nicht weinen!
O nähm' ein froher Engel dann
Sich meiner jüngsten Lieder an!
Ihr frohen Engel! bliebe
Durch sie dem guten Mädchen doch
In künftigem Gesange noch
Ein Nachhall meiner Liebe!
(Band 2 S. 245-249)
_____
An Chloen
1.
Die ersten Lerchen sangen:
Da küßt' ich deine Wangen,
Und fragte: Liebst du mich?
Die ersten Zephyrs wehten:
Da sagte dein Erröthen:
Ich liebe dich!
Da warst du ganz die meine;
Da rauschten es die Haine;
Die Bäche priesen mich,
Und murmelten vertrauter;
Die Lerchen sangen lauter:
Ich liebe dich!
Und Epheuranken hingen
An jedem Baum, und fingen,
In süßer Irre, sich
Vor Wollust an zu regen;
Sie bebten mir entgegen:
Ich liebe dich!
Gepaarte Blumen standen
Im grünen Thal, empfanden,
Und küßten schwesterlich
Sich meiner Chloe wegen;
Sie hauchten mir entgegen:
Ich liebe dich!
Vereinte Wölkchen mahlten
Den Himmel; sie umstrahlten
Im Abendglanze sich,
Der nie so schön gewesen;
Am Himmel war zu lesen:
Ich liebe dich!
Als nach und nach die Farben
In Dämmerung erstarben,
Die letzte Sonne wich;
O wie so lachend blinkten
Die Sterne noch, und winkten:
Ich liebe dich!
2.
Chloe! kennst du noch die Stunde,
Die zu schnell vorüber ging,
Als ich fest an deinem Munde,
Fest an deinem Herzen hing?
O, der Liebe Schauder bebte,
Mächtig mir durch jeden Sinn:
Chloe! meine Seele schwebte
Küssend zu der deinen hin.
Eines ganzen Lebens Freuden;
Sonnen- Auf- und Untergang;
Blumenduft und Grün der Weiden;
Zephyr, Nachtigall-Gesang;
Junger Haine froh Getümmel;
Jeder selige Genuß;
Ruhm und Glück und Erd' und Himmel,
Alles war in diesem Kuß.
3.
Wenn die Götter in's Gebüsch
Noch zu Hirten kämen,
Noch vorlieb am kleinen Tisch
Unter ihnen nähmen;
O, sie würden, glaube mir!
Bald hernieder steigen,
Würden sich an deiner Thür,
Liebe Chloe! zeigen.
Auch als Pilger, unbekannt,
Wie sie dir erschienen,
Würdest du mit frommer Hand
Willig sie bedienen.
Und du fühltest innerlich
Heiliges Entzücken;
Aber sie durchschauten dich
Mit den Götter-Blicken;
Forschten in dein Herz hinein,
Prüften alle Triebe;
Fänden deine Seele rein,
Sähen lauter Liebe;
Gönnten eine Bitte dir;
Und ich weiß die Bitte:
Still vereinigt wohnten wir
Dann in armer Hütte!
4.
Das letzte Roth am Himmel wich:
Da ging ich, liebevoll, im Grünen;
Ich ging und lobte Gott für dich,
Und für die Sternen, welche schienen.
Und plötzlich kam ein Wolken-Heer,
Und riß hinweg die goldnen Sterne;
Gelinde Lüfte wurden schwer,
Und Donner rollten aus der Ferne.
Die Stürme heulten auf mich zu;
Die Donner wollten mich erschrecken;
Ich aber ließ, in frommer Ruh,
Mich einen Lorbeerbaum bedecken.
Da saß ich in der tiefen Nacht,
Und lobte, durch die Finsternisse,
Den Gott, der jenen Blitz gemacht,
Und dieses Herz, und deine Küsse.
(Band 2 S. 259-264)
_____
Erinnerung
Glück der Engel! wo geblieben?
Wo geblieben, schöner Tag,
Als mit unbesorgtem Lieben
Ihre Hand auf meinem Herzen lag?
O sie fühlte jeden Schlag,
Und in jedem lauter Lieben!
Wo geblieben
Glück der Engel, schöner Tag?
(Band 2 S. 287)
_____
Der Ring
Liebchen wallt in fernem Lande:
Meine Küsse geb' ich dir,
Goldnes Ringlein! dich zum Pfande
Ließ sie, unter Küssen, mir.
Ach! da kam sie, leiser, trauter;
Hatt' ein Auge, rein und hold;
Und ein Herz! ein Herz, so lauter,
Schönes Ringlein! wie dein Gold.
Liebchen gab dich mir, und sagte:
Nimm es, bleib' ihm ewig gut!
Und ich schwör' es dir: Ich wagte,
Dir zu Gunsten, all mein Blut.
Goldnes Ringlein! süßes, liebes!
Machst, daß mir die Sonne scheint;
Kommt ein Wölkchen oft, ein trübes,
Hat's in kurzem ausgeweint.
Du beginnst die schöne Kette,
Die man von der Treu empfängt,
Die so fest am Sterbebette
Mit dem letzten Ringlein hängt,
Wo du noch, den matten Blicken
Schimmernd, Wonn' und Hoffnung bist,
Weil in Welten voll Entzücken
Liebchen mich hinüber küßt.
(Band 2 S. 291-292)
_____
Sehnsucht
Was hab' ich, gutes Mädchen!
Als jenes kleine Feld
Um dein geliebtes Städtchen,
Mir eine ganze Welt?
Der andern acht' ich wenig;
Da traur' ich, wie verbannt!
Dein König ist mein König,
Dein Land mein Vaterland.
Die ersten grünen Haine
Sind dort, wo Liebchen geht;
Die Luft ist erst die meine,
Die sich um sie gedreht.
O, wann begrüß' ich wieder
Dein Städtchen, meine Welt,
Und höre Lerchen-Lieder
Auf deinem kleinen Feld,
Und sehe Morgen-Schimmer
Bey dir, und hellen Tag?
O denke nur, daß immer,
In jedem Glocken-Schlag,
Des Wiedersehns Minute
Durch meine Seele schallt,
Weil, ach! in deinem Blute
Mein eignes Leben wallt!
(Band 2 S. 293-294)
_____
An Chloen
Bey der Liebe reinsten Flammen,
Glänzt das arme Hütten-Dach:
Liebchen! ewig nun beysammen!
Liebchen! schlafend oder wach!
Süßes, zärtliches Umfangen,
Wenn der Tag am Himmel graut:
Heimlich klopfendes Verlangen,
Wenn der Abend niederthaut!
Wonne dort auf allen Hügeln,
Wenn' im Thal, und Jubel hier!
Volle Freyheit, zu verriegeln
Unsre kleine Hütten-Thür!
Lobgesang in Finsternissen,
Wo kein Neider sich versteckt;
Wo nicht mehr, indem wir küssen,
Jedes Lüftchen uns erschreckt!
Und wir theilen alle Freuden,
Sonn' und Mond und Sternen-Glanz;
Allen Segen, alles Leiden,
Arbeit und Gebeth und Tanz.
So, bey reiner Liebe Flammen,
Endet sich der schöne Lauf;
Ruhig schweben wir zusammen,
Liebchen! Liebchen! Himmel auf.
(Band 2 S. 308-309)
_____
Trauer der Liebe
Wo die Taub' in stillen Buchen
Ihren Tauber sich erwählt,
Wo sich Nachtigallen suchen,
Und die Rebe sich vermählt;
Wo die Bäche sich vereinen,
Ging ich oft mit leichtem Scherz,
Ging ich oft mit bangem Weinen,
Suchte mir ein liebend Herz.
O, da gab die finstre Laube
Leisen Trost im Abendschein;
O, da kam ein süßer Glaube
Mit dem Morgenglanz im Hain;
Da vernahm ich's in den Winden,
Ihr Geflüster lehrte mich:
Daß ich suchen sollt', und finden,
Finden, holde Liebe! dich.
Aber ach! wo blieb auf Erden,
Holde Liebe, deine Spur?
Lieben, um geliebt zu werden,
Ist das Loos der Engel nur.
Statt der Wonne fand' ich Schmerzen,
Hing an dem, was mich verließ;
Frieden gibt den treuen Herzen
Nur ein künftig Paradies.
(Band 2 S. 356-357)
_____
An **
Entfliehe nicht! du hörst ja keine Klagen;
Kein nasser Blick und keine Seufzer sagen,
Was tief mein Herz in sich verschließt.
Noch immer war mein einziges Verlangen,
Dieß Sonnenlicht zu sehn auf deinen Wangen,
In dieser Luft, die dich umfließt.
O könnt' ich nur, o könnt' ich, ungesehen,
Mein Leben lang an deiner Seite gehen,
Und Tag und Nacht dein Engel seyn!
Du solltest nichts von meiner Liebe wissen;
Ich wollte gern den Lohn der Treue missen,
Und bliebe doch auf ewig dein.
(Band 2 S. 373)
_____
An die Liebe
Von dir, o Liebe, nehm' ich an
Den Kelch der bittern Leiden;
Nur Einen Tropfen dann und wann,
Nur Einen deiner Freuden!
So wird dein Kelch, o Liebe, mir
Wie Feyerbecher glänzen;
Auch unter Thränen will ich dir
Mit Rosen ihn bekränzen.
(Band 2 S. 409)
_____
An die Liebe
Tausendfache bittre Qual
Gabst du mir, o Liebe! Tausend Mahl
Lohntest du mit Dornenkränzen
Meiner Treu; und jenes milde Glänzen
Deiner Fackel ward ein Donnerstrahl.
Zarte Lauben sah ich dich entblättern,
Junge Sprößlinge zerschmettern;
Und in Abgrund sank das blüthenreiche Thal.
Dennoch zeuch, o Liebe! zeuch hernieder;
Rufe mich ins Leben wieder
Aus der öden, kalten Todesnacht.
Liebe, die allein
Sonne, Mond und Sternenschein
Uns zu Licht in unsrer Wüste macht!
Liebe, die allein
Aus den Wolken in den Hain
Frühlingswonn' herunter lacht!
O besuche mich in dieser Todesnacht.
Bring den Köcher mit, voll süßer Pfeile;
Deine Dornen auch, und Donnerkeile;
Nur, o Liebe! daß ein neuer Tag
In den Finsternissen mir beginne;
Wieder vollen, warmen Schlag
Mein erstorbnes Herz gewinne:
Daß ein holdes Angesicht
Mir zum Engel sich verkläre;
Seine Stimme, wenn es singt und spricht,
Mir ein Laut aus einer höhern Sphäre -
Wenn das Mädchen grüßt, sein Gruß ein voller May,
Und der Händedruck ein Himmel sey!
Kann, o traute Liebe! nie,
So mit innigem Verlangen,
All so fest, wie meine Seele sie,
Mich die Engelseel' umfangen -
So erleucht' ein Blick von ihr
Diese dunkeln Pfade mir;
Laß mich nur um ihre Schönheit schweben,
Und mein Herz in ihrem Glanze leben!
(Band 2 S. 427-428)
_____
Liebe
O weh und aber weh dem Mann,
Der Schönes nicht auf Erden liebt,
Sich keines Dings erfreuen kann,
Sein volles Herz an keins ergiebt!
O wehe, wer sich nie vereint
Mit Wies' und Quell und Blüthenast,
Sein Mädchen auch und seinen Freund
Mit halber Seele nur umfaßt!
Und wieder wehe, weh dem Mann,
Den Liebe zieht, den Liebe drängt!
Der Schönes sucht, und fest daran
Sein ganzes Herz auf immer hängt!
Wenn Erd' es trägt, verschwindets bald.
Der Blüthenast am Quell verdirbt:
Im Freundesbusen wird es kalt;
Und ach! das treue Mädchen stirbt.
Mag lieben denn, mag lieben nicht!
O weh und aber wehe mir!
In Liebe strahlt das Sonnenlicht,
Und fällt auf lauter Gräber hier.
Was einst ich an mein Herz gedrückt,
Ist Asche nun und Todtenbein;
Es sank, wo ich die Gruft geschmückt;
Ihm sinket nach der Leichenstein.
Wohin, wohin? Denn Lieb' ist Noth,
Und Alles wankt, und Alles weicht;
Gebohren wird's und geht in Tod:
Wohin, so weit der Himmel reicht?
Zu dir hinauf, du Gotteskraft,
Die Baum und Wiesenquell erneut,
Ohn' Ende wirkt, ohn' Ende schafft,
Und noch das Grab voll Blumen streut!
O du, dein Athem ists allein,
Der allen Staub lebendig weht;
Du gabst den Sternen ihren Schein,
Und bleibst, wenn Erd und Meer vergeht.
Zu dir hinauf erhebe mich,
Zu deiner unsichtbaren Welt!
Da lebt und liebt's, und ewiglich
Wird bleiben, was an dir sich hält.
(Band 2 S. 436-438)
_____
Alle
Gedichte aus: J. G. Jacobi's sämmtliche Werke.
Erster und zweiter Band Zürich bey Orell, Füßli und Compagnie 1825
Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Georg_Jacobi
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