Friedrich Konrad Müller von der Werra (1823-1881) - Liebesgedichte

Friedrich Konrad Müller von der Werra



Friedrich Konrad Müller von der Werra
(1823-1881)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Ave Maria
Heidelberg, 1847. Tonsatz von R. Rittmeyer; Ed. Köllner

Horcht, die Versperglocken schallen,
Zur Kapelle wallt sie hin,
Und andächtig in den Hallen
Betet sie mit frommen Sinn:
Ave Maria!

Welche Anmuth, Hoheit, Liebe,
Strahlt aus ihrem Blick so mild,
Und ein Weh geheimer Triebe
Ueberschleicht mich bei dem Bild:
Ave Maria!

Bleib' mir frommes Angedenken,
Zauberhafte Lichtgestalt,
Sanftes Augenlidersenken,
Bis mein Grabgeläute schallt:
Ave Maria!
(S. 199)
_____



Lied der Liebe
Heidelberg, 1847. Tonsatz von Andreas Zöllner

Liebe durchbebt das Herz
Leise mit bangem Schmerz,
Füllet die stille Brust
Wonnig mit Lust!
Wo sie nur immer weilt,
Selig die Freude theilt,
Dort ist um mich herum
Elysium!

Wenn dein Blick auf mir ruht,
Bin ich stets wohlgemuth,
Bin ich zur Fröhlichkeit
Immer bereit!
Ewig bei dir, bei dir,
Ist ja mein Wunsch nur hier;
Wie das Geschick auch sei,
Bleib' dir stets treu!

Sehnsucht und süße Qual
Durchzieht mich allzumal,
Bist du, mein treuer Stern,
Bist du mir fern!
Traurig ist mein Gemüth,
Wenn dich mein Aug' nicht sieht,
Wo du weilst ist mein Sinn,
Flieht nur dorthin!

Droben im Sternenkreis
Strahlt auch mein Lieben heiß,
Blicke nur himmelwärts,
Quält dich ein Schmerz!
Holde, verzage nicht,
Wann einst mein Auge bricht,
Drüben ist Wiedersehn,
Ach, wie so schön!
(S. 200-201)
_____



Scheidegruß
Heidelberg, 1847. Tonsatz von Schnyder von Wartensee

Leb' wohl mein Liebchen,
Da ich nun scheiden muß!
O winke freundlich
Mir zu noch süßen Gruß!
Lebe wohl, lebe wohl!
Noch einen Kuß!

Leb' wohl, mein Liebchen,
Dein denk' ich innig gern!
Sei drum nicht traurig,
Bin ich von dir auch fern!
Lebe wohl, lebe wohl!
Mein treuer Stern!

Leb' wohl, mein Liebchen,
Quält dich einst süße Pein,
Denk' ich bin ewig
Voll treuer Liebe dein!
Lebe wohl, lebe wohl!
Gedenke mein!

Leb' wohl, mein Liebchen,
Du Engelsangesicht!
Blühst mir im Herzen,
Bis mir das Auge bricht!
Lebe wohl, lebe wohl!
Vergiß mein nicht!
(S. 201-202)
_____



Abendlied
Zürich, 1849. Tonsatz von Moritz Nabich

Drüben an dem Horizont
Geht die Abendsonne scheiden
Und die Sterne und der Mond
Schimmern auf die Trauerweiden.

Wie im Lenz der stolze Schwan
Stille durch die Flut gezogen,
Treibt ein linder West den Kahn
Auf dem Weiher durch die Wogen.

Leise bebt das Schilf und Rohr,
Und ich möcht' mein Leid versenken,
Ach, im Herzen quillt hervor
Mir ein süßes Deingedenken!
(S. 203)
_____



Dämmerungsgesang
Zürich, 1849. Tonsatz von Theodor Eisfeld

Unter ist gegangen
Letzter Sonnenschein.
Still die Weiden hangen
In den Teich hinein.

Auf geheimen Pfade
Wandle ich daher,
Doch am Schilfgestade
Find' ich sie nicht mehr!

Ach! mein Herz erfüllet
Süß Erinnerung
Und den Hain umhüllet
Milde Dämmerung.

Meine Seele weinet,
Wär' bei ihr so gern!
Still! am Himmel scheinet
Noch manch' Hoffnungsstern!
(S. 204)
_____



Schneeglöckleins Trauergeläute
Zürich, 1849. Tonsatz von Franz Lachner; A. Zöllner

Schneeglöcklein läutet wieder,
Doch nicht wie's früher klang!
Und seine Frühlingslieder
Sind nur ein Trauersang.
Kling, klang, klung!
Was soll das doch bedeuten,
Schneeglöckleins traurig Läuten?
Kling, klang, klung!
Wie süß ist doch Erinnerung!

Schneeglöckleins Lenzverkünden
Macht traurig mein Gemüth!
In Auen, Waldesgründen
Für mich kein Frühling blüht.
Kling, klang, klung!
Was soll das doch bedeuten,
Schneeglöckleins traurig Läuten?
Kling, klang, klung!
Wie süß ist doch Erinnerung!

Schneeglöcklein, ach! dein Tönen
Klingt trauermild und hehr!
Die Schönste aller Schönen
Fand ja dein Gruß nicht mehr!
Kling, klang, klung!
Was soll das doch bedeuten,
Schneeglöckleins traurig Läuten?
Kling, klang, klung!
Wie süß ist doch Erinnerung!

Schneeglöcklein wirst auch sagen
Dem Lenz im süßen Lied,
Er soll mich nicht beklagen,
Wenn ich auch bald schon schied!
Kling, klang, klung!
Was soll das doch bedeuten,
Schneeglöckleins traurig Läuten?
Kling, klang, klung!
Wie süß ist doch Erinnerung!
(S. 205-206)
_____



Deingedenken
Neuschatel, 1850. Tonsatz von Ernst Mascheck

Du bist mir hold erschienen,
Als wie im Maientraum,
Der, erst dahin geschwunden,
Sich läßt vergessen kaum!

Du schwebst vor meiner Seele
Stets anmuthsvoll und mild,
So wie ein Herz mit Liebe
Erfüllt ein Gnadenbild!

Dir blüht ein Deingedenken
In mir zu aller Zeit,
Bis du ein Engel grüßen
Mich wirst in Ewigkeit!
(S. 207)
____



Bitte
St. Gallen, 1855. Tonsatz von F. B. Hamma

Ich denke dein mit Milde,
Was tief mein Herz erwärmt!
Hab' mich mit deinem Bilde
Im Traum oft abgehärmt!

Hab' dir mein Herz erschlossen,
Weiß nicht, was deines spricht!
Und hat es dich verdrossen,
So zürn' mir länger nicht!

Träumst du von mir im Leben,
So träum' wie man vergibt,
Dann wirst du mir vergeben,
Daß ich dich je geliebt!
(S. 208)
_____



Das Mädchen vom Rhein
Biel bei Bern, 1850

Mich grüßte vor Zeiten ein liebliches Bild,
Es zog mir vorüber holdselig und mild;
Da war mir's im Herzen gar wonnig zu Muth,
Doch sollten wir liebend uns näher nicht sein,
Ich weiß nur, die Schöne mit rosiger Gluth
Erblühte am Rhein!

Ich möchte wohl fröhlich sein, wie ich es war,
Und singen wie Lerchen so hell und so klar;
Doch weiß ich nicht, warum die Freude mir schied,
Jetzt blick' ich so ernst in das Leben hinein
Und denke, so oft ich beginne ein Lied,
Ans Mädchen vom Rhein!

Ich möchte vertrinken den inneren Gram
Die heimliche Wehmuth, so über mich kam!
Doch weiß ich schier selber nicht, wie es geschah,
Daß nimmer mir mundet der goldene Wein,
Seit wandern ins Weite verdüstert ich sah
Das Mädchen vom Rhein!

Was macht mich so traurig, was macht mich so trüb,
Das ist wohl das Heimweh, das ist wohl die Lieb'?
Ich kann's nicht ermessen und kann's nicht verstehn,
Es fühlt sich mein Herze auf Erden allein
Und denket, o könntest du wieder einst sehn
Das Mädchen vom Rhein!
(S. 209)
_____



Am Morgen
Aarau, 1851. Tonsatz von J. C. Lobe

Habe gestern Nachts im Dunkeln
In die Augen dir geschaut,
Sah zwei Sterne drinnen funkeln,
Denen ich mein Glück vertraut!
Um mich her ein leises Wehen,
Als ob es im Lenze früht,
Und ich mußt' mir still gestehen,
Daß mir eine Rose blüht!

Und ich habe dann geträumet
Wunderlieblich dies und das,
Wie der Liebe Becher schäumet
Wie so klinget Glas an Glas!
Und ich fühlte, daß es lenzet
Wieder neu mir im Gemüth,
Sah beim Wein, der mir kredenzet,
Daß mir eine Rose blüht!

Wie beim Sang der Frühlingschöre
Bin ich heitern Sinns erwacht,
Hab', ob ich mich wohl bethöre,
Froh des süßen Traums gedacht;
Und ich hab' es tief empfunden,
Wie das Herz so liebend glüht,
Denkend in den Morgenstunden,
Daß mir eine Rose blüht!

Und es treibt in meinem Innern
Etwas mir die Brust so weit,
Welch' ein liebliches Erinnern
Bringt mir diese Seligkeit!
Ueber Nacht ist mir's gekommen,
Daß es Lieder in mir sprüht,
Denn ich hab' es still vernommen,
Daß mir eine Rose blüht!
(S. 210-211)
_____



Die schwarzbraunen Augen
Aarau, 1851. Tonsatz von H. Sczadrowsky; A. Billeter; W. Popp

Mit deinen schwarzbraunen Augen
Hast du mir das Herze bewegt;
Ich weiß nicht, ist's Wehmuth, ist's Freude,
Was drinnen süßleise sich regt!

Für deine schwarzbraunen Augen
Gäb' Mancher die Güter wohl sein!
Doch läßt sich die Liebe nicht kaufen
Um Gold und Edelgestein!

Und deine schwarzbraunen Augen
Durchglühen gar wonnevoll mich,
Daß ewig im Liede ich werbe
Um dich, du Schöne, um dich!
(S. 211)
_____



Ich liebe dich!
Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von W. Popp; G. Böttger

Keine Stund' ist je vergangen,
Wo ich deiner nicht gedacht!
Ach, es treibt mich ein Verlangen
Durch des Lebens düstre Nacht!
Doch es mahnet leise mich:
Süßes Herz, ich liebe dich!

Wenn ich dich, du meine Süße,
Unvermuthet wandeln seh!
Und dich dann im Stillen grüße,
Fühl' ich ein geheimes Weh!
Und es spricht so inniglich:
Süßes Herz, ich liebe dich!

Mag das Schicksal mich verschlagen
Ferne in die Welt hinein,
Wird mein Geist doch nicht verzagen,
Wird voll steter Hoffnung sein
Und mit Treue schmücken sich:
Süßes Herz, ich liebe dich!

Ewig will dein Lob ich singen,
Bis ich von dem Leben schied;
Zu den Engeln soll es dringen,
Was ich preis' im hohen Lied:
Nichts gibt's, was dir, Mädchen, glich:
Süßes Herz, ich liebe dich!
(S. 212)
_____



Mein Verlangen
Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von Louis Spohr

Es ist ein süßes Wähnen
In Trauern und in Thränen.
Nach dir strebt voller Bangen,
Du Holde, mein Verlangen!
Du liebest mich,
Ich liebe dich,
Still hat's der Blick gestanden,
Als wir uns fanden.

Nah wären wir uns gerne,
Und doch sind wir uns ferne;
Ich such' dich oft vergebens,
Du Wonne meines Lebens!
Wärst du bei mir,
Wär' ich bei dir,
Das Herz wär' nicht betroffen
Von leerem Hoffen!

Ach, wärst du mir zur Seite,
Treu ständ ich zum Geleite;
Die Liebe will ja leben
In Lust und Leid ergeben!
O wärst du mein,
O wär' ich dein!
Dann würde all mein Leiden
Erblühn in Freuden!
(S. 213)
_____



Im weißen Kreuz
Hütten bei Zürich, 1851. Tonsatz von C. Kuntze

Im weißen Kreuz da kehr' ich ein,
Das hat wohl seinen Grund!
Schön Anna schenkt mir dort den Wein
Mit rosenrothem Mund.
Sie ist so wonnig, nett und flink
Und stets voll frohem Muth,
Behend dazu bei jedem Wink,
Das liebe junge Blut!

Der Wein von ihr, der mundet mir,
Als wär's ein Göttertrank!
Es hat gewundert oft mich schier,
Daß ich vom Stuhl nicht sank!
Sie hat der Augensterne zwei,
Wie sie kein Mensch gesehn,
Man möcht', wie vor der Loreley,
In Liebe untergehn!

Gar süß ist ihrer Stimme Klang,
Voll Zauber ist ihr Wort,
Das Jedem noch zum Herzen drang,
Der froh gezechet dort!
Drum zürnet mir so sehr doch nicht,
Komm' ich zu spät nach Haus;
Ich leiste ja so gern Verzicht
Auf euren Abendschmaus!

Ich fühl' mich im Elysium
Und trink in süßer Ruh';
Dreh', gute Welt, dich nur herum,
Ich sing' mein Lied dazu:
Im weißen Kreuz da kehr' ich ein,
Das hat wohl seinen Grund!
Schön Anna schenkt mir dort den Wein
Mit rosenrothem Mund!
(S. 214-215)
_____



Untreue
Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von G. Rabe

Zu Pfingsten vor drei Jahren
War ich, mein Schatz, bei dir!
Du wolltest treu bewahren
Mir, deine Liebe, mir!

Was jenesmal versprochen
Du mir mit Hand und Mund,
Das hat nach wenig Wochen
Gemacht das Herz mir wund!

Du ließest von der Treue,
Und von der Liebe mein,
Daß ich in bittrer Reue
Nun traurig steh' allein!

Drei Jahre sind vergangen,
Drei Jahr' gar ernst und schwer, -
Es glüht auf meinen Wangen
Das Jugendroth nicht mehr!
(S. 215-216)
_____



Der erste Liebeskuß
Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von C. Kuntze

Nun laßt uns wieder singen
Ein neues Liebeslied!
Laßt hell die Gläser klingen,
Da uns die Sorge mied!
Vom Rebengrün umlaubet,
Denk' ich, welch' Hochgenuß,
Wenn insgeheim man raubet
Den ersten Liebeskuß.

Nichts Süßres kann es geben
Auf dieser weiten Welt,
Als wenn ein junges Leben
In Lieb' sich uns gesellt!
Wenn wir von Rosenlippen
In Wonneüberfluß
So ganz verstohlen nippen
Den ersten Liebeskuß.

Der goldne Wein, der mundet,
Uns dünkt im Traum dabei,
Daß just mehr abgerundet
Die Welt, die gute, sei!
Doch Süßres kann ich sagen,
Noch seligern Erguß,
Das ist, darf man ihn wagen,
Der erste Liebeskuß!

Da singen wir und singen
Ein altes Liebeslied!
Nichts kann uns wiederbringen
Den Frühling, der uns schied!
Es ist ein schmerzlich Müssen,
Was ich gestehn noch muß:
Noch einmal möcht' ich küssen
Den ersten Liebeskuß!
(S. 216-217)
_____



Du schönes Aug'!
Ruti bei Rapperswyl, 1853. Tonsatz von Ernst Mascheck

Du schönes Aug' so wundermild,
Wie lieb' ich dich so sehr!
Auf Erden gibt's kein schönres Bild,
Kein süßres Lächeln mehr!

Es fesselt mich dein Wonneblick,
So oft du bist mir nah;
Mir ward durch dich ein Liebesblick,
Weiß nicht, wie mir geschah!

Ich habe dich im Traum geküßt,
Von Liebe angefacht,
Und denk', da es verträumet ist,
O wär' ich nie erwacht!
(S. 218)
_____



Madonna
Wald im Canton Zürich, 1853. Tonsatz von A. Billeter

Madonna, wunderholdes Bild,
So lieb und traut!
Wie hast du doch so frühlingsmild
In's Auge mir geschaut,
Daß mir es durch die Seele drang
Wehmüthig, wonniglich!
Mein Herz schlug da so hoffnungsbang, -
Madonna, ich begrüße dich!

Madonna, ach! wo zogst du hin,
Wer weiß wie weit!
Ach, ohne dich ist trüb mein Sinn,
Versenkt in tiefste Einsamkeit!
Du bist mir fern und doch nicht fern,
Ich träume dich um mich,
Du bist in dunkler Nacht mein Stern,
Madonna, ach! ich liebe dich!

Madonna, wunderholdes Bild,
Auf Wiedersehn!
Der Himmel sei dein Schutz und Schild,
Dies ist mein heißes Flehn!
Es ist ja deiner Liebe Macht,
Die süß mein Herz beschlich;
Leb' wohl, die treuste Liebe wacht, -
Madonna, Gott behüte dich!
(S. 219)
_____



Sei still, mein Herz!
Zürich, 1863

Wenn linde Lüfte fächeln
Und hold die Blumen lächeln,
Dann gehen wir
Durch Wälder und durch Wiesen,
Die Wonne zu genießen; -
Sei still mein Herz, du bist bei ihr!

Wenn Abends spät im Dunkeln
Die Sternlein helle funkeln,
Dann sehen wir,
Zum Himmel oft mit Thränen,
Das Herz voll Weh und Sehnen; -
Sei still, mein Herz, du bist bei ihr!

Wenn ob vergangnen Tagen
Die Nachtigallen klagen,
Dann flehen wir:
Süßliebchen, laß dich küssen,
Eh' wir auch scheiden müssen; -
Sei still, mein Herz, du bist bei ihr!

Wenn wir voll Hochentzücken
In Liebchens Augen blicken,
Dann stehen wir
Von Lenz und Liebe trunken
In Thränen tief versunken; -
Sei still, mein Herz, du bist bei ihr!
(S. 220)
_____



Die Eine!
St. Gallen, 1853. Tonsatz von H. Sczadrowsky

Der Frühling bracht uns Seligkeit,
Nun möcht' ich gern die goldne Zeit
Verkosen!
Es glühn und sprühn in bunter Art,
So wonnevoll und mild und zart
Die Rosen, ja Rosen!

Hervorgelockt vom Maienlicht
Erblüht auch das Vergißmeinnicht
Auf's Neue!
Es spricht sein wunderlieblich Blau,
Beperlt von Sehnsuchtsthränenthau,
Von Treue, ja Treue!

Ich geh' an ihrem Haus vorbei,
Dort grüßen Blumen mancherlei
Im Golde!
Da denk' ich in der stillen Qual,
Ach! grüßte dort nur noch einmal
Die Holde, ja Holde!

Doch sieh, kein Fenster thut sich auf,
Drum lenk' ich fort im stillen Lauf
Alleine!
Doch wo ich wandre fern auch hin,
So kommt mir nie wohl aus dem Sinn
Die Eine, ja Eine!
(S. 221)
_____



Sehnsucht
Wald im Canton Zürich, 1849. Tonsatz von J. H. Cornell

Vom Bergwald rauscht so munter
Der Bach ins Thal hinunter,
Wo fern mein Liebchen weilt.
O könnt ich fort auch wallen,
Mit diesen Wellen allen,
So schnell als jede eilt!

Möcht' weilen, wo Gekose
Der zarten Frühlingsrose
Des Liebchens Grüße theilt.
Dort wär' dann all' mein Sehnen
Gelöst in Wonnethränen,
Das Herz vom Weh geheilt!
(S. 222)
_____



Des Mädchens Klage
St. Gallen, 1853

Du Jüngling hold mit frohem Sinn,
Du weißt nicht, wie ich traurig bin,
Seit grüßend du vor meinem Haus
Zogst in die weite Welt hinaus!
O Jüngling mein,
Nicht länger trag' ich all' die Pein,
Die mir die Sehnsucht gab schon lang
Und mir das Herze macht so bang!

Kein Liebesgruß wird mir zu Theil
Aus ferner Welt zu meinem Heil!
Mein Aug' ist trüb, die Wange bleich,
Bin freudearm und leidenreich!
O Jüngling mein,
Wohin magst du gezogen sein!
Ich muß mit Thränen mir gestehn,
Für uns gibt's wohl kein Wiedersehn?

Im Garten blühn zu meiner Qual
Die Rosen nun zum dritten Mal,
Seit stille schlug dir zu mein Herz,
Seit stille trug ich meinen Schmerz!
O Jüngling mein,
Bald legt man mich in's Grab hinein,
Dann träum' ich, von dem Schmerz befreit,
Von dir die ganze Ewigkeit!
(S. 223)
_____



Im Wald
Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von Ernst Mascheck

Im Wald, im Wald, im grünen Wald,
Wo tausend Bäume rauschend wehn
Und tausend Büsche lauschend stehn,
Da denk' ich dein,
Bin ich so einsam und allein!
Im Wald!

Im Wald, im Wald, im grünen Wald,
Wo sich die Vöglein grüßen traut,
Der Friede Gottes niederthaut,
Da denk' ich dein,
Durchzieht ein Weh die Seele mein!
Im Wald!

Im Wald, im Wald, im grünen Wald,
Wo sich's im Moose wonnig ruht,
Wo stille winkt der Rose Gluth,
Da denk' ich dein,
Oft spät noch Nachts beim Sternenschein!
Im Wald!

Im Wald, im Wald, im grünen Wald,
Wo nichts das fromme Herze stört,
Wo nur sein Leid der Himmel hört,
Da denk' ich dein,
Und möcht' dort einst begraben sein!
Im Wald!
(S. 224)
_____



Schönkäthchen zu Noris
Nürnberg, 1859. Tonsatz von J. H. Cornell

Ich weiß es gar nicht zu sagen,
Was jedesmal mich beschleicht,
Wenn ich, Schönkäthchen, dich sehe,
Weil nichts auf Erden dir gleicht!

Du wandelst voll Maienwonne
Vorüber ein Engelbild,
Und grüßest in stiller Anmuth,
Wie Lilien zart und mild.

Aus deinen Augen leuchtet
Das schönste himmlische Blau;
Lichtblonde Krone des Hauptes
Trägst du als Schmuck zur Schau!

Und deine Lippen umspielet
Holdselig ein lächelndes Glück.
Schönkäthchen, du nahmst mir den Frieden, -
O gib mir die Ruhe zurück!
(S. 225)
_____



Still vorüber!
Gotha, 1859. Tonsatz von Robert Franz

Wenn ich die Glocke wäre,
Ich rief dich zum Altare;
Wenn ich die Myrthe wäre,
Ich schmückte dir die Haare!

Wenn ich ein Engel wäre,
Ich käm' zu dir im Traume,
Ich wollt' dein Kleid berühren
Nur an dem fernsten Saume!

Doch da ich bin ein Sünder,
Mein Lieb, dir gegenüber,
So magst du für mich beten, -
Ich gehe still vorüber!
(S. 226)
_____



Ueberall!
Gotha, 1860. Tonsatz von Franz Abt

Ueberall bei Tag und Nacht,
Wo ich weile, denk' ich dein!
Mich ergreift der Sehnsucht Macht,
Denn ich fühle mich allein.

Wenn das erste Morgenroth
An dem Horizont verglüht,
Klingt auch schon die Liebesnoth
Leise mir durch das Gemüth!

Und so bleibt's ob auch der Tag
In der Dämmerung erblich;
Was ich thun und treiben mag,
Alles mahnt mich nur an dich!

Ueberall, ja überall
Denk' ich dein im Weltenraum,
Und ich grüß' viel tausendmal
Dich im Wachen, wie im Traum!
(S. 227)
_____



Halloh!
Leipzig, 1863. Tonsatz von Franz Abt

Es rauschen die Bäume im Walde
Vom Winde leise durchbebt,
Sie haben sich vieles zu sagen
Sie haben vieles erlebt!
Im Walde, im Walde
An sonniger Halde!
Halloh!

Es rauschen die Bäume im Walde,
Das ist des Waidmanns Genuß.
Sie haben noch immer am Morgen
Gebracht ihm wonnigen Gruß!
Im Walde, im Walde
An sonniger Halde!
Halloh!

Es rauschen die Bäume im Walde,
Es rauscht bald her und bald hin,
Wohl über die Hütte die alte,
Wie märchenhafter Beginn!
Im Walde, im Walde
An sonniger Halde!
Halloh!

Es rauschen die Bäume im Walde,
Da wohnt sich's friedlich und lieb;
Im einsamen, schöne Reviere
Mein Herz in Liebe verblieb!
Im Walde, im Walde
An sonniger Halde!
Halloh!
(S. 228-229)
_____



Vöglein und das Reh
Richterswyl bei Zürich, 1851

Mein Herz, o sei nun wohlgemuth,
Dein ewig Trauern ist nicht gut!

Die Fluren werden wieder grün,
Wer weiß, ob nicht schon Veilchen blühn?

Drum will ich ziehen frisch hinaus,
Im Wald bin ich ja gern zu Haus.

Ein Vöglein wirbt so süß, so laut,
Sag' an, wirbst du um deine Braut?

Wer weiß, wie lange du noch wirbst
Und dann in deiner Hoffnung stirbst!

Dort hüpft vorbei ein junges Reh,
Das fühlt kein Leid, das fühlt kein Weh.

Wer weiß, ob nicht in nächster Stund'
Dem Rehlein brennt die Todeswund!

Doch wie dies Vöglein, wie dies Reh,
Verträume, Herz, dein Liebesweh!
(S. 229-230)
_____



Lenzfrage
Turbenthal bei Zürich, 1852. Tonsatz von Franz Weber

Sei willkommen liebe Sonne,
Mild und warm!
Kommt der Lenz mit seiner Wonne
Nach so langem Winterharm?
Bringt er mir ein froh Geschick?
Rosenmund,
Thu' mir's kund!
Deute mir's mit süßem Blick!

Kommt der Lenz mit jungem Leben?
Weiß es nicht!
Wird er mir auch Freude geben,
Wenn die Liebe Kränze flicht?
Grüßt mich wohl ein zärtlich Du?
Rosenmund,
Thu' mir's kund!
Flüstre mir's doch lächelnd zu!

Kommt der Lenz mit seinen Liedern
Süßer Lust?
Wird ein Herz die Lieb' erwiedern,
Die mir glühet in der Brust?
O, daß ich noch fragen muß!
Rosenmund,
Thu' mir's kund!
Sage mir's mit einem Kuß!
(S. 230-231)
_____



Liedesgruß
Camburg, 1856. Tonsatz von Hermann Langer

Es klingen meine Lieder
Zum Himmel froh hinein,
Da freuen sich glückselig
Die lieben Engelein!

Sie schwingen lind und leise
Zu meinem Lieb sich hin
Und weben ihr die Lieder
Nachts träumend in den Sinn.

Da bringen ihr die Klänge
Den Frieden in's Gemüth,
Daß ihr's wie Liebesgrüße
Tief durch die Seele zieht.
(S. 231)
_____



Nur du bist mein!
St. Gallen, 1855. Tonsatz von Peter von Lindpaintner; H. Sczadrowsky

Nur du bist mein, und ewig mein!
Nur du bist mir von Gott allein
Beschieden!
Dein holder Blick, dein süßes Wort
Gibt mir im Herzeleid hinfort
Den Frieden, ja den Frieden!

Der Himmel bring' dir frohen Sinn,
Treuliebste, wenn ich ferne bin,
Dir ferne!
Es winken meinen Gruß dir still
Des Nachts, wenn's Herz verzagen will,
Die Sterne, ja die Sterne!

Sollst, wenn mein Todesstündlein ruft,
Die Aeuglein nicht an meiner Gruft
Roth weinen!
Denn Gott wird in der Ewigkeit
Dereinst uns fest für alle Zeit
Vereinen, ja vereinen!

Dann sing' ich in der Engel Chor,
Wie ich mein Lied einst sang empor
Hienieden!
Nur du bist mein, und ewig mein!
Nur du bist mir von Gott allein
Beschieden, ja beschieden!
(S. 232)
_____



Aufmunterung
St. Gallen, 1854. Tonsatz von Ludwig Erk

Herz, freue dich des Lebens,
Der Mai blüht nicht vergebens!
Du sollst die Lust nicht meiden
Und nicht in deinem Leiden
Und Schmerz vergehn!
Laß fahren Grill' und Gram dahin
Und denke still in deinem Sinn:
Es gibt ein Wiedersehn!

Herz, wollen uns erkühnen
Und suchen Trost im Grünen,
So lang noch Lüfte kosen
Und nicht im Sturm die Rosen
Wie Staub verwehn!
Laß fahren Grill' und Gram dahin
Und denke still in deinem Sinn:
Es gibt ein Wiedersehn!

Herz, laß von deinem Harme,
Sei fröhlich und erwarme,
Daß wir bei Blust und Blüthe
Uns Gottes Lieb' und Güte
Zum Trost erflehn!
Laß fahren Grill' und Gram dahin
Und denke still in deinem Sinn:
Es gibt ein Wiedersehn!

Herz, sei nur ganz zufrieden,
Einst wird dir Ruh' beschieden!
Ob wir auch dann zerstieben,
Wird ewig unser Lieben
Doch fortbestehn!
Laß fahren Grill' und Gram dahin
Und denke still in deinem Sinn:
Es gibt ein Wiedersehn!
(S. 233-234)
_____



Juniuslied
St. Gallen, 1854. Tonsatz von Bernhard Brähmig

Schöner Mai, dein Glück und Glanz zerstiebet,
Wie im Sonnenbrand der rothe Klee,
Und mir wird die Traurigkeit!
Holdes Mädchen, daß ich heiß geliebet,
Ich versteh' den Ernst der Zeit,
Und das Herze thut mir weh,
Ach! so weh,
Wenn ich jetzt dich seh'!

Daß dein Blick mein junges Herz vernichte,
Ja, dein Blick, du süße Fee,
Glaubt' ich nicht vor kurzer Frist!
Doch ich seh' in deinem Angesichte,
Daß du kalt mir worden bist!
Und das Herze thut mir weh,
Ach! so weh, -
Drum, mein Schatz, ade!
(S. 234-235)
_____



Sappho's Trauer
St. Gallen, 1854

Das Leiden will das Herze
Tief quälen Tag und Nacht;
Es wird in seinem Schmerze
Kein Trost ihm dargebracht!
Gemieden,
Geschieden
Bin ich nun ganz vom Frühling mein,
Hin ist mein Frieden,
Vom Liebsten muß getrennt ich sein!

Es lauscht das Herz, das arme,
Ihm wird kein froher Klang;
Es schlägt in seinem Harme
Gar unaussprechlich bang!
Versungen,
Verklungen
Ist all' die Lust und Liebe mein,
Die kaum errungen,
Bin jetzt so einsam und allein!

Mir ist auf Gottes Erden
Nun alles öd und leer;
Mir kann nicht Freude werden,
Mein Herz ist voll und schwer!
Verdorben,
Gestorben
Ist auch die letzte Hoffnung mein,
Nichts ist erworben, -
O sänk' ich doch ins Grab hinein!
(S. 235-236)
_____



Nur du!
Weimar, 1858. Tonsatz von C. Kuntze

Der Winter kann's nicht länger wehren,
Daß neue Lebenslust erwacht;
Der Frühling will ja wiederkehren
Und kommt vielleicht schon über Nacht!

Du Mädchen, dessen Lieb' und Treue
Wie Sterne leuchten mir in's Herz,
Wie klingt ein Lied, daß ich mich freue,
Hellfroh durch meinen Sehnsuchtsschmerz.

Ich preise dich und sing' und sende
Dir tausend Liebesgrüße zu, -
Du bist mein Anfang und mein Ende,
Du bist mein Alles, ja nur du!
(S. 236)
_____



Der Liebe Preis
Gotha, 1881. Tonsatz von Friedrich Lux

Schneeglöckchen läutet wieder
Die nahen Ostern ein!
Da klingen frohe Lieder
Empor im Herzen mein.
Der Winter kam zum Falle,
Es grünt das junge Reis; -
Die Vöglein singen alle
Wie ich der Liebe Preis!

Es guckt aus grünem Moose
Hervor das Veilchen scheu
Und träumet von der Rose,
Die bald erblühet neu.
Auch schmückt als Blätterhalle
Sich frisch der Wald mit Fleiß; -
Die Vöglein singen alle
Wie ich der Liebe Preis!

Dem Lenz zum höchstem Ruhme,
Zu seiner Herrlichkeit,
Blüht die Marienblume,
Die sich der Liebe weiht!
Mit lautem Jubelschalle
Wird sie begrüßt im Kreis; -
Die Vöglein singen alle
Wie ich der Liebe Preis!
(S. 237)
_____



In der Frühsonne
Coburg, 1861

Ein Ringlein seh' ich blinken
Im goldnen Sonnenglanz;
Die Liebe seh' ich winken
Mit einem Myrthenkranz.

Das Ringlein steckt am Finger
Mir just so fest und stark:
Es wuchs mir deine Liebe
Tief in das Lebensmark.

Das Ringlein wird wohl halten
Für längste Lebenszeit, -
Noch länger unsre Liebe,
Bis in die Ewigkeit!
(S. 238)
_____



Im Steinweglein
Coburg, 1861. Tonsatz von Richard Krell; A. Wandersleb; B. C. Becker

Wohl in der Stadt im Steinweglein
Schaut man ein Schieferhaus,
Dort guckt und grüßt gar hold und fein
Mein Herzensschatz heraus.
Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich,
Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch:
Mein Schatz ist rosenroth,
Sein Vater längst schon todt,
Seine Mutter lebt ohne Noth,
Helf ihm und mir der liebe Gott!

Wohl in der Stadt Steinweglein
Ist's still und einsam schier;
Doch lacht wie milder Frührothschein
Alldort ein Bräutlein mir!
Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich,
Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch:
Mein Schatz ist rosenroth,
Sein Vater längst schon todt,
Seine Mutter lebt ohne Noth,
Helf ihm und mir der liebe Gott!

Wohl in der Stadt im Steinweglein
Dort blühet all mein Glück,
Dorthin nur, zu der Liebsten mein,
Zieht's mich allein zurück!
Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich,
Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch:
Mein Schatz ist rosenroth,
Sein Vater längst schon todt,
Seine Mutter lebt ohne Noth,
Helf ihm und mir der liebe Gott!
(S. 239-240)
_____



Dorfliedchen
Genf, 1848. Tonsatz von Friedrich Nohr

Schätzchen, frag' mich nicht,
Ob ich gern dich hab',
Ja gern dich hab'!
Weil das Herz mir bricht,
Weil mir wird das Grab!

Hab' dir tausendmal
Schon mein Leid geklagt,
Ja Leid geklagt!
Wenn zu meiner Qual
Zweifelnd du gefragt!

Wenn wir übers Jahr
Schneiden Träubelein,
Ja Träubelein!
Wirst du sehn wie wahr
Blieb die Liebe mein!

Uebers Jahr, mein Schatz,
Bau' ich mir ein Haus,
Ja mir ein Haus!
Haben Beide Platz
Drin zum Kindtaufschmaus!
(S. 240-241)
_____



Kirmeßliedchen
Zürich, 1849. Tonsatz von Carl Eberwein

Trag' einen Kranz
Zum Kirmeßtanz
Von Rosmarin
Weil ich noch frei und ledig bin.

Mein Schatz ist auch
Nach altem Brauch
Geputzt mit Band
Und mit Levkoyen allerhand.

Und auf dem Plan
Führt er mich an
Und tanzt die Rund
Dreimal mit seiner Kunigund.

Dann geht's geschwind,
Wie Wirbelwind,
Im Ringelreihn, -
O könnt' das meine Hochzeit sein!
(S. 241-242)
_____



Am Brünnelein
Weimar, 1858. Tonsatz von A. Methfessel; B. Hamma; C. Ecker

War hold und jung wie Röslein zart,
War froh und wohlgemuth;
Sang Lieder auch ganz andrer Art,
Mein Schatz war mir noch gut!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da standen wir beisammen
Wie Feuer und wie Flammen,
Am Brünnelein!

Weiß nit, was mir so wurmt und brennt
Im Herzen Tag und Nacht;
Weiß nit, wohin ich mich noch wend',
Wenn's fort und fort so macht!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da hat es angefangen,
Mein Schatz ist fortgegangen
Vom Brünnelein!

Das Brünnelein ist nun schon lang
Vom Sommer ausgedorrt,
Es tröpfelt nit, mir wird so bang,
Es red't mit mir kein Wort!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Da steh' ich ganz alleine
Und weine, ach! und weine,
Am Brünnelein!

Wer weiß, wird's anders übers Jahr,
Wenn sich erholt der Born,
Wenn wiederkehrt mein Schwalbenpaar,
Wenn Rosen treibt der Dorn!
Am Brünnelein,
Am Brünnelein
Will ich nicht länger weilen,
Damit mein Herz kann heilen!
O Brünnelein!
(S. 242-243)
_____



Wanderlied
Gotha, 1861. Tonsatz von C. Bloß; Julius Stern

Wer recht in Frieden wandern will,
Der halt's mit Gott auf Erden!
Es wird gewiß dann Gram und Grill'
Zum frohen Liede werden!
Der Frühling blüht auf seinem Lauf
Viel schöner auf, ja schöner auf,
Wo fromme Liebe waltet
Und wonnig sich gestaltet.

Wenn Sturm und Wetter tobt und tost,
Das kann das Herz nicht schrecken;
Es blickt ja selbst empor getrost
Zu Riesen und zu Recken!
Es fühlt sich, wo es immer sei,
Gar leicht und frei, ja leicht und frei,
Als wär' fortan dem Leben
Nur Seligkeit gegeben.

O Wandern, welche hohe Lust,
Mit Gott und Lieb' im Bunde!
Weit wird das Herz, weit wird die Brust,
Beglückt ist jede Stunde!
Die ganze Welt scheint ohne Noth,
Ist rosenroth, ja rosenroth,
Und fröhlich geht das Wandern
Von einem Land zum andern!

Holdfreundlich winket Gruß um Gruß
Auf Wegen und auf Stegen!
Auch findet der wohl einen Kuß,
Dem was an ihm gelegen!
Und nimmst ein Lieb du an den Arm,
So halt' es warm, ja halt' es warm,
Bis Gott den Tod dir sendet
Und still dein Wandern endet!
(S. 244-245)
_____



Dahin!
Camburg, 1855. Tonsatz von J. H. Cornell

Der Frühling schmücket Wald und Wiesen,
Schneeglöcklein und die Veilchen spriesen,
Weiß nicht, warum ich traurig bin?
Es wacht in mir das Lied der Lieder,
Der alte Klang der Liebe wieder,
Ich träume mich zur Freude hin, -
Dahin, dahin!
Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn!

Die Nachtigall wirbt mit Verlangen,
Wildröslein an dem Wege hangen,
Weiß nicht, warum ich traurig bin?
Wie sich der Lenz auch hold entfalte,
Tief quillt in mir das Leid, das alte,
Ich träume mich zur Rose hin, -
Dahin, dahin!
Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn!

Die goldnen Sterne seh' ich blinken,
Am Himmel grüßen sie und winken,
Weiß nicht, warum ich traurig bin?
In's Auge kommen mir die Thränen,
Durch meine Seele zieht ein Sehnen,
Ich träume mich zur Liebsten hin, -
Dahin, dahin!
Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn!

Ich denke still ans frühre Lieben,
Mein Schatten ist nur treu mir blieben,
Weiß nun, warum ich traurig bin!
Ich denk' ans Grab und möcht' wohl scheiden,
Zög' nicht in's Jenseits mit das Leiden,
Ich träume mich zum Himmel hin, -
Dahin, dahin!
Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn!
(S. 245-246)
_____



Trostlied
Camburg, 1855. Tonsatz von A. Wandersleb; Ernst Mascheck

Wohl weint und klagt das arme Herze,
Wenn Gott sein Liebstes von ihm nimmt;
Es ist als wäre ihm im Schmerze
Kein Mitleid und kein Trost bestimmt!
Die Welt ist ihm so öd' und leer.
Als fänd' er keine Freude mehr,
Und Ruh' und Frieden will im Leiden
Voll Wehmuth und in Thränen scheiden.

Wohl ist es schön auf Gottes Erden
Und weh thut uns der frühe Tod;
Doch Lenz soll's nach dem Winter werden,
Es folgt der Nacht das Morgenroth!
Die Blume welkt im Sonnenbrand,
Verdorret und verweht im Sand,
Doch kaum verglühet und versprühet,
Schon eine andre neu erblühet!

Du sollst nicht weinen, sollst nicht klagen,
Wenn Gott dein Liebstes von dir nimmt,
Sollst nicht in deiner Noth verzagen,
Auch wir sind für das Grab bestimmt!
Drum denke nur zu aller Zeit,
An's Wiedersehn in Ewigkeit,
Dann wird, trotz allem Weh' und Leiden,
Der Frieden nimmer von dir scheiden!
(S. 247)
_____



Ach Gott, wie weh thut Scheiden!
Leipzig, 1865, Nach einem alten Volkslied. Tonsatz von Graben-Hoffmann

Ach Gott, wie weh thut Scheiden,
Hat mir mein Herz verwund't,
Nun zieh' ich über Haiden
Und traur' zu jeder Stund'.
Der Stunden, der sind all zu viel,
Mein Herz trägt heimlich Leiden,
Wie wohl ich oft fröhlich bin.

Hatt' mir ein Gärtlein koren
Von Veil und grünen Klee,
Ist mir zu früh erfroren,
Thut meinem Herzen weh;
Ist mir erfror'n beim Sonnenschein
Ein Kraut: Jelängerjelieber,
Ein Blümlein: Vergißnichtmein.

Das Blümlein holder Minne,
Das ist von edler Art.
Es ist ein' Kaiserinne
Gar wunderlieb und zart:
Hat mir mein junges Herz erfreut!
Wenn ich an sie gedenke,
Verschwunden ist all' mein Leid.
(S. 248)
_____



Die letzte Fahrt
Steckborn im Thurgau, 1849. Tonsatz von J. Bott; A. Billeter

Die Abendglocke tönet ins stille Thal hinein,
Den weiten See versilbert der blasse Mondenschein.

Am Horizont verglühet gar mild das Abendroth,
Und durch die Wellen ziehet ein Schiffer mit dem Boot.

In traurig schöner Weise singt er beim Ruderschlag,
Er sang das Lied, das leise, dort schon an manchem Tag.

Er singt aus tiefstem Herzen ein namenloses Weh,
Das klingt als Echo wieder: "Mein holdes Lieb, ade!" ...

Er fuhr noch jeden Abend betrübt den See hinab,
Als ob er lebensmüde sich suchte dort ein Grab.

Dort hat er einst verloren sein Liebstes auf der Fahrt,
Und hat bis jetzt ihm treulich die Liebe schön bewahrt!

Dort fährt er heute wieder in düstrer Träumerei,
Das Boot treibt an die Felsen, und ach! es schellt entzwei!

Er hat den Tod gefunden, wo er gesucht ihn lang,
Mit seiner Braut getrauet ward er bei Sang und Klang.

Leis ist im See verklungen der Abendglocke Laut,
Längst hält sich wohl umschlungen still Bräutigam und Braut!

So hat die Flut verschlungen den Schiffer und das Boot,
Am Horizont verglühet das letzte Abendroth!
(S. 249)
_____



Getrost mein Sinn!
Heidelberg, 1848. Tonsatz von E. Streben

Getrost, mein Sinn!
Der Gottes Allmacht preist!
Du schaust den Farbenbogen
Am Firmament gezogen,
Der Frieden uns verheißt, -
Drum, ob es stürmt und tost,
Getrost!

Getrost, mein Sinn!
Die wahre Liebe lebt,
So lange noch auf Erden
Uns frische Lenze werden
Und Alles aufwärts strebt, -
Drum, ob es stürmt und tost,
Getrost!

Getrost, mein Sinn!
Wie auch die Wetter drohn
Und sich die Wolken thürmen,
Es zieht nach langem Stürmen
In's Herz des Dulders Lohn, -
Drum, ob es stürmt und tost,
Getrost!
(S. 250)
_____



Traumerinnerung
Zürich, 1849. Tonsatz von A. Zöllner

Die Jugendzeit möcht ich vergessen,
Die mir von Fernen zu noch spricht,
Möcht' des verlornen Glücks nicht denken,
Ach! wär' nur die Erinnrung nicht!

Dein Bild, du Holde, wollt' ich bannen
Aus meinem Herzen immerdar,
Wehmüthig macht mich ja das Schauen
In deine Augen hell und klar!

Doch sieh! es kommt die Nacht, im Traume
Grüßt mich dein mildes Angesicht,
Und wachend denk' ich liebetrauernd:
Ach, wären doch die Träume nicht!
(S. 251)
_____



Des Menschen Trost
Zürich, 1851. Tonsatz von L. Spohr; Franz Mücke

Ach, wem ein recht Gedenken blüht,
Den schmerzet die Vergänglichkeit;
Das Herz, das ganz in Liebe glüht,
Das träumt zurück die goldne Zeit!
Und will es drinnen werden Nacht,
Wenn es ein Lebenssturm umtost,
So quillt ein Sehnen noch mit Macht, -
Die Hoffnung ist des Menschen Trost!

Und wenn der Lenz mit seiner Lust
Von uns im Herbst will scheiden gehn,
So ist die Seele sich bewußt,
Daß nichts auf Erden kann bestehn!
Und ist dahin die Maienpracht
Und süß die schöne Zeit verkost,
So quillt ein Sehnen noch mit Macht, -
Die Hoffnung ist des Menschen Trost!

Ach, wem ein recht Gedenken blüht,
Den schmerzet die Vergänglichkeit;
Das Herze, hoffend abgemüht,
Ist von dem Ziel entfernt so weit;
Und wenn es endlich nun erwacht,
Getäuscht am Grab im Winterfrost,
So quillt ein Sehnen noch mit Macht,
Die Hoffnung ist des Menschen Trost!
(S. 252)
_____



Jugenderinnerung
St. Gallen, 1854

Gerne denk' ich jener Stunden,
Wo ich keinen Harm gefühlt,
Wo ich nicht den Schmerz empfunden,
Der mir jetzt im Herzen wühlt;
Hinter mir, wie eine Sage
Liegen sie mit allem Glück, -
Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!

Als ich einst im Kinderschwarme
Nur gekannt das Du und Du,
Schlug das Mutterherz, das warme,
Mir noch voller Liebe zu!
Damals kannt' ich nicht die Klage
Und noch nicht das Mißgeschick, -
Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!

Gerne denk' ich jener Stunden,
Wo die erste Liebe mein,
Als ich kosend sie umwunden,
Flüsternd sprach: auf ewig dein!
Nun sie liegt im Sarkophage,
Heitert nichts mehr meinen Blick, -
Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!
(S. 253)
_____



Abendlied
Camburg, 1857. Tonsatz von W. Speidel; A. Wandersleb

Das fernste Abendroth verglüht
Und leis' das letzte Vöglein singt,
So wie mit Wehmuth im Gemüth
Ein stilles Scheidelied verklingt.
Die Raben ziehn im stillen Flug
Dem düstern Tannenwalde zu;
Heimkehrt der Landmann mit dem Pflug
Und Alles geht zu seiner Ruh'!

Das Abendglöcklein klinget laut
Und Jung und Alt eilt zum Gebet;
Die Sterne blicken fromm und traut
Auf Alles, was in Andacht steht.
Die Blumen, die der Tag geküßt,
Die schließen sich im Traume zu;
Die Nacht allein ist's, die nun grüßt,
Denn Alles geht zu seiner Ruh'!

Mein Herz mit seinem ernsten Weh
Allein bewegt noch mit sich spricht;
Ein Sehnen, das ich gut versteh',
Will Rast und Ruh ihm geben nicht!
Mein Herz, ach! du bist selber schuld,
Daß noch nicht schließt dein Aug' sich zu;
Sei still in deiner Ungeduld,
Bald geht dein Leid mit dir zur Ruh'!
(S. 254)
_____


Aus: Das Buch der Lieder
von Müller von der Werra
Leipzig Ludwig Denicke 1866

 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Konrad_Müller



 

 


zurück zum Dichter-Verzeichnis

zurück zur Startseite