Hermann von Loeper (1820-1884) - Liebesgedichte

 




Hermann von Loeper
(1820-1884)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 





Traumbild

Wo ist die Welt, die Zauberwelt,
In der wir Kinder lebten?
Das hohe Schloß, der kühne Held,
Vor dem die Feinde bebten?

Die schöne Fee im Lilienkleid,
Die zu ihm schwebte nieder,
Der er so ritterlich geweiht
Sein Schwert und seine Lieder?

Denk' ich daran, wird mir so weh -
Weißt du, warum ich weine?
Der Held war ich, und meine Fee
Warst du, du liebe Kleine.

Das hohe Schloß, aus Luft gebaut,
Ist lange eingefallen;
Doch hab' ich's heut im Traum geschaut
Und dich in seinen Hallen.
(S. 83-84)
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An den Abendstern

Süße Venus, Stern am Abend,
Schaust so mild auf mich herab;
Deine Strahlen wirfst du labend
In mein krankes Herz hinab.

Wenn ich irrte durch die Heide,
Blick' ich auf zu dir so gern.
Ach! du weißt ja, was ich leide,
Denn du bist der Liebe Stern.
(S. 85)
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Frage nicht!

Frage nicht, ob ich dich liebe!
Laß verschlossen meine Lippe!
Daß nicht der Empfindung Woge
Strande an des Wortes Klippe.

Frage nicht, ob ich dich liebe!
Lies in meines Auges Spiegel,
Lies der Aufschrift treue Zeichen,
Doch nicht brich des Briefes Siegel!

Frage nicht! Denn unsre Liebe
Soll so heimlich wie die Kohle
Glimmen, nur in Dämmerungen
Duften gleich der Nachtviole.

Unsre Liebe sei wie Wolken,
Welche still vorübertreiben,
Unsre Liebe soll ein ewig
Ungelöstes Räthsel bleiben!
(S. 86-87)
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Frühlingsmacht

"Wie kann so schnell sich die Gesinnung ändern?
Fragt ihr verwundert - gestern leugnetest
Du noch die Zaubermacht der Sympathie,
Verdammtest noch des Herzens zarte Triebe
Und schaltest auf die Liebe, die den Geist
Des ernsten Mannes nur in Fesseln schlage;
Und heut liegst du zu eines Mädchens Füßen
Und betest ihre schönen Augen an
Und hältst pathetische und lange Reden;
Der Text der Predigt aber ist - wenn anders
Wir recht gehört - daß göttlich sei die Liebe."
Doch also geb' ich Antwort eurer Frage:
"Geht auf das Feld hinaus und seht die Wunder,
Die dort ein einz'ger Frühlingstag vollbracht!
Denn gestern war noch Alles kahl und öde;
Heut aber keimt die Saat, den schwarzen Grund
Umzieht das grüne, leuchtende Gewand,
Im vollen Laube steht der Buchenhain,
Der Kirschbaum prangt im Schmuck der weißen Blüthen,
Und drüber singt die Lerche Jubellieder,
Und drunter spenden süßen Duft die Veilchen -
Das ist des Frühlings wundersel'ge Macht,
Und dies der Schlüssel jenes tiefen Räthsels:
In meiner Seele ist es Frühling worden."
(S. 88-89)
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Bekehrung

"Gieb mir Leben! Gieb mir Liebe!"
Fleh' ich früh schon, wenn das Licht
Mit den ersten goldnen Strahlen
Durch die Wolkenschleier bricht.

"Gieb mir Leben! Gieb mir Liebe,
Ew'ger Geist, bis in den Tod!
Denn du bist ja selbst das Leben,
Und die Lieb' ist dein Gebot."

So zu beten hat kein Derwisch
Und kein Priester mich gelehrt;
Deine wundersüßen blauen
Augen haben mich bekehrt.
(S. 90)
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Leidenschaft

So öde war's, die Kohle war verglommen,
Und rings herum lag kalte graue Asche,
Nur bange Seufzer athmeten beklommen.

Da ließ ich ab von jenen dunkeln Pfaden,
Da stürzt' ich fort, die kranke Seele wieder
Im Flammenmeere des Gefühls zu baden.

Es ist nicht gut, sich einsam abzuhärmen;
Die Blumen neigen sich zum Sonnenlichte,
Und Feuer braucht der Geist, sich zu erwärmen.

Doch fand ich nicht den stillen Schein der Kerzen,
Der friedebringend treuer Liebe leuchtet,
Ich fand die Leidenschaft mit Lust und Schmerzen.

Es zuckt im Herzen, es durchzuckt die Glieder,
Der Busen hebt sich, und die Adern schwellen,
Und heiße Funken sprühen hin und wieder.

Die Flamme schwingt sich auf mit rothen Flügeln,
Die Seele wird erfaßt von wildem Brande,
Die Macht des Feuers ist nicht mehr zu zügeln.
(S. 91)
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Nichts will ich missen

Nichts will ich missen. Nein, ich gebe hin
Auch nicht die schmerzlichste Erinnerung;
Um zu verbergen, ist zu stolz mein Sinn,
Um zu vergessen, bin ich noch zu jung.

Nichts will ich missen - denn es ward ein Theil
Von meinem Sein der tiefempfundne Schmerz,
Auch nicht den giftgetränkten Todespfeil,
Den mir Untreue senkte in das Herz.
(S. 93)
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Klage

Wo bist du, süßer Traum?
Wo bist du, goldner Stern?
Bist du's, am dunkeln Wolkensaum
Du Licht, so bleich und fern?
Ich stehe starr und stumm,
Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?

Du warst so sanft und hold,
Du warst so mild und gut,
Hast meiner Liebe nicht gegrollt,
Das gab mir frohen Muth.
Jetzt klag' und wein' ich drum,
Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?

Es blieb ein matter Schein
Noch aus vergangner Zeit -
O könnt' ich ganz vergessen dein,
Du liebe süße Maid!
Mir geht's im Haupt herum
So wild, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen!

Verronnen ist der Traum,
Erblichen ist der Stern,
Und doch am dunkeln Wolkensaum
Seh' ich ihn noch so gern.
Ich kehre seufzend um
Zu dir, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?
(S. 94-95)
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Erinnerung

Wenn ich an die Zeit gedenke,
Wo ich dich geliebet hab',
Ist's, als ob verborgne Gründe
Oeffnete ein Zauberstab.

Mag sich meine Brust umpanzern,
Ach! mich schützt kein Schirm, kein Schild,
Wie durch leichtgewebte Schleier
Dringt hindurch dein süßes Bild.

All' die alten Wunden brechen
In dem Herzen wieder auf,
Und die alten Schatten steigen
Wieder an das Licht herauf.

Mag mein Gram verflüchtigt schweben
In des Liedes leichten Schall,
Fort und fort in Herzens Gründen
Tönt ein banger Wiederhall.
(S. 96-97)
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Erhebung

Soll mich verzehren diese wilde Gluth?
Ich fühle, daß ich tief im Innern kranke.
Sind wir denn nichts, als Nerv und Blut?
Herrscht drüber nicht der kräftige Gedanke?

Er herrscht! - Wohl war mein Haupt umhüllt von Rauch,
Wohl war der Geist dem Herzen unterlegen;
Doch nicht für immer. Frischer Hauch
Weht von des Aethers Höhen mir entgegen.

Schon röthet sich der Wolke dunkler Saum -
O, ich empfind' es tief: Das Menschenleben
Ist etwas mehr noch, als ein Jugendtraum,
Es darf zum Licht des Tages sich erheben.
(S. 98)
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Im grünen Wald

Mir war so trübe und so schwer,
Ich wußte keine Hülfe mehr,
Da ging ich in den grünen Wald,
Legt' mich in's tiefe Gras hinein,
Hört' zu den lieben Vögelein;
Da fühlt' ich bald, da fühlt' ich bald:
Ich werde wieder glücklich sein.

Der Frühling zieht mir in das Herz,
Ich hab' vergessen meinen Schmerz.
O rausche fort, du grüner Wald!
Singt fort, ihr lieben Vögelein!
Mit einem Liede fall' ich ein,
Das fröhlich schallt, das fröhlich schallt:
Ich werde wieder glücklich sein.
(S. 99)
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Liebesgewißheit

So leise tönt zuerst der Liebe Wort,
So heimlich still, wie Träume nächtlich flüstern;
Dann braust es bald, wie Sturmes Wehen, fort.

Die Flamme bricht der Asche graues Thor
Und breitet aus die goldgesäumten Schwingen:
So ringt aus Zweifeln Liebe sich empor.

Ich zagte lange, eh' ich sprach zu dir
Von meiner Liebe, bat um deine Liebe,
Und scheu versagte fast die Stimme mir.

Du schwiegst, und zitternd hob der Busen sich,
Und dunkle Röthe übergoß die Wangen,
Nur deine schönen Augen grüßten mich.

Erst, als ich mit dem Arme dich umschloß,
Entquoll den Herzen selige Gewißheit,
Die strömend sich von Brust zu Brust ergoß.

Wie meine Hände ruhn in deiner Hand,
So ruhet meine Seele in der deinen,
Der Ungewißheit dunkler Schatten schwand.

Nun wiederhallt der Liebe einsam Wort
So laut und spiegelt sich in Herzens Gründen,
Nun braust es, wie auf Sturmes Flügeln, fort.

Wohl tausend male hab' ich dich gefragt,
Ob du mich liebst? Doch nicht aus bangem Zweifel,
Denn tausend mal hast du mir's zugesagt.
(S. 103-104)
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Der nächtliche Ritt

Des Abends Flügel breiten
Sich aus in stummer Pracht,
Viel Meilen muß ich reiten;
Drum, Liebchen, gute Nacht!

Und hurtig durch die Fluren
Trägt mich dahin mein Roß,
Wohl kennt des Pfades Spuren
Der treue Weggenoß.

Er schaut hinein in's Dunkel,
Vorwärts gewandt den Blick,
Ich schau' in's Sterngefunkel
Und denk' an dich zurück.

Nun sollst du von uns träumen:
Wir sausen durch Feld und Hain,
Des Rosses Zügel schäumen,
Und Funken sprüht der Stein.

Den Braunen laß ich walten,
Versunken in mein Glück;
Da sieht er Nachtgestalten
Und schaudert wild zurück.

Er wird zu seinen Seiten
Der Elfen Chor gewahr,
Er sieht vorüberschreiten
Der Geister bleiche Schaar.

Doch habe du nicht bange
Um deinen Reitersmann!
Kein Geist auf meinem Gange
Hält mir mein Rößlein an.

Ein Stern von klarem Golde
Stand über deinem Haus,
Als ich von dir, du Holde,
Mit Thränen ging hinaus.

Er schien auf deine Schwelle
Wohl bis zum letzten Gruß,
Nun hüpfend, wie die Welle,
Folgt er des Rosses Fuß.

Vor seinen Strahlen fliehen
Die Geister scheu zurück,
Unausgefochten ziehen
Der Reiter und sein Glück.

Der Stern mit hellem Glänzen
Geleitet mich durch's Land,
Bis rothe Rosen kränzen
Das schwarze Nachtgewand.
(S. 110-112)
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Liebe giebt gern

O stelle nicht die Blüthen
In's Glas, die ich gebracht!
Es knospen, wo sie glühten,
Wohl andre über Nacht.

Um deine Brust zu schmücken,
Erdulden sie gern den Tod,
Und frische will ich pflücken
Dir früh im Morgenroth.
(S. 113)
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Gesegnet seist du alle Zeit!

Gesegnet seist du alle Zeit!
Weil deine reine Seele sich
Mir zugewandt, weil du im Leid
Mit sanftem Wort getröstet mich;
Weil wiederhallend meinem Wort
Voll Klanges deine Seele ist,
Und weil du selber ein Accord
Von lieblich zarten Tönen bist;

Weil du an jene schöne Welt
Geglaubt, die meine Harfe preist,
Weil sich mit mir zum Sternenzelt
Emporgeschwungen hat dein Geist;
Weil mir dein süßer Mund erlaubt,
Zu küssen ihn nach Herzenslust,
Und weil ich neigen darf das Haupt,
Das träumende, an deine Brust.
(S. 118)
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Sind die Rosen nun verdorrt?

Als wir in den ersten Jahren
Fröhlich schwärmten, ach! da waren
Rothe Rosen unsre Lust,
Schmückten deine, meine Brust.

Haben dann im Ehestübchen
Lang' gesessen - sprich, du Liebchen,
Sind die Rosen nun verdorrt?
Oder blühen sie noch fort?
(S. 119)
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Trost für's Liebchen

Wir wohnen selbander im kleinen Haus
Im traulich behaglichen Kreise;
Doch blickst du oft verlangend hinaus,
Geliebte, und klagst mir leise:

"Die Welt ist so weit, die Welt ist so schön,
Wir sind gebannt an die Schwelle;
O könnten wir wandeln auf Bergeshöhn
Und schiffen auf grüner Welle!

Die Welt ist so schön, die Welt ist so weit,
Und sollen wir nimmer schauen
Der fernen Länder Herrlichkeit,
Des Südens sonnige Auen?"

O warte nur, Lieb! Wohl kommt die Zeit,
Da die hemmenden Schranken fallen,
Dann wollen wir im Aetherkleid
Die weite Welt durchwallen.

Dann wollen wir als Boten des Herrn
Durch alle Sphären reisen,
Selbander schweben von Stern zu Stern
Und das Rund der Erde umkreisen.

Dann werden wir von lichten Au'n,
Gedenkend des Hienieden,
Voll Rührung auf das Häuschen schaun,
Wo wir gewohnt in Frieden.
(S. 120-121)
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Zuversicht

Ich glaube, daß die Liebe überdauert
Des Lebens flücht'ge, karggemessne Zeit,
Weil sie das Herz so ahnungsreich durchschauert,
Wie ein Prophetenruf der Ewigkeit,

Weil sie die Fackel ist auf dunkeln Bahnen,
Der Funken, der die Asche neu belebt,
Weil ihrer Stimme treues ernstes Mahnen
Das Herz erweckt und auf zum Himmel hebt.

Das Leben ist ein Baum mit grünen Zweigen,
Daran die Liebe gleich der Blüthe hängt,
Aus deren Schooß sich süße Früchte neigen,
Die neue Keime in die Erde senkt.

Die Lieb' ist Kern, und Schale ist das Leben;
Der Kern entkeimt, wenn morsch die Hülle fällt,
Und neue Jugend wird die Liebe geben,
Wenn schon in Trümmern liegt die alte Welt.
(S. 122-123)
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Wo? und wie?

Wo wir uns wiedersehn? Ich weiß es nicht;
Ich weiß es nicht, ob wir uns einst mit Flügeln
Aufschwingen werden von den grünen Hügeln
Der Erde zu der Sterne klarem Licht?

Ob einst uns dünken wird der Gang auf Erden
Gleich einem Traum, verscheucht vom Morgenrothe?
Ich weiß es nicht, auch nicht, ob die Gebote
Der Zeit, des Raumes einst noch gelten werden?

Auch weiß ich nicht, wie wir uns wiedersehen?
Ob wieder ich als Mann und du als Weib?
Ob Gottes Athem uns zu einem Leib,
Zu einer einz'gen Seele wird verwehen?

Vielleicht, Geliebte, daß einst unsre Herzen,
Der Lust entsagend, gleichen einem Paar
Dem Dienste Gottes fromm geweihter Kerzen,
Bei heil'ger Feier scheinend am Altar.

Vielleicht! Doch daß wir brechen einst die Siegel,
Die uns die Seele halten hier im Bann,
Und unaussprechlich glücklich werden dann,
Daß wir dann sehn in einen klaren Spiegel,

Von göttlich wunderbarem Licht umflossen,
Und in ihm schaun, was in den tiefsten Gründen
Des Herzens ruht hienieden noch verschlossen,
Das kann ich mit Gewißheit dir verkünden.
(S. 124-125)
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Am eignen Herd

Sind wir nur Fremdlinge auf Erden?
Ist unser Haus ein Wanderzelt?
Und sollten wir erst heimisch werden
Als Bürger einer andern Welt?
Hat dieses Glück am eignen Herd,
Der Friede und die süße Lust,
Zu ruhen an vertrauter Brust,
Im Himmelreiche keinen Werth?

Wir beteten, indem wir bauten:
"Du Friede Gottes, komm herab
Und wohne bei uns!" Wir vertrauten,
Daß nun der dürre Wanderstab
Festwurzeln dürfe und als Baum
Ergrünen im geweihten Land,
Und traun, was unser Herz empfand,
War mehr als eines Pilgers Traum.

So laß uns ferner baun und beten!
Wohl steht der Thron der Seligkeit,
Zu dessen Stufen wir einst treten,
Erhaben über Raum und Zeit;
Doch wo auch nur ein Wiederschein
Von seinem Glanz die Erde hellt,
Da dürfen wir in dieser Welt
Schon Hütten baun und glücklich sein.
(S. 126-127)
_____



Die todte Liebe

Wenn ich voll Gram um Mitternacht
Noch wach' in meinem Kämmerlein,
Dann öffnet sich die Thüre sacht,
Die todte Liebe tritt herein.

Sie schlägt zurück den weißen Flor,
Der ihr verhüllt das Angesicht,
Wie wenn aus dem Gewölk hervor
Sich schimmernd drängt des Mondes Licht.

Das Auge glänzt, die Wange blüht,
Zur Schulter wallt das Lockenhaar,
Der Busen wallt, die Lippe glüht,
Wie damals, als ich glücklich war.

Sie reicht mir ihre weiße Hand,
Sie lächelt hold, sie flüstert leis,
Und ach! wie einst, bin ich gebannt
In ihren süßen Zauberkreis.

Ich schließe sie in meinen Arm
Und küsse sie in trunkner Lust;
Ich hab' vergessen meinen Harm
Und schlummre ein an ihrer Brust.

Doch lange dauert nicht die Ruh;
Ich höre einen bangen Schrei,
Und seufzend flüstert sie mir zu:
Es ist vorbei! Es ist vorbei!

Des Blutes warmer Strom entquillt,
Und es erlischt der Wange Gluth;
Ein blasses kaltes Marmorbild
Verstummt an meinem Herzen ruht.
(S. 164-165)
_____



Seele und Liebe

Es meldet die Sage
Von glücklicher Zeit,
Als Seele dem Gotte
Der Liebe vermählt war.
Sie durfte ihn küssen,
Sie durfte ihn halten
Am wallenden Busen,
Sie durfte ihn drücken
An's knospende Herz.
Doch sollte die Seele
Den Himmel-entstiegnen
Gemahl nimmer schauen;
So war es der Wille
Der ewigen Mächte.

Gehüllt in das Dunkel
Der nächtlichen Schatten,
Dem Auge verborgen,
So schwebte er nieder,
So schlummert der Knabe
Zur Seite der Schönen.
Und als sie, verletzend
Der Ewigen Rathschluß,
Die Lampe entzündet
Und lüsternen Blickes
Die göttlichen Glieder
Des Knaben betrachtet,
Entflieht er verscheucht.
So blieben der Seele
Nur Kummer und Reue,
Nur Bangen und Sehnen
Verlorenen Glücks.
(S. 181-182)
_____


Aus: Gedichte von Hermann von Loeper
Leipzig F. A. Brockhaus 1865
 


Biographie:

(Johann Ulrich) Hermann von Loeper
Geboren 4.04.1820 Berlin, gestorben 5-08-1884 Gut Stölitz b. Greifenberg /Pommern. Studierte 1837-40 Jura und Kameralwissenschaften in Berlin, Heidelberg und München. Im preußischen Staatsdienst, nach 1854 auf seinem Gut Stölitz. Lyriker.
Schriften: Aus den ersten Tagen der Jugend (Ged. 1850); Gedichte 1865; Hymnen des Mittelalters (Frei aus dem Latein) Eine Weihnachtsgabe 1869.
Aus: Dt. Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch.
Begründet von Wilhelm Kosch. Band 9 Francke Verlag Berlin München 1984


 

 


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