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      Heinrich Mühlpfort(1639-1681)
 
      Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 
      
 
 
 
       
      An Favonien als er Sie 
      zum ersten mahl küste
 Diß ist mein erster Kuß / den ich Favonie!
 Du schönes Menschen-Kind / auf deine Lippen setze.
 Du biß mein Paradieß / in dem ich mich ergötze /
 Nun bin ich wohl vergnügt / weil ich so feste steh /
 Und dencke weiter nicht / ob jene Angst und Weh /
 Durch Unglück meine Lieb / und ihren Lauff verletze.
 Wie hoch ich deinen Kuß O Allerliebste! schätze /
 Das weiß ein jeder Stern / es weiß es Erd und See.
 Das Herze konte sich nicht eh zu frieden geben /
 Biß es von deinem Mund / ein Zeichen wahrer Gunst /
 Empfangen wie es wolt / nun hat es auch sein Leben /
 Zugleicher Gegen-Pflicht entzündt in Liebes-Brunst.
 Drum wundre dich ja nicht / wann ich es mehr begehre /
 Daß mir dein rother Mund ein Liebes-Pfand gewähre.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 113-114)
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      Auf die Abwesenheit der Liebsten
 
 Ich kan nicht deine Augen küssen /
 Und dir ist jetzt mein Mund versagt.
 Ach Schatz / daß wir so lieben müssen /
 Hab ich dem Himmel offt geklagt.
 Umbsonst / er zeigt nur Donnerblicke /
 Und stößt den heissen Wunsch zurücke.
 Ich will dich zwar im Herzen tragen /
 So lange mich die Erde trägt.
 Mein Geist soll deine Seele fragen /
 Ob sie noch gleichen Zunder hägt.
 Du lebst und schwebst mir in Gedancken /
 Doch nicht in eines Landes Schrancken.
 Gefangne hoffen frey zu werden /
 Ich hoffe dich nicht mehr zu sehn.
 Der Wind kan jetzt in frembder Erden
 Mir deine Seuffzer nicht zuwehn;
 Und dennoch baut der Liebe Stärcke
 Im Herzen grosse Wunderwercke.
 Wenn mich der Schlaf nur eingewieget;
 (Wo auch die Liebe schlaffen läst.)
 Hat sich ein Both im Traum verfüget /
 Der spricht / die Perlemutt steht fest.
 Sie liebt / und schickt dir dieses Schreiben /
 Und will auf ewig deine bleiben.
 Bald seh ich sie vorm Spiegel stehen /
 Wie sie das Haar zu Felde schlägt;
 Bald mit beliebten Tritten gehen;
 Bald wie sie sich zu Bette legt /
 Und meine treue Lieder singet /
 Biß sie der müde Schlaf bezwinget.
 Ach / denck ich / solt ich bey dir ligen /
 Sollt ich den süß-bethauten Mund
 Mit einem solchen Kuß vergnügen /
 Der nur den Treu-verliebten kund /
 So würd ich mich vergöttert nennen /
 Und keine Sterblichkeit mehr kennen.
 Ich wiederhole jene Zeiten /
 Da ich umb deinen Halß geschränckt /
 Und mehr als tausend Lieblichkeiten /
 Mich mit dem Nectar-Safft getränckt /
 Der Lipp‘ und Brüste holde Gaben /
 Vermögen noch mein Herz‘ zu laben.
 So offt der West den Flor erhebet /
 Der deine Lilgen Brüste deckt /
 So dencke / daß mein Geist da schwebet /
 Daß mein Herz unter deinem steckt.
 Wie dieser zarte Schnee voll Flammen /
 Wie Gluth und Blut sich fügt zusammen.
 Kommt wo ein Jungfern-Bild gegangen
 Das Wunder-holde Schönheit ziert.
 Erkenn ich daß der Liebsten Wangen
 Allein der Lorbeer-Kranz gebührt.
 Mein Spiegel-Glaß sind schöne Frauen /
 Worinn ich Perlemutt kan schauen.
 Ich schmecke noch die Zucker Küsse
 Die mir dein Mund hat eingeflöst.
 Ich fühle noch die linden Bisse;
 Wenn Seel und Seel sich hat getröst.
 Ich greiffe noch die weichen Hände /
 Und bin empfindlich biß ans Ende.
 Ja Perlemutt / wenn gleich die Beine
 Die Faulnüß und der Schimmel frist /
 Wenn auff dem kalten Grabe-Steine /
 Ein Wandrer meinen Hintritt liest /
 So wird man Perlemutt auch hören /
 Und dein Gedächtnüß heilig ehren.
 Ich küß jetzt zwar nicht Aug und Wangen /
 Ich schlaffe nicht auf deiner Brust.
 Doch du bist einzig mein Verlangen /
 Und höchsterwünschte Seelen-Lust.
 Noch Zeit / noch Ort / bricht meine Liebe /
 Die ich an Perlemutt ausübe.
 Nimm dieses Lied zum klaren Zeichen /
 Das ganz von Liebes-Flammen brennt.
 Das nicht von deiner Hold kan weichen /
 Obschon der Tod die Geister trennt;
 So wird doch in Elyser Wiesen
 Die Perlemutt verliebt gepriesen.
 (aus: Teutsche 
      Gedichte Vermischte Gedichte S. 20-22)
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      Nacht-Lied an Megalinden
 1.
 Ihr Lichter voller Glut /
 Ihr Sternen heller Liebes-Flammen /
 Schlagt doch in meinem Blut /
 Mit eurem doppelt Schein zusammen /
 Und brennt diß Herze an;
 Das sonst nicht leben kan.
 
 2.
 Wie schöne siehet doch /
 Die Klarheit aus dem Angesichte /
 Ach zeiget euch mir noch /
 Mit eurer Strahlen Blitz und Lichte /
 Brecht durch die schwarze Nacht /
 In ungemeinen Pracht.
 
 3.
 Ich wuste mich nicht mehr /
 Vor dieser holden Glut zu lassen /
 Es funckelt allzusehr
 Der Demant aus der Augenstrassen /
 Daß ich entzücket bin
 Macht meine Herrscherin.
 
 4.
 Wie seelig bist du nun /
 O Liebste Seele / Megalinde /
 Du kanst so sanffte ruhn /
 Wann ich den grösten Schmerz empfinde /
 Und ohne Licht und Strahl /
 Vergeh in Angst und Quahl.
 
 5.
 Es ist itzt Mitternacht /
 Und alles ligt in Ruh gebunden /
 Doch meine Liebe macht /
 Daß ich noch keinen Schlaff empfunden /
 Sie wünschet dich zu sehn /
 Erhöre doch mein Flehn.
 
 6.
 Ich armer steh itzt hier /
 Und warte deiner mit Verlangen /
 Ach! komm doch meine Zier /
 Laß dich du Perlen-Kind umfangen /
 Und wechsle Kuß um Kuß /
 Zum ersten Ankunffts-Gruß.
 
 7.
 Will mir der Himmel wohl /
 So küß ich dich gedoppelt wieder /
 Ein kuß der recht seyn soll /
 Besucht der Liebsten Mund und Glieder /
 Biß daß er sich vermischt /
 Und wieder wird erfrischt.
 
 8.
 Doch stille! nicht zu viel /
 Die Liebe will verschwiegen bleiben /
 Es möchte sonst sein Spiel /
 Ein arges Maul darüber treiben /
 Mein Schatz ich scheide hin/
 Du lebst in meinem Sinn.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 130-132)
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      Der Liebe MachtWird hier verlacht
 
 1.
 Nun bin ich franck und frey von deiner schnöden Brunst /
 Und meine Liebe wird zu einem Leichen-Dunst /
 Ihr falschen Augen ihr / ihr Irrwisch eitler List /
 An dem Betrügerey die beste Tugend ist.
 
 2.
 Deckt den vermeinten Glanz nur mit der Floris Nacht,
 Mein Herze wird von euch nicht mehr verliebt gemacht.
 Und du / Cordelie! gehabe dich nun wohl /
 Weil ich den bösen Sinn nunmehr verlassen soll.
 
 3.
 Du hast mich zwar bethört und wissentlich verführt /
 Doch / ich hab deine Tück in kurzer Zeit gespührt /
 Ich betete dich an / und fiel auf meine Knie /
 Nun geh ich steiff vorbey / und grüsse dich nicht je.
 
 4.
 Wer glaubet daß dein Mund so süsser Honig sey /
 Wann du die Lippen schminckst mit Farb und Gleißnerey /
 So küß ich auch nicht mehr der Wangen Rosenfeld /
 Weil ein gebeitztes Tuch die faule Haut erhällt /
 
 5.
 Ich nannte dich vorhin mein Leben / meinen Schatz /
 Nun laß ich dir nicht mehr in den Gedancken Platz
 Und wann man dich nur nennt / so ruff ich: Ach und Weh!
 Wo ist die Trügerin / wo ist Cordelie?
 
 6.
 Ihr Haar / das zwar wie Gold / wächst nicht aus ihrem Haupt /
 Wer weiß von welchem Kopff und Todten es geraubt /
 Die Augen schimmern nur / gleich wie der Blitz vor blinckt
 Eh als der Donnerkeil durch Klipp und Felsen dringt.
 
 7.
 Haar / Augen / Wangen / Mund / und du verbuhlte Brust /
 Ich kauffe nicht so theur / vor mich ein wenig Lust /
 Ihr seyd gar zu gemein / und tragt euch jedem feil /
 Es findet wer da will hier sein bescheiden Theil.
 
 8.
 Die so ich lieben soll / muß einzig und allein /
 Mein auserwehltes Lieb / und mir getreue seyn /
 Ich leid es nicht gar wohl / daß jeder küst und leckt /
 Was mir und meinem Maul am allerbesten schmeckt.
 
 9.
 Fahr hin Cordelie! du unersättlich Thier /
 Gebrauche deiner Lust / du bleibst in Ruh für mir /
 Doch dencke falscher Mensch / weil du niemand geschont /
 Daß man dir / wie auch recht / mit gleicher Münze lohnt.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 74-76)
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      Er bittet um einen Kuß
 1.
 Nur einen Kuß / so hab ich schon /
 Von dir mein Schatz! der Liebe Lohn /
 Und bin gar wohl damit zufrieden /
 Was deine Gunst mir itzt verspricht /
 Drauf bleibt mein schwaches Herz beschieden /
 Dein Mund betreugt mein Hoffen nicht /
 Wann ich jetzt von dir bitten muß /
 Nur einen Kuß /
 
 2.
 Nur einen Kuß / so ist mir wohl /
 Und wann ich den erlangen soll /
 So ehr ich deine Lieblichkeiten /
 Des holden Angesichtes Zier /
 Erweckt durch sanfftes Seelenstreiten /
 In mir die stete Liebs-Begier /
 Wann mir vergönt dein Uberfluß /
 Nur einen Kuß.
 
 3.
 Nur einen Kuß / O schönstes Kind /
 Denn deine Flamm hat mich entzündt /
 Und meine Freyheit angebunden /
 So einen angenehmen Brand /
 Hab ich von deinem Strahl empfunden /
 Daß ich begehr ein Liebes-Pfand /
 Ein Pfand von deinem Lippenguß /
 Nur einen Kuß.
 
 4.
 Nur einen Kuß / der meine Brunst
 Versichert deiner milden Gunst /
 Und der die Seele recht vermenget /
 Es werde meine heisse Glut /
 Von diesem kühlem Thau besprenget /
 Dann deiner Wangen Milch und Blut /
 Gibt zu den treuem Liebes-Schluß /
 Nur einen Kuß.
 
 5.
 Nur einen Kuß / denn bin ich froh /
 Weil mir mein Liebgen günstig so /
 Und nicht das Flehen abgeschlagen /
 Es solle nicht der blasse Tod
 Die Lebens-Geister von mir jagen /
 Es hemmt mich weder Angst und Noth /
 Daß ich nicht von dir bitten muß /
 Nur einen Kuß.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 137-139)
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      Ein Kuß
 Viel fragen was daß sey: Schatz gieb mir einen Kuß /
 Und was ich doch für Lust von Küssen könne haben /
 Viel lachen / wann ich will nach einem Kusse traben /
 Und sagen / dieser Kuß / der war mir ein Verdruß.
 Ich spreche wiederum / diß ist ein Uberfluß /
 Voll süsser lieblichkeit / an dem ich mich kan laben /
 Was acht ich viel Geschenck / und grosser Schönheit Gabe
 Wann ich bey meiner Lieb ein Bettler bleiben muß.
 Das Reden und daß Spiel macht einen zwar bekant /
 Doch / soll in Gegen-Gunst das Herze seyn entbrandt /
 So muß zuvor ein Kuß die Bahn zur Liebe machen.
 Ein Kuß hat so viel Krafft / wann er von Herzen geht /
 Als bey den Schiffenden der nordliche Magnet /
 Ein Kuß kan bald ein Paar verliebt zusammen machen.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 113)
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      Auff die Brüste seiner 
      Liebsten
 Welch warmer Schnee deckt diese Freuden-Hügel /
 Du Marmel-Rund / der Venus glatter Spiegel /
 Kan hier mein Geist / mein schwacher Geist bestehn?
 Ach! nein / ich muß in heisser Glut vergehn.
 Die Circkel hat die Anmuth selbst geschlossen.
 Hier quillt der Strohm der Wollust ausgegossen /
 Ists möglich auch daß man Granaten-Blüth
 Auf solchen Schnee so hochgespitzet sieht?
 O schönes Eiß! O Zunderreiche Funcken!
 Ist wo die Hand gar allzufrech gesuncken /
 Verzeih / verzeih / O Göttin! denn ich weiß /
 Vor deinem Strahl zerschmilzet hartes Eiß.
 Ist das das Bett wo Lilgen und Narcissen /
 Aus Nachbarschafft / sich Herzverbündlich küssen /
 So wünsch ich nur ein Gärtner bloß zu seyn /
 Der es verwahrt für allem bösen Schein.
 Schwellt Circkel schwellt in angenehme Runde /
 Und seyd beküst von meinem blassen Munde /
 Glaubt / hat die Hand verwegen was gethan /
 Daß bey der Kost kein Mensch sich halten kan.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 146-147)
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      1.Willkommen Schöneste / die meinen Geist erquickt /
 Die meine Seele durch ihren Glanz entzückt /
 Willkommen Schatz / mein ander Leben /
 Der ich mich ganz und gar ergeben.
 
 2.
 Stern aller Freuden / schöneste Perlemuth /
 Wenn deiner Augen blitzende Liebes Glut
 Bestrahlet mein entbrandtes Herze
 So acht ich nicht der Sonnen Kerze.
 
 3.
 Denn dein Gesicht weiset den Himmel mir /
 Wie der beblümet wird von der Sternen Zier;
 So streu’n auch deine Fackeln funcken /
 Die in die Seele mir gesuncken.
 
 4.
 Was ich nur dencke / was ich nur red‘ und thu /
 Das auserwählte Perlemuth das bist du /
 Ich geh / ich steh / ich schlaf‘ / ich wache /
 So bleibst du doch der Zweck der Sache.
 
 5.
 Holdreiche Göttin / die meinen Geist bezwingt /
 Und die das Siegsfahn über mein Leben schwingt /
 Mich dünckt daß alle Seeligkeiten /
 Mit deinem Eintritt dich begleiten.
 
 6.
 Gast dessen gleichen mir nicht der Erden Kreiß
 In allen Enden einst zu gewähren weiß /
 Was nicht die ganze Welt kan schicken /
 Mit dem kan Oelße mich beglücken.
 
 7.
 Wie aus des Himmels Zimmern die Morgenröth
 Im höchsten Purpur gleich eine Fürstin geht /
 So ist mit nicht geringerm Lichte
 Umbgeben / Schatz / dein Angesichte.
 
 8.
 Du trägest Rosen / gleichwie dein Name heist
 Und theuren Perlen gleichet dein edler Geist /
 Ich lasse Geld und Güter fahren /
 Du bleibst die beste von den Waaren.
 
 9.
 Daß mir dein Anblick schencket die höchste Lust /
 Daß deine Worte gleichfals der Liebe kost /
 Daß dein Kuß kan die Seele weiden /
 Sind nur ein Vorbild grössrer Freuden.
 
 10.
 Ach Sonne renne / kürze der Tage Rest /
 Biß daß erscheinet unser Vermählungs-Fest /
 Daß wir den besten Zweck erzielen /
 Und unsre Glut zusammen spielen /
 
 11.
 Der Augen Sterne / der Wangen Rosen-Glut /
 Der Schnee des Halses / der Lippen Purpur-Blut /
 Der Brüste rund-geschwollne Hügel
 Verbleiben unsrer Liebe Sigel.
 
 12.
 So hat die Venus nicht den Adon erfrischt /
 Wenn sie vergnüget haben im Wald getischt /
 Als deine Gegenwart mich tröstet /
 Und mir das Liebes-Manna röstet.
 
 13.
 Komm schönste Nimfe / Sonne der Unterwelt
 Durch derer Blicke sich noch mein Geist erhellt:
 Laß ferne deine Strahlen glänzen /
 In meinem Hauß und Herzens-Gränzen.
 (aus: Poetischer 
      Gedichte Ander Theil S. 11-13)
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      Alle Gedichte aus: Heinrich Mühlpfort: Teutsche Gedichte. Poetischer 
        Gedichte Ander Theil. Neudruck der Ausgabe Breslau und Frankfurt am 
        Main 1686/87
 Herausgegeben und eingeleitet von Heinz Entner. Keip Verlag Frankfurt am 
        Main 1991
 Texte der Frühen Neuzeit. Neudrucke nach Beständen und in Zusammenarbeit 
        mit der Universitätsbibliothek Wroclaw / Breslau)
 
 
        siehe auch Teil 2   
        
 
 Biographie:
 
 http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Mühlpfort
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