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Charlotte Luise Krause
(1785-?)
Phöbus und Luna
Als zu der ersten Griechen gold'ner Zeit
In jeder Welle die Najade lauschte,
Als durch des Waldes dunkle Herrlichkeit
Bald Zephir lispelte, bald Eurus rauschte;
Als Heldensinn und hoher Tugend Ruf,
Verbunden mit des Geistes selt'nen Gaben,
Dem Volk' aus ihrer Mitte Götter schuf,
Nachahmungswürdig, herrlich und erhaben: –
Da lebte auch ein würdig selt'nes Paar,
Das, reich an Tugend und an höherm Wissen,
Von allem Irdischen sich losgerissen,
Das Muster eines frommen Wandels war.
Noch in der schönsten Blüthe seiner Jahre
War Phöbus, doch an Wissen schon ein Greis;
Der Lorbeer schmückte seine blonden Haare
Und Dichter sangen seines Namens Preis;
Sich selbst vergessend, war sein ganzes Leben
Der Mitwelt nur, den Brüdern nur geweiht,
Und unablässig in dem schönen Streben
Nach höh'rer, göttlicher Vollkommenheit,
Umschloß er mit dem Feuer edler Seelen
Die ganze Welt, – zum Tempel ward sein Haus.
So konnt' er seine Zwecke nicht verfehlen,
Von ihm ging Licht, von ihm ging Leben aus.
Ihm stand ein himmlisch-schönes Weib zur Seite,
Der er sein Herz, die Flammen seiner Brust,
In überirdisch heißer Liebe weihte,
Sie war sein Alles, sie war seine Lust.
In ihrem Arm, an ihrem Götterbusen
Dünkt er ein Gott sich, ewig reich und jung,
In ihrem Lächeln grüßten ihn die Musen,
Aus ihrem Kuß sog er Begeisterung.
O könnt' ich doch ihr reizend Bild euch malen,
Den milden Zauber dieser Huldgestalt,
Des sanften Auges himmelreine Strahlen,
Des zauberischen Lächelns Allgewalt.
Sie hielt ihn hoch, den Mann, den Jeder ehrte,
Zog sich, mit Wonne im verklärten Blick,
Wenn der Gemahl von hohen Dingen lehrte,
In frommer Demuth huldigend zurück; –
Und wenn ermattend er dahingesunken,
Im sanften Schlummer sich Erholung gönnt,
Wacht Luna für den Mann, der wonnetrunken
Ihr Herz mit tausend süßen Namen nennt. – –
Die Parzen, neidend Phöbus stilles Glück,
Beschließen, von der Gattin ihn zu trennen.
Mit sanfter Duldung im gebroch'nen Blick
Will Luna noch den theuern Namen nennen;
Da sieht sie staunend, bebend – und entzückt
Auf einmal sich der Sterblichkeit entrückt.
Den heißgeliebten Gatten ihr zur Seite,
Begrüßt ihr Auge die azurne Weite
Des Sternenhimmels, – sieht ihn aufgethan,
Sieht des Olympos Götterschaaren nah'n, –
Die sie als ihre Schwester mild begrüßen,
Sie liebevoll in ihre Arme schließen.
Es hatte Zeus das heiße Fleh'n des Gatten,
Sein Wehgeschrei, vom Schmerz erpreßt, gehört. –
Merkur, hinabgesandt in's Reich der Schatten,
Hat schnell der Parzen dunkles Werk gestört.
Das holde Paar, vom Strahlenglanz umgeben,
Schwebt Hand in Hand hinauf zu schönerm Leben.
Dort angelangt vor Jovis hohem Thron,
Umstrahlt vom Glanzgewimmel gold'ner Sterne,
Empfängt nun Phöbus seiner Tugend Lohn;
Sein Blick durchstrahlt die ungemess'ne Ferne.
Von ihm geht, wie im irdisch kleinen Haus,
Nun höher, schöner – Licht und Leben aus.
Phöbus Apoll lenkt kühn den Sonnenwagen.
Läßt seiner Strahlen göttlich-reines Licht
Der Liebe Gruß hinab zur Erde tragen,
Denn Dankbarkeit scheint ihm die schönste Pflicht.
Es war ihm ja bei seinem Erdenwallen
Der Liebe und der Ehre Loos gefallen.
Ihm ist die holde Gattin nah geblieben,
Sie sonnt sich gern in seines Glanzes Strahl,
Sie darf, wie vormals, ihn bewundernd lieben.
Unsterblich, wie der göttliche Gemahl,
Umstrahlt auch sie ein überirdisch Licht,
Das mild und tröstend uns zum Herzen spricht,
Das still uns lockt, wie sie, zum schönern Leben,
Zu höherm Wirken kühn uns zu erheben.
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Gedicht
aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o. J. [1895] (S. 142)
Biographie:
Krause Charlotte Luise geb. v. Fink, geboren 1785 in Klein-Neundorf bei
Löwenberg in Schlesien.
aus: Lexikon
deutscher Frauen der Feder von Sophie Pataky, Bd. 1 Berlin 1898
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