Siebenter Kuss
Hundert Küsse zu hundertmalen,
Hundert Küsse zu tausendmalen,
Tausend Küsse zu tausendmalen,
Soviel tausende tausendmal,
Als Thautropfen im großen Meer,
Als Sternbilder am Himmel,
Mögt' ich drücken in Einer Glut
Auf dieß purpurne Wangenpaar,
Auf dieß schwellende Lippenpaar
Und die lüsternen Aeugelein,
O du schöne Neära.
Aber wenn ich im langen Kuß
Häng' am rosigen Wangenpaar,
Häng' am glühenden Lippenpaar
Und den lüsternen Aeugelein;
Nimmer schauet mein Auge dann
Deine Lippen, der Wangen Roth,
Und die lüsternen Aeugelein
Und das lockende Lächeln,
Das - wie Cynthius Nacht und Graun
Von dem himmlischen Bogen scheucht,
Und im heiteren Luftazur
Er vom goldenen Wagen strahlt,
Licht in brennender Glorie, -
Schon von Ferne mit holdem Blick
Meine Thränen vom Angesicht,
Und die Sorgen aus meiner Brust,
Und die Seufzer hinwegschaeucht.
Weh! wie neidischer Kampf entbrennt
Zwischen Lippen und Augen mir!
Selbst im Donnrer ertrüg' ich traun
Nebenbuhlende Wünsche nicht.
Meine Augen ertragen nicht
Eifersüchtig die Lippen.