Wera Konstantinowna (1854-1912) - Liebesgedichte

 

 

Wera Konstantinowna
(1854-1912)


Ach, wozu?

Ach, wozu, ach, wozu
Hat das Menschenherz
Niemals Ruh - niemals Ruh -
Und nur immer Schmerz?

Wozu lieb'? - wozu lieb'
Ich so inniglich?
Wozu trieb? - wozu trieb
Ach, die Liebe mich?

Ganz allein, ganz allein
Steh' auf Erden ich!
Und ich wein', und ich wein' ...
Gar so bitterlich ...

Ach, verblüht! - ach, verblüht
Ist mein' Lieb' gar schnell,
Und verglüht! - und verglüht
Dieser Stern so hell!

Ach, wie schwer! - ach, wie schwer
Ist mein Erdenlos!
Nimm mich, Herr - nimm mich, Herr,
Auf in deinen Schoß!
(S. 463)
_____



Hier und Jenseits

Es spiegeln sich lieblich im tiefblauen See
Die goldenen, funkelnden Sterne,
Und blicken herab auf die Erde voll Weh
Aus ihrer erhabenen Ferne.
Es rudert so stille der Schwan hin und her
Und spielt mit den kosenden Wellen,
Es rauschen gar leise die Bäume umher,
Geheimnisvoll murmeln die Quellen.

Es lebt sich auf Erden so herrlich und schön,
Man möchte schier nimmermehr sterben ...
Doch blickt man empor zu den himmlischen Höh'n,
Wo Seligkeit einst wir erwerben,
Zieht glühende Sehnsucht die Seele empor,
Hinweg von dem irdischen Streben.
Und kam noch so herrlich das Leben uns vor -
Die Seligkeit kann es nicht geben.
(S. 463-464)
_____



Vor seinem Grabe

Vor deinem stillen Grabe
Steh' ich gedankenschwer
Und dich - den treu ich liebte -
Seh ich jetzt nimmermehr.

Hier unter dieser Schichte
Von Erde liegst du nun
Und sollst im engen Sarge
Bis zum Erwachen ruh'n!

Die vielgeliebten Züge
Des Teuren seh ich nicht,
Doch strahlt die heiße Liebe
In ewig reinem Licht, -

Das mir entgegenleuchtet
Aus blauem Himmelszelt
Und zeigt den Weg nach oben,
Den Liebe mir erhellt!
(S. 464)
_____
 

Gedichte aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888


Biographie:

Wera, Herzogin Constantinowna, Grossfürstin von Russland, Stuttgart, geboren am 16. Februar 1854, ist die Witwe des Herzogs Eugen August Georg von Württemberg (gest. 1877)

- Liederblätter. Gedichte

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898


siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Wera_Konstantinowna_Romanowa


 

 


zurück zum Dichterinnen-Verzeichnis

zurück zur Startseite