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Frida von Kronoff
(1853-1929)
Glosse
Wenn mir sonst
nichts übrig bliebe,
Alles mir die Welt geraubt,
Und es bliebe mir die Liebe:
Selig, wer an Liebe glaubt.
J. Sturm
Selig blick' ich zu der Sterne
Wunderbarem Glanz empor,
Heimatlaut aus weiter Ferne
Schmeichelt um mein lauschend Ohr -
Trifft im fremden Land mich noch
Heimatlaut? - ich lächle trübe,
Süß Erinnern bleibt mir doch,
Wenn mir sonst nichts übrig bliebe.
Märchenhafte Träume schweben
Durch des Kindes ahnend Herz,
Reich und froh wähnt es das Leben,
Wie ein Fest voll Lust und Scherz.
So hofft' ich dem Lenz entgegen,
Rosenschimmernd, reichbelaubt,
Bis mit schweren Schicksalsschlägen
Alles mir die Welt geraubt.
Schwere Tage, trüber Stunden,
Heiße Kämpfe ohne Zahl,
Nur des müden Herzens Wunden
Zeugten von verborg'ner Qual.
Da erkannt ich: wär' mein Herz
Nicht entweiht durch ird'sche Triebe,
Ich erläge nicht dem Schmerz -
Und es bliebe mir die Liebe!
Endlich hab' ich neues Sorgen
Mir zum Lebensziel gesteckt,
Und jetzt dank' ich jedem Morgen,
Der zu neuem Thun mich weckt.
Laß den Glauben nimmer schwinden,
Ob auch Glück und Lust geraubt,
Neues Leben wirst du finden:
Selig, wer an Liebe glaubt!
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Gedichte aus: Unsere Frauen in
einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 257-258)
Biographie:
Hummel, Frl. Frida, Ps. Frida v. Kronoff, Stuttgart-Cannstatt,
Badstrasse 40, geboren zu Cannstatt a. N. den 19. Februar 1853, als das
jüngste Kind feingebildeter, tiefreligiöser Eltern. Vom Vater, einem
Kunstmaler, hat sie die Liebe zur Kunst, den Drang zu bildnerischer
Darstellung geerbt, von der Mutter, einer sinnigernsten und doch
jugendlich heiteren französischen Schweizerin, die poetische Ader. Schon
in früher Kindheit versuchte sich das lebhafte, phantasievolle Mädchen
in kleinen Gedichten, Märchen und gereimten Theaterstückchen; später
jedoch, als ihre Sehnsucht künstlerischer Ausbildung keine
Verwirklichung fand und des Lebens Ernst mehr und mehr mit harter
Schulung an sie herantrat, griff sie, dem inneren Gestaltungsdrange zu
genügen, immer öfter zur Feder und durfte bald als Lohn redlichernsten
Strebens in dieser Beschäftigung ihren wahren Beruf und inneres Genügen
finden. Vielbeschäftigt lebt Frida von Kronoff gegenwärtig wie seit
Jahren ihrem schönen ernsten Berufe, sowie der Pflege einer leidenden
Schwester in ihrer Vaterstadt, mit ihrer nie rastenden Feder besonders
für die Jugend und das Volk, für Haus und Familie wirkend, nicht zu
vergessen der bedrückten und gemarterten Tierwelt, deren warme und
eifrige Vertreterin sie ist. Unter dem Pseudonym Frida von Kronoff ist
sie Mitarbeiterin zahlreicher Haus-, Familien-, Jugend- und
Kinderzeitschriften, Jahrbücher, Anthologieen etc.
aus: Lexikon
deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke
weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem
Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898
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