Ludwig I. von Bayern (1786-1868) - Liebesgedichte




Ludwig I. von Bayern
(1786-1868)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



An die Geliebte

Es strömt, als wollt' es aus den Adern strömen,
Wild stürmend braust mein heißbewegtes Blut,
Ich bin entzückt und doch will ich mich grämen,
Verzehrt von einer namenlosen Glut.

Mein ganzes Wesen überird'sches Sehnen!
Und mich ergreift ein eigenes Gefühl,
Unendlich lange scheint es sich zu dehnen,
Ach! die Entfernung meines Wunsches Ziel.

Ich kann nicht, kann's nicht fassen dieß Empfinden,
Die Seligkeit: mich liebst, mich liebest du!
Um mich sich Himmelsharmonien winden
Und meines Herzens Stürme werden Ruh.

In lichtem Glanze sehe ich dich schweben
Bey des verklärten Mondes sanftem Schein,
Ich spüre neues nie gefühltes Leben,
Ich sehe in der Welt nur dich allein.

Und bey des Morgens schwacher Dämmrung Grauen
Schon frühe mir der leise Schlaf entflieht,
Und kaum erwachet, glaub' ich dich zu schauen,
Daß liebend mich dein Engelsauge sieht.

Ach! Täuschung war es, schnelle sie entweichet,
Sie schwindet, trostlos machend schrecklich bald,
Nichts glich der Wonne, nichts dem Kummer gleichet,
Verwehet ist die lieblichste Gestalt.

Fremd mir der Menschen Wogen und Getümmel,
Gehöre dieser Erde nicht mehr an.
Nur in der Liebe einzig lebt der Himmel,
Und außer Liebe alles bloßer Wahn.

Und in der deinen lebet nur mein Leben,
Nur du allein, mir sonsten nichts gefällt,
Dir zu gefallen einzig mein Bestreben,
In dir vereiniget ist mir die Welt.
(Band 1 S. 36-37)
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II. Sonett

Ich fühle stilles seliges Entzücken,
Der Himmel lachet mir in deinen Zügen,
In deinem Anblick schon wird mir Genügen,
Die alle Reize lieberweckend schmücken.

Stets wird mich deine Gegenwart beglücken;
Vertraue mir, ich kann dich nicht betrügen,
Es kann mein Herz das deine nicht belügen,
Der Liebe Flammen niemals unterdrücken.

Was mir jetzt wird, ich kann es nicht verwehren,
Es fließet in das Leben neues Leben,
Ich spür' es wie ein himmlisch mildes Wehen;

Empfinde mein Gefühl sich nur vermehren,
Ein wonnetrunknes Daseyn mir gegeben,
Zufrieden bin ich, selig dich zu sehen.
(Band 1 S. 38)
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Frage

Was ist es, sage,
Was mir gleich den Athem hemmt,
Wenn ich, Holde, dich erblicke,
Wenn ich deine Nähe fühle,
Heftig schlagen läßt das Herz?
Mich erröthen immer macht,
Glut erfüllend meine Wangen?
Wenn mich's drängt mit dir zu reden,
Zittere, verwirret bin,
Trotz des heißen Willens Ernst
Daß ich aber nicht kann sprechen,
Vorgenommen viel zu sagen,
Und vergessen alles ist?
Was denn lehret unsern Blick
Sehnend immer sich begegnen,
Meine Seele ganz verloren
Seyn in deinem sel'gen Anblick?
Ist's nicht die Liebe?
(Band 1 S. 41)
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Die Täuschung

Sie war es nicht!
Der Phantasie betrügerisches Schweifen,
Der Seele blendend lichtes Traumgesicht
In das Gebiet der Wahrheit schien's zu greifen.
Die holden Züge sah ich vor mir schweben,
Und liebend sah das schöne Bild ihr gleich,
Die Reize borgte es vom blüh'nden Leben
Und täuschend griff es in der Wahrheit Reich.
Anmuthig, wie die Jugendgöttin zart,
Mit sanftem Lächeln schien sie mir zu nahen,
Mit Schönheit war die Güte mild gepaart.
Die wonnetrunknen Augen jetzt sie sahen,
Gestillet schien mein glühendes Verlangen,
Gekommen die Ersehnte nun zu seyn.
Ich wollte eben liebend sie umfangen,
Und dachte dich, Geliebte, endlich mein.
Aus meinen Armen sich das Traumbild wand,
Verlassen, einsam trauervoll ich stand.
Die himmlische Gestalt verwehte schnelle,
Nacht folgte auf die zauberische Helle.
(Band 1 S. 52)
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Des Kriegers Abschied

Geliebte, scheide von dir jetzt fern,
Die Liebe leite mich als mein Stern,
Ich zieh' in fremde Gefilde;
Fern von dem seligsten Lebensglück,
Der Heimath freundlichen Milde,
Entzückt mich nimmer dein Liebesblick,
Im Herzen doch lebet dein Bilde.
Mich ruft der Ehre erhabene Pflicht
Und ändert alles, die Liebe nicht.

Wenn Müdigkeit mir die Glieder beugt,
Wenn mich verlassend, die Kraft entweicht,
Ertheilet Muth der Gedanke:
Daß ich, Geliebte, geliebt von dir;
Er machet, daß ich nicht wanke,
Es wüthe gräßlich der Tod auch hier,
Ich trete kühn in die Schranke;
Obgleich auch ströme herab mein Blut,
Fest stehet und niemals erliegt der Muth.

Die Stunde naht der Entscheidung voll,
Die Thräne bringet des Abschieds Zoll;
Mich stürzt es fort ins Gefechte;
Und sollt' ich kehren zurück nicht mehr,
So denk', daß für das Gerechte
Ich fiel, für Vaterland heilige Wehr,
Gen das der Feind sich erfrechte,
Und sterbend denk' ich noch liebend dein,
Für ewig wird uns jenseits Verein.
(Band 1 S. 59-60)
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Du

O! Du, nur Du, Geliebte, nenne mich,
Ein mächt'ger Zauber ist in diesem Wort gelegen,
Beseligend Empfinden fühle ich
Sich durch mein ganzes Wesen sanft entzückend regen.

Daß du mit trautem, zutraulichem Du
Mich nennst, dieß will zu meinem Glücke nur noch fehlen,
Es flößt dem Herzen süße Wonne zu,
Ist gleichgestimmter Menschen geistiges Vermählen.

Geliebte, darum nenne mich jetzt Du,
Und immer Du bis an das Ende von dem Leben,
Es wird der Seele des Besitzes Ruh',
Dem Herzen nur in diesem Wort gegeben.

Und frey und offen da bekennt der Mund,
Was sonsten wäre nimmermehr aus ihm gekommen;
Das Du gesteht, was nie das Sie gestund,
Dem Menschen ist die bange Schüchternheit entnommen.

Du Beste, unsre Herzen sind vereint,
O! lass' des Zwanges kalte Steifheit auch verschwinden,
Vertraut und innig, wie's die Seele meynt,
Den Widerhall davon in Allem finden.
(Band 1 S. 76)
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Der immerwährende Ueberwinder

Amor, ewig loser Knabe,
Nie mehr könnt' es dir gelingen,
Daß ich würde deine Habe,
Mich auf's neue zu bezwingen,
Tragen nimmer ich dein Joch:
Dieses wähnte hoffend ich,
Wieder doch
Als dein Sklave siehst du mich.

Holde Schöne, darf ich hoffen?
Darf ich Liebender es wagen,
Tief von Amors Pfeil getroffen,
Wie ich liebe dir zu sagen?
Sehe seufzend hin zu dir,
Wünsche Ruhe nicht zurück,
Wünsche mir
Nur in Gegenliebe Glück.

Freudig trag' ich deine Ketten,
Bin von Zauber hingerissen,
Will aus ihnen mich nicht retten;
Liebe nur kann ich nicht missen,
Ich, den beuget kein Geschick,
Bin der Liebe unterthan,
Deinem Blick;
Nicht ungütig sieh mich an.

Meine Ruhe ist verschwunden,
Und der Frieden mußte fliehen,
Fühle mich an dich gebunden,
Deinen Siegeswagen ziehen.
Glücklich bin ich in dem Schmerz;
Gern ertrage ich die Pein,
Kann dein Herz
Einstens liebend für mich seyn.
(Band 1 S. 79-80)
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Das Immerwiederkehrende

Mit der Götterkraft des Neuen,
Der unendlichen Gewalt,
Muß dies Herz sich Liebe weihen,
Scheint's gleich augenblicklich kalt.

Wie die Sonne, wenn die trübe
Wolke selbe überzieht,
So erloschen scheint die Liebe,
Desto glüh'nder sie dann glüht.

Endend stets und sich erneuend
Lebet Liebe ewig fort,
Durch der Jugend Reiz erfreuend,
Ungebannt an Zeit und Ort.

Unabhängig von dem Willen
Ist die Lieb', kein Menschenspiel;
Ew'ge Glut, die nicht zu stillen,
Nicht zu bänd'gendes Gefühl.
(Band 1 S. 86)
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An mein Herz
Im Jahre 1805

Gefühlvoll Herz, sehnst dich nach Liebe,
Die stets dein Inneres durchwühlt.
Der edlen, besten, schönsten Triebe
Erwied'rung wirst du immer fodern,
Bis deine Glut die Erde kühlt,
Empfindend Herz, bis du wirst modern.

Nie wird Erfahrung dich belehren,
Daß Liebe sey bethörend Spiel,
Nach Liebe gehet dein Begehren,
Und sollt' Erfüllung es nicht krönen,
Vergeht doch niemals das Gefühl,
Mag auch die Welt dasselbe höhnen.

Betrogen kannst du nicht betrügen,
Nur Wahrheit geb' das Aug' zurück,
Die Wahrheit nur soll in mir siegen,
Aufrichtig wird mein Herz es halten,
Blos was es fühlet sag' der Blick,
Die Offenheit soll in mir walten.

Der Jugend Frohsinn mag verwehen,
Vernichtet seyn, was mich erfreut,
Nur in der Liebesglut Bestehen
Kann sich das Leben mir bewahren,
Zu lieben niemals mich gereut,
Ich lieb' in jung und alten Jahren.
(Band 1 S. 88-89)
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Liebesklage

Von den Menschen treibt's mich ferne,
Wenn der Gram das Herz mir bricht,
Unter's Reich der ew'gen Sterne,
In des Mondes blasses Licht.

Ach! dann lispelt's mir die Lieder,
Welche einst mich so entzückt;
Alles, alles! schimmert wieder,
Was ich sah, als ich beglückt;

Was ich fühlte und gelitten,
Sehe die Vergangenheit,
Und die Zeit, die ich durchschritten,
Und es tobet neu der Streit.

Lieben muß ich, immer lieben,
Sey's auch meines Lebens Grab,
Lieben werde ich noch drüben,
Sinkt zur Gruft das Herz hinab.

Kurz ist dieses bange Leben;
Bald geflüchtet aus der Zeit,
Wird die Seele liebend schweben
Wieder in die Ewigkeit.
(Band 1 S. 92)
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VIII. Sonett

Sey glühend oder kalt, wirst doch entzünden;
Mein Herz es muß dich leidenschaftlich lieben.
O Liebe! in Natur bist du geschrieben,
Es kann der Mensch nicht deine Macht ergründen.

Durch Liebe werden wir befreyt von Sünden,
Durch sie zur höchsten Tugend selbst getrieben,
Erloschen scheinend ist sie doch geblieben,
Wird desto glühender sich nur verkünden.

Und immer wieder brechen aus die Flammen,
Die Tage ohne Liebe trübe rinnen.
Mich drücket dumpfe Leere ohne Minnen.

Aus ihr die heiligsten Gefühle stammen,
Und Erd' und Himmel hält sie fest zusammen,
Entschwingt zur Ewigkeit der Geist von hinnen.
(Band 1 S. 94)
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IX. Sonett
An meine Frau

Wie Engel sanft, von ewig gleicher Güte
Und Milde, ruhig wie des Himmels Bläue,
So oft dein Wesen, lauter Lieb' und Treue,
Ein Bild der Tugend und der Anmuth Blüthe.

Es kennet nicht dein Herz die bittre Reue,
Das für das Edle einzig glüht und glühte;
Die Kindlichkeit in deiner Seele hüte,
Jedwelcher Tag erneute Wonne streue.

Gleich eines klaren Baches sanftem Fließen,
Der Frühling lieblich, reizend schön umwunden,
Sich froh bewegt durch blumenvolle Wiesen:

So ist die heitre Folge deiner Stunden,
Die sich in Seelenfrieden mild ergießen,
Durch dein Gefühl dem Himmel schon verbunden.
(Band 1 S. 107)
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Klage

Ach! das Schöne kann nicht dauern;
Aus des Paradieses Traum
Sinken wir zurück, zu trauern
In der Leere weitem Raum.

Dürfen nur den Himmel ahnen,
Nur im Vorgefühl das Glück,
Denn der Erde störend Mahnen
Stürzt uns immerhin zurück.

Doch wir leben unser Leben
In der Liebe Blüthe nur,
Fühlen uns durch sie erheben
Zu der edleren Natur.

Liebe führt zum Sterngefilde,
Giebt zu allem Großen Muth,
Leuchtet in der Gottheit Milde,
Und der Mensch durch sie wird gut.

Wenn das Schönere wir wissen
Und das Herrliche gefühlt,
Und es dennoch wieder missen,
Dieser Schmerz wird nie gekühlt.

Doch wer mag nicht Wonne kennen,
Wenn er sie auch bald entbehrt?
Kurz allein wird es uns trennen,
Die Vereinigung dann währt.
(Band 1 S. 111-112)
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An die Mädchen

Wenn die Blüthen des Frühlings Schnee auch plötzlich decket,
Schmilzt derselbe doch schnell, scheinet die Sonne darauf;
Also vergehet, o Mädchen! die Kälte, die zeigen ihr wolltet,
Bald im glühenden Blick. Immerhin sieget Natur.
(Band 1 S. 124)
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An einen Professor

Scherze mit Eros, spiel' mit dem neckenden schelmischen Knaben,
Fahre du immer so fort, bis er wird spielen mit dir.
Lange geduldig erscheint des Olympos kleinster Bewohner,
Jeden besiegt er doch, übet die herrschendste Macht.
(Band 1 S. 125)
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An die Geliebte

Immer ziehest du mich hold an wie die Bläue des Himmels.
Sehnend verweilet an ihr schmachtend der liebende Blick;
Selig verweilet der meine an deinen entzückenden Augen;
Ich vergesse der Welt, siehet mein Auge auf dich.
(Band 1 S. 126)
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XII. Sonett

Nicht sätt'gen kann ich je mich, dich zu sehen,
In deinem Anblick ist mein Wesen trunken,
Zur Flamme ward in mir der Liebe Funken,
In Liebe nur vermag ich zu bestehen.

Wie angerührt von Zauberdüfte Wehen,
Wenn du mir nah'st, in Seligkeit versunken,
Wenn mir dein Blick erwiedernd sanft gewunken,
In Liebe möcht' ich dann entzückt vergehen.

Es füllen meine Augen heiße Thränen,
Dir nahe weilend; doch von dir getrennet,
Verzehret mich das schmerzlich süße Sehnen.

Und aller Sprachen keine jemals nennet
Mein Fühlen, Wahrheit ist es und kein Wähnen;
Dem blieb die Liebe fremd, der es nicht kennet.
(Band 1 S. 128)
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An eine Dame

Verse verlangst du von mir; wie wünschte ich deren zu dichten,
Reizende, weil du es willst, folgsam dem Winke zu seyn!
Aber ein Weib ist die Muse, sie lächelt heute nicht günstig;
Sparsam blüht, wie in dir, Gleichmuth und Schönheit vereint.
(Band 1 S. 137)
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Zweyfaches Glück

Liebe ersehnte mich hier und zurück erwartet mich Liebe.
Zu beneiden der Mensch, welcher geliebet sich fühlt!
Liebe, Vertrauen, ihr seyd das höchste, das beste auf Erden,
Euch zu erstreben mein Hang, lohnet als schönster Gewinn.
(Band 1 S. 140)
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An **

Flimmernd scheinen unzählige Sterne mit lieblichem Lichte,
Ihres Schimmers erfreut, weilet auf ihnen der Blick;
Kommt jedoch die Sonne, erleuchten die Sterne nicht ferner;
Daß ich Schöne gesehn, glaubt' ich nicht, da ich dich sah.
(Band 1 S. 149)
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Liebe und Stolz

Sehnend will sich verschmelzen mit anderer Seele die Seele;
Nur in der Liebe Besitz finden Befriedigung wir;
Aber es rührt sich der Stolz, selbstständig der männliche Wille,
Wie der Mann doch allein, ringt nach Vereinigung er.
(Band 1 S. 150)
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Wirkung der Eifersucht

Wenn die Sonne dem Blick verborgen war durch das Gewölke,
Ist sie erfreulicher noch, leuchtet von Neuem sie uns.
Eifersucht peinigt uns Beide, zerstöret die Wonne der Liebe,
Glühender diese doch wird, wenn wir den Irrthum entdeckt.
(Band 1 S. 155)
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Gleichfalls an **

Liebe brachte zum Fall' dich und Liebe erhebet dich wieder,
So ja lieget vereint Gift und das Gegengift schon.
Heilige Liebe bewahre dich treu vor neuem Vergehen,
Aus der Gegenwart Nacht schwingt sie zum ewigen Licht.
(Band 1 S. 157)
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Die schnell Fliehenden

Junger Liebe Rosenschimmer
Bringt kein Wiedersehn zurück;
Goldne Zeit, du kehrest nimmer,
Du des Lebens schönstes Glück.

Kurz nur ist der Blume Blühen,
Wie dieselbe schnell verweht,
Endet junger Liebe Glühen,
Deren Zauber früh vergeht.

Immer kreisen gleich die Horen,
Täglich kehrt das Sonnenlicht,
Was einst war, wird neu geboren,
Nur der Liebe Blüthe nicht.

Ew'ges Sehnen! eitle Klage!
Junge Liebe, bist vorbey,
Nimmer kehren deiner Tage,
Nimmer wie des Lebens May.
(Band 1 S. 180)
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Vergebliche Warnung

Hüte dich vor Liebe,
Sie giebt Lebensqual;
Daß sie fern doch bliebe
Nach dem erstenmal!

Aber wer empfunden
Niemals ihre Macht,
Diesem ist verschwunden
Leben eine Nacht.

Er beschloß sein Leben,
Ehe er gelebt;
Kennet nicht das Schweben,
Das zum Himmel hebt.

Heiliges Empfinden!
Höchste Seligkeit!
Leiden euch umwinden,
Nie von Pein befreyt.

Seyd nur zu erwerben
Mit des Lebens Glück,
Tausendmal'ges Sterben
Für den Augenblick.

Hin ist unser Frieden,
Hin der frohe Sinn,
Sind von euch geschieden,
Trauer der Gewinn.

Ruhig fließ' dein Leben,
Fließe mild und klar,
Ohne sehnend Streben,
Heiter immerdar.

Hüte dich vor Liebe,
Sie giebt Lebensqual;
Daß sie fern doch bliebe
Nach dem erstenmal!
(Band 1 S. 184-185)
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Distichen
an die Geliebte

I.
"Ohne Liebe ist Rom nicht Rom," und bey dir nur die Liebe;
Also in Rom bin ich nur, bin ich mit dir es zugleich.

II.
An dich denk' ich in Rom, demnach durchströmt mich berauschend
Schönstes und Größtes zugleich, kenn' mich vor Seligkeit nicht.

III.
Viel des Schönen erblickt' ich, doch konnte ich kaum es bewundern;
Sah ich das Schönste doch ja, meine Geliebte, dich stets.

IV.
Laß aus dem Lethe mich trinken, o! laß mich alles vergessen,
Jetzt mich im Augenblick nur leben in Liebe und Rom.

V.
Nacht ist das Leben, die Liebe allein sie freundlich erhellet.
Liebe, ich folge dir ganz! führe du mich durch die Nacht.

VI.
O! hinaus in das Freye, es wird mir zu enge die Wohnung;
Wird dem Liebenden doch selber die Erde zu eng.

VII.
Hier ist's jetzo umwölkt, doch über dem Meer ist es helle,
Auch mir leuchtet es dort, Amor er leuchtet mir selbst.

VIII.
Was ich dem Mund nicht geglaubt, noch der Hand, das leuchtet mir selig,
Durch die Perlen des Aug's, jetzt in dem himmlischen Blick.

IX.
Sinnengenuß stürzt gleich in das Meer der bittersten Reue,
Der Entsagung entkeimt seliger, ewiger uns.

X.
"O! wie lieb' ich dich!" sage ich, höre ich immer beseligt,
Unerschöpflich ist ja Liebe, ist ewig uns neu.

XI.
Wenig bekümmere ich mich nunmehr um Paläste und Bilder,
Alles ist todt, es lebt Liebe allein und ich ihr.

XII.
Scheinet die Sonne, ob nicht, kaum merk' ich's, mich kümmert es nimmer,
Denn die meinige glänzt immer im liebenden Blick.

XIII.
Ungesucht empfänget der Mensch von dem Glücke das Schönste;
So ward Liebe von dir, Schönste, beseligend mir.

XIV.
Flamme ergriff dich, gleich, mich faßte nach Jahren erst Flamme,
Holte jene dich ein, beyde sind Eine nunmehr.

XV.
Ohne Liebe kann jetzo an Rom ich nimmermehr denken;
Sind sie beyde doch eins, sind das Erhabenste stets.

XVI.
Jede Stelle, an die ich von Rom mich erinnere, zeiget
Dich, Geliebte, es ist demnach mir Roma beseelt.


XVII.
Selige Tage in Rom, ihr seyd mir die Blüthe des Lebens,
Bin ich der Glücklichste doch! liebend geliebet zugleich.

XVIII.
In der großen Gesellschaft, wie arm ich beständig mich fühle,
Mit der Geliebten allein in dem Besitze der Welt.

XIX.
Zärtlicher bist du mir jetzo, nachdem du erkaltet geschienen;
Glänzt nach dem Regen doch auch Sonne uns glühender nur.

XX.
"Größer noch ist, als die Wunde am Bein, die Wunde im Herzen,"
Sagst du von dir, und dein Wort machet, daß meine nicht heilt.

XXI.
Düster war es und still, als ich saß an dem Lager der Kranken,
Aber der himmlischste Tag ward durch den Blick mir von dir.

XXII.
"Daß du noch zweifelst an mir, dieß schmerzet mich mehr als die Wunde."
Süßester Vorwurf, du heilst liebend, indem du verwund'st!

XXIII.
Italienische Glut mit teutschem Gefühle vereinend,
Bist, wie durch Schönheit, du auch durch dein Gemüth Ideal.

XXIV.
Du erschrickst nicht, wenn mich Begeistrung entschwingend ergreifet,
Glühend verstehest du mich, weißt, daß mich nähret die Glut.

XXV.
Wie in dem Thaue der Sonnenstrahl, spiegelt sich deines Gefühles
Liebende Glut in dem, welcher das Auge erfüllt.

XXVI.
Heftet mein Blick sich auf dich, dünkst du mir eine Erscheinung;
Ist's wie eine mir ja, daß ich geliebet von dir!

XXVII.
Sehe ich lange dich an, ergreift mich verwirrender Schwindel.
Das Ideale verträgt, ach! nicht des Sterblichen Blick.

XXVIII.
An mich
Klage nicht, daß zuweilen die himmlische Stirne getrübet;
Freut die Sonne doch mehr, war sie von Wolken bedeckt.

XXIX.
Müßig nicht können wir seyn, wir müssen uns immer beschäft'gen,
Was uns beschäftigt, es ist Liebe und Liebe allein.

XXX.
Gar zu empfindlich sind wir, das Geringste genügt uns zu trüben;
Sey ein Wölkchen auch klein, macht's, daß der Himmel nicht klar.

XXXI.
Immer seh' ich dich an, hab' niemals genug dich betrachtet,
An dem Schönsten erspäht immerhin Neues der Blick.

XXXII.
Häufig entzweyt und versöhnt, verwehret es unsere Liebe;
Wiedererworbenes hat größeren Werth für das Herz.

XXXIII.
Achte auf Niemanden sonst, nur dir, nur dir zu gefallen,
Ist doch das Schönste allein mehr als die übrige Welt.

XXXIV.
Thränen vergossest du, Gute, als ich in Gefahr dir geschienen;
Nicht verrinnet sind sie, ewig bewahrt sie mein Herz.

XXXV.
Von der Gewöhnlichen fordre man, daß sie dieselbe gewöhnlich;
Stets man die Sterbliche sieht, aber die Göttin erscheint.

XXXVI.
Für das Leben, o Liebende, hast du an dich mich gebunden,
Engel der Rettung wirst du, kettest der Tugend mich an.

XXXVII.
Deiner Liebe gewiß, kann ich doch die Wonne nicht fassen;
Kann die Seligkeit denn fassen der Sterbliche je?

XXXVIII.
Lange glimmte die Glut, doch plötzlich brach aus sie in Flammen,
Und sie steiget und steigt, bis sie den Himmel erreicht.

XXXIX.
Vielfach werd' du gemalt, soll uns dein Bildniß entstehen;
Was mit Worten ich thu', aber vollende es nie.

XL.
Wie bin ich traurig in der lautrauschenden Meng'! im Gefühle,
Daß ich geliebet von dir, o! wie beglückt auch allein.

XLI.
Leben und denken an dich, ist unzertrennlich verbunden;
Also lebe ich nur, denk' ich, Geliebte, an dich.

XLII.
Bin wie durch Zauber im Sommer, im Winter, im Herbst, bald im Frühling,
Zauber wechselt, doch bleibt der, der mich eigen dir macht.

XLIII.
Thor, der ich war, zu wähnen, mich würde die Menge zerstreuen,
Einsamer macht sie uns, wenn die Geliebte entfernt.

XLIV.
Ach! wie trübten wir viele der uns gegebenen Stunden;
Seines Lebens verdirbt selber das meiste der Mensch.

XLV.
Wie nur Wenigen, reicht das Glück mir seine Geschenke.
Dein, dein Retter zu seyn, was zu vergleichen ist dem?

XLVI.
Lebe blos in der Zukunft und in der Vergangenheit Dämmrung;
Bey der Geliebten allein leb' ich im Heut' und das ganz.

XLVII.
Still jetzt glimmet die Glut, die hoch einst stürmisch gelodert;
Sie erreget dein Blick, nur daß auf's Neue sie flammt.

XLVIII.
Wie war doch alles anders im vorigen Jahre gewesen!
Meine Gedanken nur nicht, weilen für ewig bey dir.

XLIX.
Blumen, die ohne die Sonne entfaltet, entbehren den Schimmer;
So die Gedanken, wenn ich Dich, die mir Sonne, nicht seh'.

L.
Alles find' ich in Rom, so wie ich es früher gelassen,
Auch mein liebendes Herz, Sehnen, Geliebte nach dir.

LI.
Fesseln will mich die Stärke, doch mächtiger zieht mich die Liebe;
Amor sieget und ich eile von Roma hinweg.
(Band 1 S. 189-200)
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Auf dem Meere
An **

Endlos dehnt sich das Meer und endlos dehnt sich der Himmel,
Ohne Ende wie sie währet die Liebe für dich.
(Band 1 S. 222)
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XIV. Sonett
Der Sicilianerinnen Augen

Kein Feuer, Glut, was strömt aus euren Augen,
Ein namenloses sehnendes Verlangen,
Um liebend Gegenliebe zu empfangen,
Entzücket Seel' in Seele zu verhauchen.

Ein neues Daseyn ist mir aufgegangen,
In's Meer der Wonne fühle ich mich tauchen,
Der Augen Strahlen möcht' ich ewig saugen,
Mein Blick möcht' an dem ihren ewig hangen.

Her aus der Aetna diese Gluten stammen,
Sind wie die seinen unvergänglich während;
Aus eigner Glut ist sich die Glut ernährend.

Des Zaubers Macht vereinigt sich zusammen
In eurer Augen allgewalt'gen Flammen.
Nicht lebt, der eurer Nähe ist entbehrend.
(Band 1 S. 229)
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XV. Sonett
Der Römerinnen Augen

Wer könnte jemals nennen das Beglücken,
In eurer Augen Liebesglanz zu sehen!
Vor meinen Erd' und Himmel da vergehen;
Es ist der Lebensblüthe wonn'ges Pflücken.

Wie mag'sche Lüfte aus Elysium wehen,
So bringen eure Augen mir Entzücken,
Aus diesem Leben sie mich hehr entrücken,
Kein Sterblicher vermag zu widerstehen.

Ihr Blick ist Sonnenstrahl, der Blindheit bringet,
Wir nahen ihm nicht lange unversehret,
Der Himmel weilt in eurem Aug' verkläret.

Beseliget, dem Liebe es gewähret!
Lebend'ges Feuer, das zum Himmel dringet;
Die Sinne schwinden, Seele sich entschwinget.
(Band 1 S. 251)
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XVI. Sonett

In heft'ger Brandung ward das Schiff getrieben,
Ein traurig Spiel der Winde und der Wellen,
Es drohte an den Felsen zu zerschellen,
Und überall war Untergang geschrieben.

Die erst gelockt, sich dann entgegen stellen,
Daß irrend durch das Klippenmeer getrieben,
Ihm selber keine Hoffnung mehr geblieben;
Es schien nicht das Gewölk sich aufzuhellen.

Da taucht die Liebesgöttin aus den Wogen,
Hingebend ist das Schiff ihr nachgezogen,
Es folget ihr, sie hat es nicht betrogen.

Besel'gend führt der Ruhe sie entgegen,
Und nimmermehr kann sich der Sturm bewegen.
Ich sehe dich, und Streit und Qual sich legen.
(Band 1 S. 232)
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XVIII. Sonett
Raphaels Galathea in der Farnesina zu Rom

Triton will sich an die Najade schmiegen,
Der eine faßt die andere entzücket,
Auf Galathea's Antlitz, hold geschmücket,
Beseligend sich alle Reize wiegen.

Nicht braucht's, daß Pfeile werden abgedrücket
Von diesen Liebesgöttern, welche fliegen;
Nur wollen darfst du, Nymphe, um zu siegen,
Dein Blick aus dieser ird'schen Welt entrücket.

Und alles lebt und liebet froh erreget,
Und eilt in freudigem Gedräng' beweget,
Es hat sich jedes Lüftchen nun geleget.

Und Erd' und Himmel nie so milde ruhten;
Delphine führen dich auf zarten Fluthen,
In deinen Augen sehnen stille Gluthen.
(Band 1 S. 237)
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Liebessehnen

Mein erster Gedanke,
Mein letzter Gedanke,
Geliebte, bist du;
Wenn ich erwache,
Wenn ich entschlummre,
Gedenke ich dein.

Von dir kaum geschieden,
Verlangt es mich sehnend
Von Neuem zurück;
Ich zähle die Stunden
Mit heißem Verlangen
Dich wiederzusehn.

Es dränget die Seele
Zur glücklichen Nähe,
Ich eile zu dir;
Wenn ich dich gefunden,
So bin ich beseligt,
Im Himmel schon hier!
(Band 1 S. 247)
_____



Wiedersehen

Auf die Nacht erfreut des Tages Kommen,
Freundlich schöner grüßt der Sonne Schein,
Anmuthsvoller glänzt, was uns genommen,
Frisch erlangt, nach Trennung der Verein.
Sollt' sich gleich verändernd alles drehen,
Bleibet labend doch das Wiedersehen.

Her durch der Entfernung herbe Schmerzen,
Durch des Seelenleidens tiefe Qual,
Wie der Stern dem Schiffer, leuchtet Herzen
Stärkend durch die Nacht der Liebe Strahl.
In des Abschieds namenlosen Wehen
Fühlet sich's, daß wir uns wiedersehen.

Hat auch lange Trennung uns getroffen,
Schwebet meine Seele doch bey dir,
Ist erfüllt von ewig festem Hoffen,
Lieb' dich ferne, liebe dich wie hier;
Eine Stimme, die nicht wird vergehen,
Spricht: wir werden uns doch wiedersehen.
(Band 1 S. 248)
_____



Das wahre Leben

Die von uns getrennte Geliebte erscheine im Traume,
Leben wird dann der Schlaf, Träumer der Wachende nur.
(Band 1 S. 249)
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XXXI. Sonett

An deinen Blicken möcht' ich ewig hangen;
Sie sehend Raum und Zeit vor meinen schwinden;
Geliebt sich fühlend, seliges Empfinden!
Daß nie ich sagen muß: "Es ist vergangen."

Mich an dein Wesen Zauberkräfte binden;
Befreyt von jedem irdischen Verlangen,
Will Liebe nur für Liebe ich empfangen,
Beglückter! denn ich durfte dich ja finden.

Geweihte Augenblicke sind gegeben,
Die plötzlich kommen, niemals sich erneuen,
Entscheiden für des Menschen ganzes Leben.

Wenn er sie nicht ergreift, wird er's bereuen,
Sie ruft zurück kein Sehnen und kein Streben;
Lass' Saat jetzt für die Ewigkeit uns streuen.
(Band 1 S. 306)
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An die Liebe

Lieben will ich, ewig, ewig lieben!
Lieben ist die Seele der Natur,
Flammend steht sie überall geschrieben,
Alles zeiget ihre heil'ge Spur.

Ohne Liebe wäre nicht die Erde,
Ohne Liebe selbst der Himmel nicht;
Liebe, welche sehnend ich begehrte,
Du allein bist meines Lebens Licht.

Deine Feuerstrahlen lass' mich saugen,
Nicht an Zukunft denken, nicht zurück,
In dein Glutenmeer entzückt mich tauchen,
Fühlen, fühlen nur in dir mein Glück.

Blos die Liebe kann die Liebe lohnen,
Nur dem Herzen schenket sich das Herz;
Ohne sie sind eine Last die Kronen,
Ach! es heilt kein Thron des Herzens Schmerz.

Einstens wird der Glaube selbst zum Schauen
Und die Hoffnung wird Besitz einmal,
Lieb' nur bleibet, in des Himmels Auen
Flammt beseligend ihr ew'ger Strahl.
(Band 1 S. 307)
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An die Liebende

Rastlos getrieben,
Immer zu lieben,
Nie aus dem Himmel kehrend zurück,
Freudiges Schweben,
Seliges Leben,
Dieß ist mein Sehnen, dieß ich mein Glück.

Ferne der Erde,
Schon ein Gefährte
Seliger Geister beseligt zu seyn;
Glühend zu fühlen,
Nie zu erkühlen,
Leben und lieben in ew'gem Verein.

Stürmen die Wogen,
Wölbet ein Bogen
Sich von der Erde zum Himmel hinauf:
Dieser ist offen
Unserem Hoffen,
Nimmt die Liebenden liebevoll auf.
(Band 2 S. 78)
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Der Liebende an die Liebende

Vergessen lasse mich die läst'ge Würde,
Vergessen sie und ihre schwere Bürde,
Vergönne mir doch wieder, Mensch zu seyn.
Enteilend aus der Stolzen engem Kreise,
Errettend mich aus seinem ew'gen Eise,
Verlangt es mich nach herzlichem Verein.

Was Schlimmes auch die arge Welt mag denken,
In Lethe's Fluthen wollen wir's versenken,
Verkümmern soll es nicht was uns beglückt.
Wir lieben uns, wir haben innern Frieden,
Das Schönste was dem Menschen ist beschieden,
Im Himmel selbst nicht Schöneres entzückt.

Ich liebe dich, o! lass' mich's endlos sagen,
Das Herz in rastlos heft'ger Glut mir schlagen,
Empfinden dieses einzige Gefühl.
Du liebest mich, laß mich dieß ewig hören,
Die Welt vermag nicht dieses Glück zu stören,
Uns faßt es nicht, ihr lärmendes Gewühl.

Es lacht bey dir mir frisch des Lebens Morgen,
Es liegen tief dann unter mir die Sorgen,
Dem heiligen Asyle sie nicht nah'n.
Die Ketten von den Händen sind gefallen;
Der ich ein Sclave sonsten nur von Allen,
Bin selig dann, wenn dich die Augen sah'n.

Der Unterschied des Standes ist verschwunden,
Wenn sich zwey Herzen liebevoll gefunden,
Vereiniget der Freundschaft ew'ger Bund.
Erhebend sie aus diesem nicht'gen Leben,
Ist Gleichheit wie nach ihm bereits gegeben,
Mit trautem Du besiegelt es der Mund.

Nicht fassen kann die Welt uns, sie wird irre,
Was kümmert uns ihr thörichtes Gewirre!
Wir lieben schuldlos uns, das ist genug.
Verläumden kann sie einzig und beneiden,
Es ist nicht möglich, solches zu vermeiden,
Daß Herzen glücklich sind, sie nie ertrug.

Was je noch kam, hat bald sich weggewendet
Und alles sich erneut und wieder endet,
Wie unaufhörlich kommt und schwind't die Zeit;
Es bleibt von ihr nur Freundschaft unberühret,
Die sicher durch's verworr'ne Leben führet,
Dir hab' ich unverbrüchlich sie geweiht.
(Band 2 S. 81-82)
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Der Kranke an die Geliebte

Ein Sonnenstrahl in meines Kerkers Nacht,
Entzückte dein beseligend Erscheinen;
Zum Leben wieder fühlt' ich mich erwacht,
Wie du geschieden, mußte gleich ich weinen.

Verödet war der endelose Raum,
Geschlossen hatte sich der Himmel wieder;
Verloren, ach! da ich's gefunden kaum,
War mir das Glück, es beugt die Seele nieder.

Verlassen nun, mit meinem Schmerz allein,
Das Auge starret in die finst're Leere;
Ergriffen ist der Geist von herber Pein,
Gedrücket von des Schicksals ganzer Schwere.

Entbehre deines Anblicks Seligkeit,
Mit ihm muß alles, alles ich entbehren,
Von dir getrennet, der ich mich geweiht,
Kann mir das Weltall keinen Trost gewähren.
(Band 2 S. 85)
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Der unsichere Liebende

Ew'ges Verlangen,
Hoffen und Bangen
Heben, erregen das Herz;
Endloses Sehnen,
Glauben und Wähnen
Füllen mit Wonne, mit Schmerz.

Hölle und Himmel,
Sel'ges Gewimmel
Folternde gräßlichste Pein;
Wechselnd Bewegen,
Nie will sich's legen,
Ruhig kann nimmer ich seyn.

Blicke entzücken,
Blicke berücken,
Tödtend, belebend sind sie;
Zweifel bestürmet,
Eifersucht thürmet
Schrecken auf Schrecken uns hie.
(Band 2 S. 87)
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Der überzeugte Liebende

Holde Ruhe, süßer Frieden
Sind dem Liebenden beschieden,
Welcher fühlet sich geliebet,
Immer seine Wonnen neue,
Endlos, wie des Aethers Bläue,
Die den Himmel still umgiebt.

Fern von ihr die Zeit nicht ziehet,
Pfeilschnell aber sie entfliehet,
Stunde wird zum Augenblick
In der Nähe der Erkornen,
Der allein für ihn Gebornen
Durch ein gütiges Geschick.

Und geendiget das Wähnen,
Und gestillet ist das Sehnen,
Dem Vergänglichen entrückt,
Kennt nicht Wünsche mehr noch Sorgen,
Gleich dem Heut ist ihm das Morgen,
Jedes liebevoll beglückt.

O! ich bin's in deiner Nähe,
Selig ganz, wenn ich dich sehe,
Weile in dem Himmel schon,
Alles andre ist verschwunden,
Dich, dich! habe ich gefunden
Lieb' ist's Höchste, nicht der Thron.
(Band 2 S. 88-89)
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XXXVIII. Sonett

Möcht' diese Uhr beständig vor doch gehen,
Beschleunigt zeigen uns den Tanz der Horen,
Der immerhin von neuem wird geboren,
Wenn sich uns naht die Zeit zum Wiedersehen.

Doch selbst nicht nachgehn, stille soll sie stehen,
Wenn deinen Tönen lauschen meine Ohren,
Die liebend Polyhymnia erkoren;
O! könnte mein Verlangen dieß erflehen.

Mit einem Bande hast du mich gebunden,
Mit ew'ger Kette aber fest umwunden
Hält mich dein Werth, den innigst ich empfunden.

Der Tugend bleibe treu, ihr nie entsage,
Daß niemals ihre letzte Stunde schlage!
Unendlich währen würde meine Klage.
(Band 2 S. 91)
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Aus Palermo

Ueber das Meer hin,
Ueber die ewigen Wogen
Meine Gedanken flieh'n,
Sehnend nach Jenseits gezogen.

Dorten ein Herz schlägt,
Hold in dem Frühling der Liebe;
Hin es die Seele trägt;
Daß es mir immer doch bliebe!

Dorten ein Weib zeigt,
Was von den Grazien wir lesen;
Was nicht die Kunst erreicht,
Lebt in dem lieblichsten Wesen.

Keine ist Ihr gleich,
Keine der Herrlichen allen,
Deren die Welt reich
Scheint vom Olympos zu wallen.

Mein ist ihr Herz, mein!
Seligkeit! kann dich nicht fassen,
Lass' sie mir ewig seyn,
Kann von derselben nicht lassen.

Feuriger strömt's Blut,
Dorthin die Wünsche mir flammen,
Athme allein in Glut;
Liebe! du führ' uns zusammen!
(Band 2 S. 104-105)
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XLV. Sonett

Verkünden möchte ich's der Welt, verkünden,
Daß sie mich liebt, daß ich das Glück genossen,
Daß ihrem Herzen Lieb' für mich entsprossen.
Wer könnte dieses Wonnemeer ergründen!

Es ahne selbst der Freund nicht dieß Verkünden;
Er wisse, daß der Pfeil mein Herz durchschossen,
Doch ewig, ewig sey auch ihm verschlossen
Des ihrigen durchwonnendes Entzücken.

Daß von den Lippen Flammen ich gesogen,
Daß glühend sie das Seligste gestanden,
Wie unsre Blicke in einander brannten,

Das bleibe jedem Sterblichen entzogen,
Er höre nie, wie sie mir ist gewogen;
Es stirbt das Glück, wie es die Menschen nannten.
(Band 2 S. 116)
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XLVI. Sonett

Aus Aether zart gewobenes Gebilde,
Vom Hauch der Anmuth zauberisch umflossen,
Du, über die die Grazien ergossen
Die Fülle ihrer Reize, ihre Milde.

Der Erde bist du, Schönste, nicht entsprossen,
Du nahest uns aus himmlischem Gefilde,
Es sinkt an deiner Tugend festem Schilde
Ein jeder Pfeil, der gegen sie geschossen.

Belebend und selbst lebend in den Strahlen
Erhabner Seelenliebe, reinen Gluten,
Entschwingst den Menschen du zum Idealen.

Das Ird'sche reißt die Zeit in ihre Fluthen,
Dem sündlichen Genuß entkeimen Qualen,
Doch ew'ger Lohn wird hier bereits dem Guten.
(Band 2 S. 117)
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XLVII. Sonett

Jetzt über Venus üpp'gem Reich erhoben,
An welches sclavisch lange ich gekettet,
Auf einem Felsen stehe ich gerettet.
Es rauschet unter mir der Lüfte Toben.

Ihr Sinnenreize seyd für mich zerstoben,
Ihr seyd, als wenn ihr nie gefaßt mich hättet;
In Seelenruhe ist mein Seyn gebettet.
Nach unten nicht, es geht mein Blick nach oben.

Ich bin so überselig! bin verkläret!
Und Luft und Erde sind mir nun erheitert,
Durch Liebe ist der Himmel mir erweitert.

Die Glut, die mich durchströmt, mich nicht verzehret,
Mich wonnend der Geliebten ihre nähret,
Auf meine Tugend jeder Angriff scheitert.
(Band 2 S. 118)
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XLVIII. Sonett

Verstummet sah ich, konnte gar nichts sagen,
Dem Munde war die Fähigkeit entnommen,
Doch was aus unserm Blicke da gekommen,
In keiner Sprache ist's zu übertragen.

Mir war so wohl und dennoch so beklommen,
Als unsre Hände in einander lagen,
Wir hörten unsre Herzen schmachtend schlagen,
In Liebeswonne sind wir da geschwommen.

Es war ein sehnsuchtsvolles träumend Wachen,
Getrennet waren wir und doch vereinigt,
Von süßem Schmerz beseligt und gepeinigt,

Nicht spürend, daß der Neider Zungen stachen;
Ein auf der Götter Wink verhüllter Nachen
Im Schiffe-Kreis, in Liebesfluth gereinigt.
(Band 2 S. 119)
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Erfolgloses

Alle meine Sinne schwinden,
Mir verrinnt die ganze Welt,
Ahnend wirbelndes Empfinden
Meinen Busen sehnend schwellt.

O! in dir möcht' ich versinken,
Mit dir werden eine Glut,
Tod und Leben aus dir trinken,
Stillen höchste Liebeswuth.

Meine Arme schon erfassen
Unvergleichlichsten Genuß.
Nein! von dir kann ich nicht lassen,
Sey du meines Daseyns Schluß.

Streb' den Knoten zu zerspalten,
Den ich selig einst geschürzt,
Fürcht' Befried'gung zu erhalten,
Alles um mich schwanket, stürzt.

Ach! was ich mir selbst erkoren:
Reiner Seelen heil'ger Bund,
Geht so schnelle mir verloren,
Geht durch meine Schuld zu Grund.

Wonne nur kann ich empfinden
Jetzt in dem, was Fluch enthält.
Lasse mich im Staube winden!
In dem Kampf mein Herz zerschellt.

Zitternd schaudre ich zurücke,
Weine, wenn mein Streben siegt,
Bebe vor dem süßen Glücke,
Hölle hinterm Himmel liegt. -

Doch nach Sturmes grausem Toben
Wird der Himmel wieder klar,
Heiter leuchtet es von oben
Und vorbey ist die Gefahr.

Und der Friede kehret wieder
In die ruhige Natur,
Freundlich scheint die Sonne nieder,
Es verschwand des Sturmes Spur.

Nur gesündigt in Gedanken,
Nicht berührt mit Wirklichkeit,
Tret' ich in der Tugend Schranken
Wieder, böser Lust befreyt.

Wie der Phönix aus den Gluten
Herrlicher zum Himmel kreist,
Kehr' ich besser zu dem Guten.
Ueber Körper sieget Geist.
(Band 2 S. 120-121)
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XLIX. Sonett

Nur Eins und auf das Höchste mannichfaltig
Ist's Schöne, bist du, Schönste ja von Allen;
Gefällst, entzückst, nicht suchend zu gefallen,
Du, deren Inneres ist so gehaltig.

Ich seh' ein Ideal verklärt dich wallen,
Du, Seelenvolle, herrschest allgewaltig.
Daß du bereits entschwebest mir so baldig!
Doch blos die Töne, sie allein verhallen.

Der Künstler hat mit seltenem Geschicke
Dich aufgefasset in dem Silberblicke,
Damit es glühend immer mich erquicke.

Italien mit Teutschland zart vereinet,
Was wonnend, Herrliche, in dir vereinet,
Er zeigt's, indem durch ihn dein Bild erscheinet.
(Band 2 S. 122)
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L. Sonett

In Wonnefluthen unsre Herzen schwammen,
Nicht zu einander fühlten sie sich neigen,
Sie waren selig eins dem andern eigen,
Die Seelen waren eine nur zusammen.

Die in dem Sterblichen sich plötzlich zeigen,
Die uns mit sich erhebend reinen Flammen
Nicht von der Erde, von dem Himmel stammen,
Zu seinen Höhen wiederum entsteigen.

Das, was im Schoos der Ewigkeit gegründet,
Des Zeitgebornen Schicksal nicht erfahret,
Wenn's in dem Strom der Zeit sich auch verkündet.

Wie gegenseitig sich geoffenbaret,
Die Seelen gleich der Liebe Funke zündet,
Und ewig wird die heil'ge Glut bewahret.
(Band 2 S. 123)
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An das Vergangene

Die Welt erscheint ein Zauberspiegel,
Beschienen von der Liebe Strahl,
Auf Alles drücket sie ihr Siegel,
Dem Willen bleibet keine Wahl.

Und folgen muß er, denn es bindet
Unwiderstehliche Gewalt,
Wenn gleiches Herz das seine findet,
Durchglüht es beyde alsobald.

Und auch das meine hat's durchglühet
Und glühen wird es immerfort,
In mir die Liebe nie verblühet,
Die Liebe ist mein Schutz und Hort.

Sie blieb und endeloses Sehnen
Nach dir, Geliebte, mir allein,
Es blieben mir die stillen Thränen
Und des Getrenntseyns herbe Pein.

Wie feuriger den Himmel malet
Die Sonne, wenn von ihm sie schied,
So in Erinnrung schöner strahlet
Das, was das Auge nimmer sieht.

Zurücke winket aus der Ferne
Die schnellenteilte Wonnezeit,
Zu ihr wie gerne, o! wie gerne
Entflöh' der Gegenwart ich weit.
(Band 2 S. 126-127)
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Im Spätherbste an die Geliebte

Harmonie will jetzt umfangen
Meine Seele und Natur,
Auch in dieser ist vergangen
Bald der Freude letzte Spur.

Wie in ihrem heil'gen Schoose
Sie die Wärme aufbewahrt,
Glut versteckt der Liebe Rose
Mir im Herzen mild und zart.

Beyde weilen so verborgen,
Welche schönre Zeit erschuf,
Auf erneuten Lebens-Morgen
Wartend, auf des Lenzes Ruf,

Froher dann sich zu entfalten
In dem wonnevollen Licht,
Wenn die Sonne frisch wird walten,
Wenn's von dir mich trennet nicht.
(Band 2 S. 132)
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An die Nämliche

Tage kommen, Tage weichen,
Sie umfänget düstres Schweigen,
In dem öden, öden Raum
Malet sich der Liebe Traum.

Die dem Geist sich tröstend zeigen,
Sehnend sich die Hände reichen
In des Heute stiller Zeit,
Zukunft und Vergangenheit.

Und den Traurigen sie fassen,
Nimmermehr von ihm sie lassen,
Führen liebevoll von hier
Mich zum Ideal, zu dir!
(Band 2 S. 133)
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Das Eingetroffene

Aus dem traulichen Baumgang hatte ich, Träumender einstens
Diese Pforte heraus gegen mich kommen gesehn
Ein mich liebendes Mädchen, und nunmehr walle ich wachend
Selig Arm in Arm mit der Geliebten daselbst.
(Band 2 S. 134)
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Gleichfalls an die abwesende Geliebte

Poesie ist mir entnommen,
Mit ihr Lebenslust,
Ach! wie ist mir jetzt beklommen
Schwertmuthsvoll die Brust.

Und der zauberische Schimmer
Glüh'nder Phantasie,
Auf die Erde fällt er nimmer,
Grau ist alles hie.

Wie der Himmel grau die Erde,
Ohne Licht ist's hier;
Gram mein einziger Gefährte,
Leben nur bey dir.

Leben, Freude, Sonne, Himmel
Deine Liebe mir!
Wonnig seliges Gewimmel,
Wenn vereinigt wir!
(Band 2 S. 135)
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LII. Sonett

Im Frühlingsschmucke prangen viele Gärten,
Die, offen, mich zu holden Blüthen laden,
In ihren lauen Lüften mich zu baden;
Berührt doch dürfen sie von mir nicht werden.

Verboten, außer einem, mir auf Erden
Sind alle, zwar enthält er Blumensaaten,
Doch kommt zu ihm man nur auf steilen Pfaden
Und kalte Aufnahm' wird für die Beschwerden.

Der Liebe süße Stimmen zaubrisch tönen,
Es lockt in Liebesstrahlen mich zu sonnen,
Doch wie ich folge, folgt des Vorwurfs Stöhnen;

Wie ich's umfasse, ist das Bild zerronnen,
Verweht der Reiz, wie ihm die Sinne fröhnen,
Verloren ewig, was ich glaub' gewonnen.
(Band 2 S. 138)
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LIII. Sonett

Wenn mir verführerische Blicke winken,
Daß ich vom Pfade nicht der Tugend scheide,
Verhinderst du, daß ich auf ihm nicht gleite,
Wenn's in der Schönheit Arme drängt zu sinken.

Der Wollust Küsse dürstet mich zu trinken,
Ein Engel stehest du jedoch zur Seite,
Beschützend gebend sicheres Geleite,
Ob Firmamente gleich von Augen blinken.

So, rettend, führe mich durch's ganze Leben,
Du, Himmlische, vom Himmel mir gesendet,
Und liebend laß' mich einst zu ihm entschweben.

Dich sieht mein Geist und nie wird mehr verblendet
Der Blick von Sinnenlust, die nie gegeben
Befriedigung, den Frieden nur entwendet.
(Band 2 S. 139)
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LV. Sonett

In deinen Blicken ewig mich zu sonnen,
Verlangt mein rastlos sehnendes Gemüthe.
Bewundern immer dürfen deine Güte,
Die Seligkeit bereits hätt' ich gewonnen.

Sie wurde mir des Daseyns schönste Blüthe,
Wär' auch des Lebens Faden ausgesponnen,
Wenn meine Tage jetzt bereits zerronnen;
Du glühtest ja für mich, wie ich dir glühte,

Und werden glühen für einander immer,
Uns trügt kein Wahn, uns täuschet auch kein Schimmer,
Uns bleibt der Liebe magisches Geflimmer.

Indem sie liebend immer sich verzehret,
Die eine Glut die andere ernähret,
Verändrungslos in uns sie ewig währet.
(Band 2 S. 144)
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LVI. Sonett

Auf kurze Zeit nur dürfen beyde Sphären
Sich nahen, um von Neuem lang zu scheiden;
Was nie sich trennen möchte, muß sich meiden,
Das kaum empfundne Glück so bald entbehren.

Obwohl den Trennungsschmerz sie müssen leiden,
Kann doch das Wiederfinden nichts verwehren!
In ew'ger Sehnsucht sie zurückekehren,
Das Wiedersehn wird immer wieder Beyden.

Nicht weichen dürfen sie aus dem Geleise,
Die endlos unterworfen dem Geheiße
Sind der Natur, die festgesetzt die Kreise.

Wenn Kronos doch zurück die Sterne bringet,
Dann Glut von einem zu dem andern dringet,
Zu ew'gem Feuerkreis sich selbe schwinget.
(Band 2 S. 145)
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Vorgenuß

Lieb' und Lieder
Gebe wieder,
Wonnetrunknen Seelenschwung;
Schenke diese schönste Himmelsgabe,
O! berühre mit dem Zauberstabe,
Daß mich fasse die Begeisterung.

Gieb die Weihe,
Mich befreye
Aus dem dumpfen schweren Dunst,
Lass' in den kastal'schen Quell mich tauchen,
Lüfte vom Parnaß berauschend saugen,
Gieb der Freundin mich zurück, - der Kunst!

Mich erhebe,
Gebe, gebe
Meinem Geist das hehre Bild.
Bis sie sich zur Wahrheit wird gestalten,
Lass' in mir die Dichtung tröstend walten,
Zukunft leb' bereits im Herzen mild.

Sie ertheile,
Daß ich eile
Aus der Gegenwart entrückt,
Lasse auf des Lied's harmon'schen Schwingen
Sehnend zu der Liebenden mich dringen,
Von der Liebe heil'gem Strahl durchzückt.

Fühl' mich schweben,
Mich's erstreben,
Hör' bereits den sanften Ton,
Und was Erd' und Himmel Schönes bieten,
Was dem Allerglücklichsten beschieden,
Siehet mein entzücktes Auge schon.
(Band 2 S. 146-147)
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LVII. Sonett

Entzücken hauchet deines Wesens Milde,
Ein himmlisches beseligendes Wehen;
Wir können nichts in deiner Näh', als sehen
Dich herrliches ätherisches Gebilde!

Vor dir, Holdselige, wir sprachlos stehen,
Es wird durch deinen Anblick sanft der Wilde,
Die Erde paradiesisches Gefilde;
Der Eindruck bleibt, ob Jahre auch vergehen.

Doch bald erbleichen muß der Rosenschimmer,
Mit Hebe schwebet weg die zarte Blüthe,
Entführt durch Kronos, und sie kehret nimmer.

Durch deine Sanftmuth, deine Engelsgüte
Wirst herrschen du, Einnehmende, doch immer
In jedem unverdorbenen Gemüthe.
(Band 2 S. 148)
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Auf dem Meere
An die Geliebte

Wechselnd sinkt das Schiff und schwebt
Auf des Meeres hohen Wogen,
Unterm großen Himmelsbogen,
Doch zu dir mein Geist sich hebt.

Was auch bringe das Geschick,
Mit den Wellen sterbend ringend
Wird zu dir noch sehnend schwingend
Richten sich mein letzter Blick.
(Band 2 S. 154)
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Die Ulme und die Rebe
An die Geliebte

Sieh, wie die Rebe sich rankt
Um die Ulme, ihr dankt,
Daß diese sie, die sich erhoben,
Schützend erhalte auch oben.

Siehe darinnen das Bild,
Wie du so liebend und mild
Innig an Tugend mich bindest,
Ewiger Treue mich findest.
(Band 2 S. 155)
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An meine Frau
Im Jahre 1828

Du verkennest mich nicht, obgleich mich die Menge verkennet,
Unerreichbares Weib, trefflichstes, welches gelebt!
Und so trage ich leicht das Schicksal, das mich getroffen;
Scheint uns die Sonne, dann wird anderes Licht nicht vermißt.
Nicht die Zahl der Stimmen bestimmet den Werth, nur die Güte;
Da du, Beste, für mich, schmerzen Verläumdungen nicht.
Herrlich in leuchtendem Glanze erregest du stete Bewund'rung.
Hätt' ich nicht Andre geliebt, liebte ich dich nicht so sehr,
Würde nicht kennen die Fülle der Schönheit des edelsten Herzens;
Ideal bist du immerfort deines Geschlechts.
Du Seelvolle, du zwingst die Seele, dich hehr zu verehren,
Und mein Wesen, es ist innigst mit deinem verwebt.
Wird der Wipfel der Eiche vom Wind auch zuweilen beweget,
Wurzelt sie dennoch fest, ewig die Liebe für dich.
(Band 2 S. 169)
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Gleichfalls an die Abwesende

Immer glaub' ich dich zu sehen,
Dich, nach der mein Herz sich sehnt;
Immer muß der Traum verwehen,
Doch das Herz von neuem wähnt.

Rings um mich ist jetzo Leere
Und ich stehe so allein!
Auf mich drückt des Daseyns Schwere,
Es verschwand der Zauberschein.

Hast es ja mit dir genommen,
Was dem Leben Reiz verlieh,
Nur von dir ist er gekommen,
Ohne dich wie traurig hie!

Alles rufet Wonnestunden
Mir zurück, die schönste Zeit,
Läßt mich fühlen, daß verschwunden
Mir bereits die Seligkeit.

Du, die Seele meines Lebens,
Mir die Seele der Natur,
Ach! ich suche dich vergebens,
Alles zeigt doch deine Spur.

Alles zeiget was vergangen,
Aber mir's im Innern spricht:
Daß erfüllt wird mein Verlangen,
Daß die Trennung währet nicht.
(Band 2 S. 174-175)
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Auch an die Geliebte

Geliebt zu seyn,
Es ist das seligste, das Ende
Die größte Pein.
Daß Liebe nie von mir sich wende!

O! bleibe mein,
Hindurch das ganze lange Leben;
Ich bleibe dein,
Bis unsre Seelen einst entschweben!

Und du allein,
Wo wir uns liebend wieder finden,
In dem Verein
Kann nur uns Seligkeit umwinden.
(Band 2 S. 179)
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Der Stumme an die Geliebte

Worte können es nicht sagen,
Nur den Blicken ist's gewährt,
Was mein Herz macht glühend schlagen,
Was es sehnsuchtsvoll verzehrt.

Wenn des Tages Lärmen schweiget,
Lautlos herrscht die stumme Nacht,
Sich zu dem Geliebten neiget
Luna in der stillen Pracht.

Stille nur die Sterne blinken
In dem gränzenlosen Raum,
Stille sie hinauf uns winken
Aus des Lebens flücht'gem Traum.

Wird's den Menschen ganz beglücken,
Ist dem Schweigen er geweiht;
Stumm ist immer das Entzücken,
Stille ist die Seligkeit.

Lasse du auch mich bekennen,
Was in Schweigen eingehüllt;
Keine Sprache könnt' es nennen,
Was das Herz mir ewig füllt.
(Band 2 S. 184)
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LXVI. Sonett
An mein abwesendes Weib

Mich drängt's, nach dir die Arme auszubreiten,
Geliebtes Weib, dich glühend zu umfangen,
Beseliget an deinem Mund zu hangen,
Um niemals von demselben mehr zu scheiden.

Nach deinen Reizen strebet mein Verlangen,
Durchwonnt an deinem Anblick mich zu weiden,
Um den die Götter selber mich beneiden,
Die nie ein holdes Weib gleich dir errangen.

Zu meines Lebens Glücke du Geborne,
Von meinem Herzen liebevoll Erkorne,
Dich darf ich hochentzückt die Meine nennen.

Bist zwar für jetzo eine mir Verlorne,
Doch bald wird es von dir mich nimmer trennen,
Auf deinen Lippen bald die meinen brennen.
(Band 3 S. 19)
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Oertliche Erinnerung

Alles rufet hier der Liebe Stunden,
Alles hier der Liebe süßes Glück,
Seligkeiten, welche längst verschwunden,
In die Seele, sehnend, mir zurück.

Diese Quelle murmelt Liebeslaute,
Jenes Echo ruft dieselben nach,
Himmelstöne, die entzückt die Traute
Zum Geliebten herzentzückend sprach.

Sahen hier die Sonne untergehen
In das grenzenlose ew'ge Meer,
Sie versinkt, um wieder zu erstehen,
Im verjüngten Glanze froh und hehr.

Ja! sie währt, auch nicht geseh'n, hienieden,
Uns'rer treuen Liebe treues Bild;
Wenn wir von der Erde sind geschieden,
Lebt sie auf im himmlischen Gefild.

Ahnend blickte ich an deiner Seite
Zu der Sterne lichten Welt hinauf,
Liebe fühlt die endelose Weite,
Liebe lenket ihren ew'gen Lauf.

Was ich da beseligend empfunden,
Fühl' ich wieder, wie in jener Zeit.
An dich, Wonnige, bin ich gebunden,
Liebend bin ich's für die Ewigkeit.
(Band 3 S. 28-29)
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Empfindungen des entfernten Liebenden

Als ich mußte von ihr scheiden,
Faßte mich ein Sehnen,
Als das Aug' sie mußte meiden,
Da entquollen Thränen.

Fühlte Unruh', fühl' ein Bangen,
Möchte zu ihr fliehen;
Immerwährend das Verlangen
Will zu ihr mich ziehen.

Nur in der Geliebten Nähe
Ist uns Glück beschieden,
Wie der Blick auch sonsten spähe,
Find't er's nicht hienieden.
(Band 3 S. 43)
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Das Schmerzlichste

Nach der gestorb'nen Geliebten zu sehnen,
Ist nicht das Schmerzlichste, nicht ist's ihr Tod,
Durch die immer erneuerten Thränen
Strahlt der Vereinigung Morgenroth.

Bald vorüber sind unsere Tage,
Schnell ist das flüchtige Leben vorbey,
Und verstummt ist die finstere Klage,
Und von den Fesseln die Seele ist frey.

Siehe, schon ist der Himmel uns offen,
Treue Liebe bestehet da fort,
Frühe erfüllt wird das sehnende Hoffen,
Was sich liebte, es findet sich dort;

Findet sich dort, um sich nimmer zu trennen,
Ewig, ewig vereinigt zu seyn,
Wonne, die keine der Sprachen kann nennen,
Gegen dich, was ist irdische Pein! -

Aber dem, der einst geliebt ist worden,
Der noch immer glühend lieben muß,
Dem sich schlossen doch des Herzens Pforten
Der Geliebten, dem in Lethe's Fluß

Ihre Gegenliebe ist versunken,
Dem verlor das Leben seinen Werth,
Wenn ihr Herz für einen Andern trunken,
Marternd dieß das seinige verzehrt.

Ewiger Verzweiflung übergeben,
Wäre Wahnsinn für denselben Glück;
Immerwährend Streben ist sein Leben,
Gegenliebe kehret nie zurück!

Wie den Engeln, welche sind gefallen
Aus dem Himmel in die Höllenqual,
So ist ihm; die Seufzer so verhallen
Und es schimmert nie ein Hoffnungsstrahl.
(Band 3 S. 64-65)
_____



Das Verlorne

Es ist vorbey, es ist vorüber!
Sie tauchte ihre Liebe in die Fluth
Der Zeit, verlöscht ist nun die Gluth
Und trauernd sehe ich hinüber,

Hinüber nach den Wonnetagen,
Wo Zukunft wie Vergangenheit verschwand,
In Gegenwart Beseligung ich fand,
Da feurig mir ihr Herz geschlagen.

Der Flamme, die sie angezündet,
Ertheilte Amor die Unsterblichkeit,
Enthoben ist sie der Gewalt der Zeit;
Die Liebe bleibet unergründet.

Der Zauber bleibt's, der mich umfangen,
Gegeben bin ich längst in seine Macht,
Er ändert Nacht in Tag und Tag in Nacht;
Mein Tag ist ewig doch vergangen.
(Band 3 S. 67)
_____



LXXII. Sonett

Es ist in dir mein Schutzgeist mir gegeben;
Was immerhin auch möchte noch geschehen,
Du wirst als solcher mir zur Seite gehen,
Mein Schutzgeist bleibest du durch's ganze Leben.

O! möchtest du in mir auch Deinen sehen!
Dieß ist mein glühend sehnendes Bestreben,
O! möcht' mein Bild beschirmend dich umschweben,
Um die Versuchung siegend zu bestehen.

Dich habe ich, Holdselige, gefunden,
An dich bin unzertrennbar ich gebunden,
Der Reiz zur Sünde selbst ist mir verschwunden.

Der Strahl der Gnade hat mein Herz getroffen,
Dem Reinen ist der Himmel wieder offen,
Nach ihm! nach ihm gerichtet ist mein Hoffen.
(Band 3 S. 74)
_____



LXXIII. Sonett

Du ziehst mich an, wie der Magnet das Eisen,
Nicht will, nicht kann ich jemals von dir lassen,
Für immer muß es uns're Seele fassen,
Die Welt vermag nicht dir mich zu entreißen.

Kann ich mich selbsten denn so tödtlich hassen,
Daß ich dich möcht' aus meinem Herzen reißen,
Dem liebend für dich schlagenden, dem heißen;
Ja! zu einander uns're Geister passen.

Dein Herz, es ist die Richtung meines Strebens,
Du bist mein Heil, bist mir des Lebens Quelle,
Du, Theure, bist die Seele meines Lebens.

Die Zeit verfließt und Well' zerrinnt auf Welle,
Die Lieb' zu mindern sucht sie doch vergebens,
Und in der deinen nur wird mir es helle.
(Band 3 S. 75)
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Auch an meine Frau

Lieber wirst du mir und immer lieber,
Keine giebt's wie du so gut und hehr
Von der Isar bis zur fernen Tiber,
Und bis zu dem endelosen Meer.

Nicht im ersten Augenblick geachtet
Wird das Herrliche nach seinem Werth;
Doch je länger er von uns betrachtet,
Um so mehr wird Raphael geehrt.

In der Zeit wird's Edle sich bewähren,
Mehr und mehr das Große anerkannt,
Siegend wird das Wahre sich verklären,
Wenn das Trügerische längst verschwand.

Du, Therese, du hast dich bewähret,
Innig schließt an dich die Seele sich;
Zärtlich liebet, gränzenlos verehret
Ewig, Unvergleichliche, sie dich.
(Band 3 S. 78)
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Sonst und Jetzt

Freundlich soll ich jetzo scheinen,
Zwing' zu lächeln meinen Mund,
Nahe doch ist mir das Weinen,
Sonsten ward nur Glück mir kund.

Stets gab' sonst mir was zu sagen,
Ach! wie anders ist's nunmehr,
Will ich auch zu reden wagen,
Bleibt der Mund ihr antwortleer.

Wonndurchbebendes Berühren,
Wenn mich ihre Hand gedrückt!
Meine kann nicht mehr sie spüren,
Die mich sonsten so entzückt.

Auf mir ruhten ihre Blicke,
Lebensvoller Himmelsstrahl;
Sonst begünstigt vom Geschicke,
Jetzt zur Beute arger Qual.

Nicht wird Liebe unterdrücket,
Stehet die Geliebte nah;
Spricht sich aus, was uns beglücket,
Wissen nicht, wie uns geschah.

Seligkeit war sonst mein Leben,
Ich besaß ihr ganzes Herz,
Nimmermehr ist's mir gegeben,
Ueberlassen jetzt dem Schmerz.

O! wie reich war ich gewesen,
Und wie bin ich jetzo arm,
Kann nichts mehr im Auge lesen,
Mein Besitz ist blos der Harm.

Will ihn still im Busen nähren,
Denken an das Sonst und Jetzt,
Bis es wird mein Herz verzehren,
Schließen mir das Aug' zuletzt.
(Band 3 S. 82-83)
_____



LXXIV. Sonett

Was er besaß, weiß blos, wenn es verloren,
Der Liebenden, getrieben auf den Wogen
Des Zweifels hatte er sich selbst betrogen,
Er kränkte sich wie's Herz, das ihn erkoren.

Die Gluth für mich ist diesem Herz entzogen,
Sie wurde fortgeführet von den Horen,
Und nimmer! nimmermehr wird sie geboren,
Zu dem verlornen Himmel führt kein Bogen.

Mir bleibet nur die endelose Klage
Um die mir selbst geraubten sel'gen Tage;
Vergeblich sich mein Sehnen nun bemühet.

Es hat für mich die Liebe abgeblühet,
Für einen Andern sie entzücket glühet,
Und ewig, ewig ruft's mir zu: Entsage!
(Band 3 S. 84)
_____



LXXV. Sonett

Beständig mich verfolgend jetzo schleichet
Des Liebebruches Bild, ich kann's nicht wehren,
Und jeder Freude Keim muß es verzehren;
Daß gräßliche Gespenst von mir nicht weichet.

Der Gram im Herzen muß sich immer mehren,
Die blühende Natur mir jetzt erbleichet,
Wenn's Allen jubelnd tönet, mir es schweiget;
Gewühl und Einsamkeit mein Leiden nähren.

Und Alles ruft mir zu und zeigt mir immer,
Wie mich beseligte der Liebe Schimmer,
Und alles zeigt und ruft: Es kehret nimmer.

Gestillet war mein Suchen und mein Sehnen,
Versieget glaubte ich der Liebe Thränen,
So däucht' es wonnig mir, es war ein Wähnen.
(Band 3 S. 85)
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LXXVI. Sonett

Den weiten Himmel hielt Gewölk umzogen,
Es schien, als wollt' es immerfort so währen,
Doch fing es an sich wieder aufzuklären,
Ein Lichtstrahl drang da durch den Himmelsbogen.

Gleich wieder mußte ihn der Mensch entbehren,
Nur flüchtige Erscheinung war gewogen,
Auf's Neue hatte ihn sein Wunsch betrogen,
Er sieht die Finsterniß zurückekehren.

Es sind die Wolken dichter nun vereinet
Zu einem endelosen Meer verbunden,
Gehüllt in Trauer, und der Himmel weinet.

So wird es Dem, der Liebe glaubt gefunden,
Wenn solche ihm von Neuem wird verneinet,
Und jedes Glück des Lebens ist verschwunden.
(Band 3 S. 86)
_____



LXXVII. Sonett

Auf dieser Erde alles sich ausgleichet;
Den Kelch der Seligkeit hab' ich getrunken,
Da Liebe mir aus deinem Blick gewunken,
Vor welcher Alles, Alles! eilend weichet.

Herab vom Himmel bin ich nun gesunken,
Kein Sehnen jemals wieder ihn erreichet;
Gezwungen nie zu uns sich Liebe neiget;
In der Geliebten ist verlöscht der Funken.

In meinem Herzen aber ist geblieben
Die Gluth, und rastlos sie nur mehr zu lieben,
Je kälter sie, dazu werd' ich getrieben.

Es ist der Boden unter mir gewichen,
Bin aus der Zahl der Glücklichen gestrichen;
Es ward durch Qual die Wonne ausgeglichen.
(Band 3 S. 87)
_____



LXVIII. Sonett

Du hast das Leben mir zurückgegeben,
Entzücken strömt durch alle meine Glieder,
Es schlägt dein Herz für mich auf's Neue wieder,
Mir ward, was ich nicht glaubte zu erstreben.

Mir tönen überall jetzt Jubellieder;
Von dir geliebt vermag ich nur zu leben;
Mir ist's so leicht, so selig! möchte schweben,
Auf dieser Erde hält es kaum mich nieder.

Die Sonne ist mir wieder aufgegangen,
Der Liebe Strahl die Trauer gleich verscheuchte
Der Nacht, die mir das Daseyn schwarz umfangen.

So sehr es auch mich früher schmerzlich beugte,
So bleibt mir jetzo nichts mehr zu verlangen,
Weil, was du sprachst, von höchster Liebe zeugte.
(Band 3 S. 102)
_____



LXXIX. Sonett

Von Neuem lodern ihre Herzensflammen,
Die ich so lange schmerzlich mußt' entbehren,
Entzückend sie die meinen jetzo nähren;
Sie aus der Liebe heil'gen Tiefe stammen.

Ja! das Gefühl, in dem wir selig schwammen,
Nicht konnt' es die Entfernung ganz verzehren;
Wie lange aber wird die Flamme währen?
Ach! sinket sie nicht wieder bald zusammen?

Es ist die Gluth im Herzen nur verborgen,
Erscheint sie völlig ausgelöschet heute,
Entschwinget sie mit neuer Kraft sich morgen.

Es wird die Liebe nie der Zeit zur Beute,
Das Ewige kann niemals ihr gehorchen,
Frisch glüht die Lieb', obgleich die Welt zerstreute.
(Band 3 S. 103)
_____



An die Geliebte

An dich bin ich gekettet,
An dich, die mich gerettet;
Die auf den Pfad der Tugend mich geführt;
Mein guter Engel durch das ganze Leben
Bist du, Geliebte, liebend mir gegeben,
Durch dich hat Gott mein Herz gerührt.

Ich kann von dir nicht lassen,
Nie wird mich Sünde fassen,
Wenn auch in mir die Sinnlichkeit sich regt.
Ich liebe dich und werd' dich ewig lieben,
Erhabene, ich bin dazu getrieben,
Und dieß Gefühl sich niemals legt.

Nicht mehr getäuscht vom Schimmer,
Bin dein ich immer, immer!
Für ewig sind einander wir bestimmt.
Auch ich bin als dein Schutzgeist aufgestellet,
Der dir das Leben liebevoll erhellet,
Der dir von ihm die Sorgen nimmt.

Und wird kein Schein verwirren,
Und niemals auch verirren
Zum Bösen werden wir uns in der Welt;
Dem Guten haben wir uns ganz geweihet,
Und Stärke ein's dem anderen verleihet,
Und ein's das andere erhält.

Das Ziel hab' ich gefunden,
Ich fühl's, ich bin gebunden
An dich durch höchste Wonne, höchsten Schmerz;
Und was auch alles sich bereits ereignet,
Mich fester anzuschließen ist's geeignet,
Für dich nur schläget mehr mein Herz.
(Band 3 S. 104-105)
_____



In Beziehung auf **

Trauer ist mein Loos auf der Erde, und nimmer wird's anders.
Von der Geliebten entfernt, muß ich beständig fast seyn;
Also will es das Schicksal, das unerbittliche, strenge,
Sehnsucht dennoch nach ihr füllet das schmachtende Herz.
Wenn es mir endlich vergönnt, in die Nähe derselben zu kommen,
Ach! wie selten alsdann darf ich mich ihrer erfreu'n.
Häufig trübt sich der Himmel und sparsam fallen die Strahlen
Freundlicher Sonne herab auf das gefühlvolle Herz.
Daß zu reizbar ich bin, ich will es nicht läugnen; mich kränket
Auch das Geringste von ihr, wie mich das Kleinste entzückt.
Da sie mir einmal gesagt, mich zu lieben, so glaubt sie, für immer
Schon genug mir gethan, jede Erneu'rung zu viel;
Aber der Nachtigall Lied, freut's nicht, weil schon wir's vernommen?
Soll das Schmerzliche nur wieder ertönen in's Ohr?
Wie mich ihr Anblick immer durchwonnet, beseligt die Rede,
Welche dem Herzen entquillt, ewig das meinige sehr;
Doch ich soll das, was mich beseligt, nicht wiederum hören,
Was mich betrübet, kehrt immer und immer zurück.
Dennoch kann ich nicht von ihr, und will von ihr auch nicht lassen,
Lösen kann nur der Tod, was sich dem Leben vereint.
(Band 3 S. 106)
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An die Geliebte
Auf der Insel Ischia

Siehe, Geliebte! das Meer, endlos da liegt's vor den Blicken,
Endlos, wie solches, so ist uns're Anhänglichkeit auch.
(Band 3 S. 118)
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An sie, daselbst

Lange kann hier nicht die Sonne zu scheinen versagen, Geliebte,
Früher noch lächelst du mir, hast du gleich zürnen gewollt.
(Band 3 S. 118)
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An die nämliche

Ob früh oder spät die Parze den Faden zerschneide?
Dieses wissen wir nicht; aber er knüpfe alsdann
(Welcher ging durch das irdische Leben) von Neuem sich jenseits
Liebend an, und er zieh' sich durch die Ewigkeit hin.
(Band 3 S. 118)
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LXXXIII. Sonett

Mein ganzes Fühlen, Leben war ein Sehnen,
Ein unaufhörlich glühendes Verlangen
Nach meiner Sonne, die kaum aufgegangen,
Verdeckt geworden von der Trennung Thränen.

Da stand die Holde neben mir, und dehnen
Sich, liebend beugend zart mich zu umfangen,
Den Arm ich sah, ich sah die Rosenwangen.
Das Glück, was ich empfand, es war kein Wähnen.

Es mußte die Erscheinung schnell verwehen,
Sie wurde nimmermehr von mir gesehen,
Doch ewig wird der Eindruck fortbestehen.

Kann nie den seelenvollen Blick vergessen,
Erinnern werde ich mich ewig dessen,
Und was mir wurde, bleibt von mir besessen.
(Band 3 S. 119)
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LXXXVII. Sonett

Ein Ideal der Phantasie, das lebet
In wonnezitternd zauberischem Schimmer,
In ätherlichtem, glänzendem Geflimmer,
Dein Bild vor meinem Geist entzückend schwebet.

Mit allem Schönen, Schönste, mir verwebet
Bist du, durch dich verkläret wird es immer;
Es wär' der Süden sonst mir Süden nimmer,
Du bist es, die Italien erhebet.

Die Erde ist von Finsterniß umnachtet,
Doch du erscheinst gleich einem lichten Sterne,
Auf welchem mir der Blick verweilt so gerne,

Den ewig neue Sehnsucht nur betrachtet,
Nach dem die Seele ahnend, hoffend schmachtet;
Es drängt mein Wesen nach der süßen Ferne.
(Band 3 S. 128)
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LXXXVIII. Sonett

Als Gegenwart soll unbeweglich stehen
Die Zeit, in der ich so entzückt empfunden,
Der Liebe Kranz sich um mein Haupt gewunden,
Ich selig fühlte ihre Flammen wehen.

Wie wenn die Jahre, die seitdem entstunden,
Das Licht der Sonne nie und nie gesehen,
Dieß will ich träumen (nicht die Zeit soll's mähen):
Daß ich besitze noch, was ich gefunden.

Dort wo sie war, da lebt mir die Erkorne,
Nicht wo sie ist, in Roma sie verweilet,
Die mir zum Heile und zur Pein Geborne.

Wie unaufhaltbar gleich die Zeit enteilet,
So bleibt doch in Erinn'rung das Verlorne,
Die ew'ge Dauer liebend ihm ertheilet.
(Band 3 S. 129)
_____



LXLIII. Sonett

Ein gold'ner Traum im farbenlosen Leben
Erschienst du mir, dir führte mich's entgegen,
Mein ganzes Wesen fühlte sich erregen,
In freud'gem Schwung sich wiederum erheben.

Dem Leben ist sein Glanz zurückgegeben
Durch deiner Augen Strahlen, niemals legen
Wird sich der Seelen-Eindruck; will ihn pflegen;
Mich die Erinnerungen sanft umschweben.

Und fest will ich sie halten, nicht verschwunden
Ist dann, was wir erlebet; blühend währet
Es immerfort, nicht von der Zeit verzehret.

Beseligender wird, was wir empfunden,
Und die geword'nen wonnig schönen Stunden,
Sie werden durch die Sehnsucht uns verkläret.
(Band 3 S. 159)
_____



LXLIV. Sonett

Wie schwer ist's Leben ohne Lieb' zu tragen!
Wie flach es ist, wie freudelos und öde!
Nicht hat die Erde, was Ersatz uns böte,
In Fesseln ist die Seele selbst geschlagen.

O selig ist der Liebe Morgenröthe!
Wenn in zwey Herzen es beginnt zu tagen,
Wenn für einander beyde alles wagen,
Wenn ihr Gefühl verschmelzt wie Hauch der Flöte.

Und eine neue Welt ist aufgegangen
Dem mächtig liebentflammenden Gemüthe;
Durch Liebe wird die Weihe nur empfangen.

Sie ist des Lebens himmlisch schöne Blüthe,
Durch sie allein gestillt wird das Verlangen,
Es kennt des Lebens Werth blos der, der glühte.
(Band 3 S. 160)
_____



Erwiederung

"Lieb und Treue!"
Stets auf's Neue
Möcht' ich hören diese Worte,
Die beglücken,
Die entzücken,
Führend zu des Himmels Pforte.

In den Himmel,
In's Gewimmel
Hehrer, seliger Gefühle;
Sie erheben
Aus dem Leben,
Aus dem irdischen Gewühle.

Bild der Treue,
Himmelsbläue,
Endelos, wenn ich sie sehe,
Wenn umschlungen,
Wenn durchdrungen
Fühle mich in deiner Nähe.

Denke immer
Bey dem Schimmer
Glüh'nder Sonne deiner Liebe,
Die bemeistert,
Die begeistert;
Daß sie mir doch ewig bliebe!
(Band 3 S. 161)
_____



Des Liebenden Empfindung

Laßt mich schwärmen,
Mich erwärmen
An der Liebe lichten Gluth.
Munter fließet,
Sich ergießet
Wieder frisch und leicht das Blut.

Fühl' mich schweben,
Mich erheben
Zu der Liebe Himmelreich;
Sie verbindet,
Sie umwindet,
Liebe macht die Menschen gleich.

Lieber Thränen,
Schmerzlich Sehnen,
Als daß es im Herzen kühl;
Liebeswonne,
Lebenssonne,
Sel'gen Lebens Vorgefühl.
(Band 3 S. 168)
_____



Erforderniß

Ewig schweige,
Niemals zeige,
Wie's in deinem Herzen glüht;
Es zu schmähen,
Zu verdrehen
Sind die Menschen gleich bemüht.

Mußt's bewahren,
Nicht erfahren
Darf's die sündenvolle Welt;
Gift ergießend,
Nach sich schließend,
Die verdorben alles hält,

Die zu trennen
Strebt, nicht kennen
Kann der Seelen heil'ges Band,
Sich nicht schwingen
Kann, nicht dringen
In der Liebe sel'ges Land.

Niemand merke
Ihre Stärke,
Niemand deine Leidenschaft.
Liebesfülle
Stets verhülle,
Frieden wird dir sonst entrafft.
(Band 3 S. 175)
_____



CII. Sonett

Wie wahre Liebe irdisch nicht geboren,
So ist von ihr, die einmal wir empfunden,
Auch niemals die Erinnerung verschwunden;
Das Himmlische, es gehet nie verloren.

Die liebevoll verlebten sel'gen Stunden,
Sie werden niemals zwar heraufbeschworen,
Und dieses wähnen können nur die Thoren,
Doch bleiben dem Vergang'nen wir verbunden.

Wenn längstens schon der Liebe Traum vergangen,
Und von der Zeit gebleicht die Rosenwangen,
Wird dennoch sie im Reich des Lebens prangen.

Wie jene Zeit gewesen, wir sie sehen,
Fest, wie die Ewigkeit, so bleibt sie stehen,
Der Seele wird nicht, kann nicht sie verwehen.
(Band 3 S. 257)
_____



Meiner Frau am Tage unserer silbernen Hochzeit
in München

Wurd'st die Meine hier an dieser Stätte,
Fünf und zwanzig Jahre heut' es sind,
Jedes ward ein Ring der ew'gen Kette,
Wie enteilte diese Zeit geschwind!

Aber nicht in ihrem raschen Zuge
Löst die Zeit, was innig sie verband,
Sie berührt es nicht in ihrem Fluge;
Lieb' dich mehr, weil du mir ganz bekannt;

Lieb' dich mehr, als ich dich damals liebte,
Reizender erscheinest du mir heut';
Ob ich gleich dich öfters selbst betrübte,
Hätt' ich Keine lieber doch gefreyt.

Dichter es so schlimm nicht wirklich meinen,
Leicht erregt, wie ein poet'scher Sinn,
Mocht' ich And're liebend auch erscheinen,
Bist du dennoch tief im Herzen drin.

Treulich hast du es mit mir getragen,
Was des Lebens schneller Wechsel gab,
Und du wirst, so lang dein Herz wird schlagen,
Theilen Freud' und Leid, bis in das Grab.

Ob die gold'ne Hochzeit wir begehen?
Keine Hand der Zukunft Schleyer hebt;
Die? doch weiß ich: werden wir sie sehen,
Liebe mich auch dann für dich durchlebt.
(Band 3 S. 265-266)
_____



Liebe

Die Liebe ist ein Kind,
Das launenhaft und blind,
Das gar zu ungebärdig,
Zuweilen widerwärtig.

Die Liebe ist ein Rausch,
Dem Menschen wird zum Tausch
Statt täglich ird'sches Leben
Ein himmlisches gegeben.

Wie heiß auch Leidenschaft,
Ist sie doch schnell entrafft,
Was Ruhe konnte rauben,
Ist dann oft nicht zu glauben.

In Liebe Glück allein
Und sie giebt größte Pein,
In höchster Wonne-Hülle
Ertheilt sie Schmerzenfülle.

Wen Liebe nie durchglüht,
Dem Leben nicht geblüht;
Den Leidenschaft stets bindet,
Der Frieden niemals findet.
(Band 4 S. 11)
_____



CV. Sonett
Auf die Augen der ***inen

Aus ihren Augen blicket das Verlangen
Nach Liebe, keineswegs nur zu gefallen,
Nicht Einem oder Einigen, nein! Allen,
Mit den Eroberungen blos zu prangen.

Vergnügt, wenn Keiner ihrem Netz entgangen,
Wenn ihr Triumph vollständig kann erschallen.
Von dem allein zurück die Pfeile prallen,
Dem sie bekannt, die Andern sind gefangen.

Nicht liebend sich den Liebenden vereinen,
Es wollen ihre Blicke nur berücken,
Wenn das erreicht, dann fühlen sie Entzücken.

Berechnung alles nur, und alles Scheinen,
Sie täuschen blos, nicht redlich sie es meynen,
Sie wollen And're nicht, nur sich beglücken.
(Band 4 S. 12)
_____



Auf mein Herz

Ist mein Herz denn abgestorben?
Nicht belebt's der Liebe Licht;
Herzen habe ich erworben,
Doch das meine liebet nicht.

Von der Liebe ist's umschlungen,
Zärtlich Alles zu ihm spricht;
Alles ist von ihr durchdrungen;
Doch das meine liebet nicht.

Kalt in mir wie in dem Norden,
Fühle schwer der Zeit Gewicht;
Alles ist dem Herz' geworden,
Doch das meine liebet nicht.

Oftmals hatte es geglühet,
War auf Gegenlieb' erpicht,
Sich vergebens nur bemühet,
Jetzt geliebt, kann's lieben nicht.
(Band 4 S. 20)
_____



CXII. Sonett

Kaum können sich von dir die Blicke wenden,
Und immer wiederum zurücke lenken;
Dir dienen sie, obgleich sie müssen senken
Die Augen, weil die meinen mir sie blenden.

Besel'gende Empfindung sie mir schenken,
Die auf die Erde Himmelswonne senden;
Der Eindruck, den du machst, er kann nicht enden,
Und immer, immer! muß ich an dich denken.

Du bist so lieblich, bist so freundlich milde,
Entzückende, Holdsel'ge, Anmuthsreiche,
Aus einem lichtern, heiteren Gefilde.

Du Rosige, dein schönes Köpfchen neige
Nur immerfort. Dein Anblick niemals stillte
Mein ew'ges Sehnen. Du hast keine Gleiche.
(Band 4 S. 50)
_____



** an seine vormalige Geliebte

O! hättest du ihn nicht so oft verletzt,
So tief verletzt, der sich als Freund bewiesen,
Geliebet würdest du von ihm noch jetzt,
Es würde warm sein Blut für dich noch fließen.

Für immer fesselt Güte das Gemüth,
Ob längstens gleich der Jugendtraum verschwunden,
Fort liebt das Herz, wenn es auch nicht mehr glüht,
Dem Gutem bleibet ewig es verbunden.

Besiegt der Hochmuth aber das Gefühl,
So stößt zurück es unser ganzes Wesen,
In unserm Herzen wird alsdann es kühl,
Es muß von Leidenschaft alsdann genesen.

Du hast durch dein Benehmen es verscherzt,
Das liebevoll sich deinem hingegeben;
Du rissest's los, wie sehr es auch geschmerzt,
Wie sehr es auch verwebt war seinem Leben.

Und immer wieder stießest du es fort,
Wie oft zu dir es sich auch hingewendet;
Verwundet hast du es durch That und Wort,
Bis seine Lieb für ewig hat geendet.
(Band 4 S. 63)
_____



CXVII. Sonett

Der Liebe wonnig, heiterem Beginnen
Des jungen Frühlings erste Tage gleichen,
Wenn grüner Schimmer lächelt von den Zweigen,
Und überall in der Natur ist Minnen.

Der Sommer folgt, der Glut muß Alles weichen,
Da giebt's kein Denken mehr und mehr kein Sinnen,
Gewonnen scheint, was möglich zu gewinnen,
Dem glüh'nden Herzen ist das Glüh'nde eigen.

Es kömmt der Herbst und Alles ist gekühlet;
Auch für die Liebe wird der Herbst einst kommen,
Es fühlt nicht mehr das Herz was es gefühlet.

Der Winter wird nicht der Natur entnommen,
Und alles Leben ist dann weggespühlet.
Der Liebe letzter Funken ist verglommen.
(Band 4 S. 68)
_____



Der Liebende an die Liebende

Wir sind allein,
Es kann sich niemand zeigen,
Kein Auge uns erreichen,
Und du bist mein.

Ja, du bist mein!
Mir sagt das röther Blühen,
Mir sagt das liebend Glühen:
"Dein bin ich, dein!"

Uns ist's so leicht!
Der Mund am Munde sauget,
In Wonnemeer getauchet,
Doch wank' ich nicht.

Ich wanke nicht
Im stürmenden Gewühle
Verlangender Gefühle,
Mich hält die Pflicht.

Dein Lebensglück,
Damit es nicht zerrinne
Im Rausch des Geist's, der Sinne,
Hält mich zurück.

Ein Augenblick
Kann rauben, was das Leben
Nie wiederum kann geben,
Noch das Geschick.

Vertraust dich mir,
Du kannst mir auch vertrauen,
Will offen immer schauen
In's Auge dir.

Vertrau'n zu mir
Auf deinem Lebenswege
In jeder Lage hege;
Bin stets bey dir.
(Band 4 S. 73-74)
_____



Der nicht mehr junge Bräutigam
an seine junge Braut

Du drückst in deiner früh'sten Liebe Glut
Mich an dein Herz, du hast es mir gegeben;
Es gährt, es siedet jugendlich mein Blut,
In wonnigem, entzückungsvollem Leben.

Beseligend des Lebens erster Kuß,
Den meine Liebe auf die Lippen drücket,
Es ist der irdisch himmlischste Genuß,
Ein Lichtstrahl der durch unser Wesen zücket.

O! glücklich Jener der es sagen kann
Daß diese Seligkeit ihm widerfahren,
Und dreymal glücklich! der wie ich's gewann
Umgeben von den reifen Mannesjahren.

Das ziehet mich, das fesselt mich an dich,
Du Lieberregende, du Liebbeseelte;
Wenn, von der Zeit zerstöret, alles wich,
Sie meine Ketten doch für ewig stählte.
(Band 4 S. 75)
_____



Nicht mehr liebend und wieder liebend

Ich konnte nicht mehr lieben,
Seitdem war immer grau
Der Himmel mir geblieben,
Verdeckt sein hehres Blau.

Und ohne Licht und Schatten
Schlich mir das Leben hin,
Es mußte mir ermatten,
Konnt' nicht dem Druck entflieh'n.

Zur Höhe konnte schweben
Die Seele nimmermehr,
Mußt' an der Erde kleben,
Ach! von Gefühlen leer.

Ich kann jetzt wieder lieben
Und Alles ist mir licht,
Zum Aether hingetrieben,
Gehör' dem Ird'schen nicht.

Jetzt ist die Erde Himmel,
Der Himmel mir verklärt,
Ein seliges Gewimmel,
Das Seligkeit gewährt.

Vom Sinnenreiz befreyet,
Entkörpert bin ich nun,
Dem Edlen nur geweihet
Und die Begierden ruh'n.

Die Welt möcht' ich umfassen,
Sie drücken an mein Herz.
Möcht' Lieb' mich nie verlassen!
Genuß ist selbst ihr Schmerz.
(Band 4 S. 103-104)
_____



In Verschwiegenheit nur Liebesglück

Möcht' es Allen sagen
Wie ich glücklich bin,
Wie die Herzen schlagen,
Wie uns froh der Sinn.

Aber unser Lieben
Bleibe unbekannt,
Wo dieß nicht geblieben,
Ruhe gleich verschwand.

Immer blieb's verborgen,
Immerfort es still;
Kann's die Welt erhorchen
Sie es stören will. -

Im geheimen Weben
Liebe nur gedeiht,
Daß uns Glück gegeben
Nie die Welt verzeiht.
(Band 4 S. 105)
_____



Als ich nicht mehr zu ihr konnte

Es war ein Traum!
Die Hoffnung auf beseligende Stunden,
Die anfing mir sich zu erfüllen kaum,
Sie ist mir in die Leere hingeschwunden.

Was bleibet mir
Nach dem verlor'nen wonnesüßen Wähnen?
Wehmüthige Erinnerung dahier,
Und erdeloses nie gestilltes Sehnen.

Ich bin dir nah'
Und doch bist du mir unerreichbar ferne,
In der das Auge seinen Himmel sah.
Jetzt rufet mir es zu: "vergessen lerne."

Das sollte ich?!
Und muß von dir mich immerdar es trennen,
Ich denk' an dich und immerfort an dich,
Mein werd' ich dich in Ewigkeit noch nennen.

Vorbey! vorbey
Ist schon das Glück da ich es kaum gefunden;
Der Zauberring er brach doch nicht entzwey;
An dich bin für das Leben ich gebunden.
(Band 4 S. 106)
_____



CXIX. Sonett

Du hast die Jugend wieder mir gegeben,
Der Seele die erhebend hehren Schwingen,
Die in des Himmels ew'ge Höhen dringen,
Du hauchst in mir beseligendes Leben.

Es ist in mir kein Kämpfen mehr noch Ringen,
Bedarf nicht mehr den Sieg erst zu erstreben;
Dem Ird'schen die Gefühle frey entschweben,
Die himmlischen allein mich jetzt umschlingen.

Gereinigt durch der Liebe heil'ge Flammen,
Entfesseln freudevoll sich die Gedanken,
Die in der trüben Sinnlichkeit sonst schwammen.

Die vor dem Himmel streng erhobnen Schranken,
Sie sinken durch der Liebe Macht zusammen,
Und Liebe nur bewirkt, daß wir nicht wanken.
(Band 4 S. 108)
_____



Des Liebenden Gefühl

Gingst kaum von mir
Ergreift mich schon ein Sehnen,
Die Arme sich mir dehnen
Nach dir, nach dir!

Sind wir allein,
So kann ich es kaum fassen,
Und kaum von dir ich lassen,
Ja! ich bin dein.

Wo ich auch bin
Da sehe ich dich schweben,
Dich meines Lebens Leben,
Bist sein Gewinn.

Und nimmer hier
Die Zeit für mich bestehet,
Sie ist sogleich verwehet
Wenn ich bei dir.

Ich liebe dich,
Ich möcht' dir's immer sagen,
Und immerhin dich fragen:
Liebst du auch mich?

Und immerfort
Durchdringet mich Verlangen
Erneuert zu empfangen
Der Liebe Wort.

Was schon ich weiß
Zu hören mich's begehret,
Wenn solches mir gewähret,
Wird's mir so heiß.

Bin glücklich nur
In deiner holden Nähe;
Wenn ich dich auch nur sehe
Beseelt's Natur.
(Band 4 S. 115-116)
_____



Vor ihrem Bildniß

Wie in dem Bilde so blicke vertrauungsvoll immer im Leben,
Sinnige, Liebliche, du, liebevoll, herzlich mich an.
Güte, Verstand und Unschuld leuchten dir sanft aus den Augen,
Von der Liebe beseelt, welche die Seele der Welt.
Wie in dem Bilde verbleibe unverändert die Liebe,
Nicht vergänglich ist sie, ist sie ja! irdisch doch nicht.
Fern des Sinnlichen niederen Kreisen, entschwungen zum hehren
Leben in himmlischen Höh'n hat es die Liebenden schon.
Unsere Seelen sie fanden sich, werden auch niemals sich trennen,
Innig verschlungen sind sie, sind unauflösbar vereint.
Jeder Unterschied er verschwindet im Lichte der Liebe,
Weder Alter noch Stand giebt in derselben es mehr;
Gleichheit ist nur in der Liebe, wie sie in dem Himmel bestehet;
Ist sie himmlisch doch selbst! Erde zum Himmel sie macht.
(Band 4 S. 117)
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Der Veilchenstrauß an **

Gesellend ist das Gleiche sich zum Gleichen,
Drum eilet, sehnend, dir das Veilchen zu,
Vor welcher alle Blumen still sich neigen,
Und Veilchen, Rose, Lilie bist du.
(Band 4 S. 118)
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In der Liebe

Hinlänglich ist ein Wort
Zu stürzen in der Schwermuth Fluten,
Es wälzet reissend fort,
Und das zerriss'ne Herz muß bluten.

Ein Wort ist auch genug,
Die Flammen die im Herzen ruhten,
Entzündend, in gewalt'gem Flug,
Uns zu erneu'n, die alten Gluten.

Von dir ein einz'ges Wort
Versenket mich in finst're Trauer,
Verändert war der Ort,
Mich überliefen kalte Schauer.

Nur eines Wort's von dir
Bedurft' es auch, mich zu entrücken
Sogleich der Erde hier,
In wonneseligem Entzücken.
(Band 4 S. 120)
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Ihr Bild betrachtend

Dein Bild betrachtend mir die Worte fehlen,
Die reiche teutsche Sprache ist zu arm
Für die Gefühle, welche mich beseelen,
Von denen mir das Herz so voll so warm.

Bist nicht gemalt, du bist es selbst, du lebest,
Die Augen, liebeschwimmend, seh'n mich an,
Du neigest dich zu mir, du nahest, schwebest,
Die Arme dehn' ich aus dich zu umfah'n.

Doch lang' vermag ich nicht dich anzusehen,
Es blendet deine Schönheit meinen Blick,
Und Erd' und Himmel um mich her vergehen,
Und jubeltrunken preis' ich mein Geschick.

Ich preise es, daß es mich ließ dich finden,
In uns entzündete der Liebe Glut,
Daß es uns ließ die Seligkeit empfinden.
O, bleibe immerfort so lieb und gut!
(Band 4 S. 126)
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Ebenfalls ihr Bild betrachtend

Ich sehe liebend auf es hin,
Und Liebe giebt der Blick zurücke;
Der meine muß auf ihm verzieh'n,
Er schwelget in dem Liebesglücke.

Begeisterung ertheilest du,
Durch Liebe nur wird Licht und Leben,
Es schwinget mich dem Himmel zu,
Blos liebend ist er zu erstreben.

In Liebe, in der Liebe nur
Des Himmels ewiges Bestehen,
Sie ist die Seele der Natur,
Die Liebe nur kann nie vergehen.
(Band 4 S. 127)
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Unveränderliches

Wie er oft auch wiederkehret,
Der durchwonnend holde May,
Ist er uns doch immer neu,
Stets die Liebe neu verkläret.

Nicht das Himmlische kann alten,
Liebe bleibet immer jung,
Ewig die Begeisterung,
Neuheit bleibet ihr erhalten.

Immer bleibt in frischem Blühen,
Unverändert Seligkeit;
Auf das Ird'sche wirkt die Zeit,
Und es schützet kein Bemühen.

Da nicht irdisch was wir fühlen,
Was in unser'm Herzen blüht,
Unser Wesen hehr durchglüht,
Kann es nicht die Zeit wegspühlen.
(Band 4 S. 132)
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An sie

Es mußt' die Schönheit mir gefallen,
Einnehmend zog die Anmuth an
Die du besitzest, wie von Allen
Blos wenige sie je empfah'n.

"Doch fesselt nur die Herzensgüte,"
D'rum der Verein mit dir besteht,
Wenn gleich der Hauch der Zeit die Blüthe
Von deinen Wangen einst verweht.

O! wüßtest du wie's mich beglücket,
Als deinen Werth ich ganz erkannt,
Wie meine Seele ward entzücket,
Wie mich's für ewig an dich band.
(Band 4 S. 133)
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CXX. Sonett

Das Hohe, Herrliche muß mich beseelen,
In Liebessehnen muß das Herz mir schlagen,
Erglühend, freudig hoffen, muthig wagen,
Es kann der Kampf allein das Leben stählen.

Vermögend nicht die Ruhe zu ertragen,
Wenn meinem Geist Beschäftigungen fehlen,
So muß er immerfort sich selbsten quälen,
An meinem Inneren alsdann es nagen.

Im Stande nicht das Glück uns zu bewahren
Erfordert's, um es wieder zu empfinden,
Daß seinen Unbestand das Herz erfahren.

Dem Ird'schen läßt nicht Dauer sich verbinden,
Fortwährend Glück ist nur den Engelsschaaren,
Dem Menschen muß es immer bald entschwinden.
(Band 4 S. 136)
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CXXIII. Sonett

Ein liebevolles Leben war das meine,
Von Eros Pfeil ward oftmals ich durchdrungen,
Und willig wurde ich von ihm bezwungen.
Das Höchste ist die Liebe doch, die reine!

Wie öd' das Leben, wenn sie uns verklungen!
Empfinden können Seligkeit wir keine,
Wenn nicht verklärt in ihrem Zauberscheine.
Durch Liebe wird die Macht der Welt bezwungen.

Die Liebe macht das ird'sche Leben länger,
Vervielfacht's, macht es inhaltsreich, enteilen
Muß leer das liebentblößte, es wird enger.

Nur Liebe kann Befriedigung ertheilen,
Beseliget allein ist ihr Empfänger,
Dem es vergönnt daß sie in ihm darf weilen.
(Band 4 S. 145)
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An die Geliebte in Schwermuth

Deine Liebe sie ist mir die Sonne,
Würde um dieselbe ich gebracht,
Wäre mir dahin des Lebens Wonne,
Mich umgeben würde finst're Nacht.

Deine Liebe hat mich neu geboren,
Deine Liebe meine Lebenslust,
Ging dieselbe einmal mir verloren,
Lasse dann mich sinken in die Gruft.

Auf Vertrauen stehet nur gegründet
Uns'rer Seelen heilig schöner Bund,
Welchen uns're Zunge laut verkündet,
Den besiegelt haben Hand und Mund.

Das Vertrauen wurde nie gebothen,
Von dem Willen hänget es nicht ab,
Ist's gestorben, kehrt es wie die Todten
Nie zurücke aus dem ew'gen Grab.

Daß ich diesen Tag doch nie erlebe!
Liebe und Vertrauen, inniglich,
Sind ein unzertrennbares Gewebe,
Nur in deiner Liebe lebe ich!

Ausgenossen ist's dann, ausgelitten,
Ohne Liebe keine Phantasie;
Ihre Flügel wären abgeschnitten,
Sterben müßte dann die Psyche hie.
(Band 4 S. 161-162)
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Der Bräutigam an seine Braut

Wie entweichet nur die Welle
Zu berühren frisch den Strand,
Immer wiederum so schnelle
Küssend, deiner Lippen Rand.

Mich versengend und doch nährend
Deiner Augen Sonnenglut,
Stets belebend, stets verzehrend,
Sieden machet sie das Blut.

Und mit sehnendem Verlangen,
Wie die Erde wird's vom Meer,
Dich, Geliebte, zu umfangen
Rastlos, ewig ich begehr'.
(Band 4 S. 187)
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CXXVIII. Sonett

Durchzuckt hier sonsten von der Liebe Beben
Empfand ich's durch mein ganzes Wesen brennen,
Gefühle, welche keine Sprachen nennen,
Entgegen der Geliebten wollt's mich schweben.

Die Wonn' und Leiden kann ich nimmer kennen,
Wie ruhig ist jetzt alles und wie eben!
Ich habe kein Verlangen mehr noch Streben,
Es mußte sich für ewig von mir trennen.

Und Jahr' nach Jahren sind vorbey geflogen,
Sie, die so vieles in der Welt zerrieben,
Die Glut aus meinem Herzen spurlos sogen.

Was ewig schien, sie haben es vertrieben,
Mit ihnen ist die Liebe hingezogen;
Erinnerung allein ist mir geblieben.
(Band 4 S. 195)
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Die heimlich Liebende

Was ich fühle bleib' verborgen
In des Herzens tiefstem Grund,
Niemals darf's das Ohr erhorchen,
Festverschlossen ist der Mund.

Seufzer die der Brust entquillen,
Hören darf er niemals sie;
Wie ich liebe nur im Stillen,
Lautlos meine Schmerzen hie.

Sehen darf er nie die Thränen,
Wissen was ich leide nicht,
Nicht das erdelose Sehnen;
Es verbeut's die kalte Pflicht.

Immer muß ich es verschweigen,
Was zu sagen stets mich drängt,
Anders muß ich ihm mich zeigen,
Ob mir's gleich das Herz zersprengt.

Der Geliebte darf nicht kennen
Meiner Liebe Glutgefühl,
Sein nicht darf er je mich nennen,
Halten soll er mich für kühl.

Seine Liebe doch wird ahnen
Was verräth die Liebe nie;
In das Herz den Weg sich bahnen
Durch die Macht der Sympathie.
(Band 4 S. 203-204)
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CXXXIII. Sonett

Ein Blitz der in die Herzen schlägt, durchglühend,
Das ist die Liebe, die gleich schnell verschwindet,
Und sich von neuem plötzlich wieder findet,
Verwelkend bald und ebenso erblühend.

Eh' sie bemerkt wird, hat sie schon entzündet,
Es rettet sich der Mensch nicht vor ihr fliehend;
Die Liebe ist enteilend und verziehend
Wie ihr's beliebt, die Keiner noch ergründet.

Sie ist des Lebens schimmernd hehre Blume,
Beseligung in ihrem Heiligthume,
Und nur in ihm, sie find't sich nicht im Ruhme.

Es wird durch sie der Augenblick verkläret,
Zugleich des Herzens Ruhe doch verzehret,
Und doch nicht glücklich, welcher sie entbehret.
(Band 4 S. 212)
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Der Wonnemonat

Wonne dringt durch alle Wesen,
Sie umfasset die Natur,
Macht den Sterblichen genesen
Wenn der Lenz umarmt die Flur.

Was da lebet ist zerronnen
In unendlichem Genuß;
In dem Meere sel'ger Wonnen
Schwermuth tief versinken muß.

Sehnend sich die Knosp' entfaltet,
Sehnend sich das junge Herz,
Liebe, Liebe einzig waltet,
Liebe weilet allerwärts.

Eine Welt von Blüthen lächelt,
Alles tönet Harmonie,
Milder West balsamisch fächelt,
Wahrheit wird die Phantasie.

Reizend ist allein die Blüthe,
Wenn auch labend blos die Frucht,
Der, dem winkend diese glühte,
Nur vergeblich jene sucht.

Immer kömmt der Frühling wieder
Mit der Bäume heiterm Grün,
Frisch ertönen der Vögel Lieder;
Jugend kann nicht neu erblüh'n.
(Band 4 S. 222-223)
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Unverliebt

Freundlich sind die üpp'gen Bäume,
Heiter sind die Himmelsräume,
Doch sie sind und bleiben leer,
Wie das endelose Meer.

Ob die Herrlichkeit der Sonne
Was sie ansieht auch durchwonne;
Läßt auch kalt ihr glühend Licht,
Wärmt die öden Herzen nicht.

Ohn' Empfinden läßt der Flimmer
Der Gestirne, Mondesschimmer;
Nicht die Seele wird erregt,
Bleibt gefühllos, unbewegt.

Die Natur kann nicht beglücken,
Ihre Schönheit nicht entzücken;
Sie ist todt, das Leben fehlt,
Wenn mit Liebe nicht vermählt.
(Band 4 S. 244)
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CXLII. Sonett

Von meinem Blute hast du eingesogen,
Und Glut in meinen Adern eingehauchet,
Das Herz mir in ein Flammenmeer getauchet;
Mein Wesen eilet hin auf Lavawogen.

Längst hatte der Vulkan nicht mehr gerauchet,
Still zog sich über ihn der Himmelsbogen,
Erloschen schien er; Ruhe hat betrogen,
Sein Gährungsstoff bestand, war nicht verbrauchet.

So fand sich's jetzt in meines Herzens Tiefen,
Es waren die Gefühle nicht zerrieben,
Vorhanden immer seyend, sie nur schliefen.

Da haben deine Blicke sie getrieben
Aus ihrem Schlummer, die in's Leben riefen,
Und selig bin ich wiederum zu lieben.
(Band 4 S. 263)
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Aus: Gedichte Ludwigs des Ersten Königs von Bayern
Erster bis Vierter Theil Dritte Auflage
München im Verlage der Liter. Artist. Anstalt
der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1839
 



Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_I._(Bayern)



 

 


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