Alfred Lichtenstein (1889-1914) - Liebesgedichte

Alfred Lichtenstein



Alfred Lichtenstein
(1889-1914)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 



Liebeslied

Helle Länder sind deine Augen.
Vögelchen sind deine Blicke,
Zierliche Winke aus Tüchern beim Abschied.

In deinem Lächeln ruh ich wie in spielenden Booten.
Deine kleinen Geschichten sind aus Seide.

Ich muß dich immer ansehen.
(S. 18)
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Der Entleibte

Weiß lieg ich
Auf einem Rest von einem Rummelplatz
Zwischen zackigen Bauten -
Brennende Blume ... leuchtender See ...

Zehen und Hände
Streben ins Leere.
Sehnsucht zerreißt den weinenden Körper.
Über mich gleitet der kleine Mond.

Augen greifen
Weich in tiefe Welt,
Hüten versunken
Wandernde Sterne.
(S. 21)
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Die fünf Marienlieder des Kuno Kohn

Erstes Lied:

So viele Jahre sucht ich dich, Maria -
In Gärten, Stuben, Städten und Gebirgen,
In Buden, Dirnen, in Theaterschulen,
In Krankenbetten und in Irrenzimmern,
In Küchenmädchen, Schreien, Frühlingsfeiern,
In allen Wettern und in allen Tagen,
In Kaffeehäusern, Müttern, Tänzerinnen -
Ich fand dich nicht in Kneipen, Kinobildern,
Musiklokalen, Sommerdampferfahrten ...
Wer sagt die Qual, wenn ich in Nacht auf Straßen
Nach dir zum toten Himmel schrie -


Nächstes Lied:

Der dich so sucht, Maria, wird ganz grau.
Der dich so sucht, verliert Gesicht und Bein.
Zerfällt im Herzen. Blut und Traum entweicht.
Käm ich zur Ruh ... Wär ich in deiner Hand ...
O, nähmst du mich in deine Augen auf ...


Hohes Lied:

Maria du - daran zu denken, wie
Ich dich empfand ... Der schwere Kopf versinkt -
Meer nur und Mond - Meermond und Wind und Welt -

Um deine weiße Haut der weiße Sand, Maria -
Dein Haar ... Dein Lächeln ... Rings ist Meer und Not
Und Ruf und Sehnsucht und ein sanftes Glück -

All dieses Singen, das so müde macht ...
Kommt nicht der Himmel wie ein Mutterlied
Zur Stirn des Kindes hin und hin zu uns -


Trauriges Lied:

Jetzt geh ich wieder zwischen Tagen, Tieren,
Gestein und tausend Augen und Getön -
Der Fremdeste. Ich mußte dich verlieren ...
Dein Sündenleib, Maria, war so schön -

Jetzt such ich wieder zwischen Tagen, Tieren,
Gestein und Lärm vergeblich deine Spur.
Jetzt weiß ich auch: ich mußte dich verlieren ...
Ich fand nicht dich - dein Name war es nur -


Letztes Lied:

Komm nur, mein Regen ... fall mir ins Gesicht -
Gelbe Laternen ... werft die Häuser um -
Heile und glatte Wege will ich nicht.

So ist es schön ... nur im Laternenschein ...
Maria ... dunkler Regen ringsherum -
So geht sichs gut. Ich möchte bei dir sein.

Was sind mir Berge und das flache Land -
Was Städte mir und bunter Nacht Hypnose -
Zurück zum Meer ... Zurück zum Sternenstrand.

Du bist nicht ganz Maria, die ich suchte.
Doch bist auch du Maria - Grenzenlose ...
Geliebte ... Törin ... sehnsüchtig Verfluchte ...
(S. 9-12)
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Kunos Nachtlied

Täglich, wenn es so sehr dunkelt,
Daß ich nicht mehr lesen kann,
Lauf ich singend auf die Straße,
Sehe jedes Mädchen an ...

Ob vielleicht - wer will das wissen -
Gerade heut ein Wunder sei:
Daß ich als Erlöster heimkehr,
Friedlich und für ewig frei ...

Komme ich vom vielen Suchen
Müde und verwirrt nach Haus,
Weiß ich ein geheimes Mittel,
Das löscht alle Leiden aus -
(S. 25)
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An Frida

(L. L. gewidmet)

Zwischen uns sind Wände Trennung.
Spinnetze Sonderbares.
Doch oft fliege ich schmal in meiner sinkenden
Händeringenden Stube, ein blutender Piepmatz.
Wärst du da.
Ich bin so ermordet.
Frida.
(S.20)
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Aus: Alfred Lichtenstein Gedichte und Geschichten
Erster Band (Gedichte)
Herausgegeben von Kurt Lubasch
Georg Müller Verlag München 1919

 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Lichtenstein

 

 


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