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Daniel Casper von Lohenstein
(1635-1683)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
Die vortrefflichkeit der
küsse
1.
Nectar und zucker und safftiger zimmet /
Perlen-thau / honig und Jupiters safft /
Balsam / der über der kohlen-glut glimmet /
Aller gewächse versammlete krafft /
Schmecket / zu rechnen / mehr bitter / als süsse /
Gegen dem nectar der zuckernen küsse.
2.
Hyble wird gerne der blumichten brüste /
Rosen / narcissen und liljen verschmähn /
Wird er die freuden-geschwägerte lüste
Zweyer sich küssender seelen ansehn.
Da sich stets honig einsammlende bienen
Finden um ihre geküßte rubinen.
3.
Marmel und kisel und eiserne wercke /
Diamant und unzerbrüchlicher stein /
Stählerne / noch alabasterne stärcke /
Schliessen so feste / wie küsse / nichts ein.
Küsse verknüpffen mit nährenden flammen
Zwischen zwey lippen zwey herzen zusammen.
4.
Schätzt ihr nicht küssende küsse für winde /
Welche nicht über den lippen-pfad gehn?
Meynet ihr / münde beküssen nur münde?
Nimmermehr wirds euch die liebe gestehn.
Wisset / ihr eiß-kaltgesinnete / wisset /
Hier wird die küssende seele geküsset.
5.
Küsse bewurzeln sich schwerlich so feuchte;
Meynen die lippen / daß küssen nur rauch?
Lippen und mund zwar empfinden das feuchte /
Den mit der wärme verschwisterten hauch.
Aber die seele bekömmet das beste /
Von dem mit liebe beseeleten weste.
6.
Küsse sind schweigende reden der lippen /
Seuffzer der seelen und strahlen der gunst;
Welche von ihren corallenen klippen
Sämen ins herze die quelle der brunst;
Derer gebraucht sich der wütende schütze /
Daß er mit ihnen gemüther zerritze.
7.
O der unendlich-erquickenden schmerzen /
Wenn man die küsse mit seuffzern vermengt!
Bald die lieb-äugelnden sternen und kerzen
Auff die geküssten rosen versenckt /
Wenn sich gemüthe / gedancken und leben
Haben auff äuserste lippen begeben.
8.
Lachet ihr lippen / ihr pförtner des lachens /
Schöpffer der worte / du perlerner mund /
Schieß-platz der liebe / des feurigen drachens /
Köcher der pfeile / durch die man wird wund.
Höle / wo Cypripor wangen erröthet /
Herzen uns stiehlet / und seelen uns tödtet.
9.
Lippen / die scharlach und rosen bedecken /
Welche der marmel der wangen umflicht /
Rühret von purpurnem schaume der schnecken
Euere göttliche liebligkeit nicht?
Nein / nein / ihr habt euch in thränen und aschen /
Und in dem blute der buhler gewaschen.
10.
Erstlich zwar wolten die milchernen wangen
Geben an farbe dem munde nicht nach;
Aber seit purpur die milch hat umfangen /
Und das vor lauter- und schneerne dach
Ward von halbfarbichter röthe besämet /
Stehet die prahlende hoffart beschämet.
11.
Wo denn die blutige wärme der glieder
Selber der wagen der seelen soll seyn /
Auch sie sich nirgend nicht schöner läst nieder /
Als in der lippen beblümeten schein /
Kan man die seele gewisser nicht finden /
Als auff mit blute beseeleten münden.
12.
Prüfet man ferner der lippen ihr kosen /
Muß man gezwungen bekennen / man schau
Säugende bienen / und säugende rosen /
Winckende nelcken / und tränckenden thau;
Die wohl mit thaue die lippen beküssen /
Aber nach anderen dürsten auch müssen.
13.
Zwar in der augen gestirntem gerüste
Wird die uns martende liebe gezeugt.
In den bemilcheten liljen der brüste
Wird sie mit feuer und flammen gesäugt /
Biß sie mit reiffender saate wird gelbe /
Zwischen der schooß alabaster-gewölbe.
14.
Aber man kan sie mit keinerley kosen /
Als mit gepfropfeten früchten erziehn /
Auff den mit seelen geschwängerten rosen /
Wo das begeisterte küssen wird grün /
Soll mit der zeit mit feuer und blitzen /
Können metallene herzen zuritzen.
15.
Denn wie wird können die seele der seelen /
Die uns entseelende liebe bestehn?
Wird auff der lippen rubinen hölen
Ihr nicht die säugende nahrung auffgehn?
Denn auff den lippen entstehen und stertzen /
Leben und sterben / die seelen und herzen.
16.
Hier find die seele den tod und das leben /
Auffgang und untergang / wiegen und grab.
Hier wird die glut ihr zur speise gegeben /
Und was sie nehret / das zehret sie ab.
Gleichwie der Phönix von neuem auch lebet /
Wenn er sich zwischen die flammen begräbet.
17.
Küsset demnach / ihr geküsseten / küsset /
Küsse mit küssen verwechseln steht fein.
Glaubet / ihr geber und nehmer / man büsset
Nicht an der küssenden waare hier ein.
Würde sich wer / als bevortheilt / beschweren /
Der wird dem nehmer sie doppelt gewähren.
18.
Seelen / die ihr von zwey augen entzündet /
Lustige marter und martende lust /
Ja ein unsterbliches sterben empfindet
In der entseelt und beseeleten brust /
Hier hilfft ein kuß / ein erqvick-safft den herben /
Sterben dem leben / und leben dem sterben.
19.
Hier sind die küsse das flammende kühlen /
Ja die verwundete salbe der pest /
Welche das herze beseelig't / das fühlen
Mit überzuckertem sausseln anbläst.
Küssen ist hier / das den todten das leben /
Daß er nur öffter ersterbe / kan geben.
20.
Ist / Roselinde / nun auch dein beginnen /
Meine vergnügung / dein kummer / mein schmerz?
Haben wir einerley willen und sinnen?
Haben wir zwischen zwey brüsten ein herz?
Fasset mein herze dein herze / du meines?
Ach! ach! wie seynd nicht die lippen auch eines?
21.
Ach meiner augen augapffel und sonne /
Ach meiner seelen beseelender geist!
Qvellbrunn der freuden / und wurzel der wonne /
Die mein verhängniß mich peinigen heist;
Laß dein rubin-glaß der lippen hersincken /
Daß ich daraus mir mein sterben kan trincken.
22.
Blicket / ihr sternen / in himmel der liebe /
Blicket ihr spiegel der augen mich an.
Lebende sonnen durchstrahlet das trübe /
Das euer abseyn erregen mir kan.
Will ich doch willig im blutenden herzen /
Euere blitzende pfeile verschmerzen.
23.
Reiche den perlenen purpur im munde /
Zwischen vergeisterten seuffzer mir dar.
Küssen verwundet und heilet die wunde /
Welche von küssen geritzet erst war.
Aber / wenn wird man die wunde gelosen?
Küssen sticht ärger / als dörner an rosen.
24.
Ja / wenn die lippen auff lippen sich legen /
Wenn kuß und kuß mit ergetzligkeit scherzt /
Fühlet die seele so feuriges regen /
Daß sie fast ausser sich selber wegsterzt.
Wenn sie der seuffzer geflügelter wagen
Hat auff die küssende lippen getragen.
25.
Fühlen die glieder denn solche geschäffte /
Welche die seelen den seelen entziehn /
Bald die ergänzen die mangelnden kräffte:
Fänget das marck an in adern zu glüh'n /
Und des geblütes erregete flammen
Lauffen biß zwischen die lippen zusammen.
26.
Die überrötheten wangen erwarmen /
Schwimmend in rosen und schwanger mit lust /
Und die verwechselten armen umarmen
Achsel / und neben dem halse die brust;
Eben wie dörner die winden / die reben
Ulmen / und eppich die eichen umgeben.
27.
Cypripor aber / mehr schmerzen zu schmieden /
Spielet indessen ins herze sich ein /
Zündet ein feuer an / thränen zu sieden /
Seuffzer zu kochen / das öle der pein /
Welches der seelen halbglimmende kerze
Nur noch erfrischt mit erquickendem schmerze.
28.
Unterdeß geht auff den küssenden münden
Eine gewünschte wechselung für.
Liljenlieb giebet sein herz Roselinden /
Und er empfänget die seele von ihr /
Endlich mißgönnens den lippen die augen /
Durstig das honig der lippen zu saugen.
29.
Zwischen dergleichen beliebenden nöthen
Macht sich die sterbende seele gesund /
Und die getödteten herzen ertödten /
Und das verwundete machet uns wund /
Und das verletzete leben verletzet /
Und das ergetzete sterben ergetzet.
30.
Nun o gib / daß die begeisterten lippen
Ich / Roselinde / von deinen nicht zieh.
Lasse der marmel-brust milcherne klippen
Locken vom munde kein küssen auff sie.
Tödte die mißgunst der blumichten wangen /
Welche so sehnlich nach küssen verlangen.
31.
Laßt es euch doch nicht gelüsten ihr hände;
Küssen geht eure gelencke nicht an.
Denn wie nicht werth ist der liebenden bände
Diß / was hinwieder uns lieben nicht kan:
Also soll / was uns nicht wieder kan küssen /
Auch nicht das seelige küssen geniessen.
32.
Ja das uhrälteste liebes-gesetze
Wiedmet den lippen das küssen / und will /
Daß sich die hand auff den brüsten ergetze /
Setzet die augen den wangen zum ziel.
Uber den lippen befiehlt es zu leben /
Aber die schooß ist zum sarge gegeben.
33.
Hütt euch indessen ihr münde für worten /
Fühlet der reden lieb-kosenden west.
Schleuß / Roselinde / die redenden pforten /
Daß ihr nicht etwa des küssens vergest.
Durch die mit worten verstörete herzen
Fühlen die seelen unleidliche schmerzen.
34.
Tödte der zungen gewächsiges schwätzen /
Welche die lippen im küssen verstöhrt.
Aber dafern sie soll kräfftig ergetzen /
Und nicht hinfüro zu wachsen auffhört;
Glaub' ich / daß mich eine natter will schrecken /
Welche die rosen der lippen verdecken.
35.
Hast du denn zunge so sehnlich verlangen
Einige worte der liebe zu fühl'n?
Schaue wie freundlich die züngelnde schlangen
Mit dem so schlüpffrichten zungen-gifft spiel'n.
Eben so kanst du mit züngelnden küssen /
Zwischen den lippen ihr honig geniessen.
36.
Honig geniessen / ja honig verleihen /
Wie des besilbernden perlen-thaus glaß
In den wohlriechenden nächten des mäyen
Kränzt und bezuckert das blumichte graß /
Also bezuckert das züngelnde kosen
Küssender lippen benelckete rosen.
37.
Weil nun dergleichen beliebtes besüssen /
Lippen und zungen so balsamet ein /
Pflegen die zähne mit linderen bissen
Zungen und lippen behäglich zu seyn;
Hoffende von dem liebreizenden spielen
Lieblichen seegen und regen zu fühlen.
38.
Will den die liebe mit süssem vergällen /
Zucker den zuckernen küssen verleihn /
Kan sich die schlaue so meisterlich stellen /
Küssen das müsse zu wider ihr seyn.
Ja Roselinden halb-sauere blicke
Stossen die küssende lippen zurücke.
39.
Aber allhier sind nur kinder erschrocken /
Denn ein erfahrener buhle weiß wohl:
Weigerung sey ein liebreizendes locken /
Daß er noch eifriger küssen sie soll;
Weil die mit liebe bezauberte frauen
Gerne zum küssen gezwungen sich schauen.
40.
Erstlich zwar / ehe das küssende kämpffen
Ein unerfahrener Corydon wagt /
Läst er ihm offt begierden fast dämpffen /
Weil ihm sein eigener kleinmuth absagt.
Dreymahl schlägt sie sein beginnen ihm nieder /
Endlich bereut er sein reuen erst wieder.
41.
Wagt er es auch gleich nach zweiffelnden zagen
Daß er ihr wieder ein küßgen zustellt.
Ach / ach / so ist zu dem furchtsamen wagen
Ein holgebrochenes seuffzen gestellt /
Gleichsam als nisteten zwischen den wangen
Küssender lippen verletzende schlangen.
42.
Schiene sie gleich auch gar zornig zu werden /
Buhler-zorn ist ein beliebender west /
Welcher das feuer der lauen geberden /
Welches schon halb war erloschen / auffbläst /
Und die gewäschigen liebes-gezäncke
Sind denen vereinigten herzen lust-räncke.
43.
Sencken sich gleich auch die lippen vonsammen /
Ach es rührt nicht aus ersättigung her;
Denn die mit schwefel gemehrete flammen
Fällt zu ersättigen schwerlich so schwer /
Als den nach küssend-recht lechzenden willen
Wollen mit übrigen küssen erfüllen.
44.
Nein / nein / mit diesem auffhören von küssen
Giebt man den lippen allein zu verstehn /
Was mit so weniger lieblichkeit müssen
Ihnen für kräfftige freuden entgehn /
Biß sie mit desto begierigerm herzen
Wieder durch küssende wechselung scherzen.
45.
Offtermahls sind auch die dürstigen münde
Von dem entgeisterten küssen so schwach /
Daß sie sich durch die erseuffzete winde /
Durch ein mir thränen befeuchtetes ach
Müssen nach langer bemühung erquicken /
Ferner zum küssen sich frischer zu schicken.
46.
Denn wie wenn einmahl der himmel die schnecken
Mit dem bebisamten silber-thau tränckt /
Sie ihn zum andernmahl dürstiger lecken /
Wenn er noch einmahl auff kräuter sich senckt:
Also vermehret von vielem geniessen
Sich die geschöpffte begierde zu küssen.
47.
Ja! wenn am besten die lippen bedächten /
Daß noch am meisten ein einiger kuß
Durch das mit nectar erfrischte befeuchten /
Sie von dem dürsten erledigen muß /
Ach / ach / so säh'n sie sich eher verbrennet /
Eh' sie den kuß für ein feuer erkennet.
48.
Fühlten es gleich auch die lodernden herzen /
Küssen sey eine verzehrende glut /
Eine vergifftung / ein oele den schmerzen /
Eine mit flammen ersäuffende flut /
Würden sie doch wohl im küssenden sterben
Wollen verglimmen / ersäuffen / verderben.
49.
Denn es gelüstet die rächelnden seelen /
Wenn sie die thränenden lippen anschaun /
Zwischen dergleichen zinobernen hölen
Ihnen ein lebend begräbniß zu baun /
Meynende / für dem nicht küssenden leben
Wäre der küssende tod zu erheben.
50.
Sehnlicher tod! Roselinde nun tödte!
Selige wunde! ach mache mich wund.
Lehre den / mit der verschwisterten röthe /
Und den mit pfeilen gewaffneten mund;
Denn er ist / warlich / ein köcher voll küsse /
Tödte / verwunde mich. Beydes ist süsse.
51.
Heilsamer köcher / gewünschete pfeile!
Flieget / hie habt ihr mein herze zum ziel /
Kräncket es doch / daß die kranckheit es heile /
Treffet / hier trifft / wer gleich treffen nicht will;
Denn der begierde bezauberte schmerzen
Ziehen die küssende pfeile zum herzen.
52.
Wie der magnet sich nach norden hinkehret /
Wie sich die flamme zum flammen-qvell glimmt:
Gleich wie der schwaade der erden zufähret /
Wie das geträncke der dürstige nimmt;
Also fühl ihr herz und lippen auch lechsen
Nach dem ambrosenen lippen-gewächsen.
53.
Weigerst du dich denn im glase des mundes
Mir zu gewähren das küssende gifft?
Heischet doch diß das gesetze des bundes /
Welchen mit uns hat die lippen gestifft;
Thu's / Roselinde / mein engel / ich sterbe.
Sterben ist lieblich / und leben ist herbe.
54.
Thu's / Roselinde / mein kind / aus erbarmen /
Mache mein schwindendes herze gesund /
Labe mich matten / beschencke mich armen /
Träncke den fast halb erdürsteten mund.
Küsse mich. Weist du? die küsse die haben
Kräffte zu heilen / zu träncken / zu laben.
55.
Küsse mich herze / herze mich / liebste / von herzen /
Treibe das friedsame kämpffen fein scharff /
Gönne / daß ich diß erquickende scherzen
Allemahl zehnmahl vergelten dir darff.
Billig verwechselt man süsse für süsse /
Zucker für zucker / und küsse für küße.
56.
Wirstu diß also beständig nur treiben /
Werden wir beyde beseeliget seyn /
Du / Roselinde / wirst meine verbleiben /
Wie ich ingleichen auch bleiben muß dein.
Denn die verknüpffenden küsse sind kerzen
Liebender seelen / und kochender herzen.
(Theil 1 S. 347-360)
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher
Literaturwerke)
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Auff einen schönen halß
Es war der Lysis von verwunderung entzücket /
Es war ihm seel und sinn nicht anders als bestricket:
Er wuste selbst nicht recht / wie und was ihm geschehn /
Indem er unverhofft was sonders hatt' ersehn.
Es dachte hin und her / und kont es nicht ergründen /
Er kunte nicht bey sich den rechten schlüssel finden;
Die weisse lilien verlohren ihren preiß
Bey diesem wunder-werck; der schnee schien nicht mehr weiß.
So kalt als dieser war / so grosse hitz' es machte /
Es red't und schwieg zugleich / es schien als wenn es lachte /
Jetzt bildet es ihm vor das runde himmels-zelt /
Bald bildet er ihm ein die kugel dieser welt.
Als nun in solchen stand war nahe zu ihm kommen
Der kleine liebes-gott / ehe ers in acht genommen /
Sprach er ihm also zu: nicht wunder Lysis dich
Ob diesem was du siehst; gar viel die haben sich
Verlohren an dem ort / den du anjetzt beschauet /
Wenn sie zu kühn gewest / und sich zu weit getrauet.
Diß ist der liebe thron / der schönheit auffenthalt /
Die wohnung aller lust / die süsseste gewalt /
Die sinn / gemüth und herz in ihre bande bringet /
Die alles menschliche besiegelt und bezwinget /
Der ort / wo nichts als nur vergnügung ist bewust /
Der lieblichkeiten sitz / der tempel aller lust.
Geh lieber Lysis / geh / jetzt magstu nur gedencken /
Wie du ein opffer kanst in diesen tempel schencken.
(Theil 2 S. 27)
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher
Literaturwerke)
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Auff schöne augen
Ihr sterne / deren glanz der monden nicht kan gleichen /
Ihr sonnen / deren schein die sonne selbst muß weichen /
Ihr / die ihr doppelt vor- der liebe spiegel -stellt /
Ihr / die ihr jederman / so euch nur siehet / fällt /
Ihr / die ihr gnade wißt und ungunst auszutheilen /
Ihr / die ihr beydes könt verletzen und auch heilen /
Ihr / die verzweifflung uns so wohl als hoffnung gebt /
Verursacht daß man stirbt / und machet daß man lebt.
Ihr schönsten augen seyds / die ich hier will beschreiben /
Nah darff ich nicht bey euch / weit kan ich auch nicht bleiben.
Der tag der ist mir nacht / wenn ich euch schaue nicht /
Seh ich euch / werd ich blind / weiß nicht wie mir geschicht.
Doch dult ich dieses gern / und will viel lieber leiden /
Als weit entfernet seyn / und eure schönheit meiden.
Ein einzig blick von euch vergnüget mich viel mehr /
Als strahlen die von sonn und sternen kommen her.
(Theil 2 S. 26-27)
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher
Literaturwerke)
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Dafne sucht die Sylvia zur liebe zu bewegen
Aus dem Amynta des Torquato Tasso
O wie kanstu dies nur glauben /
Thut sich der bock der Zieg' aus feindschafft zu?
Ist ein jung ochs' ein feind der jungen kuh?
Und hast der täuber tauben?
Meinstu daß diese lenzen-zeit /
Will zorn und feindschafft munter machen?
In der doch vieh und menschen lachen /
Ja sich die ganze welt erfreut:
Du must dich gegen alle schämen /
Weil du dein selbst nicht wahr kanst nehmen.
So viel in diesem umkreiß ist /
Ist alles voll / voll süsser liebesschmerzen;
Schau nur wie dort mit girrend-frohem herzen /
Der täuber seine taube küst:
Gib auff die nachtigal nur acht /
Wie sie von äst auff äste springet /
Und mit verbuhlter stimme singet:
Ich lieb' ich liebe tag und nacht.
Die natter läst ihr gifft selbst fahren /
Mit ihrem buhler sich zu paaren:
Die rauhen tieger sind verliebt:
Der Löwe laufft voll brunst in dem gefilde;
Nur deine brust ist also kalt und wilde /
Daß sie ihr keinen sitz nicht giebt.
Was aber sag' ich nur von tieger / löw' und schlangen?
Weil jedes dieser fühlen kan:
Schau die verliebten pflanzen an /
Wie dort der Ulmenbaum die reben-äst umfangen /
Die Weiden fühln die heisse liebes brunst:
Schau wie die Tanne Tannen liebet:
Die Fichte Fichten küsse giebet:
Die erl' umarmt die erle nicht umsonst /
Das süsse lieben kan erweichen
Die Rinde der verjahrten Eichen;
Du würdest / hätte dich ihr geist genommen ein /
Die seuffzer ihrer brunst vernehmen;
Allein du wilt dich nicht bequemen /
Und rauher noch als alle stauden seyn.
(Theil 4 S. 63-64)
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher
Literaturwerke)
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M.S. Degenfeldin gepflogene liebes-handlung,
In vier briefen beschrieben, in deren
1. Er ihr seine liebe eröffnet,
2. Sie ihn ihrer gegenliebe versichert,
3. Er es seiner gemahlin berichtet,
4. Seine gemahlin ihm antwortet
Der erste brief
Nicht scheue dich, mein kind! diß siegel aufzumachen,
Die du den schlüssel selbst zu meiner seelen hast.
Was hier geheimnis ist, sind dir bekannte sachen,
Mein antlitz hat dir längst verrathen meine last.
Die asch auf Aetnens klufft lehrt, daß da feuer stecket,
Und meine blässe zeigt, daß lieb im herzen glimmt.
Nicht frage, wer in mir so süsse glut erwecket,
Dein eignes auge fühlt, wo sie den ursprung nimmt,
Weil heisse sonnen ja nicht leer vom brand seyn müssen,
Aus kalten adern nicht ein warmer brunn entspringt;
Doch wilst du deinen sieg selbst von dem sclaven wissen,
So duld‘ es auch dein ohr, wenn itzt sein fessel klingt.
Ich liebe dich, mein kind! mit unzertheiltem herzen,
Nicht lasse dir das wort unglaublich kommen für.
Die flammen unsrer eh sind ausgeleschte kerzen,
Ja unser‘ erste flamm entsteht, mein licht! aus dir.
Ich hab‘ erst, seit ich dir geopffert meine seele,
Was lieb‘ und liebens-wehrt, mein kind! von dir gelernt.
Das ew’ge feuer brennt nicht in jedweder höle,
Du weist, daß offt der schnee wie eine Venus sternt.
Es soll’n ja wohl corall’n seyn der gemahlin lippen,
Kein liebreiz, kein magnet begeistert aber sie;
Läst sich nun stahl nicht ziehn von unbeseelten klippen,
Wer schilt, daß ich an ihr mich nicht zu kleben müh‘.
Die augen sind zwar schwarz, doch ausgeleschte kohlen,
Von denen schwefel sich selbst nicht entzünden kan.
Sie rühmt sich, ihr geruch beschäme die violen,
Was aber nützt zibeth, der uns nicht bisamt an?
Die wangen sind an ihr granaten ohne kerne,
Geblüme, das nicht reucht, ein feld von rosen leer.
Die brüste regt kein trieb entflammter liebes-sterne,
Sie sind von Zemblens eiß ein zugefroren meer.
Sie schleppt der heyrath band wie eine sclaven-kette;
Sie fleucht, als legten sich mit mir ihr schlangen bey.
Ja find‘ ich einst noch platz in der gemahlin bette,
So glaub‘, daß sie mehr kalt als salamander sey.
Kein feur, darinnen Zeus in fliessend gold zerronnen,
Kein lodernd seufftzen flößt ihr laulicht lieben ein,
Der nord-stern wärmt den Belt mehr, als mich ihre sonnen.
Sie müht sich steinerner als Niobe zu seyn.
Will ich zum opffer ihr gleich meine seel anzünden,
So dünckt sie sich doch mir vor ein altar zu gut:
Das fühlen, glaub ich, hat bey ihr selbst kein empfinden,
Und unser liebes-öl braucht sie vor kalte fluth.
Doch würde der geduld noch dieser unmuth weichen,
Wär‘ er mit eyfersucht und hochmuth nicht vergällt.
Sie ist dem rosen-strauch im winter zu vergleichen,
Der keine rosen trägt, und doch den dorn behält.
Urtheile nun, mein kind! ob wir verliebt seyn mögen?
Selbst Aetna leschet aus, wenn zunder ihm gebricht.
Der wahn ehrt götzen nur, die einem sind entgegen,
Die lieb erkennt den haß vor keinen abgott nicht;
Die Anmuth aber hat den sitz bey dir erwehlet,
Der unhold wüsteney ist weit von dir verbannt.
Mit deinen sitten hat der liebreiz sich vermählet,
Dein schön-seyn hat ein garn der freyheit ausgespannt,
In diesem siehst du mich hier deinen sclaven liegen,
Verstoß nun diesen nicht, den du selbst fesselt an.
Laß mich von deiner hand kein schärffer urtheil kriegen,
Als dein liebreizend aug‘ uns prophezeyen kan.
Die sonne, welche du zweyfach in augen trägest,
Pflanzt, wie du mir, den trieb den sonnenwenden ein;
Die hold, so du selbst feil auf deinem mund auslegst,
Kan meiner seele nicht verbothne waare seyn.
Das kauff-geld, das ich dir vor deine lieb‘ erlege,
Soll seyn mein bester schatz, mein herz‘, an diesem ist
Die treue schrot und korn, du selbst bist das gepräge,
Ich weiß, daß du mit nichts sonst zu erkauffen bist.
Dir aber wird ja müntz, auf der dein bild steht, gelten,
Ob dich, unschätzbare, kein schatz gleich zahlen kan.
Nicht sorge, daß ein mensch wird deine liebe schelten,
Man nimmt mit fug in dienst verstoßne diener an.
Es mag auch alle welt, wie ich dich liebe, wissen,
Denn heimlich buhlen ist zwar süsse, selten rein.
Mein vorsatz hat in sich ein redliches entschlüssen,
Das auch der kirche selbst nicht kan verdammlich seyn.
Kein häßlich rabe zeucht an meinem liebes-wagen,
Die schwanen keuscher lust ziehn meinen geist zu dir,
Von reinen lilgen soll dein haupt den braut-kranz tragen,
Mit hochzeit-fackeln uns die tugend leuchten für.
Die hand des priesters soll dir selbst den trau-ring geben,
Weil freylich du zu hoch für eine Hagar bist.
Kurz: keine raupe soll an unsern myrthen kleben,
Die deiner ehr‘ abbricht, und unsern nachruhm frist.
Kommt dir diß seltsam für, vermählten sich vermählen,
Weil keine Sara mehr den mann zu andern weist,
Wo wehrts der himmel uns, zwey seelen zu erwehlen,
Bevor wenn eine selbst das band in stücke reist?
Was täglich nicht geschicht, ist nicht bald zu verdammen.
Zu dem, der gröste theil der menschen spricht es recht:
Die vorwelt labte sich bey zwey und mehrern flammen:
Ein fürst ist auch nicht stracks gemeiner ordnung knecht.
Kein eyfrend auge wird dir scheele blicke geben,
Weil, die ihr herz entfernt, sich selbst zu trennen sinnt,
Mich wirst du durch ein ja ins paradieß erheben,
Darinnen aber auch vor dich was süsses rinnt.
An meine lincke hand wird man dich zwar nur trauen;
Solch kummer aber fällt, wenn sie, mein schatz! versteht,
Daß man mit mehrer pracht der rechten pflegt zu freyen,
Doch daß die lincke nur von treuem herzen geht.
Der andre brief
Ich habe seid und brief, durchlauchster! aufgerissen;
Bekümmert, ob nicht auch den faden meiner ruh?
Ich habe seine schrifft bewillkommt mit viel küssen,
Ach daß der himmel nich gall in den zucker thu!
Er und die hoffnung speist mich ja mit himmel-brodte,
Der zweifel und die furcht mischt aber myrrhen ein.
Ich weiß, der fürsten wort und bitten sind gebote;
Doch reu und unlust folgt offt aufs gehorsam-seyn.
Der eckel haßt hernach, was er erst angebetet,
Ein erst geküster mund wird bald gegeifert an,
Was rosen gleich geblüht, wie unkraut ausgejethet,
Weil doch die liebe nicht den wechsel hassen kan.
Wir frauenzimmer sind granaten-äpffeln gleiche,
Die man von porzellan wirfft endlich auf den mist;
Die heut ein engel war, heist morgen aaß und leiche,
Weil sarg und braut-bett offt zwey zoll entfernt kaum ist.
Hätt‘ ich auch gleich hiervor nicht, grosser fürst, zu sorgen,
Weil tugend mir von ihm sagt etwas bessers wahr;
Denn was sie heute liebt, haßt sie gewiß nicht morgen,
Zumahl wenn liebe wird geanckert ans altar.
Muß sich doch schlechtes wachs nicht nähern solchen sonnen,
Sonst schmelzt ihr gunst-strahl auch die kühnen flügel ab.
Der liebes-zucker ist in thränen-salz zerronnen,
So offt ein irrdisch mund den göttern küsse gab.
Was kan ein zufall nicht, nicht fremde mißgunst stifften,
Weil ganze sonnen ja ein wölcklein rauben kan?
Was kan der speichel nicht der eyfersucht vergifften?
Sie hengt den tugenden die schlimmsten kletten an,
Sie schwärzt mit hütten-rauch die himmel-reinen flammen,
Sie wirfft mit schmach und koth der unschuld ebenbild.
Drey wetter seh ich schon ziehn über mir zusammen,
Wo liebe mehr bey mir, als kluge vorsicht, gilt.
Beherzige, mein fürst! wo man mich hin verleitet?
Ob mich versuchung nicht auf höchste zinnen stellt?
Der anmuth paradieß wird mir ja zubereitet,
Wo nur mein untergang nicht hintern berge hält.
Er reicht den braut-kranz mir vielleicht zum schmuck der bahre,
Wo noch mein schimpflich sarg wird werth der kränze seyn:
Rubin und diamant soll blühmen meine haare,
Ach! drücken sie mir nur nicht gar den scheitel ein!
Jedoch ich will mein heil aufs fürsten worte gründen,
Da wird kein fallbret seyn, wo er mich anckern heißt,
Des fürsten blosses ja muß mehrern glauben finden,
Als die betheurung, so mit vielen eyden gleißt.
Die ohnediß ist magd, und fleisch im busen träget,
Kan solcher dienstbarkeit sich schwerlich machen frey;
Doch denck‘ er, daß das nicht, wenn man ein reh erleget,
Ein mädgen bringt zu fall, ein meister-stücke sey;
Daß reu und untreu ihn weit mehr als mich beflecken,
Denn finsterniß verstellt nur sonnen, keinen stern.
Ich warte nun, was er, durchlauchter! wird vollstrecken,
Mein herze nennt ihn schatz, mein auge nennt ihn herrn.
Mein zimmer stehet ihm mit meiner seelen offen,
Worein der liebe hand noch keinen schatz gelegt.
Die heißt itzt deine magd viel mehr vergnügung hoffen,
Als die den fürsten-hut, doch ohne rosen, trägt.
Ich weiß nicht, wie ich schon vor freuden schwanger werde,
Die brüste hüpffen mir vor tausend lust empor,
Die furcht verwandelt sich in spielende gebehrde,
Der liebreiz reizt mein aug‘, und anmuth lockt mein ohr.
Mich dünckt, ich fühle schon, wie er mit tausend küssen,
Die scharlach-lippen labt auf meiner lilgen-brust,
Wie sein und meine seel wie wachs zusammen fliessen,
Wie er mich überschwemmt mit einer see voll lust;
Wie sein rubinen-mund nach meinen äpffeln lechset,
Und als ein saugend kind an den granaten zeucht,
Weil kein solch honig doch in paradiesen wächset,
Als den ein heisser kuß an seel und lippen streicht.
Urtheile, grosser fürst! wie weit ich mich vergangen,
Ob mir die liebe nicht bezaubert geist und sinn?
Die furcht dringt auf mein herz, die schamröth auf die wangen,
Weil ich verliebt, und selbst nicht mein mehr mächtig bin.
Hätt‘ ihm mein freyer geist wohl gestern traumen lassen,
Ich sollt ins fürsten garn fall’n als ein müdes wild?
Jedoch, ich selber will des jägers knie umfassen,
Weil er freywillig sich zu mir ins netze hüllt.
Die hand, die mich verletzt, verbindet meine wunden,
Der pfeil, der in mir steckt, geht ihm auch selbst durchs herz.
Ich habe die artztney selbst in der kranckheit funden,
Die eingeflößte pein ist ein verzuckert schmerz.
Empfinde nicht, mein fürst! mein offenherzig schreiben.
Kalt-sinnig lieben kan die herzen nur verhöl’n;
Mein feuer aber wird, wenn ich verlesche, bleiben,
Und meine todten-asch‘ auch in der grufft beseel’n.
Es mag die fürstin ja mir laub und gras versagen,
Die eyfersucht auf mich vergälltes lästern spey’n;
Weil herz‘ und puls mir wird in brust und gliedern schlagen,
Werd ich sein brand-altar, der fürst mein abgott seyn.
Rührt schon mein stamm nicht her aus fürstlichem geblüte;
Ein dorn, ein heßlich stock, trägt rosen und den wein:
Mein unverfälschtes herz, und schwanen-rein gemüthe,
Bringt diesen mangel ihm mit reichem wucher ein.
Mein niedrig auge sieht auch nicht nach hohen dingen,
Ich buhl‘ um kein gepräng, auch fürsten-titul nicht.
Kan ich dir, holder fürst! nur stets vergnügung bringen,
Was acht ichs, wenn der neid mich gleich als magd ansticht.
Doch dieses bündnis darf kein ander siegel schliessen,
Als unverschrencktes recht, und eines priesters band,
Die einfalt folget hier, er wird, obs recht sey, wissen,
Daß er die andre frau vertraut der lincken hand.
Ich selbst bin lüstern nun nach der vermählungs-kette,
Und folge, wenn er winckt, ihm zu dem priester nach.
Denn vom altare nur stuffen in mein bette,
Und durch die kirche kommt man in mein schlaf-gemach.
Der dritte brief
Ich schicke dir, mein schatz! kein eingebisamt schreiben,
Nachdem du eckel selbst vor lieb und bisam hast:
Ich kan in unsrer eh nicht länger eh-los bleiben;
Diß ist es, was in sich mein ganzes schreiben faßt.
Wie schwer kommt mich es an, die schwarzen tinte brauchen!
Ach möchte diese schrifft durchaus zinober seyn!
Allein mein herz und wunsch muß wie der berg verrauchen,
Der in Ißländisch eiß hüllt seine flammen ein.
Die winde, die in mir der liebe feur auffachen,
Führ’n eitel unmuths-schnee aus deiner brust empor.
Nichts kan dich zorniger als meine liebe machen,
Ja unser sauer-seyn zeuchst du dem liebreiz vor.
Dein demant-herze wird dir mein betrübnis sagen,
Wie dir ein löffel lust um nichts nicht feil gewest,
Wie du offt einen kuß dem eh-herrn abgeschlagen,
Und seinen mund geflohn mehr als ein wespen-nest,
Den speichel ängstlicher als tödtend gifft verschmähet,
Dich aber selbst dadurch zur natter nur gemacht,
Den spinnen das gesicht, den rücken mir gedrehet,
Dein bett und zimmer mir verschlossen jede nacht.
Erwege deinen grimm nur selbst, und meine schmerzen,
Dein schön-seyn locket mich, dein gram-seyn stößt mich weg,
Magnet beseelt dein aug‘, und demant steckt im herzen,
Dein arm verrücket mir den selbst gesetzten zweck.
Du fleucht für meiner gunst, wie schatten vor den füssen,
Doch schwermt dein bild um mich, wie motten um das licht;
So offt ich aber dich umfangen will und küssen,
Kan irrwisch und gespenst so bald verschwinden nicht.
Ein amboß härtet sich nur von den hammer-schlägen;
Je mehr mein herze klopfft, je eiserner wirst du.
Stein-eichen geben nach den winden und dem regen;
Mein thränend seuffzen legt dir nur mehr härte zu.
So muß ich dich denn nur mit gallen-äpffeln speisen,
Weil lieb und honig dir ein eckelnd essen ist.
Und nun ich mehr verdaut, als strausse stahl und eisen,
So hat der himmel mir gelindre kost erkiest.
Ich bin zeither wie harz vom wasser brennend blieben,
Itzt heischt mir die natur selbst warmen zunder ab.
Ich hab ein neues band der heyrath unterschrieben,
Mir einer, die dir selbst offt viel vergnügung gab.
Die werd‘ ich morgen mir den priester trauen lassen;
Du aber solst hierdurch ganz nicht verstossen seyn.
Mein lincker arm soll sie, die rechte dich umfassen,
Du wirst zu deinem knie ihr zutritt ja verleihn!
Sie wird als halbe magd dir händ und süsse küssen,
Ihr blödes auge kennt der Hagar hochmuth nicht.
Mein herze soll dein bild vollkommen in sich schliessen,
Wie wenn ein spiegel-glaß gleich in zwey stücke bricht.
Daß eine seele nicht recht lieb zwey seelen hätte,
Ist ein verdammter wahn, der eyfersucht ihr kind:
Man sah zwey gräfinnen vergnügt in einem bette,
Woraus sie in ein grab zu Erffurth kommen sind.
Ein strom, der überläufft und fremde wiesen wässert,
Läßt eigne bethe ja darum nicht unbenetzt;
Von vielem schöpffen wird der brunnen-quell verbessert,
Durch wechsel und gebrauch so lieb als stahl gewetzt.
Ists aber auch ihr ernst, daß sie vor liebe grauen,
Und keine süßigkeit von ihrem kützel fühlt,
Kan sie um so vielmehr der lust vergnügt zuschauen,
Die ihr nichts süsses raubt, und unsern durst doch kühlt.
Die sonne sieht nicht scheel auf zwey, drey neben-sonnen,
Wie daß sie, sonne! denn mit einer eyfern will,
Die mein verhängnis eh, als ich, hat lieb gewonnen,
Diß steckt dem lieben ja, wie allem, maas und ziel.
Es ist der höchste witz, dem himmel beyfall geben,
Wer seine schlüsse stürmt, der stürzt sich selbst in graus;
Der fürsten wolstand ist, gemäß dem stande leben,
Obgleich die wollust sich theilt in mehr röhren aus.
Die eh ist ohne dem mit propffern unterstützet,
Der fürsten stamm-baum ist, wie die, geartet nicht,
Die mit viel zweigen stehn für sonn und sturm beschützet,
Weil den zertheilten stock der äste last zerbricht.
Was müh ich aber mich erst gegen dir vergebens,
Daß du zufrieden möchst mit unserm schlusse seyn?
Die klugheit, die du heist den circkel dieses lebens,
Des glückes mittel-punct, die redet dir selbst ein.
Zwar jedes ding sieht aus, nachdem es wird gedrehet,
Scheint demant doch und gold offt glas und meßing kaum;
Die tugend selber wird als laster offt geschmähet,
Der neid wirfft auf napell und rosen seinen schaum.
Dein urtheil aber fühlt den puls in allen sachen,
Diß lässt ohn zweifel dir nicht mißfall‘n unsern schluß.
Der fährt mit crocodiln, und reitet auf den drachen,
Der den begierden stets den zügel lassen muß.
Auf solchen fall soll dir nichts an vergnügung fehlen:
Ich und der Rhein wird dich als sonn und haupt verehr’n,
So lange du nur die, der wir uns itzt vermählen,
Wirst lassen monde seyn, und sie in nichts versehr’n.
Wer aber sich auf sie wird was gelüsten lassen,
Greifft biß zum herzen uns den augen-apffel an,
Der soll mit schimpfff und ach von unsrer faust erblassen;
Du weist wohl, was die rach erzörnter liebe kan.
Willst du der einsamkeit denn deine tage weyhen,
Und dich von bett, und tisch, wie vormahls, scheiden ab,
Wird man das innre schloß zur wohnung dir verleihen,
Das deiner bangsamkeit offt einen aufhalt gab.
Du hast hieraus die wahl, auch witz, dich zu bestreiten,
Nicht lege meinem thun mehr fluch als vorsicht bey,
Und dencke, wenn wir ja auf diesem eise gleiten,
Daß mancher Salomo hier gar gefallen sey.
Der vierdte brief
Die sollte wohl nicht mehr erschrecken für gewittern,
Der so viel jahre schon der blitz ums haupt gespielt;
Was für ein felsern herz sollt‘ aber nicht erschüttern,
Wo man den erden-grund selbst mit sich brechen fühlt?
Der grund-stein unsers heyls und hoffnung geht zu grunde,
Denn er zerreißt der eh ihr unzertrennlich band.
Die ohnmacht will mir zu, das wort zerbricht im munde,
Es fällt die feder mir schon neunmal aus der hand.
Was läßt vor antwort sich auf scheide-briefe schreiben,
Wodurch mein eh-herr mir mehr als den hals abspricht?
Ach möcht er einen dolch mir eh durchs herze treiben,
Eh er das bündnis trennt, das sonst der tod nur bricht.
Denn, himmel! wer will sich ihn doch bereden lassen,
Zwey frauen hätten wohl in einem bette raum?
Zertheiltes lieben ist nur ein verblühmtes hassen,
Ein überzuckert gifft, und ein bezaubert traum.
GOtt schuff nur ein Ev‘ aus Adams seiner riebe,
Die grosse sonne giebt zwey monden nicht ihr licht;
Ein geist beseelt den leib, ein weib des eh-manns liebe,
Und unser trau-ring hat zwey mittel-puncte nicht.
Wie manchen heyraths-schluß zereist itzt brunst und reue,
Nun man sie aufs papier, nicht mehr ins herze schreibt;
Ihr siegel ist itzt wachs, vor wars erz-feste treue,
Weil keiner länger nicht als wachs beständig bleibt.
Einfält’ge, die ihr traut auf eurer männer eide,
Sie haben euch nicht mehr, als käfer blumen, lieb,
Sie sind ein seiden-wurm, der anfangs zwar spinnt seide,
In kurzem aber wird ein heßlich molcken-dieb.
Der glatten worte kost, mit welcher sie euch speisen,
Ist Mithridatens tisch, der nie von gifft ist leer;
Ihr treu-seyn bricht wie eiß, das ihr erkaufft vor eisen,
Denn heucheley weiß wind zu machen centner-schwer.
Doch wäre dieses leid noch endlich zu verschmerzen;
Daß aber leider sie die schuld uns messen bey,
Mit ihrem lastermahl uns unser antlitz schwärzen,
Ist unerträglich leid, zweyfache tyranney.
Daß ich der liebe gluth mit keuschheit-schnee gekühlet,
Heißt itzt, ich hätte gar ihr feuer ausgelescht,
Da man mehr wohlthun doch von sanfftem brande fühlet,
Das öl mehr zunder nährt, als schäumend seiffe gäscht.
Die übermaase preßt aus pomeranzen gallen,
Ja milckt, statt süsser milch, aus schlaffen eytern blut,
Ein hefftig loder-licht muß bald in staub zerfallen,
Und allzugrosse brunst ist nicht im lieben gut.
Die pflanzen unsrer eh sind zeugen meiner liebe,
Allein der eckel ist der wollust mißgeburth.
Betränckten lippen sind die klärsten brunnen trübe,
Für fremdes wasser stößt man eignen nectar fort.
Die üppigkeit verschmäht des ehweibs zucker-küsse,
Nicht daß sie häßlich sey, nur daß sie ehweib ist.
Dem Adam schmeckt die frucht verbotner äpffel süsse,
Offt wird ein wechselbalg für’s schönste kind erkießt.
Und leider er, mein fürst! nicht ich bin zu bedauren,
Daß er die magd erwehlt, die fürstin von sich stößt.
Der dir itzt süsse wein wird, eh du meynst, versauren,
Durch solche schnöde lust wird unlust eingeflößt.
Je heisser itzt die brunst, je eh wird sie erkalten,
Der frost kehrt warme fluth eh, als die kält, in eiß.
Du prüffst die kirrung nicht syrenischer gestalten,
Ihr zaubrend singen lockt in den verderbungs-kreiß.
Wie seltsam ist dein zug! Die brunst kan selber weisen,
Daß ein demanten herz in meinen brüsten schwebt,
Nun aber zeucht magnet bey demant ja kein eisen,
Wie daß denn noch dein herz an schlechtem eisen klebt.
Erfahrung lehrt ja wohl, daß eh und eyd versehret,
Das eh-bett‘ offt entweyht von frembden dirnen sey;
Das aber ist bey Teutsch- und Christen unerhöret,
Daß man ihm einen balg legt als gemahlin bey.
Ach! möchte diese nacht mir vor zu grabe leuchten,
Eh man ihr morgen steckt die hochzeit-fackeln an!
Werd‘ ich mit thränen wohl genung die wangen feuchten,
Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan?
GOtt schick es, wie er will, doch soll kein mensch erleben,
Daß ich und meine magd solln neben-buhler seyn;
Wer einem götzen hat gold und gestalt gegeben,
Wird schwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch streun.
Du aber opfferst ihr, durchlauchster, seel und herzen,
Hebst staub und koth ans brett, der dich selbst fleckicht macht.
Verhüll’n die wolcken doch die göldnen sonnen-kerzen,
Die sie aus schlamm und dampff so hoch ans licht gebracht.
Und du meynst unversehrt dein ansehn zu behalten?
Nein, sicher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß,
Ein einig fehlschlag kan ein meisterstücke spalten,
Man schreibt vom monden auf nur seine finsternis.
Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-strahlen krönen:)
Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf vor dir.
Gedenckst du gleich dein thun vielfärbig zu beschönen;
Zeuch lastern goldstück an, sie blicken dennoch für.
Ich bitte thränend dich, leg‘ alles auf die wage,
Was vor verlust folgt nicht der hand-voll schnöden lust?
Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage,
In huren steckt mehr brunst, mehr treu in keuscher brust.
Zur witwe machst du mich zwar, aber dich zum knechte.
Was redet er mir denn noch seine gunst viel ein?
Mit deiner affter-eh zerreissest du die rechte,
Ja bey zwey ehen wirst du erst recht eh-los seyn.
Jedoch, was schreib‘ ich viel? Es ist ein schlag ins wasser,
Ich will die bürde nur einpacken zu der flucht,
Wer geile mägde liebt, ist seines weibes hasser;
Der aber liebet recht, der keusche seelen sucht.
(Theil 6 S. 20-56)
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher
Literaturwerke)
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Reihen der Liebe, der Zeit und des Todes
(Aus "Agrippina")
Die Liebe
Du güldnes Licht und Auge dieser Welt,
Der Mond, er1 borgt sein Silber zwar von dir;
Du aber Gold2, Saphir des Himmels Zelt,
Die Sterne Oel, die Erde Geist von mir,
Die Schnecke Blut, die See Perl' und Korallen,
Die Kräuter Saft, die Felsen Bergkrystallen.
Lernt nun, was ich für eine Göttinn bin!
Mein Tempel ist Luft, Himmel, Erde Fluth;
Ja, die Natur selbst ist die Priesterinn,
Die Schönheit Zunder, die Begierde Gluth;
Der Anmuth Blitz steckt die geweihten Kerzen
Der Sinnen an; das Opfer sind die Herzen.
Mein Saame wird geflößt den Seelen ein,
Eh' in den3 Mund der Brüste Milchquell rinnt;
Mein Brand erweicht der Herzen Kieselstein,
Wo Zeit und Tod zu stumpfe Feilen sind.
Wer widerspricht nun, daß man mir mit Rechte
Die Lorbeerzweig' um meine Myrte flechte?
Zeit und Tod
Die Liebe mißt sich4 hochvermessen bei
Der Gottheit Kraft, den Zepter aller Welt;
Die Zeit, der Tod bricht Alles morsch entzwei,
Was die Natur, was Lieben in sich hält;
Vom Abgrund an bis über Mondes Grenzen
Sieht man der Zeit, des Tode Sichel glänzen.
Die Liebe
Braucht, wie ihr wollt, die Arme eurer Kraft,
Laßt euren Zorn an morschen Wipfeln sehn;
Genug, daß ihr Nichts an den Cedern schafft,
Die nur durch mich wohl eingewurzelt stehn.
Deun Nichts nicht5, was mein Lorbeerschatten decket,
Wird durch den Blitz, durch Zeit und Tod erschrecket.
Die Zeit
Die Zeit verzehrt nicht nur Erz und Porphyr;
Der Himmel schrumpft durch sie vor Alter ein.
Fluth, Gluth und Wurm dient zur Vertilgung mir;
Der Sterne Glanz wird durch mich blaß und klein.
Wie sollte denn vor meiner Flügel Stürmen
Die Liebe mächtig sein, sich zu beschirmen?
Der Tod
Der Erdkreis ist der Schauplatz meiner Macht;
Was Zeit und Mensch gesä't hat, ernt' ich ein;
Mir ist der Lenz oft Herbst, der Mittag Nacht;
Niemanden schützt Gold, Purpur, Inful6, Stein.
Wie sollten denn der Liebe Spinneweben
Genugsam Schirm für meine Pfeil' abgeben?
Die Liebe
Wenn Tod und Zeit und Ehrensucht und Pein
Der Unschuld Mast, der Seele Schiff bekämpft,
Muß ich der Port, das Schild, der Anker sein;
Des Neides Dunst wird durch mein Licht gedämpft;
Den Rauch der Zeit theil'n meiner Fackeln Flammen,
Mein güldner Pfeil des Todes Strick vonsammen.7
Die Zeit
Ohnmächt'ge Gluth und Fackel deiner Hand!
Kein Blick verstreicht8, dein lodernd Wachs nimmt ab;
Dein Docht verglimmt, dein Oel rinnt in den Sand;9
Dein Werk10, die Asch', ist selbst der Flammen Grab;
Ist auch gleich noch dein Zunder unverzehret;
Schau, augenblicks wird Strahl in Staub verkehret!
Die Liebe
Die Zeit versehrt der Liebe Zunder nicht,
Ob sie die Gluth gleich außen dämpfen kann;
Die Lieb' empfängt11 zwiefache Flamm' und Licht
Oft, wenn man sie am heftigsten ficht an,
Und wenn die Nacht den Himmel schwarz will malen,
So sieht man ihn mit tausend Ampeln strahlen.
Der Tod
Ohnmächt'ger Pfeil! ein einz'ger12 Sterbenshauch
Verkehrt das Gold der Lieb' in weiches Blei;
Ihr Sonnenschein wird in dem Sarge Rauch;
Mein dürrer Arm bricht Pfritsch13 und Pfeil entzwei,
Und das Geschoß, das meine Faust zerbrochen,
Giebt Brennholz ab für dürre Todtenknochen.
Die Liebe
Zerbricht der Tod der Sinnen Pfeile gleich,
Wird schon mein Strahl in todten Gliedern kalt,
So ist der Leib doch nicht mein Sitz und Reich,
Die Seelen sind des Liebens Aufenthalt.
Verweset schon der Körper in der Höhle,
So lebt die Lieb' unsterblich in der Seele.
1 Monde
2 Du aber borgst dein Gold, der Himmel den Saphir etc. von mir.
3 Eh' als in
4 ihr
5 Doppelte Negation statt der einfachen: Nichts.
[6 inful = mitra]
7 von einander
8 Kein Augenblick geht vorüber, so nimmt u.s.w.
Oder ist statt "Kein" Dein zu lesen?
9 Oele rinnt in.
10 Brut
11 Die Liebe kriegt
12 fauler
13 Im Niederdeutschen: Flitz, Pfeil, Bolzen
aus: Bibliothek deutscher Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 93-97)
_____
Reihen.
Liebe, Himmel, Hölle, Erde und Meer
(Aus dem Trauerspiel "Sophonisbe")
Die Liebe
Der Zirkel der Natur umschränkt
Nicht mein Altar, nicht meines Tempels Zinnen;
In einem meiner Finger hängt,
Daß euer Leben euch die Parzen spinnen.
Kommt nun, Höll', Erde, Himmel, Meer,
Kommt, streut mir opfernd Weihrauch her!
Der Himmel
Du bist mein Kind, die Götter opfern mir;
Der Donner kämpft für meines Zepters Würde.
Was ziehst du denn dich meiner Gottheit für?
Dein Tempel ist vor meinem eine Hürde.
Die Liebe
Eh', als der Himmel stand, war ich.
Er buhlt liebäugelnd mit der Welt1 von ferne
Und schmückt mit tausend Augen sich.
Sein Kleid und Antlitz sind verliebte Sterne,
Bär, Stier2, Orion, Adler, Schwan
Zeigt meine Macht, sein Feuer an.
Der Himmel
Auf, rüste dich, o Herrschsucht3, für mich aus!
Laß, Jupiter, dein Zepter nicht verachten!
Was deinem Reich trotzt, schlag' durch Blitz' in Graus!4
Laß diese Kinder mir zum Opfer schlachten!
Die Liebe
Vor mir muß Jupiter selbst knie'n,
Ein Kukuk sein, ein güldner Regen werden.
Reißt, Kinder, ihm den Mantel hin!
Weist, daß er sei ein Satyr auf der Erden!
Brecht ihm die Donnerkeil' entzwei!
Lehrt, daß mein Pfeil ihr Meister sei!
Die Hölle
Wer Jupiter'n und Kronen auch besiegt,
Läßt doch den Pfuhl der Höllen unversehret.
Die Lieb' erstickt, ihr Anmuthsreiz erliegt,
Wo man nur Ach und Ketten schwirren höret.
Die Liebe
Auch bis zur Hölle dringt mein Strahl;
Mein Pfeil steckt noch in Ariadne's Brüsten,
Und Dido's Geist fühlt Liebesqual.
Dringt Orpheus nicht, gereizt von süßen Lüsten,
In Abgrund zur Eurydice
Und Theseus zur Persephone?
Die Hölle
Auf! Grausamkeit, die meine Nacht verwahrt!
Auf, Pluto, auf! bewaffne dich mit Flammen!
Beweise hier, wie Rach' und Grimm gebahrt!
Zertreib' den Schwarm der Kinder stracks vonsammen!
Die Liebe
Die Grausamkeit wird vor mir bleich,
Ein Polyphem erstarrt vor Galateen;
Selbst Pluto läßt sein finstres Reich,
Gereizt durch Brunst der Cerestochter, stehen.
Geht, Kinder, schleppt ihn zum5 Altar;
Reicht mir der Höllen Schlüssel dar!
Die Erde
Wenn in der Gluth gleich Höll' und Himmel kracht,
So nährt mein6 Schooß doch Seelen ohne Flammen.
Leucate's Fels vertilgt der Liebe Macht,
Silenus Bach7 theilt Seel' und Brunst vonsammen.
Die Liebe
Durch mich wird Cirth'8 und Troja Graus;
Die Erd' ist in den Himmel selbst verliebet;
Sie schmückt im Frühling schön sich aus,
Nur, daß sie ihm, geschwängert, Anmuth giebet.
Der Tiger Grimm, der Schlangen Gift
Verraucht, wenn sie mein Liebreiz trifft.
Die Erde
Alcides, auf! greif diesen Drachen an!
Der Tugend weicht jedwedes Ungeheuer.
Wer Höll' und Neid und Löwen tödten kann,
Bleibt unversehrt, wie Salamand'r im Feuer.
Die Liebe
Die Tugend wird mein glüher9 Brand.
Geht, Kinder, reißt die Keule weg dem Riesen,
Gebt ihm den Rocken in die Hand!
Nun spinne, wie dir's Omphale gewiesen!
Ja, Oeta soll dein Leichenstein
Und meine Gluth dein Holzstoß sein!
Das Wasser
Das Wasser löscht, fängt aber keine Gluth;
Wie soll nun 's Meer dir heißes Opfer bringen?
Selbst Phaethon kühlt sich in meiner Fluth,
Und Syrinx kann bei mir dem Pan entspringen.
Die Liebe
Die Lieb' hat ihre Wieg' in dir.
Jedweder Fisch, jedwede Muschel10 brennet;
Neptun wird rasend selbst vor mir,
Daß er der Ceres, wie ein Pferd, nachrennet.
Ja, des verliebten Alpheus Bach
Kreucht durch's Meer Arethusen nach.
Das Meer
Auf, Jason11, auf! Hier ist mein Dreizacksstab!
Spritz' aus hierdurch die Brände der Begierde!
Denn Ehr' und Ruhm gewinnt der Wollust ab;
Das güldne Vlies ist deiner Seele Zierde.
Die Liebe
Die Lieb' hat dir's zu Weg' gebracht;
Medeens Brust mußt' erst12 mein Pfeil zertrennen.
Geht, prüft, ihr Kinder, meine Macht,
Versucht, ob nicht der Dreizacksstab kann brennen!
Kommt nun, Höll', Himmel, Erde, Meer,
Kommt, streut mir opfernd Weihrauch her!
1 Er buhlt der Welt
liebäugelnde
2 Ochs
3 Regiersucht
4 Schlag was dein Reich trotzt, durch den Blitz in Graus
5 für's
6 Nehrt meine
7 Wer sich in ihm badete, ward, nach Pausanias, von Liebe frei.
8 Cirtha, die Residenz des Syphar, des Gemahls der Sophonisbe,
die hier in die Gewalt des Masinissa kam.
9 glühend
10 Schnecke
11 In Jason wird, nach Angabe des Vfs, die Ehre,
sowie in Hercules die Tugend personificirt.
12 muß vor.
aus: Bibliothek deutscher Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 105-111)
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Gewalt und Liebesstreit der Schönheit und Freundlichkeit
(Aus den "Rosen")
Schönheit
Die güldnen Rosen sind die Sonnen grüner Felder;
Die Sonn' hingegen ist des Himmels Kaiserblum';
Die Lorbeerbäume sind der Königsschmuck der Wälder;
Ich Schönheit aber bin der Seelen Heiligthum.
Die Götter opfern mir, die Welt dient meinem Rechte,
Die Menschen sind mein Volk, die Fürsten meine Knechte.
Freundlichkeit
Dem Demant weicht Rubin, den Perlen die Korallen,
Dem Balsam weichet Oel, dem Bisame Zibeth;
Das Gold sticht Silber aus, Glas schämt sich vor Krystallen;
Man weiß, daß Purpurblut vor allen Farben geht;
Des Mondes Silber muß vor Sonn' und Gold erbleichen;
So muß der Freundlichkeit auch schönste Schönheit weichen.
Schönheit
Der Mensch, die kleine Welt, beherrscht der großen Grenze;
Mein Königsstab beherrscht die klein' und große Welt.
Dem Helden windet man bepalmte Siegeskränze;
Von mir wird selbst der Sieg zum Schauspiel dargestellt.
Der Königspurpur weicht der Röthe meiner Hirten,
Der Helm der Frauenhaut, der Zepter meinen Myrten.
Freundlichkeit
Vor Feuer schmilzt Metall, das Glas muß Demant schneiden;
Den Demant aber zwingt kein Stahl nicht, sondern Blut;
Die Tyrannei muß selbst dich zum Tyrannen leiden;
Das Eisen und das Eis schmilzt vor der Schönheit Gluth;
Hält dir die Wage Nichts, so überwieg' ich Alles;
Denn meine Perl' ist das Gewichte deines Balles.
Schönheit
Das Gift dringt bis in's Herz, der Blitz durch Mark und Beine,
Die Sonne blendet nur der Augen blödes Licht;
Die Schönheit aber blitzt durch Felsen, Erz und Steine,
Den Augen der Vernunft entzeucht sie das Gesicht.
Die Seele selbst, die sonst noch Strahl noch Blitz empfindet,
Wird durch die Schönheit stets mit Liebesbrunst entzündet.
Freundlichkeit
Der Sinne Reich beruht nicht ganz in deinen Händen;
Denn du läss'st über dich die Augen Urtheil fäll'n;
Ich aber kann Vernunft und Augen so verblenden,
Daß ich die Raben auch in Schwäne kann verstell'n.
Der Schönheit Schnee zerschmilzt vor meiner Anmuth Hitze,
Ihr Scharlach krieget Fleck', ihr Alabaster Ritze.
Schönheit
Mein Wesen ohne Mahl braucht Spiegel ohne Flecken,
Braucht Richter ohne Falsch und Augen, die nicht blind.
Du mußt dein farbig Nichts in meine Seide stecken;
Mein Glanz ist wesentlich; dein Prangen ist ein Wind.
Daß schön du scheinest, ist dein größtes Meisterstücke,
Und daß ein Nackter sich mit meinen Federn schmücke.
Freundlichkeit
Es ist viel größ're Kunst, aus Nichts nicht Etwas machen,
Als Solchem, das schon ist, zu setzen Etwas zu.
Schmähst du die Häßlichkeit, so muß ich deiner lachen,
Weil sie durch mich oft wird so schön, als immer du.
Solch Schminken geht wohl hin, wo die gefärbten Strahlen
Nur schöner, als fast selbst der Schönheit Pinsel, malen.
Schönheit
Mein ird'scher Himmel ist ein Irrsal der Gedanken,
Mein Lebensgarten ist ein Paradies der Lust;
Der Geist verschlinget sich in den umgarnten Schranken,
Den Seelen ist so Flucht als Ausflucht unbewußt.
Die Sinne sind durch mich bezaubert und entsinnet;
Kein Mensch, kein Adler ist, der meinem Garn' entrinnet.
Freundlichkeit
Die Schönheit freilich ist ein Himmel, ich die Sonne;
Ein Garten, aber ich das Blumwerk, das ihn schmückt
Der Schönheit Lusthaus ist ein Kerker, meine Wonne
Das Netz, in welches Geist und Seele wird berückt.
Der Schönheit Zaubergeist kann Sinn und Herz bethören;
Sie aber flößt ihr Gift durch meine Zuckerröhren.
Schönheit
Die Gluth steigt in die Höh', aus der sie ist geronnen;
Des Eisens Unart kehrt sich immer zum Magnet;
Die Sonnenwende folgt der angenehmen Sonnen;
Ich bin der Flammenquell, daraus die Lieb' entsteht,
Der Stein, der nach sich zeucht die allerhärt'sten Herzen,
Das Oel, von welchem glühn die lichten Himmelskerzen.
Freundlichkeit
Das Lieben ist das Kind der Schönheit, ich bin Amme;
Sie saugt die Muttermilch aus meiner Honigbrust.
Sie ist der Feuerquell, ich aber bin die Flamme;
Aus meiner Wirkung rührt die Folge süßer Lust.
Die Schönheit muß nach mir das Steuerruder lenken,
Die Lieb' ihr Segeltuch nach meinem Winde schwenken.
Schönheit
Ich bin ein Meisterstück des Himmels, Gottes Spiegel,
Ein Schooßkind der Natur, des Schöpfers Ebenbild.
Mein schöner Pinsel malt der Morgenröthe Flügel,
In meinen Purpur ist stets Tugend eingehüllt.
Ein Phönix nistet nicht, wie Fledermäus' in Höhlen;
Ein wohlgestalt'ter Leib bewirthet edle Seelen.
Freundlichkeit
Du und die Tugend selbst wird ohne mich zum Laster.
Wo euch mein Licht und Geist nicht anblickt und beseelt,
Ist euer falscher Schein ein todter Alabaster,
Den sich ein Künstler hat zum Götzen ausgehöhlt.
Ob auch die Schönheit zwar mit Zucker speist die Augen,
So pflegt die Seele selbst doch meine Milch zu saugen.
Schönheit
Ich bin der Wollust Brunn, die Mutter aller Zierde -
Mein Glanz bepurpurt selbst der Sonne Augenbran* -,
Der Götter Heiligthum, ein Abgott der Begierde;
Zum Opfer zündet man mir tausend Seelen an.
In meinen Blumen hat Cupido seine Wiege,
Den Rennplatz seiner Macht, die Wahlstatt seiner Siege.
Freundlichkeit
Ich bin ein Himmelszweig, im Paradies erzogen
Und durch ein Anmuthsreis gepfropft dem Menschen ein.
Bist du der Liebe Quell und der Begierde Bogen,
So muß mein Salz dein Kern, mein Strahl die Sehne sein.
Cupido leidet Durst, die Liebe muß verwelken
Sammt dir, wenn nicht mein Thau beperlet deine Nelken.
Schönheit
Die Schönheit ist der Grund, ein angebornes Wesen,
Darauf die Freundlichkeit nur ihre Schminke streicht,
Ein Buch, in dem man kann auf tausend Blättern lesen,
Daß die Natur in mir den Gipfel hat erreicht.
Des Himmels Vorschmack rinnt von meinen Balsamstauden,
Kein Nektar aber träuft von Senden**, Schilf und Fauden.
Freundlichkeit
Die Schönheit braucht mich zwar anstatt Tapezereien;
Sie schmückt ihr Zimmer auch mit meinen Blumen aus,
Ich muß ihr leeres Feld mit Blumen überschneien,
Ich throne meinen Stuhl oft in ihr güldnes Haus;
Jedennoch kann ich auch aus kleinen Augen blitzen,
Auf bleicher Wange spiel'n, auf kranken Lippen sitzen.
Schönheit
Sobald ein Hauch vergeht, wenn man sich schlafen leget,
Ist stracks der Freundlichkeit beliebter Westwind hin;
Mein Siegel aber bleibt den Augen eingepräget,
Wenn ich, in Schlaf versenkt, ein Bild des Todes bin.
Wie Sonnen nicht vertilgt von Dunst und Nebel werden,
So wird mein Glanz beschämt von keinen Ungebehrden.
Freundlichkeit
Gleichwie die Augen nicht nur meine Kraft empfinden,
So sind die Augen auch nicht nur mein Sühnaltar,
Wo Geist und Sinnen sich, zu widmen mir, entzünden;
Jedweder Sinn und Glied nimmt meine Wirkung wahr.
Ein kräft'ger Seufzer ist ein Werkzeug meiner Stärke;
Ein Blick, ein lächelnd' Mund thut hundert Wunderwerke.
Schönheit
Wenn Ruh' den Leib bezwingt und Mattigkeit die Glieder,
Wenn die Vergessenheit der Sinne Uhrwerk stillt,
Der Schlaf das Ohr verschließt, die Nacht die Augenlider,
Wenn die Vergessenheit um die Vernunft sich hüllt,
Bleibt doch der Schönheit Bild im Herzen unverrücket,
Weil es jedweder Traum ihm in's Gedächtniß drücket.
Freundlichkeit
Du magst ja deinen Traum mit Traumesfarben malen;
Bei düstrer Sinnennacht ist schlechter Sonnenschein.
Denn ob mein Freudenstern zwar könnte seine Strahlen
Den Seelen durch das Rohr der Träume gießen ein,
So soll sich doch mein Licht mit Nebel, Dunst und Schatten,
Kein flüchtig Irrlicht sich nicht mit mir, Sonne, gatten.
Schönheit
Ihr schwarzen Sonnen, ihr, im Himmel des Gesichtes!
Ihr Schönheitsherolde! seid Zeugen meiner Macht;
Ihr Augen seid der Brunn des hellen Seelenlichtes;
Die Liebe schöpft die Gluth aus eurer kalten Nacht;
In euren Wolken muß sie ihren Blitz entzünden,
Ja, einen Herzensweg durch eure Fenster finden.
Freundlichkeit
Was seid ihr Sterne wohl, wenn nicht die Strahlen schießen?
Ein Köcher ohne Pfeil, ein Uhrwerk ohne Gang!
Wenn sie nicht ihr Metall in meine Formen gießen,
Erweckt der Augen Thron geringen Liebeszwang.
Ihr Augen mögt ja wohl der Liebe Zeughaus bleiben,
Nur daß die Waffen sich aus meiner Schmiede schreiben.
Schönheit
Es mag der Perlenmund, den Nelken rings umblümen,
Der Becher aus Rubin, der voller Zucker schwimmt,
Durch eigne Wirkungen der Schönheit Palmen rühmen,
Weil ja die Liebe selbst in seinem Purpur glimmt.
Cupido muß sein Garn in seine Rosen stellen,
Dafern er einen Geist will in sein Netze fällen.
Freundlichkeit
Die röthsten Lippen muß mein Honigseim besüßen
Und den Zinnobermund mit Lächeln zuckern ein;
Der Küsse Balsam muß auf die Korallen fließen,
Soll er der Liebe Burg, der Seele Garten sein;
Der Mund bleibt unbeseelt, die Herzen ohne Fühlen,
Wenn meine Winde nicht durch ihre Blätter spielen.
Schönheit
Des Kinnes weiche Perl', der Hals aus Marmelsteine,
Der Achseln blanke Milch, der Stirne Schneegestalt,
Der Adern Türkise, der Leib aus Elfenbeine
Sind Tempel süßer Lust, der Seelen Aufenthalt,
Die durch der Augen Thor unlöschbar Feuer fangen
Von Rosen, welche blühn auf weichen Sammetwangen.
Freundlichkeit
Als jüngst die Liebe sich von ihrem Sohn ließ malen,
Macht' er des Mondes Horn von seinem Silber leer;
Die Sonne gab ihr Gold, die Venus ihre Strahlen,
Der Morgen den Rubin zu seinen Farben her.
Der Pinsel war sein Pfeil, mein' Anmuth das Gemälde;
Dich, Schönheit, braucht' er nur zum Grund' und untern Felde.
Schönheit
Es muß die ganze Welt der Schönheit sich bedienen;
Die Sterne borgen Gold, der Himmel borgt Sapphir,
Die Erd' entlehnt Smaragd, das Feuer braucht Rubinen,
Krystall und Perlen sind des Wassers höchste Zier.
Wenn die Natur die Welt mit Liebe will besämen,
Muß sie das Pfropfungsreis von meinen Aesten nehmen.
Freundlichkeit
Wenn meine Knospen gleich noch in der Blüthe stehen,
Hat doch mein Sommer schon die Liebe reif gemacht.
Eh' als die Pfeile noch von meiner Sehne gehen,
Vollführen Lieb' und Herz schon ihre Seelenschlacht.
Ich bin die Liebe selbst, ihr Kern, ihr fünftes Wesen***;
Was Schönheit machet krank, das muß durch mich genesen.
* Augenbrauen
** Gemeines Haidekraut
*** Fünftelfast, Quinessenz
aus: Bibliothek deutscher Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 112-126)
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Das Herz
Sonett
Nicht zürne, daß mein Herz so heißen Brand ausübet,
Weil deine Schönheit selbst der Flammen Zunder hegt,
Schuld und Entschuldigung in ihren Augen trägt;
Das Meer kann nicht dafür, daß sich der Himmel trübet,
Sich mit der Wolk' umarmt, der Erde Dünste liebet.
Die Sonn' ist's, die das Salz in allen Dingen regt,
Der Klüfte Gluth beseelt, den Geist der Welt bewegt,
So Schnee als Eise Brand, den Steinen Leben giebet.
Soll meine Seele nun entseelter, als ein Stein,
Mein Herze frostiger, als Eiseszapfen sein?
Es brennt und ist von Lieb', als schmelzend Erz zerronnen.
Denn Lieb' ist ja die Gluth der Seelen; sie erfüllt
Mit Feuer unser Herz, das aus den Augen quillt.
Die sind der Liebe Brunn, der Seele lichte Sonnen.
aus: Bibliothek deutscher
Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 130-131)
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Hermione's Augen
Sonett
Ihr Sterne, darf ich euch auch wohl noch Sterne nennen,
Wenn jetzt ein Nebel euch umwölket Flamm' und Licht,
Da Hermione doch am himmlischen Gesicht
Keinmal nicht minder läßt, als zwei Gestirne, brennen?
Du güldne Sternenburg, du, Himmel, mußt's bekennen,
Dein blaugewölbtes Dach weiß von zwei Sonnen nicht,
Da, wenn die Morgenröth' auf ihrem Mund' anbricht,
Zwei Sonnen ihr allzeit der Stirne Thron umbrennen.
Jedoch du magst dich noch mit hundert Sonnen schmücken,
Die in die grüne See keinmal zu Bette gehn,
Ich würde doch zur Noth wohl solche Gluth ausstehn;
Mir aber, mir kann nicht vor Hermione's Blicken
Schnee, Schatten, Höhle, Nacht Behülf' und Aufhalt sein;
Denn ihre Liebe dringt durch Eis und Eisen ein.
aus: Bibliothek deutscher
Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 132-133)
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Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Casper_von_Lohenstein
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