Wilhelmine Mylius (um 1846) - Liebesgedichte

 



Wilhelmine Mylius
(um 1846)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Sonntag-morgen

Sonntagmorgen, Sabbathstille,
O du milder Friedensgruß!
Ich empfinde sel'ges Ahnen,
Fühle Gottes Gnadenkuß.
Aus dem Aether blau und sonnig
Träuft die Lebenswärme nieder,
Schwellt die Herzen still von Wonne,
Strahlt und glänzt im Goldgefieder.

Glockenklänge, Feiertöne,
O du heil'ge Melodie!
Frommer Sang, empor zur Höhe,
Zu der Welten-Harmonie!
Glockenstimme ruft die Beter
In des Ew'gen Tempel-Hallen,
Und die Menschen, festgeschmückt,
Schaarenweis' zur Andacht wallen.

Bergeshöhe, Waldesstille,
O du tiefe Einsamkeit,
Mir ein heil'ger Andachtstempel
Stiller, süßer Seligkeit!
Mir erglüht in lichter Freude
Rings die milde Erdenschöne,
Mich durchzittern süße Schauer,
Mich umwehen sanfte Töne.

Herzenswonne, Seelenfriede,
O du himmelsüße Lust!
Tragt mich in das Land der Engel,
Webt und schwebt um meine Brust.
Ich erklimme Gottes Höhen
Ahnend, still mit frommem Triebe,
Schöne Welt, dich zu umfangen
Mit der süßen, ew'gen Liebe.

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 501-502)
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Guter Wille

O, will ich nur, so darf ich glücklich sein;
Doch führt zum Glück ein nied'res Pförtchen ein.
Zwei Sterne müssen rein am hellen Kleid
Mich schmücken: Demuth und Bescheidenheit.

Wenn mir das Ird'sche lacht im Freudenschein,
Das muß ich ruhig und bescheiden sein,
Muß späh'n, ob meines Pfundes Wucher steigt,
Und ob mein Glück zum treuen Herrgott reicht.

Und wenn mir Armuth, Weh und Kummer dräu'n,
Dämonen mir den Pfad voll Dornen streu'n,
Wenn Dunkel mich umflort, und Nacht und Grau'n,
Da muß voll Demuth ich zum Vater schau'n.

Dann bin im ird'schen Glück ich wahrhaft reich,
Und bin im Weh dem Reichsten dennoch gleich,
Und geh' zum wahren Frieden herrlich ein,
Ja, will ich nur, so darf ich glücklich sein.

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 502-503)
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Liebe und Milde

Still und herzensgern zu geben,
Einen Dürft'gen zu erfreu'n,
Einen Segen auszustreu'n,
O dies Herzensglück ist eben
Jenem Glück so süß und reich,
Dem der stillen Liebe gleich.

Ob auch Schmerz und Kummer bliebe,
Ob ich einsam und allein,
Bin doch still im Herzen mein,
Stets bei Gott mit meiner Liebe.
Bin ich auch von Weh gedrückt,
Bin doch auch so still beglückt.

Ob auch meiner kleinen Gabe
Angedenken schnell verrauscht,
Hab' ich mir doch eingetauscht
Eine frohe Herzenslabe:
Eig'nen Lohnes Himmelstrank
Will ja keinen Menschendank.

Eine Milde, eine Liebe
Ist der Seele Glück und Heil,
Ist ein ewigsel'ges Theil,
Ob das Ird'sche auch zerstiebe.
Beide Engel lieb und rein
Führen still zum Himmel ein.

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 503-504)
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Abendlied

Das Abendglöcklein läutet,
Der Tag will schlafen geh'n,
Er ist wohl müde geworden?
Schlaf' wohl auf Wiederseh'n!

Da droben am dunk'len Zelte,
Da seh' ich wandeln den Herrn,
Er zündet an die Kerzen
Geschäftig, Stern an Stern.

Er greift mit sanften Decken,
Wie Nebelschleier fein,
Und hüllt die liebe Erde
Damit zum Schlummer ein.

Und bleibt ein treuer Hüter,
Bei ihr auf stiller Wacht,
Und schirmt mit mächtigen Händen
Sie in der dunk'len Nacht.

Und alle, eh' sie schlafen,
Die Wellen - Baum und Strauch,
Seh' ich andächtig beten,
Vöglein und Blumen auch.

Es läutet noch und läutet:
Kind, zum Gebet, o komm!
O, wären wie Blumen und Wellen
Wir auch so sinnig fromm! -

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 504)
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Mein Gärtlein

In meinem Gärtlein ist's gar schön,
Am sonnigen Ufergrün,
Da schauen herüber die Bergeshöh',
Die waldigen Häupter so kühn.

Und viele Vöglein wohnen darin,
Und holde Blümlein gar viel,
Die Sänger wecken mir frohen Sinn,
Die Blumen ein frommes Gefühl.

Und gold'ne Käfer mit lautem Gesumm'
Umschwärmen die Blum' im Tanz,
Und Schmetterlinge gaukeln herum,
Und Libellen am Uferkranz.

Da hab' ich mir eine Bank gebaut
Am Hollunderbusch und Jasmin,
Daneben rauschen so lieb und traut
Die Wellen des Stromes hin.

Und rauschen fröhlich das Thal entlang,
Und grüßen mit herzigem Gruß,
Und locken die Blumen mit leisem Sang
Vom Ufer hernieder zum Kuß.

Und weile ich da so still allein,
Und flüstert es heimlich vom Baum,
So wiegt das Rauschen, das Flüstern mich ein
Zu sanftem, holdseligem Traum.

Da weile ich früh, wenn der Morgen strahlt,
Beim lauschigen Fliederstrauch,
Und wenn der Abend den Westen malt,
Und die Sternlein grüßen mich auch.

Das ist das Gärtlein am Stromesstrand
Der einsamen Sängerin,
Das macht sie zu ihrem Fabelland,
Und alle Zauber sind d'rin.

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 505)
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Wunsch und Gruß

Wenn immer doch Mondschein blieb'!
Ich blickte all' Abend so gerne
In den Mond und die goldenen Sterne,
Und dächte dabei in die Ferne:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -

Wenn immer doch Mondschein blieb'!
Und somm'rige Abendmilde!
Und im Herzen die schönen Gebilde!
Wie froh grüß' ich über Gefilde:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -

Wenn immer doch Mondschein blieb'!
Wie flimmert's am Himmelsraume,
Wie zittert's im Wasserschaume,
Wie lispelt's so halb noch im Traume:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847 (S. 506)
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An die Stille

Traute Stille, dich begrüß' ich wieder,
Dich, du weicher Schoß voll Seligkeit;
Heimath meiner Träume, meiner Lieder,
Dir sei dieses frische Lied geweiht.
Draußen blüht solch süße Freude nimmer,
In dem bunten Drang der Außenwelt;
Nur die Stille ist vom goldnen Schimmer
Süßern, höhern Lebens traut erhellt.

Dir, o Stille! dir bin ich ergeben,
Kehre froh vom lauten Markt zurück,
Heiter wohnt bei dir mein schaffend Leben,
Dir entkeimt mein trautverborg'nes Glück.
O, so fröhlich in dem Land der Träume
Schwärm' ich auf und ab in sel'ger Lust,
Zieh' verkläret durch die Himmels-Räume,
Lausch' dem Klang und Sang in meiner Brust.

Süße Stille, o du Welt voll Frieden,
O du Freiheit, du Glückseligkeit!
Was vom Schicksal Trübes mir beschieden,
Hier vergaß ich allen Gram und Leid.
Wann ich kam, die Brust voll Schmerz und Wunden,
Wann ich kam gekränkt, voll bittern Harm,
Durft' ich an dem frischen Quell gesunden
Göttlich hoher Liebe, süß und warm.

In der Stille hab' ich dann vergeben
Allen, die mir Kränkung angethan;
Denn es darf dem lichten Götterleben
Nur ein rein und liebend Herz sich nahn.
Niedres ist verdeckt mit dichtem Schleier,
Hoch im Licht die Friedensbanner wehn;
Ueberwindung trägt die Seele freier
Nach dem Wunderland der sel'gen Höhn.

Stille, Stille! Wolle nie verschließen
Meiner Seele deine Bilderwelt!
Laß die Geistesblüthe mir entsprießen,
Daß sie Leben segensvoll behält.
Stets will ich dir nahn mit frommem Triebe,
Bis verronnen mir der letzte Sand;
Wiege dann mein Leben, meine Liebe
Sanft hinüber nach dem Heimathland.

aus: Die deutschen Dichter der Gegenwart
Supplementband zum
Poetischen Hausschatze des deutschen Volkes
Von O. L. B. Wolff
Leipzig 1847 (S. 60)
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Sänger und Blume

Ein Sänger zog im stillen Hain
Süß träumend Bild auf Bild
Ein Sänger wandert gern allein,
Wann sanft und voll
Im Busen ihm
Die Liedeswelle quillt.

So zog er fort in Einsamkeit
Hin wo nicht Wandrer gehn,
Dort still in zartem Lilienkleid
Sieht fromm und schön
Auf ödem Rain
Er eine Blume stehn.

Und innig das bescheid'ne Bild
Sein weiches Herz bewegt;
Hin sinkt er vor die Blume mild
Und spricht: "Wie doch
So wunderbar
Die Oede Blüthen hegt!

Du einsam Kind, für Gott erblüht,
Hier wo kein Wandrer naht,
Wo dir nur still der Himmel glüht,
Kein tückisch Herz
Den Schmuck dir raubt,
Wo dich kein Fuß zertrat.

Du einsam Kind, für Gott erblüht
In stillem, tiefem Werth,
Dein Auge klar zum Himmel sieht
Voll Thränenthau,
Und Huldigung
Von Menschen nicht begehrt."

Und o, der Blume, zart im Moos,
Tönt's sanft vom Purpurmund:
"Ich blüh' in der Vollendung Schoß,
In Himmelslust,
In Himmelsruh,
In meines Schöpfers Bund."

Da steigt des Sängers frommer Blick
Empor, zum Himmel ein,
Und ihn umschwebt ein holdes Glück,
Ihm wird das Herz
Süß ahnungsvoll,
Sein Sinn so blumenrein.

aus: Die deutschen Dichter der Gegenwart
Supplementband zum
Poetischen Hausschatze des deutschen Volkes
Von O. L. B. Wolff
Leipzig 1847 (S. 153-154)
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Biographie: Gedichte 1846


 

 


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