Karl Ernst Knodt (1856-1917) - Liebesgedichte

Karl Ernst Knodt



Karl Ernst Knodt
(1856-1917)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Ein Traumgespinst

Von Deinem Bild an der Schreibtischwand
spann in der Nacht eine Spinne die Fäden
wie leibhaftige Sehnsucht zu meinem,
das ihm nahe genüber hing.
Als nun der erste Morgenstrahl
über das zarte Gespinste lief,
leuchtete golden die Brücke mich an.

Wahrlich! eine zaubrische Brücke
ward des luft'gen Gewebes Faden,
und mit der alles-segnenden Sonne
wandelte selig die Liebe hinüber
und herüber, verklärend, verklärt.

Darf ich der Gottheit Gruß draus erschauen?
Eint sie, was wehvoll das Leben verwehrt?

Gerne will ich das Zeichen so deuten,
leise mir sagend: Zart, wie die Fäden
dieses leichtesten Luftgespinstes,
sind die Fäden auch unsrer Liebe.
Gleichwie des Sonnenlichts zitternde Strahlen
über das Traumgewebe gleiten:
also dürfen auch auf der Brücke
- heilig und hehr unsre Herzen verbindend -
nur die leichten, leuchtenden Stapfen
himmlisch verklärter Liebe schweben.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 25)
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Ein Sommernacht-traum

Es blühen vor meinem Fenster in Pracht
Syringen und Nachtviolen.
Die zaubrischen Düfte ziehn durch die Nacht,
das Herz der Geliebten zu holen.

Sie tragen das sehnsuchtbeseelte daher
auf leichten, leuchtenden Schwingen.
Wiegt es auch wie die Welt so schwer:
doch muß die Nachtfahrt gelingen!

Die Düfte sind stark und die Sehnsucht ist groß:
so kommt das Fernste zusammen.
Ist Liebe nicht allzeit des Lebens Schoß,
draus ewige Wunder entflammen?

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 26)
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Im Rosenmond

Nimm diese Rose, noch im Kelch verschlossen,
und bette sie in Deine reine Hand!
Ist über sie ein Blick von Dir geflossen,
entflammt auch ihr ein heilger Lebensbrand.

In dieser Rose ruht ein ganzer Sommer
und meine ganze Seele reift darin.
... O trag mein Lieben, größer stets und frommer,
als Opferduft zur Liebesheimat hin!

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 27)
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Auf höchsten Höhen

Wundervoller Frieden,
wenn zwei Menschen schmieden
ihres Glücks Geschmeid.

Schweigendes Verstehen
leitet sie auf Höhen
höchster Seligkeit.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 29)
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Nur einen Hauch von Dir!

Ich habe Dir so viel geklagt,
Du Gott in meinen Liedern.
Ich habe Dich so viel gefragt.
Nun wirst Du mir erwidern.

Ich bin vom vielen Fragen auch
in tiefster Seele müde.
So rede Du! Nur Einen Hauch
von Dir und ich hab Friede.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 33)
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Licht

Meine Stube glänzt voll Sonne,
meine Seele lacht im Licht:
denn mir strahlt als reinste Wonne
ein versöhntes Angesicht.

Meines Gottes ganzer Friede
hat die Schatten all besiegt.
Licht ist's, was auf meinem Liede
und auf meinem Leben liegt.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 33)
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In der Nacht

Nun liegt mir die Erde so ferne:
hoch über ihr schreit ich im Licht.
Ich seh in die ewigen Sterne,
suchend Dein Angesicht.

Ich suche, ohn' mich zu wenden,
bis mich Dein Lieben umflicht.
Wie wird dies Leben noch enden!
... Herr, laß es enden im Licht!

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 35)
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Wunschlos

Alle Herrlichkeit auf Dich!
Mir nur einen Strahl der Gnade,
ach nur einen Sonnenblick
auf das Dunkel meiner Pfade!

Alle Herrlichkeit auf Dich!
Wunschlos will ich weiter gehen,
selig Deiner Seligkeit.
Hab ich doch Dein Heil gesehen.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 35)
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Meine Liebe

Meine Liebe spricht aus leiser Ferne.
Längst versang der roten Flammen Glut.
Immer weißer werden meine Sterne;
weiß ist aller meiner Rosen Blut.

Weich ward meine Stimme, und ich höre
nicht mehr, was das laute Leben schreit.
Meine Seele lauscht schon in die Chöre,
einer weltentrückten Seligkeit.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 45)
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Ruhe

Die Ruhe Gottes reichte mir die Hand
und krönte mich nach ausgerungnem Streit
mit allem Frieden, den nur Gott gewährt,
wenn Er allein in einem Herzen wohnt.

Ich trinke alle offne Seligkeit
in meinem Wald. Ich fühle der Natur
geheimsten Herzschlag, hör in jedem Halm
den Drang und Trieb der starken Schöpferkraft.

Die letzte Sehnsucht warf ich längst auf Ihn,
der mir allein die letzte Sehnsucht stillt.
Ein tiefer Dank ist jeder neue Tag
und jeder Feierabend ein Gebet.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 47)
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Christus

Du bist's. Du bist Der Eine, der mir hilft.
Du bist der Heiland, der das Heimweh heilt.
Dich suchte ich in allem, was ich sann.
Dich meinte ich mit allem, was ich tat.
Und wenn ich alle Sterne fragen ging:
ich frug sie nur nach Dir. Ich frug nach Haus.

Was sind der Erde Namen gegen Dich!
Ihr Lied versagt im Leid, ihr Wort im Weh.
Es gibt ein Herz im Herzen: das bleibt leer,
wenn nicht Dein Geist das lebensdurst'ge labt,
wenn nicht Dein Wort das wartende betaut.
So vieles lindert. Du erlöst allein.

Wie weinte ich nach weißen Wegen lang,
nach Wegen, die nicht stauben. Da wardst Du
Der Weg, Die Wahrheit und Das Leben mir.
... Und als ich Dich im Glück einmal verlor:
da legtest Du mir linde auf das Leid
und ließest mich ganz langsam aus der Zeit
und aus dem Leben reifen für Dein Reich.

Die stillsten Stunden waren immer Dein.

Und kommt einmal der schattendunkle Tod:
Du bist das Licht und leuchtest mir nach Haus.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 63)
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Käthe

Ich habe nichts als meine stillen Augen:
mit ihnen muß ich in die Sterne sehn.
Schilt nicht, wenn sie nicht ganz zum Tagwerk taugen
und meist so träumend in die Ferne gehn.

Mir liegt das Glück längst hinter jenen Hügeln,
und an den Sternen nur stärkt sich mein Mut.
Noch eine Weile weiter - und auf Flügeln
schwebt meine Sehnsucht in die Sternenglut.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 104)
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In deiner Liebe

Halte mein Herz in heiligen Händen,
Leben! Ich brauche die ganze Gewalt
deiner Liebe, um alles zu wenden,
was die Fäuste gegen uns ballt.

Wieder weinen die Wunden. So übe
wieder dein Wunder: schließe sie zu!
Sieh! in deiner erlösenden Liebe
legt sich all mein Leben zur Ruh.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 104)
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Aus lichten Fernen

Liebe kam aus lichten Fernen,
und ich hab es nicht geahnt.
Liebe kam von goldnen Sternen,
hat sich hell den Weg gebahnt.

Wie das Licht in leisen Nächten
noch das tiefste Tal beglänzt:
so hat sie mit allen Prächten
mir das späte Haupt umkränzt.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 105)
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Deutsche Liebeslieder

Leise sind die Liebeslieder,
die aus deutschem Geist erklingen,
- wie du sie im Dorf von Mädchen
abends hörst am Brunnen singen;

wie du sie von deiner Mutter
hörtest schon beim Kinderwiegen,
und wie sie als Wanderweisen
durch die Sommerwälder fliegen.

Soll ich dir die Seele sagen,
die dem deutschen Liede eigen,
das unsterblich ist wie diese?
Beide sind Gebet und Schweigen.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 105)
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Im Dom

Ein stiller Dom. Die Wände himmelblau.
Darinnen lauter Licht, lauter lebend Licht;
und niemand sonst, als Du, geliebte Frau
- und unsre Andacht, die kein Wörtchen spricht.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 106)
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Vielleicht

Trafst du im Leben schon Den Menschen,
Den Einen, der dir in der Zeit
aus all den tausend Vielen
entgegengeht von Ewigkeit!

Ein einzigmal nur ist's und - Einer!
Und sein Erkennen wird das Glück!
... Vielleicht hast du ihn nicht verstanden,
den Einen rechten Augenblick?

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 107)
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Dein Auge
(An R... R...)

Noch lodert mir vom Sommer
ein Rosenduft im Sinn,
an dessen erstem Atem
ich schier gestorben bin.

Die Seele einer großen
und dunkelroten Glut
floß mir aus diesem schweren
und schwülen Ruch ins Blut.

Fast hätt' er meine leise,
weiße Liebe erstickt -:
da hat Dein Aug' erlösend,
mein Weib, mich angeblickt.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 107)
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Rosenrote Rosen

War's nicht im Juni? .. Es jauchzte die Welt.
Wir saßen zusammen Hand in Hand
und sah'n in die Sonne und sah'n nur noch Eins:
Rosen, rote Rosen rings im Land.

Und wir jubelten uns're Liebe ins Land.
Das ward ein Lied voller Lebensbrand
und lachte laut durch den leuchtenden Tag,
das Lied von den roten Rosen rings im Land.

aus: "Lichtlein sind wir"
Eine Auslese aus allen Liederbänden
von Karl Ernst Knodt
Jubiläumsausgabe zum 16. Juni 1916
Müller & Fröhlich Verlagsbuchhandlung München (S. 108)
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An .......

Ich fühle deine schöne Seele,
Die meiner Sinne Sehnsucht ist,
Mit allen Schauern liebster Liebe
Mein Sein umschließen ...
Hör! So küßt
Die Gottheit ihre sel'gen Söhne
Beim Eintritt in das Himmelstor.
- - - - - - - - - - - - - - - -
Ich bin schon selig, seit die Seele
Sich in der deinen ganz verlor.

aus: Ein Ton vom Tode und
Ein Lied vom Leben
Neue Verse von Karl Ernst Knodt
Verlag von Emil Roth in Gießen 1905 (S. 201)
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In der Rosenzeit

Bring mir von all den Rosenbüschen,
Die unser heimliches Häuschen umstehen,
Jeden Morgen neu eine rote,
Daß ihre Düfte mich wonnig umwehn.

Ohne Rosen reift mir kein Sommer,
Und nur in Rosen kann sie gedeihn
Unsere Liebe ... So bring mir stets neue,
Immer rotere Rosen herein!

Du und kein andres darf sie mir bringen,
Denn nur in deiner alleinigen Hand
Wird mir die heimliche Glut der Rosen
Zum allmächtigen Liebesbrand,

Der in der Nacht mit lodernden Flammen
Leib und Seele dir überschlägt
Und uns über die Gärten der Erde
Ins Land der leuchtenden Rosen trägt.

aus: Ein Ton vom Tode und
Ein Lied vom Leben
Neue Verse von Karl Ernst Knodt
Verlag von Emil Roth in Gießen 1905 (S. 205)
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Ihr Bild

Der Mond ist auf. Es glänzt sein Schein.
Mein Boot treibt auf der See.
Ich zieh' das rasche Ruder ein
Und luge in die Höh'.

Wenn so die weiche Welle wiegt,
Und an dem Mond vorbei
Im Wind die Wanderwolke fliegt:
Wie atm' ich ruhig-frei

In all der Unrast ... Es umschweigt
Ein Traum das Herz so reich,
Und an der Hoffnung Himmel zeigt
Dein Bild sich - mondglanzgleich.

aus: Ein Ton vom Tode und
Ein Lied vom Leben
Neue Verse von Karl Ernst Knodt
Verlag von Emil Roth in Gießen 1905 (S. 206)
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Die Frau

Die ewige Frau ist die - die liebt,
Und weiß es nicht, wieviel sie gibt.

Ein Unbewußtes wirkt in ihr:
Das wird die Zaubermacht an dir.

Das wird die unerklärte Macht,
Die eine neue Welt entfacht.

Freundschaft und Liebe sind ihr Eins:
Nur Liebe ist ihr - Sinn des Seins.

Und weil sie ohne Fragen lebt,
Ist all ihr Leben so verwebt

Der Liebe, daß sie's nicht begreift,
Wie sie dem Tod entgegenreift.

Ja noch durchs Sterben klingt ihr Wort
- Wie gern sie's trüge fort und fort

Dies lieb- und todgeweihte Sein ...
Und läßt sie dich dann ganz allein,

So bleibt von ihrer Liebe nur
Verlorner Stapfen leuchtende Spur.

aus: Ein Ton vom Tode und
Ein Lied vom Leben
Neue Verse von Karl Ernst Knodt
Verlag von Emil Roth in Gießen 1905 (S. 215-216)
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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Ernst_Knodt



 


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