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Alfred Mombert
(1872-1942)
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
Piccolo und Piccola
Dienten beid in einer Schenke,
schleppten Bier und wischten Bänke,
Piccolo und Piccola.
Schliefen beid in einer Kammer,
Kauten beid an einem Jammer,
Piccolo und Piccola.
Hart das Lager, kalt der Winter,
und zwei schöne Bettelkinder,
Piccolo und Piccola.
Kinderpärchen! Liebespärchen! -
Nur das Ende fehlt dem Märchen
Piccolo und Piccola.
(S. 19)
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Die Karosse
O meine Geliebte!
Oft seh' ich dich im Traumwandel,
wie du die Hand mir reichst zum Kusse,
indes du abgewandt
die wunderreichen Lippen kräuselst.
Und schalkhaft lächelt das große Auge.
Doch meist seh' ich im Traumwandel
eine Karosse mir vorübersausen.
O die glänzenden Schimmel!
Ein blitzhafter Kuß -
ein Lufthauch. (S.
24)
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Curtchen
Durch Blütenbäume kam sie aufgestiegen
zu seinem Bergpalast; die Tänzerin.
Auf dem Altane fand sie Curtchen liegen.
Er summte, summte süße Melodien.
Sie zupfte ihn errötend an den Zehen
und wich herzklopfend vor den runden Knien.
Er tat sich ärgerlich der Wand zudrehen
und summte! summte süße Melodien.
"Du wolltest - tanzen". flüstert sie verloren ...
und schwillt! und stöhnt! und tastet! über ihn.
Er hielt sich ängstlich zu die kleinen Ohren
und summte! summte! süße Melodien.
(S. 25)
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Reminiszenz
Einst fand ein jeder Rittersmann am Weg
- hatt' er ein wenig Glück - ein schönes Fräulein.
Das saß so fromm auf einem Eichenstumpf,
trug immer goldbraun Haar und blaue Augen
und um den weißen Leib ein spärlich Tüchlein.
Da band der Ritter an die nahe Weide
das Schlachtenroß und grüßte sie in Züchten.
Erhob das Fräulein sich gar hold errötend.
Da öffnete der Ritter seine Arme.
Da sank sie vorsichtig aufs Eisenpolster.
Der weiße weiche Leib auf schwarzem Harnisch -
wie muß das prächtig ausgesehen haben!
(S. 26)
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Die Begegnung
Du kennst mich nicht mehr.
Die Zeit verändert sehr.
Dein Hündchen kläffte mich an.
Ich dachte wieder daran,
wie's uns gewaltig erschreckt,
aus süßem Schlummer geweckt.
Wir haben herzlich gelacht.
Es war in der ersten Nacht.
(S. 27)
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Der Besuch
Auf einem Sofa saß ich wieder
und tat mit einem Hündchen spielen;
doch konnt' ich's nicht lassen, hin und wieder
nach einem Angesicht zu schielen.
Wie wenig hat sie sich verändert!
Die kleinen Züge! die feinen Striche!
Das große Auge stolzumrändert
und drinnen blinkend silberne Fische -
Die schlanke Hand ruht noch so gerne
auf einem weichen weichen Haare -
darüber leuchten Mond und Sterne,
gekauft in türkischem Bazare -
Ich spiele, lache mit einem Hündchen,
mein Blut schwillt tobend, stürzt beklommen,
ich warte - warte, daß einem Mündchen
die alte Sprache will wiederkommen ...
(S. 28)
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Bitte
Jeder Hauch deines Geistes,
jedes Glied deines Leibes -
ein Netz, in das ich fiel.
Golden lachende Maid,
du bist sonnig wie Heimat.
Du duftest nach Heimat.
Eine Stunde, eine Stunde
laß mich in deinen Netzen ruhn.
Eine Stunde
gönn' mir die Heimat.
(S. 28)
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Nächte
Ich bin erschrocken
in deinem Arm erwacht.
Du glättest mir lachend die Locken:
"Das war eine stürmische Nacht."
War eine jener Nächte,
an die man sich rasend klammert,
sooft der Leichenkarren
durch die Gassen rumpelt.
(S. 28-29)
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Dämmerstunde
Du sitzest traurig mir gegenüber.
Vielleicht auch, daß du weinst.
Du bist nicht, was du scheinst,
und meine Hand hat deine sinken lassen.
In fernen Sonnelanden, drüber
der Himmel tiefer blaut, kann ich dich fassen.
Aus lockend irr verschlungenen Gassen
tönt Mandolinenklang - zieht so fein
mich in das tief versteckte Haus hinein ...
Du bist nicht, was du scheinst!
Du bist Erinnerung von jenen Sonnen!
Du bist Erinnerung von jenen Wonnen! -
Ein Wenig abgeblaßt; ein Wenig trüber ...
Du sitzest traurig mir gegenüber.
Ich glaube, du weinst.
(S. 29)
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Morgengebet
Der Morgen dämmert. Ich kam nachhause.
Ich sitze im Lehnstuhl. Die Lampe glüht ...
Wie schön du warst, o Sünde!
Im spanischen Wurf.
Im weißen Nachtkleid.
Schlummernd ...
Lieblos!
Und ich sehe nicht mehr, die mich lieben,
sehe die Welt nicht mehr,
sehe nur dich ...
Weiß jetzt, wie das ist:
Meine Seele hab' ich geküßt!
Du bist meine Seele, die vor mir steht,
leibhaft sichtbar.
Schön, o schön!
ohne Liebe - nur schön,
ganz schön ...
Tränen!
Und ich falte die Hände und bete,
bete für deine Schönheit
und meine Seele.
Für zwei Götter. (S.
29-30)
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Cena
Grau krochen Tage, ohne Glanz,
lange Tage, viele Tage.
Wir waren beide krank und grau,
die wir uns trafen in glanzlosen Tagen.
Da frug sie wohl ängstlich,
das scheue Kind:
"Sage - sage!
Wieweit ist's bis zur Sonne?"
Und einmal neigte ich über sie,
küßte lächelnd ihre Stirn,
sprach aus Träumen:
"Du bist ja selber die Sonne" ...
Wild umschlang sie mich, stolz und glühend:
"So will ich dir leuchten
wie die Sonne!" (S.
30)
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Abend
Nach langem Tag kam endlich nun der Abend.
Ein Wetterleuchten am fernen Erdrand.
Kühler Wind strich lösend übers Feld.
Sie sprach zu ihm, so still, so mild, so traurig:
"Du armer Mann, du hast mich nie geliebt.
Du liebtest die Liebe.
Und auch nur, weil sie ewig ist.
Du liebst die Ewigkeit, du armer Mann" ...
Und lächelnd sprach er, ihre Hände küssend:
"So wird es sein. Doch kann's auch anders sein."
(S. 31)
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Treibendes Eis
Silberne Birke am Bach,
treibendes Eis, und
fliehende Winterwolken ...
Freue dich!
Alles kommt wieder,
Sonne,
grünende Fluren,
himmlisches Blau -
und Liebe! ...
Du Liebe ...
Drohe mir nicht mit schalkhaftem Finger,
liebliches Mädchen,
du wollest sterben, mich verlassen.
Schau, ich weiß es, du kannst nicht sterben,
ehe meine Seele starb
und der Frühling.
Allüberall bist du
lieblich mir nahe!
- Lichtkleidig wandelt auf Wiesen ein Mädchen
im Morgenstrahl
zwischen Kindern und blauen Blumen -
mein Auge sieht weit und licht -
unter mächtigem Sonnehut
entdeck' ich jubelnd
dein Märchengesicht!
- Keines Menschen Stimme dringt hier ein.
Erinnerung ließ mich allein
in dieser grünen Einsamkeit.
Die Sonne verkroch sich tief
in dunklem Buchenneste;
glutrot lugt sie durch die Äste,
in denen der Mittag schlief ...
Du gehst durch den Wald!
- Wenn der Mond seine Linnentücher
in Nachtgebüsche wirft -
Bäume treten näher -
Stimmengeflüster -
in tausend Hauchen find' ich dich! ...
Liebe, du mußtest sterben,
daß dein Dichter dich liebe.
(S. 31-32)
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Frühling
Frühling! -
Durch die grüne Landschaft schritten sinnend
schöne Frauen, wie sie liebt der Frühling,
ernste lichtgereckte Huldgestalten,
die den Himmel stolz und sicher tragen.
Und im Zug zuhinterst sah ich Eine,
die ich heiß gekannt in heißem Jahr,
eine sonnesüße Sünderin.
Um die Schultern gleißte noch das Haarvließ,
aus des Rheines Goldhort kühn gehoben.
Etwas bleicher schien sie doch geworden,
und verwundert glaubt' ich: größer.
Heimlich raunt' ich im Vorüberstreifen:
"Sprich - wie geht es dir? - und kannst du hoffen?" -
Doch sie sah auf mich mit fremdem Auge,
laut verkündete die blasse Lippe:
"Es ist Frühling."
(S. 32-33)
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Blumen
Sonne.
Sie treten lachend in die Sonne.
In den Garten unter glühende Blumen.
Sie führen sich wie Menschen, die sich lieben.
Sonne.
Und mählich kommt die Sonne über sie.
Und mählich kommt die Sonne zwischen sie.
Sie sprechen noch, sie lachen immer noch.
Doch leiser.
Und stehen trunken in der Sonne.
Sonne.
Und wissen wieder, daß sie lieben müssen
wie Blumen,
die bei einander in der Sonne glühen.
Sonne. (S. 45)
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Aus: Alfred Mombert
Dichtungen Gedicht-Werke
Gesamtausgabe in drei Bänden.
Herausgegeben von Elisabeth Herberg Erster Band
Kösel Verlag München 1963
Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Mombert
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